Protokoll der Sitzung vom 24.05.2013

Bitte, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrter Herr Kollege Gentzel, würden Sie mir recht geben, dass durch Ihre Gesetzesnovelle, die Sie jetzt hier vorschlagen und verteidigen, in Erfurt die bisher bestehende Satzung damit rechtsgültig wäre und damit der Bereich hinter der Krämerbrücke für mein Picknick am nächsten Sonntag gesperrt wäre?

Was die Satzung von Erfurt betrifft, dazu kann ich gar nichts sagen, weil ich die nicht kenne.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber ich!)

Aber das Picknick hinter der Krämerbrücke wird hiermit nicht verboten, es sei denn, die Stadt, in der Sie übrigens im Stadtrat sitzen, soviel ich weiß, kann eindeutig nachweisen, dass es dort überdurchschnittlich viele Straftaten und Ordnungswidrigkeiten aufgrund von Alkoholkonsum gibt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben die schon mal ge- macht.)

Dieser Nachweis übrigens, der auch vor Verwaltungsgerichten hält - das ist nicht so ein Trallala, was da in einem Ordnungsamt passieren kann, deshalb ist das so formuliert -, dieser Nachweis ist nicht geführt. Und Sie setzen dieses einfach voraus und behaupten hier Dinge, die einfach nicht wahr sind. Wir werden, und deshalb bin ich so ein Freund von dieser öffentlichen Anhörung, uns mal die Leiter der Ordnungsämter holen, von einigen, von allen können wir sie nicht holen, und werden das mal mit ihnen diskutieren. Da werden Sie mit Ihrer Behauptung, diese Koalition will Picknicks in

(Abg. Adams)

der Innenstadt verbieten, richtig ordentlich auf den Bauch fallen, weil, das ist hanebüchener Unsinn, und das wissen Sie auch. Das ist das Schlimme, das wissen Sie auch, so dumm sind Sie nicht.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Renner?

Bitte.

Danke, Frau Präsidentin, und danke, Herr Gentzel. Herr Gentzel, können Sie mir erklären, wie statuarisch überhaupt strukturell es möglich ist, dass ein Gespräch unter x Augen im Nachgang einen Beschluss von einem Landesparteitag einholt und revidiert? Das wäre in meiner Partei so nicht möglich. Wie ist das in der SPD möglich?

Mein großes Problem ist, dass ich schon länger das Gefühl habe, dass ich Ihnen nichts erklären kann. Das ist erst einmal das Grundsätzliche an dieser Stelle,

(Beifall SPD)

egal, wie groß der Gehalt dessen ist, was ich sage. Und zum anderen, wissen Sie, ich könnte es mir ganz einfach machen und könnte sagen, das geht Sie doch gar nichts an, wie wir in der SPD die Diskussion führen, wann wir in der SPD die Diskussion führen, welche Beschlüsse die SPD fasst. Wissen Sie, die Allmacht Ihrer Partei ist Gott sei Dank vorbei.

(Beifall CDU, SPD)

Sie dürfen das deuten, Sie können das auch aus Ihrer Sicht erklären, aber es wäre nur fair, wenn Sie immer dazufügen würden, es wäre eine Erklärung aus Ihrer Sicht. Sie behaupten ja, dass Sie das wissen, wie diese Diskussion in der SPD stattgefunden hat und Ähnliches. Um das mal ganz klar zu sagen, das geht Sie nichts an. Was vielleicht interessant ist, wir sind mit unseren Jusos im Reinen. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Moment, Herr Staatssekretär, ehe wir zu Ihrer Rede kom

men, möchte ich noch bekannt geben, dass wir das Vorabprotokoll haben. Ich möchte Folgendes feststellen. Beim „Schottern“ handelt es sich um eine Störung öffentlicher Betriebe, die gemäß § 316 b des StGB mit Strafe bedroht ist. Dies gilt gemäß § 111 Abs. 1 StGB auch für die Aufforderung hierzu. Herr Kollege Fiedler, wir sollten einer Abgeordneten oder mehreren Abgeordneten des Hohen Hauses nicht unterstellen, dass sie in Zukunft Straftaten begehen werden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie hat aber dazu aufgerufen.)

Ich rüge Ihre Aussage.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist in Ordnung.)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich bin freigesprochen von einem deutschen Ge- richt.)

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, als Vertreter des Innenministeriums möchte ich Sie jetzt noch einmal offiziell darüber unterrichten, dass der Innenminister an der Innenministerkonferenz in Hannover teilnimmt. Er hat sich offiziell bei der Landtagspräsidentin entschuldigt und ich freue mich, dass außer Frau Renner das hier im Hause alle akzeptiert haben.

Nun zum Gesetz, Novelle des PAG: Es ist ohne Frage ein wichtiges Gesetz. Es bewegt sich im Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit. Das gilt es auszubalancieren und es ist kein Feld für eine Schwarz-Weiß-Betrachtung. Damit würde man auch dem Auftrag des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21.11. des letzten Jahres nicht gerecht. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat den Gesetzgeber zu mehreren Dingen aufgefordert. Ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung am 5. September hat er aufgefordert, Regelungen zu schaffen zum Schutz der Bevölkerung vor Straftaten. Ich bedauere, Herr Abgeordneter Adams, dass Sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen haben. Hierüber bestand Konsens. Es gibt deshalb diese Regelungen zur Gefahrenabwehr nicht nur in Thüringen, es gibt sie in allen Ländern. Dann zu behaupten, dafür gäbe es keinen Anwendungsfall, ist schlichtweg, und das tut mir leid sagen zu müssen, absurd. Man muss natürlich differenzieren zwischen Strafprozessordnung und Gefahrenabwehr. Strafprozessordnung, Strafrecht dienen dazu, nachdem eine Straftat begangen wurde, die Straftat zu verfolgen. Wir befinden uns hier aber im Bereich der Gefahrenabwehr. Und dann gibt es natürlich Fälle, wo beides zusammen

(Abg. Gentzel)

kommt, das ist die Geiselnahme, die ich genannt habe und die Sie ja auch wiedergegeben haben.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Adams?

Wenn ich noch gerade ein paar Sätze zu Ende sagen könnte, dann gern. Schauen Sie sich die Geiselnahme an, die wir vor ein paar Wochen in SuhlGoldlauter hatten. Das war natürlich schon eine Straftat, aber es ging vor allen Dingen darum, das Leben der Geisel zu schützen. Deswegen lag der Schwerpunkt auf der Gefahrenabwehr und es ging um einen Polizeieinsatz, der sich nach den Bestimmungen des PAG regelte. Und wenn Sie recht hätten, dann würden alle anderen 16 Länder irren. Das ist schon eine mutige Annahme. Bitte schön.

Bitte schön, Herr Abgeordneter Adams.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich würde Sie wirklich bitten, für die Beratung dieses Gesetzes doch einmal einen Anwendungsfall zu formulieren, wo nach PAG gehandelt werden würde und nicht nach StPO, das wäre meine erste Bitte, und zweitens noch einmal zu differenzieren, das, was Sie gesagt haben hier, dass es nur bei schwersten Verbrechen möglich wird, diese Maßnahmen durchzuführen, und das noch mal in Einklang damit zu bekommen, dass Sie zum Beispiel bei der Wohnraumüberwachung die konkrete Gefahr zwar benennen, aber diese für die Gefährdung der gesamten öffentlichen Sicherheit, wo ja auch Eigentumsdelikte mit hineinkommen, das bitte …

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Frage!)

Ich habe zwei Fragen gestellt und glaube, der Herr Staatssekretär …

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Das waren keine Fragen!)

Eine Frage habe ich Ihnen ja schon beantwortet, das ist die Geiselnahme. Aber wir sind natürlich gern bereit, bei den Beratungen im Innenausschuss Ihnen eine Vielzahl weiterer Anwendungsfälle zu nennen. Und auch alles andere zur Gefahrenabwehr, was Sie gesagt haben, verkennt eines: Es gibt den allgemeinen Gefahrenabwehrbegriff, der ist in § 12 des Polizeiaufgabengesetzes geregelt,

und dann gibt es höhere Anforderungen an die Gefahr in den Fallgestaltungen der §§ 34 ff. PAG, korrespondierend mit dem stärkeren Grundrechtseingriff. Das macht schon Sinn, wenn ein stärkerer Grundrechtseingriff droht, das heißt, ein stärkerer Eingriff in die Rechte eines Einzelnen, dann auch zu sagen, es gibt höhere Anforderungen an den Gefahrenbegriff. Von daher ist dieser Grundgedanke richtig, ist übrigens auch in Weimar anerkannt worden. Das war die eine Forderung des Verfassungsgerichtshofs, Schutz der Bevölkerung vor Straftaten. Eine weitere Forderung war natürlich der Schutz der Vertrauensverhältnisse, der Kernbereichsschutz, das alles ist hier geregelt worden auf allen Ebenen, die in Betracht kommen, Anordnungsebene, Erhebungsebene, Verwendungsebene. Eine weitere Forderung, die gestellt wurde, war Normenklarheit und Verfahrensregeln, die eine Kontrolle ermöglichen. Auch das ist aufgenommen worden im Gesetzentwurf und deswegen hat dieser Gesetzentwurf in der Anhörung auch vergleichsweise wenig Kritik erfahren. Bei der Rechtsanwaltskammer gehe ich davon aus, dass die überwiegend einverstanden ist mit dem Entwurf, denn sie hat davon abgesehen, eine Stellungnahme abzugeben. Aber es gilt natürlich auch für andere Verbände, die angehört wurden. Es sind auch Verbände, die nicht im Verdacht stehen, über die Maßen die Landesregierung und einen Gesetzentwurf der Landesregierung zum PAG zu loben. Gestatten Sie mir, Frau Präsidentin, dass ich zwei Zitate vorlese, einmal vom Landesverband der Freien Berufe mit Schreiben vom 12. April, also im Rahmen der Anhörung. Dort heißt es: „Zu begrüßen ist zunächst, dass der Gesetzentwurf im Gegensatz zu dem noch gültigen Recht relativ klare und verständliche Regelungen enthält, weitgehend auf unverständliche Verweisungen verzichtet wird und damit unseres Erachtens“ also vom Landesverband der Freien Berufe - „auch überwiegend Verfassungskonformität besteht. Ausdrücklich zu begrüßen ist, dass die Landesregierung die Differenzierung zwischen Strafverteidigern und Anwälten aufgegeben hat.“ So weit der Landesverband der Freien Berufe, da kommen allerdings, das will ich der Vollständigkeit und der Ehrlichkeit halber sagen, natürlich auch noch einige Kritikpunkte.

Nun zum Datenschutzbeauftragten: Da reicht auch ein Satz, den ich gern vorlesen möchte. Der Datenschutzbeauftragte hat eine Vorbemerkung gemacht unter dem 19. April 2013, die lautet: „Sehr zu begrüßen ist, dass der vorliegende Gesetzentwurf die Kritik aus dem Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs schon recht weitgehend aufgegriffen und in den neuen Regelungen berücksichtigt hat.“ Das ist erfreulich, dass das so deutlich geschrieben wurde. Sodann gab es noch einige Anmerkungen, von denen wir die meisten übernommen haben. Sie sehen also, es ist einiges passiert. Und auch das alles ist aus meiner Sicht ein Beleg und Beweis dafür,

(Staatssekretär Rieder)

dass die Regelungen verfassungskonform sind. Deswegen verstehe ich auch Frau Renner, dass Sie sich schwerpunktmäßig in Ihrer Stellungnahme nicht auf die Regelungen dieses Gesetzentwurfs gestützt haben, sondern, Sie haben es klar formuliert, einen Änderungsantrag stellen wollen. Aber das, was Sie gesagt haben, war ja ein Ergänzungsantrag, das heißt also, ein Aliud zu dem die Landesregierung hier vorgelegt hat. Die Begründung von Ihnen lautet, damit wollen Sie die Voraussetzungen für eine bürgerfreundliche Polizei schaffen. Frau Renner, das ist nicht nötig, die haben wir schon. Danke schön.

(Beifall CDU)

Danke schön. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit schließe ich die Aussprache. Es wurde von mehreren Fraktionen die Überweisung an den Innenausschuss beantragt. Weitere Ausschüsse sehe ich nicht beantragt. So würden wir zur Abstimmung kommen über die Ausschussüberweisung

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Den Polizei- ausschuss müssen wir noch nehmen, wäh- len.)

an den Innenausschuss. Wer für die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung bei den Fraktionen der FDP, der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Fraktion DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf an den Innenausschuss überwiesen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10

Aktualisierung der Dritten Prognose Trinkwasserbilanz des Freistaats Thüringen bis zum Jahr 2020 und Erstellung einer Konzeption der Wasserversorgung in Thüringen bis zum Jahr 2030 Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/5842

Wünscht die FDP-Fraktion das Wort zur Begründung? Ja. Bitte schön, Herr Abgeordneter Kemmerich.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Gäste, Thüringen ist eines der Bundesländer mit den höchsten Wasserpreisen. Es kam vor einiger Zeit die Debatte auf um eine geplante einzuführende Wasserent