Da 16-Jährige doch befähigt sind, ihre Meinung auch in einem Wahlrecht zu artikulieren und er hat ja auch weitreichend ausgeholt und weitgreifend begründet an vielen Beispielen, wo das doch möglich wäre. Vor allem bemerkenswert finde ich, dass man dann wieder zurückkommt von der hohen Bundes- und Weltpolitik in Richtung Kommunalpolitik. Da sollte es dann wieder geregelt werden, da sollte es möglich sein. Im Vorfeld wird noch einmal mitgeteilt von Herrn Adams, dass sie doch in allen Bereichen mittlerweile sehr fit sind, mit 16 Jahren da überall mitreden zu können.
Ich will das auch gar nicht in Abrede stellen, dass sicherlich auch 16-Jährige politisch Interessierte sich ihre Meinung bilden und artikulieren können. Ich denke, das ist nicht unbedingt nur bei 16-Jährigen der Fall, das hat man vielleicht auch früher. Man hat aber auch das Gegenteil später. Das ist nun mal so. Ich will es nicht unbedingt an dem Alter festmachen, aber der Gesetzentwurf sieht ja vor, das aktive Wahlrecht im kommunalen Bereich auf 16 Jahre. Es betrifft ausschließlich die Wahlberechtigung und nicht die Wählbarkeit. Begründet wird die Absenkung mit der demographischen Entwicklung und der Suche nach einer generationengerechten Lösung. Das wird ja nun recht oft strapaziert. Ich denke, dass gerade in kommunalen Bereichen die Jugendlichen über Jugendparlamente, Schülerparlamente recht eng eingebunden sind. Ich kenne es aus meiner kommunalpolitischen Erfahrung auf jeden Fall, dass bei Maßnahmen, die die Jugend betreffen, auch die Jugendlichen gehört werden, jedenfalls von den kommunalen Parlamenten. Hier gibt es letztendlich entsprechende Ausschüsse, hier gibt es auch den Jugendpfleger, der ja nun erfolgreich eingesetzt wird und auch gute Jugendarbeit leistet, wo natürlich auch die Stimmen der Jugendlichen mit Gehör finden in der Kommunalpolitik. Auch das sollte man mit zur Kenntnis nehmen, weil ich denke, so, wie es dargestellt wird, dass die Jugendlichen keinen Einfluss nehmen können auf Kommunalpolitik, ist meiner Ansicht zu kurz gesprungen und es ist auch nicht die Tatsache. Man wird einbezogen, sie können einbezogen werden, es wird auch gemacht. Ich denke, dass in der kommunalen Gebietskörperschaft die Jugendlichen mit eingebunden werden, und das nicht zuletzt auch im Interes
se der Kommune selbst ist. Ich habe jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass dies hervorragend funktioniert. Ob die Absenkung des Wahlalters tatsächlich der Königsweg ist oder ob es nicht vielmehr sinnvoll ist, die eben erwähnten jugendspezifischen Gremien zu fördern und zu unterstützen, ich denke, das wäre auch ein gangbarer Weg, auch mittelfristig und langfristig Kommunalpolitik interessanter zu gestalten, auch für Jugendliche. Ich darf daran erinnern, dass auch die CDU-Fraktion bei der Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes 2008 zunächst erwogen hat, ein Familienstimmrecht beim Plebiszit und auf kommunaler Ebene einzuführen, was sie aber letztlich nach Hinweisen aus der Anhörung verworfen hat. Auch hier hat man überlegt, inwieweit man hier eine gewisse Beteiligung, die aber über die Eltern durchgeführt wird, mit einfließen lassen kann, was letztendlich aber dann doch nicht zum Tragen kam.
Insgesamt stehen wir der Absenkung eher skeptisch gegenüber. Ich denke auch, wir können das nicht unbedingt immer an dem Alter festmachen, dass wir sagen, jetzt sind sie alle reif. Was mich besonders verwundert hat in Ihrem Antrag, waren die letzten zwei Sätze bei der Begründung: „Eine rückläufige Wahlbeteiligung zeigt, dass sich die Bevölkerung von politischen Prozessen abwendet und die Akzeptanz von Politikern schwindet. Eine Absenkung des Wahlalters im kommunalen Bereich wäre daher eine effektive Maßnahme, um dem entgegenzuwirken.“ Also das hat mich schon etwas überrascht, muss ich sagen, dass man letztendlich die Wahlbeteiligung oder wie man hier schreibt, dass man letztendlich politikverdrossen ist, ausgleicht, indem man den 16-Jährigen das Wahlrecht gibt. So steht das auch hier in Ihrer Begründung. Was wollen wir denn machen, wenn das nicht greift zum Schluss? Will man dann noch eins runtergehen und noch Jüngere zur Wahl berechtigen?
Ich denke, es gibt hier Möglichkeiten, die Wahlverdrossenheit anders zu bekämpfen. Wir werden uns aber dieser Diskussion nicht verschließen. Wie gesagt, insgesamt stehen wir der Sache schon skeptisch gegenüber, aber wir würden natürlich auch den Antrag an den Innen- und Justizausschuss überweisen, um dann zu diskutieren, zu beraten und ich hoffe, dass wir dann letztendlich auch einen gangbaren Weg finden. Aber man sollte sich auch die entsprechende Zeit nehmen dafür, gut abwägen, bevor man die Entscheidung trifft. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kellner. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Katharina König von der Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und sehr geehrter Herr Kellner, jetzt noch mal spezifisch zum Thema, an der Politikverdrossenheit ließe sich durch ein Absenken des Wahlrechtes nichts ändern, das ist falsch. Der Autor der Shell-Jugendstudie, das ist ja nun wirklich keiner, den man so einfach in irgendeine Schublade stecken kann, sondern der vorhin schon zitierte Klaus Hurrelmann sagt, dass dadurch sehr wohl die Politikverdrossenheit bei Jugendlichen aufgehoben werden kann und sie stärker mit einbezogen werden können. Das sagt er auch nicht irgendwo, sondern das sagt er in einem Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung, wo es sich übrigens lohnt, zu dem Thema auch mal zu recherchieren.
Herr Adams, Jugendliche, auch 17-Jährige, sitzen heutzutage nicht mehr hinter dem Ofen. Die Klientel zum Thema jugendgerechte Sprache, die Sie meinen, das sind die sogenannten Kellerkinder heutzutage, die den ganzen Tag vor dem Rechner sitzen. So nennt man sie jedenfalls. Grundsätzlich erst mal ein Dankeschön von uns, von der Fraktion DIE LINKE zu dem vorgebrachten Antrag. Dieser Antrag entspricht dem, was wir als LINKE seit mehreren Jahren fordern und auch versuchen wollen und unterstützen werden, um dieses Ziel umzusetzen. Ich bin mal ein bisschen anders vorgegangen und habe mal nicht so die Standardargumente herausgesucht, die jeder erwartet und die zum großen Teil auch, Entschuldigung, Herr Adams schon vorgebracht hat, sondern habe mal ein bisschen recherchiert, was hat denn die Landesregierung in den letzten zehn oder 20 Jahren zu dem Thema schon gemacht. Und siehe da, es gibt von 1999 …
Entschuldigung. Könnten bitte die Zwischengespräche so geführt werden, dass trotzdem noch alle die Möglichkeit haben, der Abgeordneten König zu lauschen? Das ging an die Reihen der CDU, meine sehr geehrten Herren dort. Danke schön. Herr Barth war auch gemeint, danke.
Nein, aber es gibt die Bitte, nicht für so einen Lärmpegel zu sorgen, dass die Rednerin nicht mehr zu hören ist. Herr Fiedler, wir hören Ihnen auch zu, wenn
Jedenfalls gab es 1999 von der damaligen Landesregierung - das war übrigens auch CDU- und SPDKoalition, bis in den Sommer hinein - eine Studie, eine Anmerkung zum 10. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung. Da hat die Landesregierung ausgeführt, dass sie der Meinung ist, dass die Interessen der Altersgruppe, also der Jugendlichen, in der Regel von Erwachsenen stellvertretend artikuliert werden
und die unmittelbare Partizipation von Kindern und Jugendlichen an den sie betreffenden Entscheidungen sowohl innerhalb der Jugendhilfe als auch im kommunalpolitischen Umfeld und den Schulen noch die Ausnahme darstellt. Das „noch“ lässt mich hoffen, dass die jetzt nach zehn Jahren wiedervereinigte Koalition es heute umsetzen will. Ebenso teilte die damalige Landesregierung die Auffassung, dass die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Entscheidungen und gesellschaftlichen Prozessen ein unverzichtbarer Bestandteil lebendiger Demokratie ist - ich hoffe, Herr Kellner, Sie haben das gerade gehört, weil Sie ja Kontra angeführt haben -, ebenso, dass diese Aufgabenstellung eben nicht nur innerhalb der Jugendhilfe, sondern darüber hinaus von großen Handlungsdefiziten und Unsicherheiten der handelnden Eltern, Pädagogen und der Politik geprägt ist. Vielleicht lohnt es sich, nicht nur für Neulinge im Parlament, sondern auch für die älteren Erfahrenen alte Berichte der Landesregierung, zumal, wenn sie aus einer Koalition stammen, die heute auch noch aktiv ist, nochmals zu lesen und dann auch entsprechend zu handeln. Meine Erklärung ist, dass aufgrund der Wahlen, die dann im Herbst 1999 stattfanden - dieser Bericht stammt vom 15. Juli 1999, im Herbst 1999 Neuwahlen, ich glaube, 51 Prozent CDU-Regierung, Alleinregierung -, die Zeit in der Sommerpause einfach nicht mehr ausgereicht hat, um ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen und auch zu verabschieden. Von daher hoffe ich und setze auch ein
Stück weit voraus, dass Sie den GRÜNEN dankbar sind, dass die das jetzt aufgenommen haben und dass Sie als Regierung, als Koalition den Antrag der GRÜNEN ebenso wie wir, DIE LINKE, mit unterstützen werden.
Die von Herrn Kellner vorgetragenen Kontrameinungen - und ich bin mir sehr sicher, dass möglicherweise von anderen auch noch ähnliche kommen werden - gehen meiner Meinung nach von einem veralteten Modell einer Gesellschaft aus und vor allem von einem veralteten Modell eines Lebenslaufs, der in drei Phasen aufgeteilt ist:
Phase 2: die Erwerbs- und Erwachsenenphase, also Familiengründung, Ausbildung aufnehmen, Arbeit aufnehmen und eben auch die politische Mündigkeit;
Nach dem Muster wäre Kindheit und Jugend als Phase eine reine Vorbereitungsphase auf die eigentlich wirkliche. Ich hoffe, dass dieses Muster keiner mehr hier in diesem Hause teilt, denn, wie es vorhin schon von Herrn Adams angesprochen wurde, 14-, 15-, 16-Jährige sind heute viel weiter, als dies noch vor 20, 30 oder noch mehr Jahren der Fall war.
Jugendliche, gerade Mädchen, treten heute zum Beispiel mit 11,5 Jahren bereits in die sogenannte Lebensphase Jugend ein. Bei Jungen ist das wie immer später der Fall, das beginnt erst mit zwölfeinhalb Jahren.
16-Jährige oder auch 15-Jährige bekommen vollkommen zu Recht von der Gesellschaft das Recht zugesprochen, dass sie in der Lage sind, sich frei ihren Ausbildungsplatz zu wählen, sofern das heutzutage noch möglich ist, und sie dürfen auch zur Polizei und bei der Polizei eine Ausbildung machen. Das möchte mir mal bitte der Innenminister oder jemand anderes erklären, wie man auf der einen Seite Jugendlichen das Recht zugesteht, uns in Ausbildung zu schützen, auf der anderen Seite wir ihnen aber das Recht verweigern, mit uns, für uns und vor allem für sich selber und ihre spezifischen Themen
Wenn ich dafür eine logische Erklärung höre, die ich auch nachvollziehen kann - das wird sehr schwer -, bin ich bereit, noch einmal über meine Argumentation nachzudenken, so lange hoffe und erwarte ich, dass die SPD und CDU - bei der FDP bin ich mir da unsicher - den Antrag der GRÜNEN mit unterstützt und wir in Thüringen das Wahlalter auf 16 Jahre herabsenken können. Danke schön.
Vielen herzlichen Dank, Katharina König. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Matthias Hey von der SPDFraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das schon mal vorweg, über diesen Antrag ist in meiner Fraktion sehr eingehend diskutiert worden und wir finden diesen Antrag gut.
Die Diskussion um die Absenkung des Wahlalters ist nicht neu, zumindest nicht, wenn man das Thema bundesweit betrachtet. Herr Adams ist schon darauf eingegangen. Bei seiner Begründung des eingebrachten Antrags hat er ja gesagt, dass diese Regelungen, mit 16 wählen gehen zu dürfen, schon in mehreren Bundesländern gelten. Für Thüringen selbst mag die Diskussion etwas neu sein und wie in allen anderen Bundesländern sind die Argumente für die Absenkung des Wahlalters genauso bekannt wie die dagegen. Auch darüber ist schon eine Menge gesprochen worden.
Wer sich aber etwas näher beschäftigt mit diesem Thema, wird auch feststellen, wie verzwickt das Ganze eigentlich ist. Die einen sagen, Jugendliche müssen heutzutage auch schon sehr frühzeitig Entscheidungen treffen, die recht weitreichend sind, und sie sind durchaus in der Lage, sich eine politische Meinung zu bilden. Das sind also eher jene, die pro eine Absenkung des Wahlalters sind. Die anderen sagen, ein 16-Jähriger ist zumindest politisch noch so unreif, dass er sehr komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge in einer Welt, die auch immer komplizierter wird, nicht richtig einordnen kann und deshalb auch leicht manipulierbar ist. Und dann gibt es
die, die sagen, Demokratie darf Jugendliche nicht ausgrenzen, das führt leicht zu radikalen Ansichten und die gefährden die Demokratie, und die anderen sagen, Jugendliche neigen in einem gewissen Alter zu politischem Extremismus und das ist auch eine Gefahr für die Demokratie. Also, man merkt schon, wie kompliziert das mit dem Pro und Kontra bei diesem Thema ist.
Wenn man nun aber mal in jene Bundesländer schaut, in denen man bereits mit 16 bei Kommunalwahlen zur Urne schreiten darf, muss man auch feststellen, dass die politischen Verhältnisse dort nicht instabiler geworden sind. In Nordrhein-Westfalen haben Wahlhelfer zum Beispiel herausgefunden und das ist interessant, dass der Anteil der Wähler dort ab 16 Jahren größer war als der Anteil der Wähler zwischen 25 und 30 Jahren. Jetzt wäre es ja mal spannend herauszubekommen, weshalb die ältere Wählergruppe eher gelangweilt wirkt und von ihrem Wahlrecht nicht mehr so häufig Gebrauch macht wie die jüngere. Vielleicht ist sie schon desillusioniert, das weiß ich nicht. Die Experten sagen aber auch einhellig, es hat den Wahlen weder sonderlich genutzt noch nennenswert geschadet.
Erlauben Sie mir bitte auch diesen Vergleich: Wenn man auf einem Fußballplatz die Tore vergrößert, fallen in einer Partie vielleicht mehr Tore, aber auch nur vielleicht, und das Spiel wird trotzdem immer noch nach denselben Regeln gespielt. Das könnte dafür sprechen, die Abmessung der Tore beizubehalten wie früher auch, es spricht aber eigentlich auch nichts dagegen, die größeren Tore einzuführen, um das Spiel ein wenig attraktiver zu machen.