Ich hätte es auch gut gefunden, wenn die Landesregierung ihren Gesetzentwurf heute hier selbst begründet hätte. Wenn es nicht nur - und das ist es durchaus - einen tauglichen Entwurf gäbe, sondern auch der Wille innerhalb der Koalition von CDU und SPD erkennbar wäre, die Bildungsfreistunden in Thüringen endlich gesetzlich auf den Weg zu bringen.
Wir haben den Gesetzentwurf des Thüringer Kultusministeriums in das parlamentarische Verfahren eingebracht, weil wir ihn in großen Teilen unterstützen und zum anderen, ich will es mal flapsig sagen, endlich zu Potte kommen wollen.
Anfang der 90er-Jahre begann die Diskussion zur Schaffung eines Bildungsfreistellungsgesetzes in Thüringen. Mitte der 70er-Jahre schon traf die Bundesrepublik mit dem Übereinkommen Nr. 140 mit der Internationalen Arbeitsorganisation die Vereinbarung, Bildungsurlaub in Deutschland zu regeln. Zwei Koalitionsvereinbarungen sahen bereits die gesetzliche Regelung von Bildungsfreistellung in Thüringen vor. Seit November 2011 liegt ein Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf dem Tisch. Sie merken, das sind anderthalb Jahre, und ich wette mit Ihnen, die meisten von Ihnen wissen nicht mal, was wir seitdem alles diskutiert haben.
Die Landesregierung blockierte die Beratung im zuständigen Ausschuss seit diesem Zeitpunkt mit der Ankündigung eines eigenen Entwurfs. Die Krönung des Ganzen war die Beratung des vorliegenden Entwurfs - Innenministerium mit der Ministerpräsidentin und den Sozialpartnern - zu einem Zeitpunkt, an dem der Bildungsausschuss tagte und just das letzte Ultimatum für die Vorstellung des Gesetzentwurfs gesetzt hatte. Die schriftliche Anhörung zum Entwurf der GRÜNEN ist daraufhin beschlossen worden. Die schriftliche Anhörung läuft und zugleich gibt es den Gesetzentwurf der Landesregierung bis heute nicht zugeleitet. Das hat sich ja seit heute erledigt. Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist im parlamentarischen Verfahren.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist mit Sozialpartnern abgestimmt und hat schon Änderungen erfahren. Er wurde in der Presse, auf Veranstaltungen und in verschiedenen Runden diskutiert. Die Voraussetzungen sind also denkbar gut, das parlamentarische Verfahren zu eröffnen und auch erfolgreich
zu sein. Der arbeitsweltliche Bezug und das Setzen auf gesellschaftliche Bildung im heute zu beratenden Entwurf zeigen deutlich die Stärken der Arbeitnehmerrechte und den Willen, die Mitbestimmung, Teilhabe und Emanzipation von Arbeitnehmerinnen in Thüringen zu stärken. Er orientiert sich an der Unterbelichtung der gesellschaftspolitischen Bildung in den wahrgenommenen Angeboten der Erwachsenenbildung bundesweit, wir sprechen da von 2 Prozent, und schafft die Möglichkeit, sich an fünf Tagen im Jahr mit Lohnfortzahlung intensiver gesellschaftspolitisch und arbeitsweltorientiert zu bilden. Der Gesetzentwurf ist damit auch ein Baustein, um politische Teilhabe wieder anzuregen.
Werte Abgeordnete, das Verfahren im Landtag zu eröffnen bedeutet, beide existierenden Entwürfe zusammenzubringen und letzte Kinderkrankheiten des Matschie-Entwurfs auszumerzen.
Das Verfahren jetzt zu eröffnen und zum Ziel zu führen, bedeutet aber auch, nach 23 Jahren Bildungsfreistellungsfreiheit in Thüringen endlich eine Bildungsfreistellung gesetzlich zu verankern. Ich unterstelle, die politischen Mehrheiten für Bildungsfreistellung auf gesetzlicher Grundlage gibt es im Parlament.
Danke, Frau Abgeordnete Hennig. Ich eröffne die Aussprache und als erste Rednerin rufe ich auf die Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ich gebe zu, als ich plötzlich in der Tagesordnung sah, dass es einen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zur Bildungsfreistellung gibt, habe ich gedacht, das ist ja spannend, mal schauen, was DIE LINKE sich da so überlegt hat. Ich hätte auch schön gefunden, wenn DIE LINKE mit uns geredet hätte. Ich habe gedacht, Frau Hennig hat das ja auch ausgeführt, der LINKEN ist unser Gesetzentwurf bekannt, warum redet sie dann nicht mit uns, bevor sie jetzt einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag einbringt. Es hat sich allerdings dann sehr schnell erschlossen, dass es sich nicht um einen eigenen Entwurf, auch nicht um ein Plagiat, wie Frau Hennig gerade erklärt hat, handelt, sondern gewissermaßen um eine Raubkopie. Diese ist nunmehr im Umlauf, muss man sagen, denn offiziell ist uns ja dieser Gesetzentwurf - wenngleich er existiert, jetzt auch als Drucksache, egal von wem einge
reicht - bisher niemals zugegangen. Lieber Minister Matschie, wir haben ja schon häufiger gemeinsam in Veranstaltungen gesessen, wo es um ein Bildungsfreistellungsgesetz ging. Ich war ja auch dabei. Ich nehme an, auf diese Veranstaltung hat meine Kollegin Hennig eben abgezielt, als wir im Haus Dacheröden saßen und Sie die Eckpunkte Ihres Entwurfs vorgestellt haben und ich dann auch die Möglichkeit bekam, unseren Gesetzentwurf kurz zu präsentieren, der, wie gesagt, im Gegensatz zu Ihrem schon seit November 2011 auf dem Tisch liegt. Seit November 2011 hat es nicht nur drei Mündliche Anfragen von mir gegeben, wann denn nun endlich der damals bereits für in Bälde zugesagte Gesetzentwurf der Landesregierung kommt, sondern hat es auch diverse Veranstaltungen, Diskussionsrunden, Beratungen etc. zu diesem Thema gegeben. Uns ist natürlich auch bekannt, dass Sie, lieber Herr Minister, in gewissen Zwängen stecken. Der Gesetzentwurf liegt ja wahrscheinlich nicht ohne Gründe offiziell noch gar nicht auf dem Tisch, denn es ist leider kein Gesetzentwurf der Landesregierung. Wäre er das, dann könnten wir ihn ja auch als solchen behandeln. Nur scheinen ihn nicht beide Koalitionsfraktionen gleichermaßen zu tragen. Nichtsdestotrotz ist er jetzt in der Diskussion und es ist immer gut, wenn Transparenz geschaffen wird und wir jetzt nicht nur über unseren Entwurf sprechen, der sicherlich auch an der einen oder anderen Stelle noch verbesserungswürdig ist, sondern immerhin schon zwei Entwürfe auf dem Tisch haben. Auch mein Wunsch ist es, dass wir im Ausschuss dazu kommen, beide Gesetzentwürfe auf den Tisch zu legen, vielleicht auch noch Vorstellungen aus anderen Fraktionen hinzuzunehmen. Wir haben ja im Moment eine schriftliche Anhörung, die dank des Minderheitenrechts zu unserem Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wurde und auch da gibt es bereits viele wertvolle Hinweise, die wir aufnehmen können. So bin ich sehr optimistisch, dass wir gemeinsam, wenn wir nur wollen, ein gutes Gesetz für Thüringen auf den Weg bringen können. Es ist sicher ein außergewöhnlicher Weg, aber es wäre immerhin einer, muss ich einmal so deutlich sagen. Frau Hennig hat es schon ausgeführt, es gibt nur vier Bundesländer in Deutschland, die immer noch keine gesetzliche Regelung für eine bezahlte Auszeit zur Weiterbildung haben. Genau deshalb hatten wir unseren Gesetzentwurf eingereicht. Die Debatte allerdings um ein solches Gesetz läuft schon seit fast zwanzig Jahren in unserem Land, in Thüringen. Es gab da schon viele Bündnisse, denen auch mehrere Parteien - drei genau genommen - aus diesem Hause angehörten, die gemeinsam für ein Bildungsfreistellungsgesetz geworben haben, nicht nur im Wahlkampf 2004 und auch im Wahlkampf 2009, sondern auch an anderer Stelle. Wir Bündnisgrünen haben, wie gesagt, 18 Monate gewartet, Frau Hennig hat es ausgeführt. Ich glaube, wir waren auch außergewöhnlich geduldig als
Opposition im Ausschuss. Wir haben immer wieder die Beratung unseres eigenen Gesetzentwurfs vertagt, weil uns ja auch Herr Matschie zugesichert hatte, dass es weitere Gesprächsrunden gibt und in Bälde dann tatsächlich mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu rechnen ist, weil wir uns natürlich gewünscht hätten, beide Entwürfe gemeinsam anzuhören. Es wäre auch für die Anzuhörenden einfacher gewesen, sich gleich auf unterschiedliche Gesetzestexte beziehen zu können. Das ist jedoch leider bislang offenkundig nicht erreicht worden. Die Ursachen können Sie ja nachher selbst noch einmal hier ausführen. Fakt ist aber, dass sich Schwarz-Rot an dieser Stelle als handlungsunfähig erwiesen hat.
Deshalb gibt es nun dank der Oppositionsfraktionen doppelt die Möglichkeit, einmal anhand von unserem Gesetzentwurf und einmal anhand der - ich nenne sie noch einmal - Raubkopie, eingebracht durch die Fraktion DIE LINKE, tatsächlich miteinander ins Gespräch zu kommen. Ich hoffe, dass wir das auch ernsthaft tun. Wie gesagt, unser Gesetz befindet sich im Moment in der öffentlichen Anhörung. Wir haben aber auch schon einige Zuschriften bekommen, auch das habe ich schon gesagt. Da gibt es Stellungnahmen von Gewerkschaften wie der GEW und anderer Bildungsträger, die beispielsweise, ich will das hier auch offen benennen, den umfassenden Bildungsbegriff, so wie wir ihn in unserem Gesetzentwurf beschrieben haben, ablehnen und Bildungsfreistellung nur für gesellschaftspolitische und arbeitsweltbezogene Weiterbildung wollen. Das sehen wir GRÜNEN anders. Für diese Diskussion wünsche ich mir, dass wir sie auch hier im Hause, auch im Ausschuss führen. Ich bin sehr gespannt, zu welchem Begriff wir kommen, wenn wir uns auf ein gemeinsames Gesetz verständigen können. Zudem gibt es Zuschriften, die sagen, dass Kompensationsleistungen für Bildungsfreistellung an die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber inakzeptabel sind. Diese haben wir vorgeschlagen. Wir GRÜNEN sagen auch ganz deutlich, wir halten das für richtig und wichtig, weil wir insbesondere auf die Problemlagen von Kleinst- und Kleinunternehmen reagieren wollten, denen wir damit nicht Mehrkosten verursachen wollten, die sie dann nicht tragen können, sondern denen wir unter die Arme greifen wollten, damit eben die Weiterbildung nicht als reiner Kostenfaktor wahrgenommen wird und die Akzeptanz auch auf der Arbeitgeberinnenseite erhöht wird. Und wir haben vonseiten des Arbeitgeberverbands erfahren, was uns auch nicht wirklich gewundert hat, dass er leider Bildungsfreistellung gänzlich ablehnt und die Kammern einen Bildungsurlaub von maximal drei Tagen wollen. Dazu muss man allerdings feststellen, dass sich auch die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaftsverbände, wenn sie sich einmal mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus
den anderen Bundesländern unterhalten, wo es Bildungsfreistellung gibt, sicherlich davon überzeugen lassen können, dass Bildungsfreistellung allen nutzt und dass sie viel Motivation, dass sie auch viel Innovation mit in die Unternehmen hineinbringt, gerade wenn wir von allseits gebildeten Persönlichkeiten sprechen und diese auch in den Unternehmen haben wollen.
Was sind jetzt die Unterschiede des Gesetzentwurfs, den DIE LINKE nunmehr eingebracht hat, zu unserem grünen Gesetzentwurf? Der Gesetzentwurf aus der Feder Matschie, unterstelle ich einmal, will die Bildungsfreistellung lediglich auf arbeitsweltbezogene und gesellschaftspolitische Bildung beschränken. Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin kann den Antrag auf Bildungsfreistellung ablehnen, sobald 10 Prozent der Arbeitnehmerinnen eines Betriebs Bildungsfreistellung in Anspruch genommen haben. Das finden wir problematisch.
Arbeitslose Personen haben laut diesem Gesetzentwurf keinen Anspruch auf Bildungsfreistellung. Auch das finden wir falsch, weil ja gerade diejenigen sich immer auch weiterbilden sollen, um, ich sage es mal so, für den Arbeitsmarkt wieder anschlussfähig zu sein. Deshalb meinen wir, dass sie selbstverständlich mit einem solchen Gesetz auch mit bedacht werden sollten. Außerdem, ich sagte es schon, gibt es leider in dem Gesetzentwurf auch keine Kompensationsregelung für Kleinstund Kleinunternehmen.
Wir wissen alle, und da sind wir uns eigentlich einig, dass Lernen ein lebenslanger Prozess ist, und darauf sollten wir uns auch verständigen und die Möglichkeiten für Bildung im gesamten Lebenslauf verbreitern und den Zugang zur Weiterbildung verbessern. Wir wissen auch, dass die demografische Entwicklung und der Fachkräftemangel in Thüringen den Arbeitsmarkt zukünftig noch stärker prägen werden. Ich bin gerade erst am Montag mit dem Vorsitzenden des Thüringer Apothekerverbandes im Zug nach Berlin gefahren, und der hat mir berichtet, dass in fünf bis sieben Jahren ein Apothekensterben in Thüringen zu erwarten ist, weil es einen ganz massiven Fachkräftebedarf beispielsweise in diesem Bereich gibt.
Wir meinen, es braucht dringend Strategien, um die Herausforderungen auch des anstehenden Fachkräftemangels zu bewältigen. Das Bildungsfreistellungsgesetz ist dafür sicher nicht die einzige Antwort, aber es trägt dazu bei. Bildungsfreistellung war ursprünglich mal dazu gedacht, Bildungsungleichheiten zu relativieren und Eigenständigkeit, Emanzipation zu befördern und gewissermaßen auch die subjektive und aktive Seite einer von Mitbestimmung und auf Teilhabe angelegten Wirtschafts- und eine Sozialordnung auszufüllen. Das gibt es in Thüringen, wie gesagt, nach wie vor nicht.
Mit einem Bildungsfreistellungsgesetz würden wir endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, die es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglichen, an allgemeiner - so wollen wir es -, politischer, kultureller und beruflicher Weiterbildung sowie an Schulungen zur Wahrnehmung des Ehrenamts teilzunehmen. Wir sind davon überzeugt, dass davon alle profitieren, zum einen weil Fachkräfte, die auf dem aktuellen Wissensstand sind, natürlich auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern, Unternehmen von motivierten und qualifizierten Mitarbeiterinnen profitieren, gesellschaftliche Weiterbildung im Interesse des Allgemeinwohls liegen sollte und auch politische Bildung. Das sage ich gerade mit Blick darauf, dass wir am letzten Samstag erst einmal mehr erleben mussten, dass Nazis in Kahla beispielsweise ihr Unwesen getrieben haben. Ich glaube, es bräuchte nicht nur in Kahla, sondern überall, noch jede Menge politische Bildung, die sicherlich auch gerne von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Anspruch genommen wird, um beispielsweise Rechtsextremismus adäquat begegnen zu können.
Wir meinen außerdem, dass die Förderung von Mitsprache und Mitverantwortung in einem demokratischen Staat eine ganz wichtige Grundlage für mehr Demokratie und Transparenz ist und zudem bürgerschaftliches Engagement befördert. Ein Bildungsfreistellungsgesetz stärkt nicht zuletzt die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir Bündnisgrünen sind uns da sehr bewusst, das sage ich an der Stelle auch noch einmal, dass wir die spezifische Situation der Thüringer Wirtschaft nicht außen vorlassen können, weil ein Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nämlich etwa 97,5 Prozent, in sogenannten Kleinst- und Kleinunternehmen arbeiten. Genau deshalb wollen wir diese Unternehmen ganz besonders berücksichtigen und das haben wir in unserem Gesetzentwurf auch beschrieben in Form einer Erstattung der Lohn- und Gehaltskosten vonseiten des Landes. Wir gehen davon aus, wir haben das verglichen mit anderen Ländern, wo es Bildungsfreistellungsgesetze gibt, dass dies etwa 2 Mio. € jährlich erfordert. Dazu hatten wir ja auch einen entsprechenden Antrag in der Haushaltsdebatte eingebracht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe wirklich, auch wenn das ein ausgesprochen ungewöhnlicher Weg der LINKEN war, einen Entwurf, der nicht von einem selbst stammt, ins parlamentarische Verfahren zu tragen, dass uns dies dazu verhilft, tatsächlich zueinander zu finden, auf Augenhöhe zu diskutieren und zu einem Gesetz zu kommen, was Thüringen insgesamt mehr Bildung ermöglicht und Weiterbildung auf einem hohen Niveau ermöglicht. In diesem Sinne: Machen Sie den Weg frei für ein gutes Bildungsfreistellungsgesetz, lassen Sie uns hier gemeinsam beraten, und zwar
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Vorrednerin hat gesagt, die Art der Einbringung ist ein durchaus ungewöhnlicher Weg.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das habe ich doch sehr freundlich formuliert.)
Ich muss hier an der Stelle aber auch sagen, man muss einmal überlegen und nachdenken, ob man so einen Weg geht oder ob man dieses wichtige Thema nicht damit auch ein Stück weit der Lächerlichkeit preisgibt. Ich sage an der Stelle auch ganz klar, das haben weder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdient, noch die Unternehmen in unserem Freistaat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich weiterbilden, damit sie selbst in ihren Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Das Stichwort „lebenslanges Lernen“ wurde hier an der Stelle auch schon gebracht. Dies wird eben immer wichtiger. Wir sind da in der Verpflichtung, auch zu unterstützen. Und in den Zeiten der Globalisierung und immer weitergehender technischer Entwicklung müssen wir standhalten gegenüber Mitbewerbern in der ganzen Welt, auch dieses Thema hat hier in diesem Hohen Hause schon mehrfach eine Rolle gespielt. In der Diskussion zum Bildungsfreistellungsgesetz hat die CDU-Fraktion bereits vor geraumer Zeit klargestellt, wir werden dieses Gesetz mit der SPD verabschieden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Im Koalitionsvertrag haben wir eben diese Voraussetzungen festgeschrieben. Dazu gehört, dass auch das Bildungsministerium das Einvernehmen mit der Thüringer Wirtschaft herstellen muss. Für uns ist es natürlich wichtig, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Dazu gehört auch, dass es den Unternehmen in unserem Freistaat gut geht und dass sie nicht mit neuen Regelungen überfordert werden. Aus diesem Grund unterhalten wir uns auch mit den Vertretern der Unternehmensverbände von den Industrie- und Handelskammern, dem Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft, dem Verband der Wirtschaft und vielen anderen kleineren mittelständischen und größeren Betrieben hier in unserem Freistaat. Im gemeinsamen Dialog müssen Lösungen gefunden werden, sonst kann es nicht funktionieren. Die Wirtschaft sollte so gering
wie möglich belastet werden. Gerade unsere Thüringer Unternehmen sind zum großen Teil kleinund mittelständische Betriebe, jede neue Regelung spüren sie sofort und empfindlich - das muss an der Stelle auch gesagt werden. Ein Überladen mit Standards und Kosten schadet unserem Wirtschaftsstandort Thüringen. Die Auswirkungen kann daraufhin natürlich auch jeder Arbeitnehmer spüren.
In der Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs heißt es, Thüringen ist heute eins von vier Bundesländern, die über kein Bildungsfreistellungsgesetz verfügen. Da hilft auch ein genauer Blick auf diese vier Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen, wobei auch die Nennung dieser vier Bundesländer schon viel aussagt. Ich nenne hier die Daten in der Wirtschaftskraft, gerade auch Bayern und Baden-Württemberg; BadenWürttemberg bisher, da muss man natürlich auch sehen, wie es in der Zukunft weitergeht. Ich nenne hier an dieser Stelle auch die statistischen Daten der niedrigen Arbeitslosigkeit. Hier brauchen sich eben auch unser Freistaat und der Nachbarfreistaat Sachsen nicht verstecken.
Bezeichnend finde ich, dass die Thüringer Unternehmen in Ihrer Begründung keine Rolle spielen, das haben auch meine beiden Vorrednerinnen in diesem Zusammenhang nicht gebracht. Da ist es auch schon eine Kunst, kein einziges Mal die Worte Wirtschaft, Unternehmen oder Handwerk zu erwähnen. Aber gerade diejenigen müssen einbezogen werden, die hier gestalten und mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusammenarbeiten. Jedes zukunftsorientierte Unternehmen bildet schon heute seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter und stellt die nötige Zeit zur Verfügung. Angesichts der Fachkräftesituation in unserem Land geht es auch gar nicht anders. Wer auf Verschleiß fährt, bekommt auch in wenigen Jahren die Quittung.
Meine Damen und Herren, wir setzen weiterhin auf Einvernehmen zwischen Bildungsministerium und der Wirtschaft. Die CDU-Fraktion wird einer weiteren Beratung in den Ausschüssen zustimmen; im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur federführend und im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit mitberatend.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrter Präsident, liebe Gäste, liebe Thüringer Wirtschaft, liebe Unternehmer und auch liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die Genese des vorliegen
den Gesetzentwurfs ist ja umfangreich erklärt worden, aber auch ein erneuter Versuch wird das, was hier so gut und wohlfeil klingt, nicht besser machen. Unsere Thüringer Wirtschaft mit engagierten, verantwortungsvollen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, aber vor allen Dingen auch engagierten Unternehmern und Unternehmerinnen, der Thüringer Mittelstand braucht kein Freistellungsgesetz. Die Unternehmer und Unternehmerinnen haben auf breiter Basis Verantwortung übernommen, Verantwortung für ihre Unternehmen, sonst hätten sie die gar nicht gegründet, Verantwortung für ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die sie beschäftigen, die sie monatlich mit Arbeit versorgen, und natürlich auch dafür Sorge tragen, dass Weiterbildung eine Kernaufgabe ist und bleibt.
Wir wissen, dass diese Verantwortung erstens ausreichend gut wahrgenommen wird von den Unternehmen und es eben keiner weiteren gesetzlichen Keule bedarf. Deshalb ein klares Nein hier von der FDP zu diesen Tendenzen. Auch der wiederholte Versuch, wie gesagt, macht es da nicht besser.
Die Thüringer Wirtschaft wie auch der gesamte deutsche Mittelstand wissen seit Langem, dass die Demografie zuschlägt, dass die Fachkräfte sich fast in Luft auflösen, dass sehr großer Nachholbedarf besteht, hier ist fortzubilden. Das tun sie in großem Maße, das tun sie in großer Verantwortung für die Bereiche ihres Unternehmens. Deshalb halte ich es auch nicht für besonders zielführend, allgemein die gesellschaftspolitische Aufgabe hier zu vermengen. Der Unternehmer hat die Pflicht, sich um sein Unternehmen zu kümmern, die Pflicht, sich um seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu kümmern und damit auch in erster Linie um das, woher er seinen Erfolg zieht, nämlich um die Kunden. Die muss er zufriedenstellen. Wir wissen, wie innovativ, wie zukunftsführend der Thüringer Mittelstand aufgestellt ist. Das können wir beim Thüringer Handwerk beobachten, das können wir bei den Thüringer Gewerbetreibenden beobachten, die durch die letzte Krise sehr gut hindurchgekommen sind, Herr Kowalleck hat es gesagt. Wir haben eine denkbar niedrige Arbeitslosenquote und, ich denke, die Unternehmen sind sehr sensibilisiert für die Aufgaben dieser Zeit. Ich denke, dass insofern der Thüringer Mittelstand sehr gut dasteht und alles andere braucht, als hier vom Gesetzgeber übergeholfen zu werden, sondern er braucht ausreichend Planungssicherheit, er braucht seine Möglichkeiten, sich zu entfalten, aber nicht weiteren Eingriff.
Auch der latente Vorwurf, der mitklingt, dass die Unternehmer wenig Verständnis dafür hätten, wenn sich jemand ehrenamtlich betätigen möchte, und hier mit Ablehnung für Freistellungen reagieren. Auch da wissen wir aus der Praxis, dass wir Ehren
ämter beim THW, dass wir bei der freiwilligen Feuerwehr und auch bei der Ausübung von politischen Ehrenämtern bei den Unternehmerinnen und Unternehmern auf großes Entgegenkommen stoßen, bei denjenigen, die sich ehrenamtlich engagieren, dies auch zuzulassen