Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

(Beifall FDP)

und entsprechend Arbeitszeiten organisieren, Schichtpläne umstellen, da auf die Belange und nachvollziehbaren Wünsche der Mitarbeiterschaft eingehen, um dort auch ehrenamtliche Tätigkeiten, auch ehrenamtliche Fortbildung zu ermöglichen. Wir haben die Genese des Gesetzes so ein bisschen mitbekommen, CDU und SPD ringen Herr Kowalleck hat es gesagt -, es soll Einvernehmen mit der Wirtschaft hergestellt werden. Deshalb haben wir noch mal zur Verdeutlichung ein paar Stimmen der Wirtschaft mitgebracht. So sagt ein Sprecher der ART-KON-TOR-Gruppe in Jena - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Das Bildungsfreistellungsgesetz geht an der täglichen Realität vorbei. Unsere Kunden sind für uns die eigentlichen Arbeitgeber. Um sie nicht zu verlieren, müssen wir ständig beste Qualität bieten. Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auch mündige Mitarbeiter, die ganz genau wissen, welche Weiterbildung ihnen und dem Unternehmen wichtig ist. Allerdings ist das keine Weiterbildung mit der Gießkanne, sondern nach dem Motto, wir stärken die Stärken unserer Mitarbeiter.“ Ein Punkt der Realität und nicht wie Teile meiner Vorredner hier geltend machen wollen.

(Beifall FDP)

Ein weiteres Zitat eines Fensterherstellers: „Es ist unverschämt, Unternehmen zu unterstellen, sie investieren nicht oder wenig in Weiterbildung.“ Ein weiteres Zitat: „Eine Zwangsregulierung durch die Politik ist außerordentlich schädlich, da sie unnötigerweise in die seit Jahren gut funktionierende Unternehmenspraxis eingreift.“

(Beifall FDP)

Ein weiteres Zitat: „Unternehmen sollten gemeinsam mit den Mitarbeitern über den Bildungsurlaub selbst entscheiden können - möglichst ohne ein Bürokratiemonster.“ Und - auch wenn es schwer auszuhalten ist - ein weiteres Zitat: „Schulungen mit neuer Technik im Umgang mit neuen IT-Systemen und Software - Weiterbildung findet bei uns schon länger statt, und zwar innerhalb der betrieblichen, sozialen und persönlichen Erfordernisse unserer Mitarbeiter und nicht als Urlaub per Gesetz verordnet. Diesem Aufwand stehen nämlich Kosten gegenüber, die im Betrieb erwirtschaftet werden müssen.“ Ein letztes Zitat: „Jedem engagierten Mitarbeiter und jedem erfolgsorientierten Unternehmer ist längst klar, dass die Aneignung von Wissen und lebenslanges Lernen die Schlüssel für die Sicherung des Erfolges heute und in der Zukunft sind. Offen

sichtlich hat die Politik“ - und zwar hier rot-rot-grüne Politik - „ein ganz anderes Bild von der Mehrzahl der Thüringer Unternehmen, denn sonst würde die Politik“ - auch hier wieder nenne ich die Antragsteller - „ihre Anstrengung nicht darauf konzentrieren, ein bürokratisches Monstrum zu erschaffen, wie das Bildungsfreistellungsgesetz.“

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben zwölf Länder, die ein Bildungsfreistellungsgesetz haben.)

Die Betätigungsfelder der Thüringer Bildungslandschaft geben genug her, um sich zu betätigen, wie der Mangel an Referendarstellen für junge angehende Lehrer zeigt, wie unsere schulische Situation, die hier oft genug diskutiert worden ist, zeigt. Hier hat die Politik ausreichend Aufgabenfelder und ist in der Pflicht, Rahmenbedingungen für eine hohe Qualität für Schule und Hochschulbildung zu schaffen.

Sehr geehrter Herr Minister Matschie, ich denke, Aufgaben sind genug, dass wir uns nicht mit einem solchen Gesetz befassen müssen, aber wir sind auch noch sehr gespannt auf Ihre Ausführungen.

Ein Letztes noch - auch das klingt immer so harmlos, Sie sagen, wir verweisen auf andere Länder und sehen da, wie wenig das in Anspruch genommen werden muss. Bilanziell ist jeder Unternehmer verpflichtet, bei Umsetzung eines solchen Gesetzes ca. ein halbes Monatsgehalt in seine Rückstellungen einzustellen für den Fall, dass - das kann ja mal vorkommen - nicht ein Bildungsfreistellungstag genommen werden müsste. Das ist für viele KMU, was hier richtig ausgeführt worden ist, eine immens hohe Belastung, wenn sie überhaupt zu schultern ist. Sie können ja mal die Leute, die auf der anderen Seite der unternehmerischen Entscheidung oftmals mit sitzen, nämlich die Banker, fragen, was die einem Unternehmer erzählen, wenn er mit einer neugebildeten Rückstellung kommt, die sich in einem halben Monatslohn in der Rückstellung wiederfindet. Die ganze Bilanzstruktur wird herabfallen, es wird bei der Kreditvergabe oder bei der Prolongation von Krediten sehr schwierig für die Unternehmerschaft. Also, meine Damen und Herren, was gut klingt, muss noch lange nicht gut sein. Insofern lehnen wir dieses Gesetz ab und diskutieren darüber auch gern in den Ausschüssen weiter. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Döring von der SPD-Fraktion.

(Abg. Kemmerich)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich werde meine Ausführungen zum vorliegenden Gesetzentwurf bewusst kurzhalten. Inhaltlich kann ich jedes Wort dieses Papiers unterschreiben. Da gibt es überhaupt keinen Dissens zur LINKEN und das verwundert natürlich nicht weiter, denn die Kollegen haben ja einfach den aktuellen Arbeitsstand des Bildungsministeriums zum Bildungsfreistellungsgesetz genommen und ihn wortwörtlich abgeschrieben.

Was sagt uns das? Anders als die GRÜNEN haben die LINKEN offenbar keinerlei eigene Vorstellungen zu einer gesetzlichen Regelungen zur Bildungsfreistellung.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Oh, ist das billig.)

Das finde ich bemerkenswert. Ebenso bemerkenswert ist für mich die Motivation, mit der die Opposition, das heißt DIE LINKE, diesen Gesetzentwurf eingereicht hat. Nach eigenem Bekunden geht es den LINKEN nämlich nicht um eine ernsthafte Debatte zur Thematik, sondern allein darum, die Regierungskoalition vorzuführen und koalitionsintern Streit zu entfachen.

Meine Damen und Herren von der LINKEN, ich sage Ihnen gleich, das wird Ihnen nicht gelingen. Mit derartigem Klamauk erreichen Sie bei uns nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN. Aus Ihrer Regierungspraxis in Brandenburg sollten Sie eigentlich wissen, dass Koalitionen immer etwas mit Kompromissen zu tun haben. Ebenso müsste Ihnen bekannt sein, dass Regierungsinitiativen, mögen sie auch noch so gut sein, erst dann Realität werden, wenn die Koalitionspartner sich über ihre konkrete Ausgestaltung verständigen können. Genau in dieser Situation sind wir jetzt beim Thema Bildungsfreistellung. Es gibt hierbei divergierende Vorstellungen zwischen SPD und CDU und das kann ich ganz nüchtern konstatieren. Worum geht es dabei? Das Bildungsministerium hatte unterstützt durch die SPD-Fraktion vor einigen Monaten einen Novellierungsvorschlag erarbeitet, der die Vorgaben des Koalitionsvertrags zur gesetzlichen Regelung der Bildungsfreistellung umsetzte. Zum einen war dort eine Stärkung des Ehrenamts vorgesehen, zum anderen wurden betriebliche Erfordernisse berücksichtigt und eine Lohnkostenerstattung für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter im Rahmen der Bildungsfreistellung beurlauben, verankert.

Genau diese zentralen Punkte sind dann aber auf Druck der Unionsministerien aus dem Novellierungsvorschlag gestrichen worden, weil sie notwendigerweise mit finanziellen Mehrbedarfen einhergehen. Die Thüringer Wirtschaft hat auf die von der CDU durchgedrückten Änderungen anschließend

so reagiert, wie man es von ihr erwarten konnte. Unter Verweis auf die mit einer Realisierung der Bildungsfreistellung zusammenhängenden betrieblichen Belastungen und das Fehlen der Kompensationszahlungen haben Unternehmensvertreter ihre Zustimmung zum überarbeiteten Gesetzesentwurf verweigert. Damit nicht genug, die CDU versteckt sich seitdem absurderweise hinter eben jenem Wirtschaftsvotum, das sie durch die eigenen Änderungsforderungen überhaupt erst herbeigeführt hat. Wir haben es gerade vorhin von Herrn Kowalleck gehört. Ich kann daher an die Kolleginnen und Kollegen der CDU nur appellieren, aus der selbst geschaffenen argumentativen Sackgasse herauszukommen und sich wieder ernsthaft der Realisierung der Bildungsfreistellung zu widmen. Wir haben gemeinsam im Koalitionsvertrag die Erarbeitung eines Bildungsfreistellungsgesetzes verankert und wir haben dort auch die inhaltlichen Parameter für diese Initiative beschrieben. Ich bin sicher, dass wir auf dieser Basis ohne Weiteres zu einer Verständigung kommen können. Mit einem weiteren Festhalten an Ihrer bisherigen Verweigerungshaltung tun Sie sich jedenfalls keinen Gefallen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ganz im Gegenteil. Sie beschädigen, da bin ich auch sicher, auf die Dauer auch Ihre eigene Ministerpräsidentin. Denn es war Frau Lieberknecht, die bei den Koalitionsverhandlungen auch auf eine Stärkung des Ehrenamts im Rahmen der Bildungsfreistellung und auf eine Kommunikation für Unternehmen großen Wert gelegt hat. Kollege Emde, der ja genau wie ich an den entsprechenden Beratungen teilgenommen hat, wird sich sicherlich daran erinnern können.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz zusammenfassen. Die Inhalte des vorliegenden Gesetzentwurfs teilt meine Fraktion voll und ganz. Es ist aber festzustellen, dass DIE LINKE mit ihrer Initiative keine ernsthafte Debatte anstrebt, sondern nur provozieren will. So jedenfalls hat sie sich selbst den Medien gegenüber geäußert. Wir hingegen weichen einer Nachdiskussion zur Bildungsfreistellung natürlich nicht aus und deshalb beantrage ich seitens der SPD-Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Bildungsausschuss federführend und an den Wirtschaftsausschuss. Dort können wir ihn fachlich weiterberaten. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter Döring. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Hennig für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es gibt auch heute

mal eine gute Nachricht. Wir werden den Gesetzentwurf im Ausschuss beraten und ich glaube, damit haben wir schon ein großes Ziel erreicht. Herr Döring, wenn wir keine eigenen Vorstellungen hätten, wüssten wir, glaube ich, auch nicht, dass wir den Gesetzentwurf der Landesregierung, sprich des Matschie-Hauses, gut finden. Unser Ziel ist es, das parlamentarische Verfahren zu starten, damit wir zu einer Gesetzgebung kommen. Unser Ziel ist es, noch in dieser Legislatur Bildungsfreistellung gesetzlich zu verankern und nichts anderes. Dafür nehmen wir uns auch gern zurück, was am Ende eines erfolgreichen Gesetzgebungsverfahrens Lob und Ähnliches angeht. Vielleicht sollten Sie alle miteinander wieder wesentlich mehr auch in das Parlament vertrauen. Bei allem, was Sie gesagt haben, auch gern, was die CDU geäußert hat zum Thema Wirtschaft, ein parlamentarisches Verfahren ist dazu da, Gesetzentwürfe in die Anhörung zu geben und alle zu beteiligen, um dann den besten Weg zu finden, nicht vorab nur in einer Koalition möglicherweise die scheinbar beste Lösung zu finden. Die heile Welt des Herrn Kemmerich finde ich auch immer ganz niedlich: Also ich meine, man kann auch Unternehmen nicht unterstellen, dass sie keinen Mindestlohn und unfaire Beschäftigungsverhältnisse haben - wo kämen wir denn da hin?

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kowalleck, Sie können sich sicher sein, dass die Fraktion DIE LINKE sehr wohl darum gestritten hat, ob wir eine Raubkopie einreichen oder nicht, wir haben uns letztendlich für diesen Weg entschieden und er scheint auch zumindest, was den Beratungswillen angeht, auf Ihre Zustimmung zu stoßen. Mittlerweile haben wir einige Zuschriften zum Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Astrid Rothe-Beinlich hat das schon erwähnt. Da ist ziemlich deutlich, dass es eine hohe Zustimmung zum Grundsatz der gesetzlichen Regelung von Bildungsfreistellung in Thüringen gibt, lediglich der Arbeitgeberbereich lehnt Bildungsfreistellung ab - wen wundert es. Will man Bildungsfreistellung gesetzlich regeln - und immerhin dazu hat sich die Koalition in ihrem Koalitionsvertrag verständigt, auf den Rest komme ich noch -, dann muss man sich letztendlich entscheiden, auf wessen Seite man steht. Für mich ist die Entscheidung klar, mich für emanzipierte, für politisch und in ihren Rechten gebildete Arbeitnehmerinnen, in der beruflichen und arbeitsweltlichen Weiterbildung freie Arbeitnehmerinnen zu entscheiden. An diesem Punkt ist eben Ihr Koalitionsvertrag nicht hilfreich, wenn er sagt, im Einvernehmen mit den Unternehmen und unter Berücksichtigung betrieblicher Erfordernisse gesetzlich zu regeln. Ja, da gebe ich Ihnen recht. Aber hier zu behaupten, Thüringen bräuchte kein Bildungsfreistellungsgesetz, alle Unternehmen sind wirklich in Top-Verantwortung für die Bildungsfreistellung bzw. für die Weiter

bildung ihrer Unternehmen, das verkehrt einfach die Realität. Ich frage Sie einfach mal: Können Sie sich vorstellen, dass Zalando seine Mitarbeiterinnen zur Weiterbildung schickt? Ich mir nicht.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Sie können sich ja mal die Mühe machen, mit Unternehmen zu sprechen. Gehen Sie doch mal hin.)

Aber ich sagte vorhin schon, Ihre heile Welt der Unternehmen in Thüringen hat nichts mit der Realität zu tun.

(Beifall DIE LINKE)

Der Verband der Wirtschaft Thüringen e.V. ist der Auffassung, dass es keinen sachlichen Grund gäbe, in Thüringen eine gesetzliche Regelung zu etablieren, was Bildungsfreistellung angeht. Eine solche Einschätzung, ich kann das nur noch mal wiederholen, ignoriert scheinbar Realitäten und ist aus meiner Sicht von einer Angst vorm gebildeten Arbeitnehmer geprägt.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Lächer- lich! Lächerlich!)

(Heiterkeit FDP)

Das Niedriglohnland Thüringen schließt damit in einer Vielzahl von Betrieben ohne Betriebsrat und tariflichen Schutz viele Arbeitnehmerinnen von gesellschaftspolitischer und arbeitsweltbezogener Weiterbildung de facto aus. Unternehmen akzeptieren in der Regel tatsächlich berufliche Weiterbildung - das ist auch wissenschaftlich nachgewiesen und es gibt die verschiedensten Untersuchungen dazu -, doch das ist auch schon alles. Wenn wir über gesellschaftspolitische Weiterbildung reden, sieht das schon ganz anders aus. Ich weiß nicht, ob Sie sich mal einen Kopf darüber machen: Was ist denn, wenn die Arbeitnehmer fünf Tage krank sind? Haben Sie sich schon mal darüber Gedanken gemacht, wie viel mehr Motivation bringt als Depression im Job bzw. was Bildungsfreistellung an diesem Punkt erreichen könnte? Nach dem Berufsbildungsbericht in Thüringen wurden in Thüringen seit 2002 vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft und Arbeit etwa 100 Mio. € nach der Weiterbildungsrichtlinie an Thüringer Unternehmen ausgezahlt. Und jetzt raten Sie mal, wofür - für Weiterbildung, obwohl das Thüringer Erwachsenenbildungsgesetz berufliche Weiterbildung ausdrücklich ausschließt. Ich habe nicht gehört, dass Thüringer Unternehmen sich gegen eine solche Subventionierung gewehrt haben.

Der Verband der Wirtschaft Thüringens ist der Auffassung, dass es keinen juristischen Grund gäbe, in Thüringen eine gesetzliche Regelung zu etablieren. Das kann man behaupten, ich halte das allerdings für falsch. Nachdem die Bundesregierung nach den Übereinkünften mit der INU nicht gesetzlich tätig wurde, haben die alten Bundesländer - und Sie er

wähnten ja schon die Bundesländer, die es nicht getan haben - mit eigenen gesetzlichen Regelungen reagiert und das Bundesverfassungsgericht hat 1987 in einem Urteilsspruch diese Landesgesetzgebung auf sichere Füße gestellt und klargemacht, dass es einen verfassungsmäßigen politischen Gestaltungsspielraum in Bezug auf arbeitsweltbezogene und gesellschaftspolitische Bildung gibt. Die Fraktion DIE LINKE ist der Auffassung, wenn auch enge Grenzen existieren, ist der Thüringer Landtag verpflichtet, diesen Gestaltungsspielraum zu nutzen.

(Beifall DIE LINKE)

Der vorliegende Gesetzentwurf will fünf Tage Bildungsfreistellung bei voller Lohnfortzahlung im Jahr ohne Ausgleichszahlung an die Arbeitgeber, das ist der Arbeitsstand. Auch hier hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die enge Auslegung des Bildungsauftrags die erzwungene Belastung Dritter - in diesem Fall der Unternehmen - möglich macht. Kompensationsleistungen sind also, fasst man den Bildungsbegriff eng, nicht zwingend notwendig. Und Kompensationsleistungen für Lohnfortzahlung, wie es der Gesetzentwurf der GRÜNEN vorsieht, was ja im Übrigen in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern auch der Fall ist, die eine Einschränkung des Bildungsfreistellungsanspruchs zur Folge haben, muss man ablehnen. Also entweder macht man Kompensationszahlungen und lässt den Haushaltstopf offen und alle Arbeitnehmerinnen, die das wollen, können sich an Bildungsfreistellung beteiligen, oder man sagt, wie es die GRÜNEN gesagt haben, Kompensationszahlung 2 Mio., Deckel drauf, wenn der Topf alle ist, gibt es keinen Anspruch mehr. Ich finde die Regelung der GRÜNEN da nicht optimal.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn ihr einen besseren Vorschlag habt, ist es ja gut.)

Deswegen teile ich auch in diesem Punkt die Auffassung des Matschie-Hauses - wir können das ja noch im Ausschuss diskutieren, deswegen machen wir das ja -, einfach logischer und sinnvoller, Arbeitgeber in diesem Punkt nicht weiter zu subventionieren und Lohnfortzahlung ohne Ausgleichszahlung vorzunehmen.

Auch wenn also die Orientierung des Gesetzentwurfs der GRÜNEN mit seiner weiten Bildungsbegriffsorientierung am Erwachsenenbildungsgesetz sehr sympathisch ist, auch für die Fraktion DIE LINKE sehr sympathisch ist, scheint er also bei dem, was ich vorher ausgeführt habe, für eine anstehende gesetzliche Regelung sehr viel schwieriger handhabbar zu sein. Die grundsätzliche Position der LINKEN-Fraktion geht von einer engen Verknüpfung eines weiten Erwachsenenbildungsbegriffs in Verbindung mit einer Bildungsfreistellungsregelung aus. Allein eben genannte verfassungs

rechtliche Urteile und der Wille, noch in dieser Legislatur zu einer gesetzlichen Regelung zu kommen, haben uns bewogen, den Gesetzentwurf des Matschie-Hauses nicht zu verändern, sondern mögliche Änderungen erst im parlamentarischen Verfahren in den Gesetzentwurf einzubringen und als Diskussionseinstieg dem Entwurf des Kultusministeriums auf die Tagesordnung des Thüringer Landtags zu verhelfen.

Ich unterstelle noch einmal, die politischen Mehrheiten für ein Bildungsfreistellungsgesetz in diesem Haus existieren. Wer die Bildungsfreistellungsgesetze der anderen Länder kennt, weiß, dass sich der Thüringer Gesetzentwurf sehr wohl in einem gesteckten Rahmen bewegt.

Auch ich beantrage für DIE LINKE die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und hoffe, dass wir das Bildungsfreistellungsgesetz in Thüringen erfolgreich regeln.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete Hennig. Das Wort hat jetzt Herr Minister Matschie.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zuerst ein paar Sätze zum Verfahren sagen, denn das ist ja schon ein sehr ungewöhnliches Verfahren, dass eine Oppositionspartei sich irgendeinen Arbeitsstand aus der internen Debatte der Landesregierung herausgreift und den hier zur Abstimmung stellt. Und bei allem, was Sie hier gesagt haben, Frau Hennig, wie ernst Sie das meinen und dass hier politische Mehrheiten für eine bestimmte Lösung existieren: Was Sie hier veranstalten, ist nichts anderes als politischer Klamauk und Sie wissen auch, dass das nicht funktionieren kann.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Politische Mehrheiten sind in diesem Hause durch eine Koalition definiert. Diese Koalition hat sich verabredet, Anträge in diesem Parlament gemeinsam einzubringen und an dieser Gemeinsamkeit arbeiten wir im Moment innerhalb der Landesregierung, um einen Gesetzentwurf so abzustimmen, dass wir den gemeinsam einbringen können. Das ist das übliche politische Verfahren in allen Parlamenten, ob in Thüringen, in anderen Bundesländern, im Bund oder gehen Sie hin in Europa, wo sie wollen, dass Koalitionen nicht gegeneinander abstimmen, sondern gemeinsam Gesetzentwürfe einbringen. Bevor diese Gemeinsamkeit nicht da ist, wird der Gesetzentwurf eben nicht eingebracht. So ist das auch hier im Hohen Hause, das wissen Sie, deshalb ist