Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

Was wirklich festzustellen war und auch noch ist, bleibt die Erkenntnis des Thüringer Rechnungshofs aus dessen Sondergutachten, dass das Verfahren unnötige Bürokratie schafft und Eltern stigmatisiert, da mehr als 40 Prozent der Meldungen an die Jugendämter, dass Eltern die Untersuchungen versäumt haben sollen, falsch waren. Sie stigmatisieren die Thüringer Eltern, schicken ihnen bei erstbester Gelegenheit das Jugendamt nach Hause und - auch das habe ich schon mal gesagt - vergüten den Verwaltungsaufwand der Kinderund Hausärzte nicht. Zu Recht aus unserer Sicht haben sich alle am Verfahren Beteiligten über die aktuelle Gesetzespraxis beschwert. Nunmehr zwingt Sie die auslaufende Befristung dazu, dieses Gesetz noch einmal zu überarbeiten. Und was kommt als Lösungsangebot aus Ihrem Hause? Sie nehmen einfach die U3 und die U9 Früherkennungsuntersuchung aus dem Gesetz und denken dann, wenn ich die Untersuchungen reduziere, reduziere ich damit auch den bürokratischen Aufwand.

Ich kann nur sagen, wenn das wirklich ernst gemeint ist, dann fällt mir tatsächlich nicht mehr viel dazu ein.

(Beifall FDP)

(Ministerin Taubert)

Dass wir - vielen Dank, Kollege Untermann -, aber auch die GRÜNEN, die LINKE, der Rechnungshof, die Kassenärztliche Vereinigung, die Kinder- und Hausärzte, die Eltern und auch die Jugendämter sich über das bisherigen Verfahren beschwert haben, scheint hier nicht zu stören. Im Gegenteil, Sie schaffen es sogar noch, das Verfahren weiter zu komplizieren. Da scheinbar der Weg zwischen Eltern, Kindern, Ärzten, Vorsorgezentrum und Jugendämtern nicht aufwendig genug ist, haben Sie nunmehr im neuen § 7 auch noch die Gesundheitsämter an zentraler Stelle hineingenommen. Wenn schon Murks, dann wenigstens richtig.

(Beifall FDP)

Ich bin sehr gespannt darauf zu erfahren, wie viele Vorschläge zur Novellierung Sie von denjenigen, die es tagtäglich umsetzen müssen, tatsächlich dann in den Gesetzestext einfließen lassen.

Ich will nur am Schluss noch einmal zusammenfassen: Wenn das TMSFG kritisiert wird, dass zu viele fehlerhafte Anschreiben an die Eltern rausgehen, heißt Ihre Lösung Reduzierung der vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen. Wenn Sie dafür kritisiert werden, dass das bisherige Verfahren zwischen allen Akteuren zu kompliziert war, darf nunmehr auch noch das Gesundheitsamt die Meldungen an die Jugendämter überprüfen.

Ich denke und hoffe, dass damit deutlich geworden ist, dass wir im Ausschuss noch vieles zu besprechen haben, und möchte gleich an dieser Stelle ankündigen, dass wir auch in der dann anstehenden Beratung eine Anhörung in demselben Ausschuss beantragen werden und hoffe und appelliere an uns alle, dass dieses Gesetz den Ausschuss nicht so verlässt, wie es hineingekommen ist. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Koppe. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Meißner für die CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, zunächst einmal möchte ich feststellen, dass sich das uns hier vorliegende Gesetz zur Früherkennungsuntersuchung zum Wohl unserer Kinder in Thüringen bewährt hat. Durch die Sicherung der Früherkennungsuntersuchung haben wir in Thüringen Regelungen für die Verbesserung von Kindergesundheit und Kinderschutz getroffen. Denn dadurch kann zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt präventiv gesundheitsfördernd eingegriffen werden. Ich möchte es auch an der Stelle erwähnen, es war 2008 die CDU-Fraktion, die das Thüringer Früherkennungs

untersuchungsgesetz vorangetrieben hat. Es macht uns stolz, dass mittlerweile 13 Bundesländer ein weitgehend analoges oder ähnliches Verfahren wie Thüringen eingeführt haben. An dieser Stelle sei auch gesagt - es ist nicht so, Herr Koppe, wie Sie sagen, dass die Eltern erinnert werden müssen, sondern es ist eine Möglichkeit, um es den Eltern zu erleichtern, in Sachen Gesundheit für ihre Kinder diese Früherkennungsuntersuchungen zu nutzen und 13 Bundesländer machen es so. Deswegen verwundert es mich schon, dass Sie das hier so vehement kritisieren. Dieses Gesetz bietet für den Staat ein frühestmögliches Indiz für eine Kindeswohlgefährdung, wo sonst Anzeichen für ein Eingreifen des Jugendamtes schwierig sind. Deswegen hat die Nichtteilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen auch Recherchen durch das Jugendamt zur Folge. Dadurch konnten in Thüringen seit 2010 leider bei 16 solcher Fälle Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung erkannt werden. Das ist zwar eine verschwindend geringe Anzahl und mancher - so wie wir es gerade von der FDP gehört haben - wird sich daher fragen, ob sich denn der gesamte bürokratische und finanzielle Aufwand dafür lohnt. Doch an dieser Stelle sage ich hier ganz klar, bei allen Fragen nach den Kosten und dem Aufwand, allein wenn es uns gelingt, ein Kind mit diesem Gesetz zu retten, dann hat es sich gelohnt.

(Beifall im Hause)

Ich denke nicht, dass ein wirksamer Kinderschutz letztendlich an Wirtschaftlichkeit gemessen werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Einführung des Gesetzes ist nun vier Jahre her und aufgrund seiner Befristung muss es nun erneut befristet bzw. entfristet werden. Es ist nur zu begrüßen, dass wir im Parlament diese Gelegenheit nutzen, die Regelung zu evaluieren, zumal sich in der Umsetzungspraxis des Gesetzes einige Probleme gezeigt haben. Deswegen freue ich mich auch auf die Beratung im Ausschuss. Wir werden sehen, inwieweit die vorgeschlagenen Änderungen hier sinnvoll sind.

Die bisherigen Erkenntnisse über Schwächen des Einladungs- und Erinnerungsverfahrens sollen nun dazu dienen, das Gesetz anzupassen. Über diese Schwächen haben wir ja bereits im Juni-Plenum hier an gleicher Stelle diskutiert. So gab es eine Reihe von Falschmeldungen, wo Eltern angeschrieben worden sind, obwohl sie die Untersuchung wahrgenommen hatten. Das war vor allem in der Einführungsphase der Fall, mittlerweile hat sich das reduziert; so waren es im Jahr 2011, glaube ich, knapp 2 Prozent.

Kritisiert wurde auch teilweise der Tonfall, in dem die Erinnerungsschreiben verfasst waren. Was aber den bürokratischen Aufwand betrifft, so ist dieser meiner Meinung nach durchaus hinnehmbar, vor allem wenn man bedenkt, warum es dieses Verfah

(Abg. Koppe)

ren gibt. Um dies zu beheben, sind jetzt einige Änderungen geplant bzw. im Gesetzentwurf vorgeschlagen. Das sind zwei Bereiche. Zum einen betrifft es das Meldeverfahren. Zukünftig wird das Vorsorgezentrum in Fällen, in denen trotz Einladung und Erinnerung keine Meldung über die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung eingegangen ist, die zuständigen Gesundheitsämter informieren und nicht wie bisher die Jugendämter. Durch die größere Sachnähe erhofft man sich bessere Möglichkeiten, zunächst die Fälle aufzuklären, in denen sogenannte Nichtteilnahmemeldungen, also Falschmeldungen, durch das Vorsorgezentrum für Kinder erfolgt sind. Erst wenn sich dabei Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung ergeben, sollen die erforderlichen Daten zur weiteren Prüfung an das zuständige Jugendamt weitergegeben werden. So konzentriert sich die Arbeit der Jugendämter auf den Kinderschutz, während die Gesundheitsämter im Bereich der Gesundheitsfürsorge und Prävention, was ja auch ihre Aufgabe ist, tätig werden. Es ist zudem dann auch eine andere Wirkung, wenn das Gesundheitsamt als öffentlicher Gesundheitsdienst bei den Eltern nachhakt.

Der zweite große Änderungsbereich betrifft die Anzahl der meldepflichtigen Früherkennungsuntersuchungen. Diese sollen reduziert werden. Das Einladungs- und Erinnerungsverfahren soll zukünftig ab der U4 bis einschließlich der U8 greifen. Es soll also zukünftig Kinder im Alter von drei Monaten bis zur Vollendung des vierten Lebensjahres betreffen. Somit liegt besondere Aufmerksamkeit auf dem Kleinkind- und Vorschulalter. Bisher war dies vom U3- bis U9-Untersuchungsbereich. Damit soll das Einlade- und Erinnerungsverfahren auf das Notwendige begrenzt werden. Ich bin davon überzeugt, dies dürfte sich letztendlich bei den anfallenden Verwaltungskosten bemerkbar machen.

Meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, unser Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder hat sich grundsätzlich bewährt und soll mit den eingeführten Anpassungen weitergelten. Der Gesetzentwurf sieht vor, das Gesetz auf weitere fünf Jahre zu befristen. So kann in fünf Jahren erneut überprüft werden, ob die gesetzlichen Maßnahmen und jetzt vorgeschlagenen Änderungen greifen und eine vollständige Evaluierung des Gesetzes durchgeführt werden muss. Wie gesagt, auch meine Fraktion freut sich auf die Beratung im Ausschuss und deswegen danke ich an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Meißner. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur angesichts des nahenden Weltkindertages freue ich mich über die Debatte, sondern auch deswegen, weil wir bereits vor der Sommerpause mit einem eigenen bündnisgrünen Antrag das ein oder andere an diesem Gesetz reformieren wollten. Jetzt liegt also der Gesetzentwurf der Landesregierung vor und ja, bei sorgfältiger Prüfung sehen wir, es wird das eine oder andere im Ausschuss dringend zu besprechen sein. Aber lassen Sie mich dem Ganzen vorwegschicken, natürlich steht das Kindeswohl an erster Stelle, denn das ist das Wichtigste. Aber die Frage ist, mit welchen Instrumenten in Thüringen das Beste eben für das Kindeswohl individuell getan wird. Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass die Systematik, die auch die Ministerin eingangs erwähnte, reformiert werden muss, mit der sich am Ende in scheinbar falscher Sicherheit gewogen wird, wenn es darum geht, ob wirklich auch allen Fällen beigekommen werden kann. Aber der Reihe nach.

Wir haben im Juni einen eigenen Antrag zur Frage der Effizienz und Effektivität der U-Untersuchungen eingebracht. Sie haben gesagt, Sie legen einen Gesetzentwurf vor und wir müssen uns in der Ausschussberatung sehr genau ansehen, ob wirklich alle Fragen geklärt werden. Frau Ministerin Taubert hat eingangs gesagt - Zitat -, dass es „aus dem Verwaltungsvollzug gewonnene Erkenntnisse“ gäbe. Ich versuche das mal zu übersetzen. Viele Eltern wurden den Jugendämtern fälschlich gemeldet, die damit völlig überfordert waren, weil es zu viele Falschmeldungen gab. Das Problem an dem System ist, dass es einfach Parallelstrukturen gibt, die ineffizient sind. Das sind die drei Punkte, die wir kritisiert haben, die dringend reformiert werden müssen. Die Fragen, die wir jetzt im Ausschuss klären müssen, das, was im Beamtendeutsch Verwaltungsvollzug heißt, am Ende aber bei den Eltern im Briefkasten landet, die sich dann darüber wundern, sind unter anderem folgende: Hat dieses Meldeund Einladungssystem Kinderschutz in Thüringen wirklich verbessert? Das ist die erste Frage. Konnten die Teilnahmeraten an den U-Untersuchungen dadurch wirklich gefördert und gestärkt werden? Welche anderen möglichen Fördermaßnahmen, zum Beispiel Familienhebammen, gibt es denn, die noch effektiver zum Kinderschutz in Thüringen beitragen können? Die drei Fragen müssen wir diskutieren. Das sind für uns auch die drei Fragen, an denen wir Ihren Gesetzentwurf messen werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung geht davon aus, dass die Teilnahmeraten durch das Einlade- und Meldesystem seit Einführung gestiegen sind. Sie hat aber keine wirkli

(Abg. Meißner)

chen Vergleichszahlen für die Zeit vor der Einführung dieses Systems. Deswegen kann man auch schlicht nicht belegen, ob es tatsächlich so ist, dass mehr Eltern mit ihren Kindern zur U gegangen sind, seitdem es diese Erinnerungen gibt. Ich gebe mit Blick auf meinen Briefkasten zu, ich als Mutter bin froh, wenn der Brief drinsteckt und drinsteht, die U9 steht an, wie es kürzlich der Fall war. Ich weiß, ich muss mich um einen Termin kümmern - schöne Erinnerungsfunktion. Ich frage mich nur, muss es dann sein, dass ich den Brief dreimal bekomme, und das ist im Zweifel auch der Fall gewesen, nämlich einmal von der zuständigen Krankenkasse, einmal von dem zuständigen Versorgungsamt und dann im Zweifel noch mal die Erinnerung wegen einer Falschmeldung vom Jugendamt. Nicht nur wegen der Papierverschwendung, sondern auch aus Effizienzgründen sage ich mir dann, das muss nicht sein.

Wenn man sich die Zahlen der letzten Jahre ansieht, dann sieht man auch, dass die Raten in den unterschiedlichen Landkreisen in Thüringen sehr, sehr schwanken. In Jena - die Zahlen wurden uns freundlicherweise auch im Ausschuss beigegeben lag die Teilnahmerate bei der U8-Untersuchung bei 97 Prozent, in Erfurt bei 94. In dem von uns im Ausschuss betrachteten Zeitraum zwischen 2010 und 2012 gingen die Teilnahmeraten aber bei U3, U4 und U5 zurück. Das heißt, es gibt da gewisse Diskontinuitäten, die muss man sich genau angucken. Der vermeintliche Erfolg, den Frau Meißner vorhin hier immer wieder in den Raum stellte, muss sich auch an diesen Zahlen messen lassen. Die Frage ist, woran liegt das und kann das mit der Novelle, die Sie jetzt planen, im Zweifel ausgebessert werden.

Noch mal zum vermeintlichen Erfolg des Meldesystems. Es ist eben nicht so, dass alle anderen Bundesländer dankbar nach Thüringen zeigen, sondern man evaluiert sehr wohl in Ländern wie NordrheinWestfalen, ob dieses Meldesystem der richtige Weg ist. Ich will Ihnen gern berichten, dass das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in NRW im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit die dortigen Regelungen des Einlade- und Meldewesens sehr genau evaluiert und das Ergebnis dort ist, die Teilnahmequoten steigen seit 2002 auch ohne Meldesystem und das Ministerium hält zum Anstieg nach 2009 fest, dass dies vermutlich auf den Erinnerungseffekt „Ich geh zur U und du?“ oder eine ähnliche Aktion zurückzuführen ist. Im Gutachten steht, dass eine Verbesserung des Kinderschutzes anhand des Meldewesens nicht nachgewiesen werden konnte. Also mit anderen Worten, dort wird sehr genau evaluiert, ob dieses Instrument das richtige ist und selbst wenn die Teilnahmeraten nachgewiesenermaßen durch das Einlade- und Meldesystem erhöht wurden, ist noch lange nicht der Beweis dafür erbracht, dass es eben an der Er

innerungspost im Briefkasten liegt. Deswegen sage ich, wir dürfen uns nicht in falscher Sicherheit wiegen, sondern wir müssen überlegen, ob die Meldeund Einladepraxis nicht noch durch andere sinnvolle Maßnahmen ergänzt werden kann. Das wollen wir uns sehr genau anschauen. Wenn ich das recht sehe, dann hat die SPD-Fraktion 2008 hier einen deutlich weitergehenden Gesetzentwurf vorgelegt, über den man in diesem Zusammenhang gern auch mal reden und diskutieren sollte. Wir als GRÜNE sagen, wir wollen diesen Gesetzentwurf sehr kritisch konstruktiv im Ausschuss diskutieren, wir plädieren weiter sehr dafür, Kinderschutz in Thüringen zu reformieren, wir wollen, dass so viele wie möglich zur U gehen, aber wir wollen auch, dass es keine Doppelstrukturen gibt. Wir wollen sehr genau schauen, ob es wirklich auch Zusammenhänge gibt zwischen den Instrumenten, die jetzt bedient werden und denen, die tatsächlich auch mit den Kindern zur U gehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Pelke für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in Anbetracht der vielen Vorredner und Vorrednerinnen kann ich mich relativ kurz fassen. Vielleicht noch zu Beginn zu Herrn Koppe. Herr Koppe, mit harten Worten umzugehen, das ist immer relativ einfach, aber die Bemerkung „Murks“, was diesen Gesetzentwurf angeht, werden Sie dann noch an anderer Stelle untersetzen und erläutern müssen. Dafür war die Erklärung hier ein bisschen dünn, denn ich glaube schon,

(Beifall SPD)

dass alle ganz deutlich gesagt haben,

(Beifall CDU)

dass es um das Kindeswohl, um den Schutz des Kindes geht, der im Mittelpunkt steht. Welche Wege und Maßnahmen man dafür in Anspruch nehmen muss, darüber kann man sicherlich diskutieren, aber diese Gesetzesänderung, die im Moment auf dem Tisch liegt, ist bei Gott kein Murks.

Frau Siegesmund, noch einmal auch in Ihre Richtung, wir haben sicherlich auch als SPD-Fraktion noch die eine oder andere Idee, wie man möglicherweise mit vorliegenden Vorlagen weiter arbeiten kann. Ich stimme Ihnen ja zu, dass man über die Frage, ob es dieses Meldesystem sein muss oder ob es nicht noch andere Varianten gibt, sehr wohl diskutieren kann. Aber ich glaube, das ist jetzt eindeutig auch meine Position, dass eine Einladung

(Abg. Siegesmund)

und ein Erinnerungssystem und auch ein Meldesystem notwendigerweise im Interesse des Kindes vonnöten sind. Daran glaube ich tatsächlich.

(Beifall SPD, FDP)

Nun vielleicht noch einmal ganz kurz zur Änderung. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass das Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder bereits im Dezember 2008 in Kraft getreten ist und deswegen, denke ich, kann man auch dankbar sein, dass die Überarbeitung des Gesetzes jetzt vorliegt. Damals war damit verbunden, besonders die gesundheitliche Vorsorge für Kinder im Blick zu haben und natürlich auch die Frage des Kinderschutzes. Es ist auch bereits erwähnt worden, dass durch den Thüringer Rechnungshof ein Gutachten zur Arbeit des Vorsorgezentrums, das die Einladung und die Kontrolle der Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen vornimmt, erstellt worden ist und auch durch die Landesregierung selbst wurden Gesetz und Ausführung überprüft. Hauptkritikpunkt - und auch darüber haben wir jetzt alle schon gesprochen - waren die sogenannten falschen Nichtteilnahmemeldungen, die aus der Diskrepanz zwischen der Zahl der Meldungen über eine Nichtteilnahme an die Jugendämter und der tatsächlichen Zahl der Teilnahmen resultieren. Wenn dann teilweise die Teilnahme einfach nur nicht gemeldet wurde, gab es natürlich bei den Jugendämtern, die dem nachgehen mussten, einen erhöhten Prüfaufwand. Diese Gesetzesänderung versucht nun, diese Probleme in den Griff zu bekommen. Ich glaube, da ist die Frage, wie gehen wir mit dem Kindeswohl auf der einen Seite und/oder mit einer effizienten Prüfvariante und Erinnerungsvariante nicht in irgendeinen Widerspruch.

Die Meldung über jetzt nicht erfolgte Teilnahmen soll nun an das zuständige Gesundheitsamt gehen und diese gehen dann den Angaben nach. Nur wenn Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen, erfolgt dann die Meldung an das zuständige Jugendamt. Zur Herausnahme von der U3 und der U9 als meldepflichtige Untersuchungen hat die Ministerin schon gesagt, in welchem zeitlichen Zusammenhang das steht und dass das durchaus auch kein Rückschritt ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Schutz von Kindern ist ein hohes Gut, da sind wir uns ja alle einig, da braucht man so ein Gesetz auch nicht zu nutzen, um in irgendeiner Form zu politisieren. Aber ich denke, auch ein Meldeverfahren - das hat Frau Meißner auch angeführt -, das effizient durchgeführt wird und das dann auch Sinn und Zweck erfüllt, ist erstrebenswert. Wenn es hier Kritik gab, dann, glaube ich, ist auch diese Gesetzesänderung, die jetzt auf dem Tisch liegt, eine sinnvolle und vielleicht auch - auch das ist schon angesprochen worden die Kontaktaufnahme

durch das Gesundheitsamt für Eltern, für manche Eltern und auch für Ärzte durchaus weniger mit negativen Assoziationen verbunden als die direkte Kontaktaufnahme durch das Jugendamt. Auch das wissen wir in bestimmten Fällen und möglicherweise kann das in dieser Situation auch hilfreich sein. Also, die Einladung und Erinnerung ist notwendig, auch die Dokumentation dessen, was an Untersuchungen wahrgenommen wird. Insofern hoffe ich und wünsche ich, dass die Gesetzesänderung einmal zu einer Vereinfachung des Verfahrens und möglicherweise zu einer Verringerung des Prüfaufwands führt, dass aber natürlich Kindeswohl und Kinderschutz im Mittelpunkt unserer Überlegungen stehen. Insofern wünsche ich mir eine umfassende und intensive Diskussion im Sozialausschuss. Ich würde auch hier die Überweisung beantragen und hoffe, dass wir uns dann auch sehr sachgerecht mit unseren Überlegungen zusammenfinden können und die einfache Bewertung, das ist Murks, ist mir dann da ein Stückchen zu wenig. Ich hoffe, dass es eine vernünftige Diskussion geben wird. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Frau Abgeordnete Pelke. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Jung für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, Herr Koppe, ich weiß nicht, wo Sie es hernehmen, aber die Fraktion DIE LINKE hat sich niemals gegen diese Vorsorgezentren für Vorsorgefrüherkennungsuntersuchungen ausgesprochen. Falls Sie sich erinnern, hatten wir sogar einen Antrag eingereicht, das Ganze ohne Evaluierung zu entfristen, um einfach dieses Zentrum zu erhalten. Gesagt wurde es hier schon und, Herr Koppe, ich will einfach noch einmal an den Grund erinnern, warum dieses Gesetz entstanden ist, da waren Sie ja nicht im Landtag. Aber ich kann mich da sehr gut erinnern. Die Gründe hießen einfach, Sophie, Jonny Lee, Kevin, das war die Ursache dieses Gesetzentwurfs, wo wir uns hier im Landtag sehr lange und ausführlich darum gestritten haben. Wir als LINKE waren damals, ich glaube, mit der SPD zusammen, dafür, dass das Ganze im Gesundheitsbereich angesiedelt wird, ganz anders mit Mütterberatungsstellen. Rechtliche Gründe, so wurde es damals angeführt, führten dazu, dass es im Jugendamtsbereich gelandet ist. Ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, dass wir in der letzten Debatte schon darauf hingewiesen haben, dass die Beantwortungen unserer Kleinen Anfragen sehr wohl ergeben haben, wie oft Jugendämter sich an Familien gewandt oder diese sogar zu Hause be