Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

(Beifall CDU, SPD)

Wir sagen: Der Gesetzentwurf der Abgeordneten ist nicht geeignet, dieses zu garantieren. Insbesondere stört der neu formulierte § 24 in Absatz d: „Friedhofsträger dürfen sich bei der Errichtung und dem

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Betrieb von Friedhöfen Dritter als Verwaltungshelfer bedienen.“ Um das klar zu sagen, das lehnen wir kategorisch ab, ist für uns auch keine Gesprächsgrundlage in einem Ausschuss. Das ist im Kern das große Problem. Über die anderen Paragraphen, die uns in Teilen stören, ist schon gesprochen worden. Ich bitte um Ablehnung des Gesetzentwurfs und um Zustimmung zum Entschließungsantrag der Koalition. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Ich rufe für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Blechschmidt auf.

Frau Präsidentin, ich rede in meinem eigenen Namen und nicht im Namen der Fraktion.

Ja, es ist das Recht der Mehrheit und das haben wir gerade wieder erlebt, darüber zu entscheiden, welche Inhalte in welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt in der gesellschaftlichen bzw. öffentlichen oder parlamentarischen Diskussion und Debatte besprochen oder gar zur Grundlage unseres Lebens gemacht werden. Das ist Demokratie. Bei der Umsetzung solcher Entscheidungen ist es gerade in der Politik - in der parlamentarischen Debatte und der damit verbundenen Ausschussarbeit - ein entscheidender Schwerpunkt und Bestandteil gelebter Demokratie, Argumente, Vorstellungen und damit verbundene Konsequenzen darzustellen und sich mit diesen auseinanderzusetzen. Besonders wichtig erscheint mir dieser Umgang bei den grundlegenden, gar existenziellen Fragestellungen unseres Lebens. Bekanntermaßen gelten auch der Tod und die Problematik, was danach geschieht, zu den existenziellen Fragen der Menschheit. Daher bedauere ich es ausdrücklich, dass keine dieser Frage gerecht werdende, durchaus umfassende, parlamentarische Bearbeitung von der Mehrheit zugelassen wurde,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ich gestehe, zumal ich dies auf der Grundlage der wochen- bzw. jahrelang geführten, zum Teil öffentlichen Diskussion erwartet hätte. So möchte ich noch einmal drei Gedanken - auch so kurz und knapp, wie es Kollege Gentzel getan hat - in Erwiderung auf Argumente aus der ersten Lesung und mit Blick auf den Entschließungsantrag der Koalition vornehmen. Erstens: Unabhängig von der Beantwortung der Frage, was geschieht mit uns nach dem Tod, ist der Wunsch, welche Form des Übergangs und welche Form der „ewigen Ruhe“ man anstrebt, eine höchst individuelle. Auch habe ich in der ersten Lesung betont, dass diese historisch äußerst unterschiedlich beantwortet und gehandhabt wurde und wird. Aber immer sollte diese Vorstel

lung der Menschen im Rahmen der Würde des Todes größte Beachtung erfahren. Das heißt, auch der Wunsch nach Bestattungswäldern ist legitim. Kollege Gentzel, es stimmt, dass das aktuelle Gesetz Bestattungswälder zulässt. Aber hier geht es nicht um die Bestattungswälder innerhalb von Friedhofsmauern, sondern um Bestattungswälder außerhalb der Friedhofsmauern und dies lässt unser Gesetz momentan eben nicht eineindeutig zu. Niemand hat geleugnet, dass man nach dem Thüringer Bestattungsgesetz Waldbestattungen vornehmen kann. Nur die Intentionen für Bestattungswälder und die entsprechenden Projekte, zum Beispiel in Bad Berka, gehen eben über den klassischen Friedhof, über die klassische Friedhofsmauer hinaus. Darum gibt unser aktuelles Gesetz darauf keine Antwort. Daher wiederhole ich meine Forderung und die Forderung aus dem Gesetzentwurf, die ich bei der Einbringung hier kundgetan habe: Das Thüringer Bestattungsgesetz muss auch die Friedwälder außerhalb von Friedhöfen eindeutig regeln.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Somit, meine Damen und Herren der Koalition, ist drittens Ihr Entschließungsantrag zwar nicht verkehrt,

(Beifall SPD)

geht aber auf diese entscheidende Frage der Initiative, wo und wie Bestattungswälder unter Wahrung der Würde der Entscheidung des Verstorbenen und dessen Beisetzung sowie der Würde der letzten Ruhestätte auch in Thüringen möglich zu machen sind, nicht ein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bedanke mich nochmals für die Arbeit der Bürgerinitiative und bei den Kolleginnen und Kollegen, die dank ihrer Unterstützung des Gesetzentwurfs eine öffentliche Diskussion und Debatte vorangebracht haben und ich hoffe auf die Zukunft. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Gumprecht auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben bereits in der ersten Lesung des Gesetzes zur Änderung des Bestattungsgesetzes zahlreiche, auch unterschiedliche Argumente ausgetauscht. So standen sich auf der einen Seite die Auffassung nach mehr eigenem Entscheidungs

(Abg. Gentzel)

spielraum und der Einführung gerade des Bestattungswaldes einerseits, der anderen Position, den Friedhof, seinem Wort entsprechend ein eingefriedeter Ort zu sein, gegenüber. Ich möchte da auch nicht mehr sehr viel hinzufügen, nur noch drei kurze Anmerkungen.

Hinter dem Bestattungswaldkonzept steht der Gedanke der Rückkehr des Menschen in den Naturkreislauf. Aber die menschliche Natur erschöpft sich nicht in naturhaften Abläufen, der Mensch ist kein bloßes Naturprodukt. Seine besondere Würde hebt sich ab von der übrigen Natur, auch über den Tod hinaus. Deshalb gehören Erinnerungsorte - für uns Friedhöfe - dazu.

(Beifall CDU)

Zweitens, früher begegnete man dem Sterben und dem damit verbundenen Tod mit festen Trauerriten. Heute sterben die Menschen oft fern von zu Hause im Krankenhaus, in Pflegeheimen oder auch in anderen Einrichtungen, Hospizen. Viele Traditionen greifen nicht mehr und der Tod trifft die Angehörigen ungeschützter denn je.

Herr Abgeordneter Gumprecht, der Abgeordnete Blechschmidt möchte Ihnen gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Bitte.

Danke, Frau Präsidentin, danke, Kollege Gumprecht. Wir sind jetzt schon zwei, drei, fünf Sätze weiter. Noch mal die Frage an Sie: Wie gehen Sie mit dem Wunsch, mit der Vorstellung eines Menschen um, der sagt, eines Tages möchte ich natürlich eine ewige Ruhestätte haben und diese muss nicht nach meinem Wunsch zwingend auf dem Friedhof sein? Wie gehen Sie mit der Möglichkeit, mit diesem Wunsch um?

Ich werde das Thema, ich will es noch weitertreiben, aufgreifen. Sie haben es bei der letzten Lesung schon sehr deutlich gemacht, die Frage auch konkret - letzter Wille. Ich denke, das Thema ist eine sehr ernste Frage. Natürlich muss man den letzten Willen eines Verstorbenen sehr hoch ansetzen. Aber was wäre beispielsweise die nächste Stufe letzter Wille, die Frage nach dem Friedwald - ist es die Friedwiese, ist es der Golfplatz - und ich meine

das nicht böse - oder ist es sogar der Elfmeterpunkt in einem Fußballstadion von meinem Lieblingsklub?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Guter Platz.)

Insofern denke ich, natürlich hat das Thema letzter Wille hier seine Grenzen. Ich denke, deshalb muss man auch genau dies so sehen. Ich bin der Meinung, dass man das Thema letzter Wille hier nicht so absolut ansetzen kann. Ich bin der Auffassung, gerade weil ich es auch selber noch mal gesagt hatte, beim Thema Friedhof - der Wortstamm drückt genau das aus, der eingefriedete Ort - kann man natürlich sagen, was ist bei einer Seebestattung? Dort wird der Ort durch Koordinaten immerhin vom Kapitän auch gekennzeichnet.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sagen, nein, da ist es anders, aber ich sage, dort hat man eine Besonderheit. Ich will auch wirklich auf alle Argumente eingehen. Wir sind und bleiben der Meinung, die Frage der Einfriedung ist für uns ein sehr hoher Ansatz, der hier gelten soll. Insofern ist auch unser Entschließungsantrag in dieser Richtung gemeint, dass wir wollen, dass das möglich ist auf einem Friedhof. Ich weiß, dass wir hier unterschiedliche Auffassungen haben. Wir werden deshalb den Antrag ablehnen, Ihren Änderungsantrag, und bitten um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.

(Beifall CDU, SPD)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bergner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, CDU und SPD zeigen einmal mehr, dass sie nicht bereit sind, über Probleme oder Wünsche von Bürgern zu diskutieren.

(Beifall FDP)

(Unruhe CDU, SPD)

Hier geht es nicht um irgendeinen Wunsch, sondern um die Chance, den letzten Willen von Menschen zu respektieren. Und, meine Damen und Herren, ich habe bereits beim letzten Mal gesagt, dass ich durchaus für mich selber auch eine etwas konservativere Auffassung von Bestattungen habe oder von meinem letzten Weg, den ich mir vorstelle. Aber, es ist nun einmal so, dass sich Bestattungsformen entwickeln, dass sich Auffassungen von Menschen entwickeln und dass das durchaus auch im Einklang mit Würde geschehen kann. Ich meine, wir haben nicht nur den Auftrag, sondern auch die Chance, den letzten Willen von Menschen zu respektieren.

(Abg. Gumprecht)

(Beifall FDP)

Deshalb, meine Damen und Herren, finde ich es verwerflich, dass Sie es nicht einmal zugelassen haben, diesen Gesetzentwurf im Ausschuss zu diskutieren.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn dort hätte man sachlich, in Ruhe und in Fairness und auch in Achtung die Bedenken, die es ja unbestreitbar gibt, diskutieren und abwägen können. Aber CDU und SPD scheint es nicht zu reichen, die Diskussion zu verweigern, man setzt mit dem Entschließungsantrag noch einen obenauf, meine Damen und Herren. Den Gemeinden zu erklären, dass sie eigenständig über die Friedhofssatzung entscheiden können, ist ungefähr genauso, als würden Sie einem Zahnarzt erklären, dass er sich um die Zähne seiner Patienten kümmern darf.

(Beifall FDP)

Wenn Sie ein wenig Anstand und Respekt vor dem Thema und dem letzten Willen von Menschen hätten, würden Sie den Entschließungsantrag zurückziehen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf sieht eigentlich nur vor, dass das Thüringer Bestattungsgesetz konkretisiert wird.