Protokoll der Sitzung vom 22.03.2013

Also wie kann sichergestellt werden …

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Sie sind der deutschen Sprache nicht mächtig, Sie kön- nen auch nicht zuhören, muss ich mal fest- stellen. Ich habe den gesamten Instrumen- tenkasten dargestellt, mehr kann ich nicht tun.)

Ich bin der Sprache sehr wohl mächtig und ich erzähle Ihnen dann, was Sie tun können. Das steht in unserem Antrag auch drin.

Frau Abgeordnete, Sie haben jetzt das Wort und wir machen keine Zwiegespräche bitte.

Wie kann sichergestellt werden, dass Menschen, die ein Unternehmen neu gründen wollen, auch und möglichst zuerst an eine Genossenschaft denken? Und noch ein Wort zum neu gegründeten Gründerzentrum ThEx, das Sie auch angesprochen haben. Das soll ja ab 2014 Beratungsangebote für Existenzgründer und kleine und mittelständische Unternehmen in Thüringen bündeln. Wenn man die An

kündigungen dazu durchliest, liest man kein einziges Mal das Wort Genossenschaften, das ist schlecht. Weil man kaum etwas findet über Genossenschaften außer im Zusammenhang mit dem 1.000-Dächer-Programm, wenn man z.B. den Internetauftritt des Wirtschaftsministeriums durchforstet, und auch sonst das Thema Genossenschaften von der Landesregierung außer in Sonntagsreden stiefmütterlich behandelt wird, haben wir unter dem Punkt 2 in unserem Antrag die Punkte a) bis c) aufgeführt, um Neugründungen und die Erhaltung von Genossenschaften zu erleichtern und zu fördern.

Erstens: Alle Wirtschaftsförderprogramme sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie eine Genossenschaft fördern. Da kommt genau das rein, was Herr Baumann schon angesprochen hat.

Zweitens fordern wir die Landesregierung auf, eine Förderrichtlinie für Genossenschaftsgründungen zu erarbeiten. Da gibt es gute Beispiele, das haben wir auch reingeschrieben, an denen sich orientiert werden kann, z.B. die Genossenschaftsinitiative aus Baden-Württemberg aus dem Jahr 2010. Dort wird vom Wirtschaftsministerium jede Genossenschaftsgründung mit einem Zuschuss von 750 € gefördert. Die Start- und Konsolidierungsphase von neuen Genossenschaften werden durch kostenlose Beratungstage für die Bereiche Steuer, Betriebswirtschaft usw. unterstützt und zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung wird bezuschusst durch das Ministerium. Bei Nahversorgungsgenossenschaften, also z.B. Dorfläden, da haben wir uns letzten Sommer ja auch unterhalten, wie die gefördert werden könnten, da werden die Prüfungskosten vom Wirtschaftsministerium zur Hälfte gezahlt. So ungefähr stellen wir uns vor, was in der Förderrichtlinie stehen sollte.

Drittens soll die Landesregierung ein Kompetenzzentrum Genossenschaften einrichten und das könnte natürlich in diesem Gründerzentrum ThEx angesiedelt sein, wo ja das Wirtschaftsministerium ein Partner ist. Genau, Sie finanzieren das, und da könnten Sie das gern einbringen. Aber wenn ich eben die Ankündigung für das ThEx durchlese, was da geplant ist, da ist das Wort „Genossenschaften“ nicht genannt.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Aber auch nicht ausgeschlossen.)

Natürlich nicht. Auch nicht ausgeschlossen, aber wenn wir eine Atmosphäre pro Genossenschaften in diesem Land kreieren wollen, dann muss das Wort „Genossenschaften“ auch immer wieder dargestellt werden, damit Neugründer zuerst auch mal prüfen, ob sie nicht eine Genossenschaft gründen, wenn sie eine Unternehmensidee oder eine Lebensidee umsetzen wollen.

Und da Sie so positiv geredet haben, Herr Machnig, denke ich, dass unsere Vorschläge von der Landesregierung auch durchaus wohlwollend aufgenommen werden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. ScheringerWright. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Kemmerich für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste, DIE LINKE behauptet in ihrem Antrag, anders als in privatwirtschaftlich organisierten Wirtschaftsformen steht bei der eG nicht die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund, sondern die Förderung ihrer Mitglieder.

Frau Leukefeld, ich bin ja richtig dankbar, dass Sie das in Ihrer eigenen Rede konterkariert haben und das richtiggestellt haben. Insofern brauche ich das nicht in der Ausführlichkeit zu machen.

Bei der Geschichte der Genossenschaften müssen wir auch darüber nachdenken, dass die Genossenschaften zur Zeit der DDR für Enteignung, Repressalien und viele unschöne Dinge gestanden haben in Form von PGHen, wo viele Betriebe den Eigentümern genommen worden sind und wo es in der Landwirtschaft viele Zwangskollektivierungen, Enteignungen von Eigentum gegeben hat, die bis heute fortwirken.

(Beifall FDP)

Auch zur Geschichte der Genossenschaft gehört hinzu die Coop-Geschichte aus Westdeutschland, die auch keine Erfolgsgeschichte war. Also was hier an Eindruck vermittelt wird, dass das per se eine Erfolgsgeschichte ist, ist schlichtweg verkürzt und schlichtweg falsch.

(Beifall FDP)

Natürlich gibt es in unserem Wirtschaftswesen auch sehr erfolgreich geführte Genossenschaften, die DATEV, viele Raiffeisen-Genossenschaften, Warengenossenschaften, Einkaufsgenossenschaften, Friseurgenossenschaften gibt es sicherlich noch als

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Die zahlen aber besser als Sie.)

Restanten. Herr Machnig, da können wir gern mal hinfahren und uns das anhören.

(Unruhe DIE LINKE)

Es gibt Bankgenossenschaften, die Erfurter Bank, um hier eine regionale Erfolgsgeschichte mal zu nennen. Auch das gehört zur Ehrlichkeit hinzu,

aber, meine Damen und Herren, und insofern geht die Diskussion in die falsche Richtung und, Herr Machnig, gerade an der Stelle. Nicht regional ist das, was Genossenschaft ist. Nicht solidarisch ist das, was Genossenschaft ist, sondern der Thüringer Mittelstand ist regional verwurzelt und per se erst mal für sich und seine Mitarbeiter und seine Region verantwortlich und die Verantwortung tragen sie mit großer Leidenschaft und großer Verantwortung.

(Beifall FDP)

Es wird so dargestellt, als ob, hier war gerade wieder die Rede von Privatisierungswahn, auch die Genossenschaft ist eine Rechtsform des Privatrechts, eine Rechtsform in einer juristischen Person und damit erst einmal gleichzustellen mit einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft. Die Genossenschaft ist im Gegensatz zu einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft sicherlich eher als Mischform zu betrachten zwischen einer AG und einem eingetragenen Verein. Darin gibt es beide Elemente, auch sehr bewusst gewählt, aber, meine Damen und Herren, im Vordergrund der Entscheidung zur Wahl der Genossenschaft als Rechtsform einer zukünftigen wirtschaftlichen Betätigung sollte die Gründeridee sein und der Zweck, den man verfolgt, und nicht die Genossenschaft per se.

(Beifall FDP)

Wenn wir jetzt darauf schielen und darauf achten oder regeln wollen mit gesetzlicher Wut, warum denn Genossenschaften qua Rechtsform weniger kreditwürdig sind, dann würde ein kleines Gespräch mit dem Banker helfen, notfalls auch der Blick in die Literatur. Das liegt nämlich eben an der Rechtsform und an der Möglichkeit, dass ich aus der Genossenschaft als Einzelmitglied per einfacher Kündigung ausscheiden kann und damit der Genossenschaft Kapital entziehe.

(Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Darum geht es aber nicht.)

Dafür haftet ja der Steuerzahler, Frau Mühlbauer. Im Gegensatz zu einer Aktiengesellschaft, wo das Kapital in Massengesellschaft nicht entzogen werden kann, hieß es bei der Genossenschaft, dass ist eben haftungsrelevant und insofern für die Banken schwerer einzuschätzen. Da der genossenschaftliche Gedanke meistens von mehreren Personen getragen wird - das ist alles richtig -, ist das eben für die Banken etwas schwerer einzuschätzen, es sei denn, man nimmt Hilfskonstruktionen. Es wurde auch schon die große Anzahl von Agrargenossenschaften auf Thüringer Boden genannt, die sich samt und sonders als überwiegend erfolgreich erwiesen haben und auch kreditfähig waren. Da haften dann die Vorstände persönlich für die Kredite oder auch Aufsichtsräte oder ausgewählte Personen aus dem genossenschaftlichen Kreis. Das hat

(Abg. Dr. Scheringer-Wright)

nichts mit der Rechtsform zu tun, sondern einfach mit dem Konstrukt, wie viele Personen für die Banken Ansprechpartner sind, wie viele Ansprechpartner bleiben und wie die Bank ihr Haftungsrisiko eindämmen kann.

Auch die Frage, wie insolvenzfest, Herr Machnig, sind Genossenschaften, stellt sich bei der Betrachtung, dass wir nur ungefähr ein halbes Prozent von genossenschaftlichen Betrieben in den Sonderformen haben, die sich einfach auch nach der Wende entwickelt haben, und Sonderformen, wie sie heute betrieben sind, auch nicht wirklich. Ich würde nicht behaupten, dass die übrigen Mittelständler, fast 90.000, die Sie auch nannten, insolvenzgefährdeter sind. Das ist natürlich das Gesetz der Masse und das Gesetz der Größe.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Das ist doch Unsinn. Haben Sie nicht zugehört?)

Ich habe Ihnen sehr wohl zugehört. Es ist einfach nicht Gesetz der Sache, dass die Leute, die sich in anderen Rechtsformen bewegen, und insbesondere die privat haftenden Kaufleute, per se insolvenzgefährdeter sind. Es ist einfach nur eine Feststellung, dass aufgrund der Geschäftsmodelle, die heute gefahren werden, vielen Dank, sich die Genossenschaften heute als nicht krisenfester darstellen. Aber wenn wir Ihren Anträgen folgen, laufen wir große Gefahr zu sagen, wir jagen jetzt alles in die Rechtsform der Genossenschaft hinein.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Das habe ich nicht gefordert.)

Das haben Sie nicht gesagt, Herr Machnig, das will ich gar nicht sagen, aber es wurde hier das Beispiel Baden-Württemberg genannt, wo man mit einer Lockprämie von 750 € die Genossenschaft anderen Wirtschaftsformen bevorzugt. Das halte ich für durchweg falsch.

(Beifall FDP)

Wie gesagt, die Gründeridee steht im Vordergrund und welchen Gründerkreis ich wähle und welche Geschäftsidee ich verwirklichen will, das muss wichtig sein. Wo ich den Initiatoren des Antrags und den Vorrednern durchaus recht geben muss, ist, wenn eine Entscheidung für die Gründung einer Genossenschaft erfolgt, ist heute das bürokratische Procedere zur Gründung, zum Betrieb einer Genossenschaft durchaus komplexer, komplizierter und aufwendiger als bei anderen Rechtsformen. Auch dafür gibt es keinen Grund.

(Beifall FDP)

Insofern gehen die Tendenzen - es wurde gesagt, dass Frau Leutheusser-Schnarrenberger im Bundestag als FDP-Justizministerin einen entsprechenden Antrag vorbereitet, der zumindest von der Thü

ringer Landesregierung unterstützt wird - in die richtige Richtung, auch da bürokratische Hemmnisse zu nehmen und das Wirken und geschäftliche Wirken mit diesen Rechtsformen auch etwas zu erleichtern.

Wir haben uns bei der Industrie- und Handelskammer erkundigt, hier sind keine Benachteiligungen von Genossenschaften in Thüringen erkennbar. Herr Machnig hat es gesagt, ThEx wird, denke ich, alle Gründer gleich behandeln, gleich welche Rechtsform sie wählen, insofern sind wir uns da auch einig. Das freut mich. Insofern denke ich mir, dass wir da eigentlich auf einem guten Weg sind. Die Genossenschaft, das kann ich nur ausdrücklich betonen, ist eine gleichwertige und sehr interessante Form der Wirtschaft, aber sie ist kein Allheilmittel, das wurde auch schon gesagt.

Ich bin auch Mitglied einer eingetragenen Genossenschaft, Frau Siegesmund, da haben wir die Gemeinsamkeiten erst mal an diesem Punkt für heute. Es ist Freitagmittag, da wollen wir ein bisschen entspannt sein. Einer Weiterbehandlung im Ausschuss würden wir uns nicht versagen, insbesondere um auch die Tendenzen mit zu unterstützen, die aus Berlin für das genossenschaftliche Wesen auch für Thüringen zu erwarten sind. Ich ermutige all diejenigen, die heute in genossenschaftlicher Weise organisiert sind und das auch aufgrund ihrer zukünftigen Gründerideen ins Auge fassen, diesen Weg nicht zu verlassen, sondern mit Vehemenz zu bestreiten. Daher vielen Dank. Ich denke, wir diskutieren das im Ausschuss weiter.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kemmerich. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Heym für die CDU-Fraktion.

Ich habe schon die ganze Zeit überlegt: Genossenschaft heißt ja, dass der Genosse schafft. Der oberste Wirtschaftsgenosse von Thüringen schafft. Aber zum Thema hier:

In dem Antrag Nummer 1 der LINKEN ist der Bericht von der Landesregierung abgefordert worden, Entwicklungsstand, Förderpraxis und Perspektiven für das Genossenschaftswesen in Thüringen, und im Teil 2 des Antrags wird zusätzliche Landesunterstützung, insbesondere in Form einer Förderrichtlinie für Genossenschaftsgründungen gefordert und eine Beratungsagentur für Genossenschaftsgründungen soll geschaffen werden. Frau ScheringerWright hat gesagt, dass die LINKEN sich des Themas jetzt gerade im Nachgang zu diesem Genossenschaftsjahr in besonderer Weise noch mal annehmen wollen. Richtig, denn es gab dazu ja im Dezember vorigen Jahres einen Antrag im Bundes

(Abg. Kemmerich)

tag von Ihrer Partei, der nun hier auch über die ganzen Landtage noch mal gestreut worden ist. Ich sage damit nicht, dass das was Unanständiges ist, denn die CDU-Fraktion sieht das schon so, dass man sich dieses Themas durchaus verstärkt annehmen kann. Die Genossenschaften haben es verdient, dass sie mehr in den öffentlichen Fokus gerückt werden und dass auch noch eventuelle Entwicklungshemmnisse möglichst ausgeräumt werden. Gerade im Jahr 2012, mehrfach ist es angeklungen, dem Internationalen Jahr der Genossenschaften, sind sie in besonderer Weise und vielfältig gewürdigt worden, auch von der Bundeskanzlerin, und unsere Ministerpräsidentin war ja sogar die Schirmherrin für das Genossenschaftswesen in Thüringen.