Protokoll der Sitzung vom 15.02.2013

(Beifall FDP)

Das geht auch. Der Antrag ist im Haushaltsausschuss abgelehnt worden. Das ist gut und richtig so. Aber, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen von den GRÜNEN, ein Punkt ist mir noch aufgefallen in Ihrem Antrag. Sie verlangen von der Landesregierung einen Verfahrensvorschlag vorzulegen, um größtmögliche Transparenz und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern herzustellen.

(Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war der Versuch, Punkt 2 b …)

Das finde ich sehr bemerkenswert, weil Sie normalerweise eigentlich immer zu denen gehören, die

uns hier erklären, wie Bürgerbeteiligung und Transparenz usw. alles geht. Hier verlangen Sie von der Landesregierung diesen Vorschlag und ich ahne auch warum, weil es wahrscheinlich ähnlich ist mit Ihrem Gutachten. Wenn dann am Ende bei der Bürgerbeteiligung wieder nicht das herauskommt, was Sie wollen, dann sagen Sie, der Weg der Bürgerbeteiligung war der verkehrte. Das ist ein bisschen unredlich, will ich mal sagen. An der Stelle sollten Sie sich ehrlich machen und sagen, wie wollen Sie das Verfahren haben.

(Beifall FDP)

Sie haben da eine Menge Vorschläge und bei dem einen oder anderen sind wir inhaltlich gelegentlich gar nicht so weit auseinander, wenn es um direkte Demokratie und ähnliche Dinge geht. Aber ich will ein paar Sätze auch zu diesem Gutachten noch sagen, zu der Frage: Wie steht die FDP zur Diskussion um die Gebietsreform? Da muss ich zunächst noch mal ganz deutlich sagen: Wir glauben nicht an diese Theorie, dass große Strukturen Geld sparen.

(Beifall CDU, FDP)

Wenn das so wäre, da hat Kollege Fiedler völlig recht, warum machen wir denn dann bei acht Kreisen Halt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das geht nicht ums Sparen, es geht um Leis- tungsfähigkeit.)

Dann können wir eigentlich zwei oder drei Kreise machen. Herr Kollege Hey, Sie kennen sich in Bayern ähnlich schlecht aus wie Herr Ude. Die Struktur, in die die Landkreise im Süden von Thüringen hinkommen würden, die ist fast genauso wie die in Thüringen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das stimmt erstens nicht und zweitens können sie sich das leisten.)

Der benachbarte Landkreis Coburg ist einer der kleinsten in Deutschland mit ungefähr 70.000 Einwohnern. Der durchschnittliche Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt in Bayern hat, wenn man München mit etwa 1,5 Mio. Einwohnern einmal wegrechnet das ist eine Sonderstruktur -, von denen es ohne München in Bayern 97 gibt, im Schnitt 115.000 Einwohner. In Thüringen sind es etwa 100.000 Einwohner. So unterschiedlich sind die Strukturen nicht, Herr Kollege Hey, in die Landkreise da kommen.

(Beifall FDP)

Es sei denn, man will auch dort einfach Bayern und Franken als zwei Landkreise definieren mittelfristig, dann kommt man da natürlich auch an.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.)

Herr Kollege Kuschel, weil Sie hier Ihr Modell von den Regionalkreisen vorgestellt haben. Zunächst einmal, Regionalkreise ohne Publikumsverkehr wenn die keinen Publikumsverkehr haben, brauchen wir auch keine Neubauten. Da setzen wir die Mitarbeiter in Karnickelställe. Das ist ja egal. Das ist Punkt 1, wo ich schon sehr überrascht bin. Und ich sage ganz ausdrücklich für meine Fraktion, für uns, wir wollen Bürgerkontakt für die Verwaltungen.

(Beifall FDP)

Wir wollen, dass die Menschen wissen, wer die Dinge für sie entscheidet und bearbeitet.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das können sie doch.)

Wir wollen, dass die Menschen in die Ämter gehen und sehen, wer dort sitzt und mit denen reden.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: In der Gemeinde, nicht im Landkreis.)

Das verstehen wir unter einer bürgerfreundlichen Verwaltung. Das sehen Sie offenbar anders. Die Planungsvorleistungen, auf die Sie aus DDR-Zeiten zurückgreifen, weil Sie das vorhin gerade hatten, das sind an der Stelle offenbar die Bezirke, das war in der Tat alles so abstrakt und weit weg, dass sich kein Mensch damit identifizieren konnte.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Fra- gen Sie doch Herrn von der Krone.)

(Beifall FDP)

Es wird Kultur verloren gehen. Es wird bei Großkreisen Kultur verloren gehen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wel- che?)

Es wird bei Großkreisen Kultur verloren gehen, und zwar mindestens die Kultur des ehrenamtlichen Engagements in unserem Land.

(Beifall FDP)

Das wird verloren gehen.

Herr Barth, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Dr. Kaschuba?

Aber selbstverständlich gern.

Ich bedanke mich dafür, dass Sie das gestatten. Ich habe einmal eine Frage. Das irritiert mich jetzt ein bisschen, was Sie hier sagen. Ihr Parteimitglied, Dr. Röhlinger, hatte vor Jahren schon ein wirklich großes Interesse daran, eine Großstruktur zu schaffen mit Jena, Apolda, Bürgel, einen Großkreis.

(Abg. Barth)

Sind Sie der Meinung, dass das eine falsche Auffassung von Dr. Röhlinger war, der damals Oberbürgermeister war?

Ich bin der Auffassung, dass das eine falsche Auffassung von Dr. Röhlinger war, der natürlich damals in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister auch ein ganz klares Interesse hatte. Das ist auch zulässig, das zu haben. Ich sage mal, Dr. Kaschuba, ich habe kein Problem damit, denn in meiner Partei, deren Landesvorsitzender ich ja auch bin, gibt es auch Leute, die eine andere Meinung haben. Damit kann ich gut leben,

(Beifall CDU, FDP)

weil gerade aus solchen unterschiedlichen Positionen, aus solchen unterschiedlichen Interessen dann auch richtige Lösungen entstehen. Und wenn ich sage, ich bin dagegen, dass wir die Reform so machen, wie die im sogenannten blauen Wunder beschrieben ist, heißt das auch nicht, dass ich jede Struktur in Thüringen genau so erhalten will für die nächsten 50 Jahre, wie das heute ist. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Aber die Frage ist, ob wir uns von vier oder fünf Experten, die irgendwo sitzen, aufschreiben lassen, was nach irgendwelchen Lehrbüchern vielleicht in irgendeiner Form theoretisch richtig wäre oder ob wir uns mit den Bürgern in unserem Land unterhalten und die fragen, wie wir uns in unserem Land wiederfinden. Das hat auch etwas mit Heimat zu tun.

(Beifall CDU, FDP)

Und meine Heimat, das will ich ganz ausdrücklich sagen, ist ein kleinteiliges ländlich geprägtes Thüringen.

(Beifall CDU, FDP)

Ein Land mit 160 Großgemeinden und fünf oder sechs Großkreisen ist nicht meine Heimat. Bei denen bekomme ich vielleicht ein Autokennzeichen. Da bekomme ich vielleicht auch einen Bauantrag genehmigt. Aber Heimat, Wohlfühlen, auch Kontakte zu haben, mitzuentscheiden, was für mich auch wichtig ist, mitzuarbeiten an den Entwicklungen, von denen, die ich auch spüre, das alles findet in so einer Struktur nicht mehr statt. Und die DDR ist dafür das beste Beispiel, wie so etwas kaputt gemacht werden kann.

(Beifall FDP)

Herr Barth, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kuschel?

Auch das sehr gern.

Danke, Frau Präsidentin und danke, Herr Barth. Sie haben jetzt ausgeführt, dass Ihr Wohlfühlen von Verwaltungsstrukturen abhängt. Wollen Sie uns wirklich hier erklären, dass das Wohlfühlen in einer Gemeinde für Sie davon abhängig ist, wo der Bürgermeister und das Bürgerservicebüro sind?

Das Wohlfühlen hängt schon unter anderem davon ab, wo der Bürgermeister und das Bürgerservicebüro sind, weil die Frage entscheidend ist, wie lange brauche ich dahin, wie sehr sind die überhaupt noch mit meinem persönlichen Lebensumfeld verbunden. Aber was Sie machen, ist ja eine bewusste Irreführung mit der Frage, Herr Kollege Kuschel. Sie qualifizieren die Kreise zu reinen Verwaltungseinheiten herab. Dann könnten wir die Kreistage abschaffen, wenn das so wäre.

(Beifall FDP)

Wir haben aber in den Kreisen auch mit den Kreistagen Kommunalparlamente, die über Entwicklungen in den Kreisen auch demokratisch beraten und entscheiden. Und diese Form der Mitbestimmung wird natürlich mit immer größeren Strukturen auch immer abstrakter. Wer fährt denn, als Ehrenamtler wohlgemerkt, zwei- oder dreimal jede Woche in den Kreistag, wenn er da anderthalb Stunden hin und anderthalb Stunden wieder zurück braucht,

(Beifall FDP)