Meine sehr geehrten Damen und Herren, beides ist nicht der Fall. Es ist nicht der Fall, dass uns eine Novellierung, eine rechtssichere Novellierung, eine moderne Neufassung beider Gesetze vorliegt. An dieser Stelle muss ich die Landesregierung schon fragen, wieder fragen: Was machen Sie eigentlich, wenn nicht Ihre Arbeit und wozu stehen Sie eigentlich, wenn nicht zu Ihren Aussagen?
Deswegen bin ich auch in der Kritik, auch wenn es sich um ein - da haben Sie völlig recht, Herr Kubitzki - sehr sensibles Thema handelt. Ich will das aber nicht so moderat formulieren, wie Sie das eben vorgetragen haben, sondern sage das mal sehr deutlich: Es kann nicht sein, dass ein Gesetz, was sogar nach Aussagen von Herrn Dr. Hartung der Reform bedarf, hier einfach durchgewunken und entfristet wird. Wenn wir doch alle wissen, dass es einen Reformbedarf gibt und wir es modernisieren müssen, dann kann man dem doch nicht einfach zustimmen. Deswegen sage ich auch, ein modernes rechtssicheres Gesetz ist das Mindeste, was wir von der Landesregierung erwarten können. Es liegt nicht vor und es gibt an zahlreichen Stellen auch tatsächlich Grund zur Kritik an diesem Gesetz.
Es gibt auch Grund zur Kritik am Vorgehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. In Baden-Württemberg hat sich die Novellierung des PsychKG in den vergangenen Monaten hingezogen und wurde begleitet von einem ganz umfassenden Diskussionsprozess, einem umfassenden Diskussionspro
zess nach dem Prinzip des Gehörtwerdens. Da wurden über 100 Vertreterinnen und Vertreter, betroffene Ärzte, Kassen, Angehörige, die kommunale Ebene, mit einbezogen. An dieser Stelle sogar auf die Verweisung an den Ausschuss zu verzichten, so dass wir Fachpolitiker - und nach sechs Jahren, da gebe ich Ihnen recht, eine Evaluation täte dem Ganzen gut -, dass wir uns dessen auch annehmen können, dass wir da ernsthaft diskutieren können, das vermisse ich sehr. Wir sehen also nicht nur das Problem dabei, dass das Gesetz unkritisch entfristet werden soll, sondern wir sehen zweitens ein Problem damit, dass erste und zweite Lesung zusammen geführt werden. Das finde ich sehr schade, auch wenn ich es ausdrücklich begrüße, dass es 2008 den parteiübergreifenden Konsens gegeben hat, das ist gut, das ist richtig, gerade bei diesen sensiblen Themen.
Ich will Ihnen sehr gern drei Punkte nennen, die wir auch in der Debatte wichtig finden. Das eine ist ein transparentes Hilfesystem, weil eben Menschen mit psychischer Erkrankung und den enormen Auswirkungen im Alltag an vielen Stellen immer noch nicht individuell ausreichend versorgt werden können; die Frage ambulant und stationär war schon im Raum. Es geht um die Stärkung der Patienten- und der Angehörigenrechte, darüber müssten wir diskutieren, übrigens auch die Frage Zwangsbehandlung. Das alles sind sehr sensible Punkte, die am Ende aber vor allen Dingen eins in den Mittelpunkt rücken sollten, dass diese Menschen auch das Recht haben, die größtmögliche Unterstützung dabei zu bekommen, zum einen eine selbstständige Lebensführung wahrzunehmen, zum anderen aber auch innerhalb der Gesellschaft einen Platz finden müssen, so dass alle miteinander gut leben können und auch Gefahr für sich selbst und ihre Umwelt ausgeschlossen sein kann. Wir brauchen einen breiten Beteiligungsprozess und alleine in der Debatte zu dem Gesetz vermisse ich den. Deswegen kann ich Sie auch heute nur auffordern, der Entfristung bzw. der Verweigerung der Debatte im Ausschuss nicht einfach zuzustimmen, sondern das noch mal zurückzustellen, damit wir uns entsprechend die Zeit nehmen können. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Vertreter der Landesregierung. Ich glaube, es ist in der Tat wichtig, dass die Landesregierung auch bei dem eigenen Gesetzentwurf vorhanden ist und wir freuen uns, glau
Vielen Dank. Wir haben es schon einmal gehört, es gab im Jahr 2012 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Änderungen im Gesetz vorschreibt. Jetzt sind wir in Thüringen - Ländergesetzgebung. Es gab ein Gutachten von dem Verfassungsrechtler Thomas Würtenberger, der ja zu einzelnen Punkten Nachbesserungsbedarf sieht. Ein Beispiel: Wer darf zusätzliche Freiheitseinschränkungen nach Verbüßung der Strafe, zum Beispiel Einschließung, anordnen? Das ist ein Punkt, den er angesprochen hat, es gab noch ein paar andere Punkte. Deswegen besteht aus meiner Sicht, aus unserer Sicht schon Nachbesserungsbedarf.
Ich möchte eine Pressemitteilung von der Deutschen Presseagentur vom 17. Januar 2013 zitieren, Frau Präsidentin. Dort heißt es: „Thüringens Sozialministerin Heike Taubert zeigte sich den Vorschlägen gegenüber aufgeschlossen,“ - also den Vorschlägen des Verfassungsrechtlers Würtenberger „allerdings seien viele Details noch offen.“ - sagte sie. „Diese sollen nun“ - jetzt bitte ich um Aufmerksamkeit - „mit den Trägern des Maßregelvollzugs sowie im Landtag diskutiert werden. Zur Umsetzung der Vorschläge von Würtenberger seien auch Gesetzesänderungen nötig, sagte Taubert. Sie wolle die Nachbesserungen bis zum Ende diesen Jahres auf den Weg bringen.“ Also ist es doch nicht ganz so, wie Kollege Hartung uns das hier weismachen will, alles ist im Fluss, alles ist gut und wir haben viel Zeit. Zumindest sehe ich da Gesprächsbedarf zwischen dem zuständigen Ministerium und der SPD-Fraktion, weil die Meinungen dort scheinbar auseinandergehen.
Mich würde schon einmal interessieren, welche Meinung denn jetzt gilt. Ich habe auch noch nicht von der CDU-Fraktion gehört, wie sie den Sachverhalt sieht. Auch das wäre für mich mal interessant.
Fakt ist eins, die Ministerin hat versprochen, bis Ende des Jahres Änderungen vorzunehmen, einen geänderten Gesetzentwurf vorzulegen. Wir stellen fest, es liegt kein neuer Gesetzentwurf vor, es gibt keine neuen Änderungen.
Nein, es liegt nur ein Gesetzentwurf vor, den bestehenden zu entfristen und zu schauen, wann auch immer der Sankt-Nimmerleins-Tag ist, uns einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen. In dem Zusammenhang möchte ich schon einmal im Vorfeld darauf hinweisen, auch wir werden, wenn auch mit Bauchschmerzen, der Entfristung zustimmen. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, auch im Gesetzentwurf jetzt zur Entfristung steht „unbefristete Geltungsdauer“, das ist für mich auch noch ein Kritikpunkt. Denn wenn ich die Ankündigung, noch in diesem Jahr einen neuen geänderten Gesetzentwurf hier im Landtag einzubringen, noch einmal nachvollziehe, den wir nicht haben, dann weiß ich nicht, wie lange es dann dauert, einen neuen auch mit den vorgeschlagenen Änderungen des Gutachtens hier vorzulegen. Schon deswegen sehe ich den Begriff „unbefristet“ bei der Lösung dieses Gesetzentwurfs sehr kritisch.
Eines will ich Ihnen auch noch einmal sagen: Es kann nicht sein, dass Menschen, die der Gesetzesregelung bedürfen - übrigens vielen Dank, dass Sie meine Uhr nicht mitlaufen lassen, da kann ich noch ein bisschen länger reden. Ich möchte es noch einmal ganz kritisch anmerken: Wenn der Gesetzgeber Regelungsbedarf erkennt, sich in der Öffentlichkeit äußert, den auch bis Ende des Jahres vorzulegen im Interesse der Betroffenen, aber auch im Interesse derer, die mit der Durchführung des Maßregelvollzugs und angeschlossenen Maßnahmen tätig sind, denn auch für sie ist es eine rechtliche Unsicherheit, wie sie in Zukunft damit umgehen, dafür halte ich eine einfache Befristung - denn wir haben es nicht geschafft oder wie auch immer - für völlig daneben. Ich appelliere hier noch einmal an die jetzt zahlreicher vertretenen Mitglieder der Landesregierung, sich des Problems wirklich ernsthaft anzunehmen und zeitnah im Interesse der Betroffenen eine Lösung hier im Landtag vorzuschlagen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Sie hätten noch drei Minuten gehabt. Es gibt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Kubitzki von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Siegesmund, was heißt hier, ich bin moderat mit dieser Sache umgegangen? Klar hätte ich hier in den Saal schleudern können, die Landesregierung hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Die hat sie nicht gemacht, es ist so. Das kann ich so ausdrücken oder so ausdrücken. Aber ich muss Ihnen sagen, wir stimmen diesem Gesetz zu, und zwar deshalb, was Herr Koppe gesagt hat,
ab dem 31.12. hört das Gesetz auf und es ist sowohl für die Betroffenen dann keine Lösung da, aber auch für die, die das bisherige Gesetz handhaben mussten, ist keine Lösung da. Das wäre eine Rechtsunsicherheit und das wäre ein rechtsfreier Raum und das möchte ich einfach den Ärzten nicht zumuten und auch den Kranken möchte ich das nicht zumuten. Deshalb stimmen wir der Entfristung zu, mit allen Kritikpunkten, die ich gesagt habe. Ich sage, so viel Idealismus habe ich nicht mehr, lieber Marian Koppe, dass sie das dieses Jahr noch in den Griff bekommen. Aber ich sage, wir brauchen noch in dieser Legislatur dieses Gesetz und so zeitig wie möglich, denn so ein wichtiges Gesetz darf nicht Bestandteil eines Wahlkampfes werden. Das sage ich an dieser Stelle auch.
Was wir erreichen müssen, ist - und das ist eine Aufforderung an die Landesregierung -, bei diesem Gesetzentwurf genauso vorzugehen, wie wir das in der letzten Legislatur gemacht haben. Wir brauchen hier einen breiten Konsens gerade für die, die in diesen Einrichtungen sind, die Menschen, um die es geht, aber auch für die Menschen brauchen wir Rechtssicherheit, die mit diesem Gesetz umgehen müssen. Danke.
Danke schön. Ich sehe keine Wortmeldungen mehr seitens der Abgeordneten. Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Dr. Schubert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte auf einige Punkte eingehen, die hier vorgetragen worden sind. Wir haben es mit einer ziemlich schwierigen Materie zu tun, aus zwei Gründen, einmal die Frage, wie man heutzutage gegen den Willen von Betroffenen Zwangsmaßnahmen ergreifen kann. Da hat sich in den letzten Jahren die Rechtsprechung massiv verändert und darauf muss reagiert werden. Das Zweite ist das ganze Thema Maßregelvollzug. Die Sonderlösung, die wir in Thüringen haben, mit der kompletten Privatisierung, die in vielen Bundesländern so nicht erfolgt ist, und dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht zu einem Fall in Hessen eine Entscheidung getroffen, auf die wir reagieren müssen. Da ist es eben nicht so einfach, dass man irgendwann mal ein Gesetz schreibt und das dann auf den Weg bringt, sondern dann muss man das sehr intensiv diskutieren und sichergehen, dass die Regelung, die wir dann treffen werden, auch so rechtssicher ist, dass sie lange Zeit Bestand hat. Deshalb haben wir uns mit der Erarbeitung des Gesetzes auch ein Stück weit Zeit gelassen, mit Betroffenen diskutiert, also mit den Einrich
Mittlerweile ist es aber so - das haben wir ja schon diskutiert -, dass das Gesetz, also das PsychKG, am Jahresende ausläuft. Deshalb müssen wir, um Rechtssicherheit zu haben, erst einmal das Gesetz verlängern. Es ist überhaupt nicht unsere Absicht, dass dann irgendwo liegen zu lassen und zu sagen, na ja, das interessiert uns eigentlich jetzt gar nicht, sondern wir werden in Kürze ein Maßregelvollzugsgesetz vorlegen. Wir haben den Gesetzentwurf fertig, der ist gerade in der Ressortabstimmung innerhalb der Landesregierung. Auch das ist nicht ganz einfach, denn es geht um mehr Stellen, die hier gebraucht werden. Sie kennen das alle, das haben wir im Ausschuss diskutiert; es ist ja nicht so, dass wir heute das erste Mal über das Thema reden. Wir haben im Ausschuss das Gutachten von Prof. Würtenberger vorgestellt und darin steht, dass Zwangsmaßnahmen nur noch demokratisch legitimiert durchgeführt werden dürfen. Das heißt, dass dort Beauftragte sein müssen, das heißt, wir müssten dort Stellen schaffen in den Einrichtungen usw. Das ist alles nicht so ganz einfach und muss miteinander abgestimmt werden, aber wir sind da auf einem guten Weg. Ich denke, dass wir das in den nächsten Wochen so weit hinbekommen, dass wir damit auch ins Kabinett können, aber wir schaffen es eben nicht mehr bis Jahresende durch den Landtag.
Unser Ziel ist ganz klar, dass wir das Maßregelvollzugsgesetz in dieser Legislaturperiode noch neu machen können. Das liegt natürlich dann am Landtag, da will ich nicht vorgreifen, aber wir als Landesregierung haben das fest vor.
Ich bitte erst einmal darum, dass wir jetzt dieses Gesetz hier entfristen und dann wirklich mit aller Sachlichkeit an das Maßregelvollzugsgesetz gehen.
Das PsychKG, was dann noch übrig bleibt, ist noch mal ein anderes Thema. Auch da habe ich vorhin gesagt, bei den Zwangsmaßnahmen ändert sich die Rechtsprechung, da sind wir jetzt gerade dabei, mit Fachleuten zu diskutieren, wie man damit überhaupt noch umgehen kann. Das kann noch Folgen haben, die wir alle noch gar nicht absehen können, was da in Zukunft auf uns zukommt in diesem Bereich in der Psychiatrie; auch bei dem Fall Mollath, der genannt worden ist, ist es so gewesen. Das heißt, auch hier haben wir noch erheblichen Diskussionsbedarf.
Ich wollte kurz auf Herrn Kubitzki eingehen, auf die Frage des Kaufs der Teile der Krankenhäuser aus der Rhön-Klinik durch Helios. Uns ist selbst nicht ganz klar, ob der Maßregelvollzug davon betroffen ist. Ich habe die Klinik angeschrieben und warte auf eine Antwort, wie das nun der Fall ist, weil das gegen den Vertrag verstoßen würde. Da muss man
sehen, wie wir damit umgehen. Aber das wissen wir momentan noch nicht. Aber wir sind dabei, das zu erfahren. Herzlichen Dank.
Danke schön. Der Landtag hat sich bei der Feststellung der Tagesordnung darauf verständigt, dass das Gesetz heute in erster und, sofern keine Ausschussüberweisung beantragt und beschlossen wird, in zweiter Lesung beraten wird. Ich habe keine Ausschussüberweisung gehört, keinen Antrag. Bitte, Frau Siegesmund.
Gut, dann würde ich über die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abstimmen lassen. Wer für die Überweisung ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und aus der Fraktion DIE LINKE, habe ich gesehen, ja? Gut. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Es enthalten sich große Teile der Fraktion DIE LINKE. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.
Ich rufe auf die zweite Beratung. Wir eröffnen die zweite Beratung. Aussprache? Keine. Dann schließe ich und würde abstimmen lassen über den Gesetzentwurf in der Drucksache 5/6701 in zweiter Beratung. Wer ist dafür? Bitte?
Danke schön. Namentliche Abstimmung ist beantragt und ich bitte die Schriftführer, ihres Amtes zu walten.
Konnten alle Abgeordneten ihre Stimme abgeben? Ich sehe keinen Widerspruch. Dann beende ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben ein Abstimmungsergebnis zum Gesetzentwurf in zweiter Beratung. Abgegebene Stimmen 69, Jastimmen 62, Enthaltungen 7 (namentliche Abstim