Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich will es kurz machen. Und zwar möchte ich mal mit dem Grundgesetz anfangen: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Da steht nichts von Erwachsenen im Sinne von dieser oder jener Vorschrift.
Ich möchte darauf hinweisen, es ist nicht so, dass die Gewähr des Wahlrechts einer Begründung bedarf, sondern die Vorenthaltung. Es ist nämlich umgekehrt. Wir müssen sagen, warum 16-Jährige nicht wählen können, dürfen oder sollen und nicht, warum man es ihnen schenkt. Und im Übrigen, wenn man es ihnen schenkt, dann ist es eigentlich auch egal und undemokratisch, wenn man dann darüber spekuliert, was denn dabei herauskommt. Denn was bei Erwachsenen nach dem bisherigen Recht dabei herauskommt, das fragen wir uns ja auch nicht.
Nach jeder Wahl wird ja über die Wahlbeteiligung sinniert und da kommen manchmal ganz absurde Dinge zutage. Da wurde beispielsweise gesagt, das Wetter hatte Einfluss auf die Wahlentscheidung - so viel zur Rationalität der Wahlentscheidung Erwachsener. Und ich meine schon, dazu sind schon viele Argumente gesagt worden, dass 16-Jährige heute schon wirklich in der Lage sind, weitreichende und nicht unweisere Entscheidungen zu treffen als dies Ältere tun.
Vielleicht noch einen Satz als letzten für die künftigen Ausschussberatungen: Man braucht in einem Parlament nicht nur Lebenserfahrung, sondern auch Lebenserwartung. Die Älteren werden sowieso bald die Mehrheit haben. Von daher, denke ich, wäre es wichtig. Es gibt eigentlich kein gutes Argument mehr dagegen. Im Zweifel, das gebietet meines Erachtens das Grundgesetz, dann für die Beteiligung jüngerer Wählerinnen und Wähler.
Vielen herzlichen Dank, Frau Marx. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Dirk Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Fiedler, bleiben Sie ganz locker.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Fiedler, ich nehme Sie gerne mal in einen Kreisverband mit und dann können Sie erleben, wie BÜNDNIS 90 dort weiterlebt,
mindestens in den vielen Rauschebärten und langen Pullis, die es dort durchaus auch gibt, die ich auch sehr gerne trage.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte zunächst einmal allen Fraktionen Danke sagen für die sehr konzentrierte Diskussion auch um diese Uhrzeit noch. Ich möchte mich ganz kurz in Richtung von Frau König wenden. Sie haben vollkommen recht, dass auch meine Sprache hier am Rednerpult nicht unbedingt so ist, dass sie von jungen Leuten gut und gern aufgenommen wird. Aber ich will mich bemühen und dazu braucht man auch den Druck, mit 16Jährigen genauso verständlich zu sprechen wie mit 60-Jährigen. Wenn wir uns dem mal engagiert stellen, erfahren wir, dass das nicht so einfach ist. Dem Minister ist nichts hinzuzufügen, dass uns das Wahlrecht der jungen Menschen da einiges lehren würde.
In Richtung von Herrn Kellner: Sie haben ganz richtige, wichtige Fragen aufgeworfen. Sie haben die bisher möglichen Partizipationsmöglichkeiten aufgezeigt. Aber gerade bei den Jugendparlamenten, die ich gut und richtig finde, frage ich mich oft, wenn man sich das anschaut, was denn da entschieden wird. Begeistert das wirklich? Bindet das wirklich über eine lange Zeit, hier Lust zu haben, mitzuarbeiten? Ich habe da meine Zweifel, gerade wenn man dann bei der richtigen Politik nicht einmal das Parlament bestimmen kann, geschweige denn selbst Anträge einbringen und diskutieren kann.
Aber ich finde, das ist eine richtige Frage, die aufgeworfen werden muss. Ich will noch einmal zur Diskussion um Politikverdrossenheit zurückkommen, ob wir damit wirklich etwas erreichen. Ich glaube auf jeden Fall, wenn wir es nicht versuchen als politische
Elite dieses Landes uns immer wieder darauf zu konzentrieren, wie wir uns der Bevölkerung zuwenden können, wenn wir es nicht versuchen und uns hier nicht bemühen, dann werden wir stehen bleiben. Das ist dann auf jeden Fall schlecht. Insofern ist eine Öffnung, ein Reagieren und Agieren viel besser, als zu verharren.
Dann will ich ein Argument, weil es auch ein wichtiges Argument ist, über das wir im Innenausschuss noch einmal diskutieren müssen, von Prof. Huber aufnehmen. Es beißt sich wirklich, wenn man argumentiert, dass das Jugendstrafrecht eigentlich eher ausgedehnt werden soll. Es hat mir einige Stunden Kopfzerbrechen gemacht. Aber ich glaube, man ist auf der richtigen Seite, wenn man dem alten Grundsatz „im Zweifel für die Freiheit“ hier folgt. Es ist so, wenn wir über das Jugendstrafrecht reden und es mehr ausweiten, sprechen wir darüber, ob wir den jungen Leuten ihre Möglichkeiten eingrenzen.
Wir grenzen ein und da sagen wir, da sollte man überlegen, ob man das tut. Deshalb gilt das Jugendstrafrecht länger. Bei der Frage der Wahl, wenn man mehr Freiheit bietet, dann ist die Möglichkeit, wählen zu gehen, das größere Maß an Freiheit und insofern bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass das Strafrecht, diese Analogie, nicht wirklich eine Gegenposition ist.
Eine Sache, der Minister ist jetzt nicht da - es ist sicherlich richtig, dass wir mit unserem ersten Gesetzentwurf viel gelernt haben. Die Analogie, es ist ja nicht so, dass wir glauben, Bildungspolitik im Stadtparlament machen zu können, sondern die Analogie, die wir hier aufgemacht haben, zeigt gerade bei der Bildungspolitik, wie betroffen junge Menschen sind. Das nur noch mal zur Klarstellung.
Ihnen vielen Dank für diese Debatte und ich freue mich sehr, wenn wir dann die Überweisung machen, auf die qualifizierte Diskussion in den Ausschüssen.
Vielen herzlichen Dank an Dirk Adams. Ich frage jetzt: Gibt es weitere Wortmeldungen in dieser Debatte? Das ist nicht der Fall.
Es wurde Ausschussüberweisung beantragt an den Innenausschuss und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Die Federführung soll beim Innenausschuss liegen.
Dann stimmen wir jetzt ab über die Ausschussüberweisung. Wer stimmt der Überweisung an den Innenausschuss zu, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Vielen herzlichen Dank. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Enthaltungen? Keine. Damit ist dieser Überweisung zugestimmt.
Jetzt stimmen wir über die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Vielen herzlichen Dank. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Enthaltungen? Keine Enthaltung. Damit ist auch dieser Überweisung so zugestimmt.
Jetzt stimmen wir noch über die Federführung des Innenausschusses ab, diese war beantragt worden. Wer dem so zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Vielen herzlichen Dank. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Enthaltungen? Keine Enthaltungen. Damit liegt die Federführung beim Innenausschuss. Vielen herzlichen Dank.
Maßnahmen zur Gleichbehandlung von angestellten und verbeamteten Lehrkräften in Thüringen Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/486 -
Ich frage: Wünscht die Fraktion der FDP das Wort zur Begründung? Ja. Dann hat Abgeordnete Hitzing das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, der Ihnen vorliegende Antrag behandelt das Thema der Ungleichbehandlung der Lehrer im Thüringer Schuldienst bezogen auf das Thema der sogenannten Floatinglehrer. Um Ihnen das noch mal näherzubringen, möchte ich ganz gern auf die Ausgangslage zurückgehen.
Im Jahre 1990 mit den zurückgehenden Schülerzahlen wurde es notwendig, massive Entscheidungen zu treffen, weil der Lehrerüberhang in Thüringen ganz einfach auch massiv war. Wenn man das in Zahlen ausdrücken wollte, müsste man sagen, von 1990/91 bis zum Schuljahr 2006/2007 haben wir nur noch ein Drittel der damals bestehenden Schülerzahlen.
Die Lösung war die Einführung des Teilzeitmodells Floating 1997. Das Ziel war eindeutig. Es ging darum, zu vermeiden, dass Kündigungen ausgesprochen werden müssen und mithilfe dieser Verträge konnten sich Lehrer freiwillig dazu entscheiden, in Teil
zeit zu gehen bei geringerem Gehalt, um ihren Arbeitsplatz zu sichern. Das haben nicht alle Lehrerinnen und Lehrer getan. Heute sieht man diese Entscheidung von damals zum Teil auch als einen Akt der Solidarität zur Sicherung der Beschäftigung der Pädagogen und der Thüringer Lehrerschaft. Wir haben jetzt eine Situation, die nicht befriedigend ist.
Die Situation zeigt, dass in den Lehrerzimmern eine Mehrklassengesellschaft sich entwickelt hat, und die Teilzeitfloater diejenigen sind, die sich als vernachlässigt fühlen oder eventuell auch nicht wirklich wertgeschätzt. Die angestellten Floatinglehrer hatten 1998 tatsächlich die Option, freiwillig, zeitlich befristet in einen Teilzeit-Verbeamtungs-Status sich zu bewerben. Das haben auch viele getan. Die Rechtsprechung hat mittlerweile ja auch entschieden, dass diese Teilzeitverbeamtung nicht rechtskonform ist. So haben wir jetzt vollzeitverbeamtete Lehrer, wir haben vollzeitbeschäftigte angestellte Lehrer und nach wie vor teilzeitangestellte Lehrer, also die sogenannten Floatinglehrer.
Im Plenum ist das im Jahr 2008 hier im Hohen Hause schon behandelt worden in zwei verschiedenen Sitzungen. Es gibt auch bis zum heutigen Tage - das will ich auf keinen Fall verschweigen - Anpassungen und die Bemühungen von Anpassungen. Ich sehe aber in der Langfristigkeit dieser Anpassungsbemühungen ganz einfach auch einen Grund der Unzufriedenheit der derzeitig noch im Floatingsystem sich befindenden Lehrer, weil sie ganz einfach nach wie vor der Meinung sind, man hat ihnen hier nicht die gleichen Möglichkeiten gegeben, wie den teilzeitverbeamteten Lehrern.
Es gibt auch klare politische Aussagen zu diesem Thema. Das Wahlprogramm der SPD hat eindeutig gesagt, wir machen keine Unterschiede zwischen verbeamteten und angestellten Lehrerinnen und Lehrern. Gemeinsam mit den Gewerkschaften werden wir einen Weg suchen, die Ungleichbehandlung in den Lehrerzimmern abzubauen. Auch der Koalitionsvertrag äußert sich dementsprechend und sagt, es besteht Einigkeit, die Verhandlungen zur Floatingproblematik schnellstmöglich wieder aufzunehmen und sie zu weiteren Ergebnissen zu führen. Genau das ist das Ziel und die Intention unseres Antrags. Der Arbeitgeber muss den angestellten Floatinglehrern nach unserer Einschätzung unbedingt das Gefühl zurückgeben, dass ihre Lehrtätigkeit als angestellter Floatinglehrer genauso geachtet und anerkannt ist, wie die im Vergleich tätigen verbeamteten Lehrer.
Das würde, davon bin ich sehr überzeugt, auch dazu führen, dass die Motivation, die Stimmung und die
Atmosphäre in den Lehrerzimmern sich frappierend ändern würde, und zwar in eine positive Richtung. Es gibt natürlich noch einen sehr schönen Nebeneffekt; wenn die Floatinglehrer, die gern auch mehr arbeiten würden, das aber jetzt ganz einfach nicht können, eine erhöhte Stundenanzahl bekämen an der Stelle, wo es ganz einfach notwendig und gefragt ist, dann könnte man natürlich auch zielgerichtet Ausfallstunden kompensieren und verringern und auch in dem Bereich der Nachmittagsbetreuung, der Ganztagsbetreuung in unseren Schulen positiv hinwirken.
Danke schön, Frau Präsidentin, für den Hinweis. Letzter Satz: Die finanzielle Problematik ist mir selbstverständlich klar, aber wir haben uns auch darauf geeinigt, dass Investition in Bildung das erklärte Ziel dieser Landesregierung ist. Danke.
Vielen herzlichen Dank. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags. Daher erteile ich jetzt für die Landesregierung das Wort Herrn Minister Christoph Matschie.
Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, die FDP hat einen Bericht zur Situation der angestellten Lehrer im Floatingmodell erbeten. Ich bin auch gern bereit, diesen Bericht zu geben. Frau Hitzing, Sie haben das eben noch mal begründet. Ich möchte, bevor ich etwas zur aktuellen Situation sage, einen Dank voranstellen, und zwar einen Dank an diejenigen Lehrerinnen und Lehrer, die sich damals Mitte der 90er-Jahre solidarisch erklärt haben und sich bereiterklärt haben, auch unter erheblichem Einkommensverzicht auf Arbeitszeitanteile zu verzichten und es damit möglich zu machen, dass die vorhandene Arbeit auf mehr Lehrerinnen und Lehrer aufgeteilt werden konnte und nur so konnten Kündigungen weitgehend vermieden werden und auch ein sozial verträglicher Stellenabbau stattfinden. Ich finde, dafür sollte dieses Hohe Haus den Lehrerinnen und Lehrern dankbar sein.
Ich will genauso deutlich sagen - die Arbeit, die diese Lehrerinnen und Lehrer tun, auch wenn sie vom Stundenumfang her nicht 100 Prozent Arbeitszeit entspricht, wird genauso geachtet wie die Arbeit der anderen Lehrerinnen und Lehrer auch. Sie ist genauso wertvoll für die Entwicklung unserer Schulen.