Protokoll der Sitzung vom 09.05.2008

Meine Damen und Herren, es sind nicht die Beteiligungen, die die kommunale Handlungsfähigkeit behindern. Wir haben es heute mit überregionalen Rahmenbedingungen zu tun, die Wettbewerb und Preisentwicklung bestimmen, auf die wir als Landesregierung damit auch nur bedingt einwirken können. Hinzu kommen die Grenzen, die uns die kommunale Selbstverwaltung setzt. Da hilft es auch nicht, ohne Rücksicht auf die Rechtslage und auf der Grundlage einer verzerrten Darstellung der Realität zu wildem Aktionismus aufzurufen. Deshalb kommt eine Untersuchung in der vorgeschlagenen Form nicht

in Betracht und deshalb lehnen wir als Landesregierung den Antrag der SPD auch ab. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Ich frage: Wer wünscht die Aussprache zum Sofortbericht zu Abschnitt II Nummer 1 des Antrags? Die SPD, die CDU und DIE LINKE, alle drei Fraktionen. Damit eröffne ich die Aussprache zum Sofortbericht zu Abschnitt II Nummer 1 des Antrags und ich eröffne zugleich die Aussprache zu den Abschnitten I und II Nummer 2 des Antrags. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Kummer, DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist selten, dass man sich so einig mit dem Wirtschaftsminister ist. DIE LINKE teilt das Grundanliegen der SPD. Wir wünschen uns auch starke Stadtwerke und wir wünschen uns natürlich auch, dass der doch relativ große Einfluss großer Konzerne auf Thüringer Stadtwerke ein Ende hat. DIE LINKE sieht die Energieversorgung als einen unverzichtbaren Bestandteil der Daseinsvorsorge an und deshalb sind wir zum Beispiel auch dafür, dass die Netze in öffentliche Hand gehören. Die großen Energieerzeugungsstrukturen, auch darüber müsste man nachdenken, aber - das hat ja der Wirtschaftsminister eben schon ein Stück weit ausgeführt - die Instrumentarien, die die öffentliche Hand dort zurzeit in der Hand hält, um hier richtig Einfluss nehmen zu können, so wie es notwendig wäre im Sinne einer verbesserten Energieerzeugung in Deutschland und im Sinne des Verbrauchers, diese Instrumentarien reichen leider nicht aus. Da sind wir auch bei dem Punkt, den der SPD-Antrag nicht auflösen konnte. Sie können uns in Ihrem Antrag nicht verraten, woher denn das Geld kommen soll, wenn die Beteiligungen verkauft werden. Warum sind denn die Kommunen, warum sind denn die Stadtwerke in diese Beteiligung gegangen? Doch nur aus Finanzknappheit, weil sie sich auf anderem Wege Mittel beschaffen mussten für notwendige Investitionen. Wenn das, was wir uns wünschen, eine stärkere Eigenerzeugung Thüringer Stadtwerke, angegangen werden soll, brauchen Stadtwerke dafür natürlich liquide Mittel, um diese Investitionen entsprechend zu tätigen, sie brauchen Unterstützung und diese Mittel müssen sie sich irgendwie beschaffen. Der Freistaat Thüringen ist leider nicht derjenige, der dort besonders intensiv in diesen Bereich reinpowern kann, obwohl ich bei 30 Prozent Eigenversorgung in Thüringen durchaus noch große Möglichkeiten auch im Bereich der Wirtschaftsförderung sehe.

Meine Damen und Herren, diese Frage der Finanzierung ist unklar, darauf geben Sie keine Antwort.

Ein zweiter Punkt, der ebenfalls von Ihnen nicht verraten wird, ist, wieso diese Beteiligungen unbedingt Einfluss auf die Preisbildung haben müssen. Wenn ich mir das jetzt mal ansehe, bei den meisten Beteiligungen ist E.ON Thüringen mit drin. E.ON Thüringen - das wissen wir alle - wird zu 49 Prozent von Thüringer Kommunen gehalten. Also vom Prinzip her sind die Kommunen bei den Stadtwerken selber mit drin in der Beteiligung. Ich habe zumindest bisher noch nicht gehört, dass die Kommunen bei E.ON Thüringen massiv Einfluss darauf genommen hätten, dass die Preise gesenkt werden. Es ist ja im Gegenteil leider immer so, dass bei den knappen kommunalen Kassen die Dividende, die E.ON Thüringen ausschüttet, sehr gern genommen wird. Bei den Gemeinden, die noch mehr Geld brauchen, schaut man auch oft darauf, ob man nicht den Anteil an E.ON Thüringer Energie verkaufen kann. Das sind Probleme, die müssen wir zur Kenntnis nehmen, und das sind Probleme, die auch zeigen, selbst wenn die Stadtwerke 100-prozentige Eigentümer wären und es diese Beteiligungen nicht gäbe, müssten wir nicht damit rechnen, dass die Preise niedriger werden. Es hätte natürlich einen positiven Einfluss auf die Kommunen, weil die Stadtwerke nicht Gewinne an irgendwelche Aktionäre ausschütten, sondern diese Gelder dann zur Quersubventionierung oft noch verwenden, aber trotzdem würde es auf die Strompreise - wie suggeriert im SPD-Antrag - keinen Einfluss nehmen. Wegen all dieser ungeklärten Dinge lehnen auch wir den SPD-Antrag ab. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat Abgeordneter Carius, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar für den Bericht. Insgesamt ist festzustellen, Herr Kummer, dass wir uns in der Einschätzung dieses Antrags einig sind, auch wenn unsere Zielsetzungen grundsätzlich wahrscheinlich verschieden sind. Wir sind nicht für die Verstaatlichung der Netze, wir sehen aber, dass der Antrag in der gegenwärtigen Form ungeeignet ist, das zu erreichen, was er in der Überschrift verspricht. Er ist auch in der Struktur sehr interessant. Sie stellen in Punkt 1 eine Behauptung auf, die in Punkt 2 durch einen Bericht der Landesregierung belegt werden soll und weil Sie dann doch kein Vertrauen haben in die Landesregierung, sagen Sie in Punkt 2, die Landesregierung soll aber auch noch

mal eine Untersuchung in Auftrag geben, wo die Ergebnisse dann so aussehen, wie Sie sich das vorstellen.

Vielleicht ganz kurz zu Punkt 1, den Behauptungen: Sie sagen, die hohen Beteiligungen seien ein großes Hindernis für die kommunale Steuerungsfähigkeit. Wenn wir uns hier mal zurückerinnern an die Geschichte der Entstehung der Thüringer Stadtwerke, einen Blick zurück wagen, ist es ja so, dass wir ohne die Beteiligung von größeren Konzernen an den Stadtwerken eine §-5-Genehmigung nach dem Energiewirtschaftsgesetz, die nämlich die erforderliche Betriebssicherheit gewährleisten soll, überhaupt nicht bekommen hätten. Das heißt, ohne eine hohe Beteiligung, von wem auch immer, an den Stadtwerken, also ohne private Geldgeber hätten wir ohnehin nicht die hohe Stadtwerksdichte, die wir jetzt im Freistaat haben. Das heißt, hier sehe ich schon mal auf der einen Seite einen Widerspruch zu dem Bild, wie es sich darstellte, als die Stadtwerke gegründet wurden. Jetzt kann man natürlich Beteiligungen, insbesondere des Vorlieferanten kritisch bewerten und kann sagen, ja, wir wollen das für die Zukunft grundsätzlich eher nicht mehr. Da müssen wir aber auch wissen, diese Beurteilung ist eine, die das Bundeskartellamt ohnehin durch Genehmigungen durchführen muss und die auch durchgeführt wird. Das heißt, wenn, könnte es höchstens ein Lippenbekenntnis sein, dass wir für künftige Umstrukturierungen andere Beteiligungen haben wollen und dann kommen wir wieder zu dem Problem, was Herr Kummer ja schon dargestellt hat, dass sich die Frage stellt: Wer soll denn die Beteiligung an kommunalen Stadtwerken tatsächlich übernehmen? Soll da GAZPROM kommen? Andere Kommunen scheiden nach ihren Klagen über die kommunale Finanzausstattung eher aus, insofern bleibt das aus meiner Sicht zunächst fragwürdig.

Dann sagen Sie, Beteiligung ist ein Wettbewerbshindernis. Zum einen müssen wir hier die geltende Rechtsprechung zur Kenntnis nehmen. Gerade das OLG Düsseldorf hat gesagt, wenn man als Beteiligter an einem Stadtwerk seine Marktposition dadurch stärkt, dass man in einem anderen Stadtwerk zusätzlich noch einen Anteil erwirbt, dann muss man natürlich seine starke Marktposition auf der einen Seite dann wiederum auf einer anderen Seite schwächen, damit hier keine vorherrschende Stellung besteht. Insofern haben wir zum einen durch die Rechtsprechung, zum anderen durch die Wettbewerbsbehörden aus meiner Sicht eine Situation, dass man gerade nicht sagen kann, dass die Beteiligungen ein Wettbewerbshindernis sind.

Jetzt könnte man noch zur Strombörse einiges ausführen oder zu den Großhandelspreisen, das möchte ich an der Stelle nicht machen. Die Frage ist aller

dings, die auch immer wieder in den Raum gestellt wird, ob denn die Beteiligungen dazu führen, dass in die Preisbildung eingegriffen wird oder, anders dargestellt, dass, wenn man in die Preisbildung nicht direkt eingreift, so ein Vorlieferant wie E.ON Thüringen sagt, also ihr kauft mal nur unseren Strom. Dem ist ja gerade nicht so. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, gerade E.ON Thüringen ist ein Vorlieferant, der über 1 Prozent selbst produzierten Strom verfügt und insoweit gar kein Interesse hat, nur den eigenen Strom zu verkaufen, sondern sich tatsächlich hier an die Strombörse wendet und da nach Großhandelspreisen einkauft und weiterliefert. Insoweit sehe ich aus dieser Position heraus schon nicht, wie Beteiligungen als Wettbewerbshindernis aufgefasst werden können. Auch was die Frage anbelangt, ob die großen Konzerne, die in Stadtwerken beteiligt sind - und da haben wir ja in Thüringen mehrere, das ist ja nicht nur E.ON -, nicht auch ein Hindernis dahin gehend sind, dass die Eigenproduktionsquote der Stadtwerke nicht nachhaltig gesteigert werden kann. Auch da kann ich aus meiner Sicht nicht sagen, dass das tatsächlich ein Problem ist. Das ist höchstens dann ein Problem, wenn diese Eigenproduktion, also wenn Investitionen in Biogasanlagen etc. nicht rentierlich sind, dann wird sich kein privater Geldgeber, egal ob es ein großer oder ein kleiner ist, bereit erklären, das zu machen. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch sehen, dass gerade, beispielsweise die Stadtwerke Sondershausen, in ein solches neues Bürgerkraftwerk investiert wird und dass auch der Beteiligungsinhaber der Stadtwerke diesem Prozess zugestimmt hat, weil es eine rentierliche Investition ist.

Insoweit, Herr Dr. Schubert, kann ich momentan Ihrem Antrag nicht sehr viel abgewinnen. Wir hoffen aber auf einen Lerneffekt und deswegen beantragen wir die Überweisung an den Ausschuss. Dann kann man gegebenenfalls mit Anhörung an Ihrem Antrag insoweit herumbasteln, dass Sie, glaube ich, dann erkennen, dass Ihre Forderungen nicht geeignet und auch nicht sinnvoll sind. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Dr. Schubert, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Reinholz, wir hatten nicht die Absicht, mit dem Antrag darzustellen, dass wir sämtliche Wettbewerbsprobleme im Bereich der Energie lösen wollen und dass das Grundübel schlechthin für nicht funktionierenden Wettbewerb am Energiemarkt ist,

sondern wir sehen das als einen Teilbereich, der trotzdem wichtig ist, der aus unserer Sicht für den Wettbewerb mit Schwierigkeiten verbunden ist. Spätestens bei der Entscheidung in Leipzig, wo es um den Verkauf der Stadtwerke ging, war zu sehen, dass das Thema „Stadtwerke“ die Bürger im Lande sehr stark beschäftigt. Dort ist es so gewesen, dass man 40 Prozent Beteiligung hatte, also mehr als bei einer Oberbürgermeisterwahl, und dort haben 85 Prozent der Bürger gegen den Verkauf gestimmt. Den Bürgern war es wichtig, dass zuallererst die kommunalen Entscheidungsträger vor Ort entscheiden, wie die Energieversorgung aussieht und nicht Quartalszahlen von börsenorientierten Unternehmen dann sozusagen den Einfluss massiv auf die Strom- und Energieversorgung in Leipzig hätten.

Die Existenz von unabhängigen Stadtwerken sorgt dafür, dass die großen Energiekonzerne nicht in gewohnter Weise die gesamte Kette von Erzeugung, Lieferung und Verkauf bestimmen. Die Stadtwerke sind damit die entscheidenden Akteure auf den Endkundenmärkten und stellen ein wesentliches Wettbewerbselement in einem sonst von Oligopol oder man kann fast sagen Monopolstruktur dominierten Energiemarkt dar. Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb auf den örtlichen Energiemärkten ist, dass die Stadtwerke - so sehen wir das - unabgängig von den großen Energiekonzernen agieren können. Wir streben daher einen Rückzug der Vorlieferanten aus den Stadtwerken an. Wenn Sie sich mal mit Geschäftsführern unterhalten - wir haben das sehr intensiv getan - oder auch mit den kommunalen Gesellschaftern, dann werden Sie hören, dass es sehr wohl ein riesengroßes Problem ist. Natürlich wird sich da keiner in der Öffentlichkeit dazu äußern. Natürlich ist es auch so, das wissen wir, dass das Thema nicht morgen gelöst werden kann, sondern, dass das eher mittel- bzw. langfristig angesehen werden muss. Deshalb ist es trotzdem kein Grund, sich damit nicht zu beschäftigen und nicht dieses Thema auch politisch zu besetzen und dieses Ziel anzustreben.

Wenn man sich in Thüringen umschaut, stellt man fest, dass an nahezu allen Stadtwerken die großen Energiekonzerne beteiligt sind. Bei mehr als der Hälfte der Stadtwerke beträgt der Beteiligungsbesitz 48 und 49 Prozent. Jetzt ist es aber so, dass - was Sie gesagt haben, Herr Carius - nicht etwa zum größten Teil die E.ON Thüringer Energie beteiligt ist, sondern entweder E.ON selbst oder über Tochtergesellschaften, so dass die kommunale Seite größtenteils gar nicht vertreten ist, wie Sie das dargestellt haben. Es gibt aber in Thüringen durchaus auch vereinzelt Stadtwerke, die zu 100 Prozent kommunal sind. Natürlich ist es so, dass, wenn wir uns mal die Zukunft vorstellen, was die erneuerbaren Energien angeht, es sehr wichtig wäre, unabhängige Stadtwerke zu

haben, also Stadtwerke ohne die Vorlieferanten. Natürlich besteht erst einmal das Interesse, die Kraftwerkskapazitäten, die vorhanden sind, dort auszunutzen. Wir haben es ja vorhin schon gehört, 30 oder 35 Prozent Eigenerzeugung sind einfach viel zu wenig in Thüringen. Das muss meiner Ansicht nach deutlich gesteigert werden. Natürlich wissen wir, dass ein erheblicher Teil in Thüringen jetzt im Bereich erneuerbarer Energien passiert, dass vielleicht auch langfristig gesehen der Energieverbrauch sinken wird und damit der Anteil automatisch höher wird, weil die erneuerbaren Energien ja noch zunehmen werden. Trotzdem ist es notwendig, dass die Erzeugung in Thüringen aus unserer Sicht weiter gesteigert wird. Hier könnte man sich zum Beispiel vorstellen, dass auch Stadtwerke gemeinsam Projekte betreiben oder gemeinsame Investitionen vornehmen und so auch zum Ziel kommen können.

Es ist jetzt die ganze Zeit das Thema der Finanzierung diskutiert worden. Vielleicht noch mal zur Geschichte zurück: Die Beteiligungen sind 1990 oder 1991 aus dem Einigungsvertrag heraus entstanden, wo es darum ging, ob Stadtwerke überhaupt gegründet werden dürfen beziehungsweise wem das Eigentum an den Netzen gehört. Da ist damals diese Konstruktion entstanden, deswegen haben wir auch im ganzen Osten so hohe Beteiligungssätze, weil wir damals noch ganz andere Strukturen in Deutschland hatten, da gab es noch nicht die vier großen Energiekonzerne, da waren es noch wesentlich mehr. So ist die Historie zu sehen, wie das eigentlich entstanden ist. Ich denke, dass es mittel- und langfristig gesehen für die Kommunen oder auch für die Stadtwerke selbst ein lohnenswertes Instrument darstellt, Anteile zurückzukaufen, denn immerhin ist es ja jetzt nicht wie bei anderen Investitionen, die in der Kommune durchgeführt werden. Es ist ja ein rentables Geschäft mit mindestens 6 Prozent Rendite, da dürfte es auch kein Problem sein, entsprechende Kredite auf dem Kapitelmarkt zu bekommen. Deshalb ist das ein Weg.

Ich kenne so ein Beispiel bei uns im Landkreis in einem Nahverkehrsunternehmen, das fast zur Hälfte dem Landkreis Leipziger Land gehört hat. Es sollte auch verkauft werden. Die Anteile hat dann die Gesellschaft selbst zurückgekauft, so dass der Landkreis Altenburger Land nahezu alleiniger Eigentümer ist. Auch solche Wege sind denkbar und man muss sich sicherlich auch den Einzelfall anschauen, wie es machbar ist, als Land Beratungsfunktion zu übernehmen, einerseits bei dem Erwerb von Anteilen, andererseits natürlich auch bei den Konzessionsverträgen - es ist schon kurz angeklungen -, die im Jahre 2011 und 2012 auslaufen werden. Ich denke, dass es durchaus machbar ist, dass dort Anteile in Größenordnungen zurückerworben werden können.

Ich hatte es vorhin schon erwähnt, wir haben eine sehr große positive Resonanz von den Stadtwerken auf den Antrag und das Anliegen erhalten. Ich denke, wir können, wenn die CDU-Fraktion das mitträgt, auch im Ausschuss noch weiter über das Thema beraten und dieses Thema auch längerfristig besetzen und damit eine politische Richtung vorgeben, die sozusagen im Land gewollt ist. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Doch, bitte, Frau Abgeordnete Enders.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu diesem Antrag auch noch einige Ausführungen machen. Es ist aus meiner Sicht immer gut, die fast grenzenlos scheinende Macht der multiglobalen Konzerne - im konkreten Fall hier der Energiekonzerne - zu begrenzen und die kommunale Ebene zu stärken. Insofern kann ich natürlich auch dem SPD-Antrag etwas Positives abgewinnen. Aber inwieweit natürlich der Punkt I dazu geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen, ist zu hinterfragen und das ist heute schon mehrfach hier angeklungen.

Ich glaube nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass man den Energiekonzernen ihren Einfluss einfach abkaufen kann, zumal dann auch noch einer dazugehört - auch das ist heute schon vielfach gesagt worden - die Stadtwerke, die letztendlich den Kaufpreis bezahlen müssen. Die entscheidende Frage bleibt - und die konnte auch Herr Schubert hier am Rednerpult nicht beantworten -, wo soll das Geld dafür herkommen? Wie soll das bezahlt werden? Das ist aus meiner Sicht einer der Schwachpunkte bzw. der entscheidende Faktor der Nichtrealisierbarkeit Ihres Antrags.

Ein weiterer Schwachpunkt, werte Kolleginnen und Kollegen, ist die in diesem Antrag vertretene Theorie, dass auf diese Art und Weise mehr Wettbewerb und auch faire Preise erreicht werden können. Ich sage es mal so: Die Botschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube! Oder anders: Es wäre schön, aber es wird nicht klappen, ebenso wenig wie all die Maßnahmen in der Vergangenheit, die zu mehr Wettbewerb und fairen Preisen führen sollten. Ich denke hier zum Beispiel an die Landesregulierungsbehörde. Thüringen hat als eines von wenigen Ländern darauf verzichtet, seine Möglichkeiten, Einfluss auf die Preisgestaltung bei Strom und Gas zu nehmen, zu behalten, ein Tatbestand, der übrigens gerade von den Thüringer Stadtwerken immer wieder beklagt wird. Ich bin sehr dafür, in Bereichen der

Daseinsvorsorge - und hier gehört die Energieversorgung dazu - die kommunale Ebene zu stärken und den rein gewinnorientierten Einfluss von Konzernen zurückzudrängen. Aber so, wie das hier im SPD-Antrag aufgeschrieben worden ist, das sage ich ganz offen, wird das schwierig werden. Hier wird eine Nebelkerze gezündet, es wird Aktionismus mit Aktion verwechselt und wenn sich der Rauch verzogen hat, bleibt alles beim Alten.

Um Veränderungen zu erreichen, sind hier ganz andere Entscheidungen notwendig, müssen Rahmenveränderungen herbeigeführt werden. Notwendig ist - das hatte mein Kollege Kummer heute schon gesagt -, dass das Stromnetz in öffentliche Hand gehört, aber nicht zu den Bedingungen wie E.ON das diktieren will, z.B. an einen internationalen Infrastrukturfonds, um erst mal richtig zu verdienen, nein, ich sage, die haben genug verdient. Die Stromkunden müssen es Tag für Tag bezahlen.

Fakt ist, jahrelang sind zu hohe Netzgebühren kassiert worden. Unsere Energienetze hätten bei einer konzernunabhängigen, also nicht gewinnorientierten Bewirtschaftung und durch den Einsatz moderner Übertragungstechnologien noch wesentliche Effektivitäts- und Kapazitätspotenziale. Es müsste dann auch keine Megaenergieautobahn gebaut werden wie die, die von Vattenfall - ja ich sage das immer wieder und werde das immer hier von diesem Rednerpult betonen - hier vorgesehen ist.

(Unruhe CDU, SPD)

(Beifall DIE LINKE)

Neue Megatrassen dienen in erster Linie einem effektiveren, sprich noch lukrativeren Stromhandel und dies zulasten der Endverbraucher, die dies bezahlen müssen. Das ist Missbrauch der Netzinfrastruktur und rechtfertigt allemal eine Vergesellschaftung im Sinne des Grundgesetzes. Nur so kann man auch die Gewinnmaximierung als oberste Handlungspriorität ausschließen.

Notwendig ist zweitens eine Energiepolitik, die diesen Namen verdient. Weltweit knapper werdende Rohstoffe und wachsende Nachfrage führen zu hohen Preisen. Das werden wir auch von Thüringen aus nicht beeinflussen können. Aber was wir beeinflussen können, sind zukunftsfähige Programme zum Energie sparen und was wir beeinflussen können, sind Programme für die Entwicklung und den Ausbau regenerativer Energien wie zum Beispiel das Projekt an der Technischen Universität in Ilmenau, die ein Konzept vorgestellt hat „Energietechnisches Zentrum Thüringen“ und auch für eine autarke Energieversorgung wirbt. Das ist ein Weg, der ohne die kommunalen Stadtwerke überhaupt nicht geht und

das ist auch ein Weg in die Zukunft.

Drittens sage ich, der Entwicklung der Energiepreise auf den internationalen Rohstoffmärkten muss der Staat nicht noch dadurch Vorschub leisten, indem er mit seiner Politik, Steuern auf Steuern zu erheben, immer kräftiger an der Preisschreibe mitdreht und mitverdient. Ich bin dafür, den Energieverbrauch zu drosseln und als Staat auch bewusst in diesem Sinne regulierend einzugreifen, auch über Steuern und Abgaben. Aber ich sage auch, der Zugang zu lebenswichtiger Energie muss für alle bezahlbar bleiben. Es geht hier um die Daseinsvorsorge und Wettbewerbsfähigkeit. Ein verminderter Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent wäre aus meiner Sicht dafür ein geeignetes Mittel. Energie darf nicht zum Luxusgut werden und muss für alle bezahlbar bleiben, gerade auch für die regionale mittelständische Wirtschaft.

(Beifall DIE LINKE)

Viertens, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer die kommunalen Stadtwerke stärken und sich für mehr Wettbewerb und faire Preise einsetzen will, der muss dem unlauteren Wettbewerb der vier großen Stromkonzerne mit ihren Billiganbietern YellowStrom, EnBW, e-wie-einfach (E.ON), eprimo (RWE) oder easy (Vattenfall) den Kampf ansagen. Auch dafür sind Instrumente vorhanden. Nicht nur der Energieverbrauch ist im Sinne der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes gerecht und angemessen zu besteuern, nein, auch die Gewinne der Energieriesen sind ordentlich zu besteuern und dabei sind keine Steuerschlupflöcher zuzulassen.

(Beifall DIE LINKE)

Fünftens, es kann nicht hingenommen werden, dass die Bundesregierung ein Gesetz zum beschleunigten Ausbau der Höchstspannungsnetze plant. Das spielt den Konzernen, den die Kollegen von der SPD mit ihrem Antrag den Kampf ansagen wollen und deren Einfluss auf die kommunale Energieversorgung eingeschränkt werden soll, direkt in die Hände. Diese profitieren vom beschleunigten Bau der Hochspannungsnetze und die kommunale Handlungsfähigkeit wird damit massiv eingeschränkt. Ländern und Kommunen und damit auch den Stadtwerken schadet dieser beschleunigte Ausbau. Sie sind im Genehmigungsverfahren künftig weitestgehend außen vor und obendrein in der gerichtlichen Anfechtung von Entscheidungen beschnitten. Gegen Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte ist dann keine Revision mehr möglich. Das muss verhindert werden, denn nur so ist die Macht der Stromkonzerne zu begrenzen und nur so wird die kommunale Handlungsfähigkeit in der Energieversorgung gesichert.

Sechstens und letztens, faire Preise haben auch etwas damit zu tun, dass man bei Investitionen im Energiesektor ganz genau überlegt, was man tut. Fakt ist, die Erweiterung der Kapazitäten von Höchstspannungsnetzen für die Durchleitung von Windstrom mit der Aufrüstung bestehender Trassen mit Hochtemperaturseilen und Freileitungsmonitoring sind technisch möglich und würden nur ein Fünftel dessen kosten, was der Neubau kostet. Ein konkret untersuchtes Beispiel gibt es hierzu auch - die geplante 380-kV-Leitung Halle - Schweinfurt. Das muss man, meine sehr verehrten Damen und Herren, abprüfen. Man muss auf günstigere und wirtschaftliche Varianten setzen und sich auch dafür entscheiden. Das heißt - und ich betone es jetzt auch wieder -, wir brauchen keine 380-kV-Leitung durch den Thüringer Wald bis nach Franken.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

So viel zu diesem Thema. Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, die Richtung stimmt, ganz klar, über den Weg - das ist klar - muss natürlich im Sinne der von mir genannten sechs Punkte weiter geredet werden. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich frage erst einmal: Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist oder erhebt sich da Widerspruch? Es erhebt sich kein Widerspruch; das Berichtsersuchen ist erfüllt.

Es ist beantragt worden, diesen Sofortbericht im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit weiterzuberaten. Ich lasse darüber abstimmen. Wer ist dafür, dass der Sofortbericht weiter im Ausschuss beraten wird, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? 2 Stimmenthaltungen, keine Gegenstimme. Damit ist der Überweisung des Sofortberichts zugestimmt.

Es ist ferner beantragt, die Abschnitte I und II Nummer 2 des Antrags der SPD ebenfalls an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? 1 Stimmenthaltung, keine Gegenstimme. Damit sind die Abschnitte I und II Nummer 2 des Antrags der Fraktion der SPD ebenfalls an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überwiesen.