Protokoll der Sitzung vom 26.02.2010

(Beifall DIE LINKE)

Aus diesen Gründen, die ich gerade alle genannt habe, habe ich meiner Fraktion empfohlen, Ihren Alternativantrag, der wirklich keine Alternative zu unserem Antrag darstellt, nicht mit anzunehmen. Wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen. Ich bitte Sie einfach, sich auch noch einmal unseren Antrag anzuschauen, er ist der weitergehende. Ich plädiere dafür, unseren Antrag anzunehmen, Ihrer würde demnach nicht abgelehnt, unserer wird angenommen; denn er ist wirklich der weiterführende. Mit dem Bericht oder mit dem Alternativantrag von CDU und SPD ist für meine Begriffe ein kläglicher Versuch, die behindertenpolitische Kompetenz ihrerseits zu formulieren, gescheitert. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank Frau Abgeordnete Stange. Es spricht zu uns der Abgeordnete Günther von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Dr. Brockhausen, bevor ich zum Inhalt des Antrags komme, vielleicht ein Wort, Frau Kollegin Stange. Wir sind ja als Sozialpolitiker nicht so die gegenseitig beißenden, aber in einem Punkt will ich Ihnen auch ohne Weiteres recht geben und das hier sagen, Lyrik und Semantik aus den Anträgen raus, das ist okay, aber klären Sie das mal in Ihren Reihen, dann werden die Plenarsitzungen auch wieder kürzer und wesentlich inhaltsreicher.

Dann macht es auch ein ganzes Stückchen weit mehr Spaß.

(Beifall CDU)

Zu unserem Antrag komme ich dann am Ende noch mal. In unserem Koalitionsvertrag haben wir, die CDU und die SPD, die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen festgeschrieben. Die ist ja inzwischen geltendes Recht. Auch da bin ich bei Ihnen, es ist richtig, die UN-Konvention ist ein Meilenstein und ist ein richtungsweisendes Instrument. Da sind wir beieinander.

Was heißt das für den Freistaat? Wir stehen zu den Menschenrechten, die wir für Menschen mit Behinderungen sicherstellen. Wir arbeiten daran, Benachteiligungen zu verhindern, wo es nicht schon geschehen ist, und bessern nach, wenn es nötig ist. Wir treffen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstige Maßnahmen, damit die UN-Konvention realisiert werden kann, aber eben nicht im sogenannten Schweinsgalopp. Denn es ist ein äußerst sensibles Thema zumindest für mich. Das wissen Sie auch.

Wir werden demgemäß, wie in der Behindertenrechtskonvention gefordert, alle uns zur Verfügung stehenden, geeigneten Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen, Gepflogenheiten und Praktiken treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellt. Das ist nicht neu und stellt für uns nicht mal eine Umstellung dar. Generell dürfte klar sein, die Rechte der Menschen mit Behinderungen und deren gleichberechtigte Teilhabe liegen uns allen sehr am Herzen. Das werden wir als CDU-Fraktion auch in den kommenden Haushaltsgesprächen zeigen, dass das durchaus möglich ist. Wir werden hier wieder für eine Erhöhung des Blindengeldes uns einsetzen, und zwar ohne den Haushalt zu erweitern. Wir werden gemeinsam, Herr Barth hat ja schon 1 Mio. gefunden, da werden wir den Rest auch noch finden, wie wir das umschichten und das dann möglich machen können. Ich denke, dabei wird uns auch die Ministerin unterstützen.

Und doch werden wir Ihren Antrag ablehnen und werben stattdessen um Zustimmung für unseren Alternativantrag. Damit folgen wir übrigens dem Votum des Facharbeitskreises. Deshalb können Sie von mir gar nichts anderes hier erwarten. Die Gründe dafür liegen klar auf der Hand. Es sind nicht die inhaltlichen Vorgaben als solche, es sind Ihre zeitlichen Vorstellungen, die zur Ablehnung führen müssen.

Das fängt mit dem Behindertenbericht an, der bis Mai 2011 einfach so nicht zu realisieren sein wird, jedenfalls nicht, wenn man etwas mehr als reines Zahlenwerk und Statistik erhalten möchte, zumal

nicht alles, was in einem solchem Bericht von Interesse ist, überhaupt in Zahlen erfasst wird oder erfasst werden kann. In so kurzer Zeit kann keine gut durchdachte Evaluierung erfolgen, die ein echtes Stimmungsbild aus Sicht der Betroffenen erfasst. Denn die Evaluationsmethoden sind keine fertigen Instrumente, sie müssen je nach Situation maßgeschneidert oder angepasst werden. Gerade im Bereich der Behindertenpolitik sollte es uns das wert sein, besonders im Hinblick auf die zu ziehenden Konsequenzen. Wir können sonst schnell ein falsches Bild erhalten bzw. ein falsches Bild vermitteln. Ich sage es Ihnen so, wie es ist, wie ich es sehe, mir ist es tausendmal lieber, ich warte eine Zeit länger auf den Bericht und habe dann ein Papier in der Hand, das sein Geld - wie man so schön sagt - auch wert ist, als jetzt mit dem Kopf durch die Wand zu gehen und darauf zu drängen, es muss nun bitte bis nächstes Jahr fertiggestellt sein und den Informationsgehalt können wir ein bisschen vernachlässigen bzw. man stellt dann verwundert fest, dass leider doch nicht alles Wesentliche erfasst werden konnte und fängt womöglich von vorne an oder bessert in wesentlichen Punkten nach. So geht es weiter zum sogenannten Normencheck, der auch wieder jetzt sofort alle Gesetze, Vorschriften und Verwaltungsakte der Vergangenheit überprüft haben möchte. Sagen Sie bitte nicht, dass von „sofort“ keine Rede war. Die Debatte im Ausschuss hat klar und deutlich gemacht, dass genau das Ihnen vorschwebt. Ich war selbst nicht dabei, ich musste das nachlesen. Ihre Worte waren, dass man jetzt anfangen muss, jetzt sofort, und nicht erst in Monaten oder gar in einem Jahr. Das machen wir übrigens, indem wir alle Gesetze und Rechtsverordnungen, die auslaufen, unter diesen Gesichtspunkten auf den Prüfstand hinsichtlich der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen stellen lassen. Damit fangen wir erst jetzt an. Genau genommen haben wir das bereits seit einigen Jahren im Gleichstellungsgesetz, siehe § 9, auch verankert. Da Ihnen, meine Kollegen der Linkspartei, das zu lange dauert, kann ich nur feststellen, Sie wollen die Überprüfung jetzt sofort und für alle Gesetze, Richtlinien, Vorschriften und Verwaltungsakte. Gedanken über das Wie, wie wir das erreichen, braucht man sich als Opposition ja nicht zu machen. Das, was Sie fordern, wird aber schlicht nicht möglich sein. Egal, fordern kann man es erst einmal und dann schauen wir mal. Sollten hingegen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Rechtsnorm gegen die UN-Konvention verstößt, ist diese für sich genommen allerdings sehr wohl umgehend zu prüfen und da sind wir klar beieinander. Aber das braucht auch seine Zeit und das hat mit Ausflüchten überhaupt nichts zu tun. Ebenfalls vorpreschen möchten Sie mit einem Landesaktionsplan zur Umsetzung der Konvention, ohne auf den nationalen Aktionsplan zu warten. Nur weil dies in Rheinland-Pfalz so gehandhabt wird, reicht

für mich persönlich nicht als Begründung.

Zu bedenken ist, dass die UN-Konvention nicht nur klassischerweise Basis für Eingliederungshilfe, Pflege und Betreuung ist, sondern vielmehr auch Maßstab für die gesamte Gesetzgebung, sofern sie Menschen mit Behinderungen betrifft und überhaupt jedes Rechtsreformvorhaben sein muss, will man uneingeschränkte Teilhabe in allen Bereichen des Lebens und selbstbestimmte Lebensführung erreichen. Es ist sinnvoll, angesichts der Vielfältigkeit und des Anspruchs in dieser Frage auf einen nationalen Aktionsplan zu warten und anschließend entsprechende Konsequenzen für den Freistaat zu ziehen. Im Übrigen wird am Ende dieses Jahres das Gleichstellungsgesetz evaluiert. Wir wollen hierin besonders die Betroffenen und deren Organisationen im Rahmen eines Fachforums - sie haben es schon angesprochen - einbeziehen. Wir wollen gerade hier die Erfahrungen und Wünsche des Behindertenbeauftragten unbedingt mit einbeziehen. Auf diese Weise können wir zu einer ordentlichen Umsetzung der UNKonvention kommen. Sie wollen doch sonst immer, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine möglichst breite Debatte. Es verwundert mich schon, dass Sie ausgerechnet hier - ich habe es schon gesagt - mit dem Kopf durch die Wand und eine schnelle losgelöste Entscheidung herbeiführen wollen.

(Beifall CDU)

Generell ist es uns wichtig, dass auch der Landesaktionsplan nicht an den Betroffenen vorbei geregelt wird. Sie sollen, wie es die Konvention auch vorgibt, bei dem gesamten Umsetzungsprozess und der Erstellung des Berichts intensiv alle mit einbezogen werden. Dies haben wir alles in unserem Alternativantrag so festgehalten und bitten deshalb um Zustimmung des Hohen Hauses für unseren Alternativantrag. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Günther. Als Nächster spricht der Abgeordnete Kemmerich von der FDPFraktion.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe wenige Gäste, bei dem Antrag der LINKEN soll der Eindruck erweckt werden, dass wir mit einem Papier diese Probleme lösen. Nach unserer Auffassung ist das zu kurz gedacht, zu kurz gesprungen. Die Fragen, die einer Lösung bedürfen, sehen wir als permanenten Prozess und als permanenten Dialog mit den Leuten, die betroffen sind.

Der Eindruck, der immer erweckt wird, dass wir alle hier besser wissen, was den behinderten Menschen in Thüringen und in der ganzen Republik gut tut, den möchten wir zerstreuen. Wir müssten mit diesen Leuten diskutieren und das, wie gesagt, nicht in einem Fachforum - damit insoweit zum Alternativantrag - sondern in einem permanenten fortdauernden Dialog. Denn wir halten die dauerhafte Integration dieser Menschen für einen nicht endenden Prozess, auch nicht einen festzuschreibenden Status quo, weil das Leben entwickelt sich weiter, unser Umfeld entwickelt sich weiter, insofern werden täglich neue Voraussetzungen auf uns zukommen, diesen Prozess offenzuhalten und Möglichkeiten für diese Menschen zu finden, sich weiter und weiter an diesem Leben zu beteiligen.

Eine Momentaufnahme mag zwar diesen Moment treffen und beschreiben, aber es wird die Leute dauerhaft nicht zur Verfügung stellen. Wir haben schon in der Debatte im Dezember angemahnt - und ich denke, das ist bei Frau Taubert in guten Händen -, dass wir das nicht von oben nach unten entwickelt wissen wollen, sondern von der Basis ins Gesetzgebungsverfahren, in Umsetzungsprozesse, die wir interdisziplinär sehen und nicht beschränkt auf ein Papier. Daran werden wir gerne mitarbeiten. Wir werden den Antrag der LINKEN ablehnen und uns sicherlich bei dem Antrag der Koalition enthalten, weil wir den Prozess als nicht endlich ansehen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Frau Abgeordnete Siegesmund zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kemmerich, das waren ja gerade epochale Anmerkungen zur Frage, wie wir die Gleichstellung von Behinderten in Thüringen verbessern.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich mag ja an vielen Stellen verstehen, dass die FDP sagt, selbstregulierende Kräfte würden vieles heilen. Aber wenn es darum geht, den Schwachen zu helfen, dann funktioniert Ihr Mechanismus nicht. Und ich hoffe, dass Sie das gerade in der Sozialpolitik lernen, und bin sehr gespannt darauf, wie der Gleichstellungsausschuss diese Themen zukünftig behandelt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Antrag oder zu den Anträgen: Ich glaube, als wir im Dezember letzten Jahres im Plenum zum ersten Mal über den Antrag der LINKEN zur UNKonvention über die Rechte behinderter Menschen gesprochen haben, da bestand hier im Plenum große Einigkeit darin, dass wir einen umfassenden Handlungsbedarf haben. Umso mehr wundert es mich schon, wenn ich höre, dass wir doch jetzt bitte mal auf die Bremse treten müssen, denn es sei ja vieles noch unklar. Ich bin Herrn Günther sehr dankbar für die Ausführung, dass er gesagt hat, die UN-Konvention an sich sei ein Meilenstein. Ich bin Herrn Günther auch sehr dankbar dafür, dass er sagt, Teilhabe gerade von Menschen mit Behinderung liegt uns sehr am Herzen. Und die Ausschussbeteiligung in Form von Frau Ministerin Taubert hat uns auch gezeigt, nicht nur, dass die UN-Konvention an sich ein großes Gewicht hat, sondern dass sie auch in der Umsetzung eine sehr differenzierte Beanspruchung von uns allen benötigt. Ich glaube, da sind wir uns alle völlig einig, das ist auch nicht mein Punkt.

Jetzt hat Frau Stange zu Recht die Frage in den Raum geworfen, was ist eigentlich alternativ am Regierungsantrag. Frau Stange, der ist weder alternativ, und da ist auch keine Lyrik drin, das ist einfach ein Zusammenstampfen auf wir prüfen mal, wir gucken mal und wir haben fünf Jahre Zeit. Ich sage Ihnen ganz deutlich, so kann es nicht gehen. Es kann nicht sein, dass wir uns fünf Jahre Zeit dafür lassen, einzuschätzen, wie wir in Thüringen mit dieser Konvention umgehen. Ich finde, dass wir uns das nicht leisten dürfen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die UN-Konvention verlangt ja nicht nur punktuelle Veränderungen, es geht um ein grundsätzlich neues Verständnis von Gleichstellungs- und Sozialpolitik, wenn wir Menschen mit Behinderung betrachten. Bei einzelnen Problemstellungen möge es - und da stimme ich Ihnen sogar zu - so sein, dass die vorliegenden Informationen, die wir bis jetzt haben, nicht ausreichen. Natürlich brauchen wir Wissen darüber, wie die Situation im Einzelnen ist und natürlich müssen wir uns genauer anschauen, wo genau Regelungsbedarf herrscht. Da stimme ich Ihnen völlig zu. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere der Koalition, als Politikwissenschaftlerin weiß ich ziemlich genau, wie lange man braucht, um eine gute Evaluation zu machen, wie lange man daran sitzen muss, sich ein Forschungsdesign auszudenken, wie so eine Struktur sein muss. Ich darf Ihnen versichern, so etwas ist in 14 Monaten möglich. Es ist nicht in Ordnung, dass Sie in Ihrem Antrag

schreiben, man brauche dafür eine gesamte Legislaturperiode. Wo ich Ihnen zustimmen muss, ist, dass Sie selbstverständlich alle Beteiligten, die betroffen sind, einbeziehen müssen. Das ist überhaupt keine Frage. Dieses Datum, was DIE LINKE in dem Antrag vorgeschlagen hat, haben wir uns doch nicht ausgedacht, im Gegenteil, es kommt aus dem außerparlamentarischen Bündnis für die Gleichstellung behinderter Menschen, die übrigens mitarbeiten wollen und viele andere Bündnisse auch, genau die haben doch diese Konvention bereits längst bewertet. Es ist doch nicht so, dass das völlig aus heiterem Himmel über uns hereinbricht. Ich verstehe nicht, warum Sie es auf die lange Bank schieben und ich bedaure im Übrigen sehr, dass allein aus parteiprogrammatischen Gründen der Antrag der LINKEN dann so abgelehnt wird beziehungsweise so kleingeredet wird. Ich fand diesen deutlich differenzierter. Natürlich gab es an dieser und jener Stelle Dinge, die wir auch als GRÜNE nicht mittragen würden, aber was wir jetzt hier haben mit dem CDU-Antrag ist ein Rückschritt und ich bedaure das sehr.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will zum Schluss kommen und sagen, wie wir uns verhalten, auch wenn es - sagen wir mal - eine Berichtskultur ist, die Sie jetzt bei dem Thema einführen, die ich grundsätzlich für äußerst bedenklich halte. Ich bin mir auch sicher, 100-prozentig, dass Ihnen das Thema so am Herzen liegt, dass Sie es eigentlich auch schneller wollen würden. Wir werden uns bei dem Antrag der Koalition enthalten, weil es zumindest ein kleiner Schritt ist. Es ist weit weg vom großen Wurf, es ist weit weg von dem, was andere Bundesländer, übrigens auch unter CDU-Regierung, bereits dazu gemacht haben, aber es ist immerhin ein kleiner Schritt. Deswegen Enthaltung unsererseits. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Künast zur Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Sie können sicher sein, die SPD-Landtagsfraktion wird dafür Sorge tragen, dass die UN-Konvention in konkrete Politik umgesetzt wird.

(Beifall SPD)

Wirksame Politik, Politik im Interesse behinderter Menschen aber setzt Dialog und letztlich auch gute handwerkliche Arbeit voraus, Kommunikation mit den Akteuren und natürlich ständige Einbeziehung der Betroffenen. Wer all das ernst nimmt, der braucht Zeit und der braucht auch Fakten. Ich denke, diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen nehmen diesen Auftrag sehr ernst. Die Landesregierung wird sich mit den Kommunen und den Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen abstimmen, sie wird sich aktiv einbringen in die Erarbeitung und schließlich Verwirklichung des nationalen Aktionsplanes. Frau Ministerin hat bereits ihre Rede im Dezember 2009 im Fahrplan für einen fundierten Bericht zur Situation behinderter Menschen vorgegeben. Dieser Zeitplan sieht ausdrücklich eine intensive Beschäftigung mit der Thematik unter Einbeziehung von externem Sachverstand vor. Immer wird es um die Beteiligung der betroffenen Menschen und ihre Organisationen gehen. Das ist der Stil, der die Sozialpolitik in Zukunft prägen wird.

Wesentliche Voraussetzung für mögliche Aktivitäten der Bundesländer ist nun einmal, dass zunächst der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung vorangetrieben wird. Das vermeidet Doppelarbeiten. Erst in der Folge werden mögliche Konsequenzen für die Länder und auch damit für uns hier in Thüringen deutlich werden.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Die SPD in Rheinland-Pfalz hat …)

Meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, Sie fordern einen Norm-Check aller in Thüringen geltenden und geplanten rechtlichen Regelungen auf Vereinbarkeit mit der Bestimmung der UN-Konvention.

(Beifall DIE LINKE)

Sie weisen dabei auf das Gleichstellungsgebot zugunsten behinderter Menschen in Artikel 2 Abs. 4 der Verfassung des Freistaats Thüringen hin. § 9 des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen vom 16. Dezember 2005 sieht aber diese grundsätzlichen Aufgaben bereits vor. Auch die Verpflichtung von Behörden und Dienststellen des Landes und der Kommunen zur Umsetzung von Gleichstellung und Barrierefreiheit ist ebenfalls bereits im vorgenannten Gesetz in § 6 verankert. Sie fordern bereits eine Entscheidung über die Notwendigkeit einer systematischen Untersuchung der Umsetzungsaktivitäten.

Frau Abgeordnete Künast, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Kubitzki?

Nein.

Aber wir können doch nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen.

Noch einmal: Wenn wie auf Bundesebene Weg und Ziel zur Umsetzung klar sind, dann wird auch der Handlungsbedarf für Thüringen ersichtlich. Selbstverständlich wird in der Folge dann auch das Land die Kommunen bei der Umsetzung der UN-Konvention unterstützen. Wenn wir Schritt für Schritt vorangehen, dann gilt es zunächst und vor allen Dingen, das Behindertengleichstellungsgesetz zu novellieren. Zumal das Gesetz - mein Kollege sagte es schon - ohnehin in dieser Legislaturperiode außer Kraft tritt, nämlich am 31. Januar 2011.

Auch da gilt, die Überprüfung von dessen Wirksamkeit setzt eine Auswertung voraus, natürlich maßgeblich unter Beteiligung der behinderten Menschen und ihrer Verbände. Denn diese sind die Experten in eigener Sache. Ich bin überzeugt davon, dass Sie bei allen berechtigten Anliegen, bei all ihren Erfahrungen dennoch die Handlungsmöglichkeiten und Grenzen öffentlicher Haushalte im Blick haben werden.