Protokoll der Sitzung vom 17.10.2013

Ich bitte Sie und fordere Sie auf, sich dieser Diskussion nicht zu verweigern. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die Landesregierung hat sich Minister Dr. Voß zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben das Thema schon öfter hier im Plenarsaal diskutiert. Ich sage aber ganz bewusst, dass es - jedenfalls aus meiner Sicht - erfreulich ist, dass dieses Thema noch mal, da es ein sehr ernstes Thema ist, hier besprochen werden kann. Natürlich, der Hintergrund der damaligen Diskussion, die durch die CDU-Fraktion veranlasst wurde, war natürlich die bevorstehende Regelung in Sachsen. Wir haben das sehr tiefgehend diskutiert - mittlerweile ist es dort in der Verfassung - damals und das möchte ich durchaus appellhaft einmal hier an die linke Seite richten, ob Erfurt und Dresden mehr als 200 Kilometer entfernt sind. Herr Pidde, wenn ich so in Ihre Reihen schaue, da scheint das der Fall zu sein. Ich möchte allerdings aus meiner Sicht sagen, in anderen Regionen Deutschlands ist man da weiter. Das wird sicher auch noch bei Ihnen an die Tür klopfen,

(Abg. Barth)

dass der Ausweg der Verschuldung einmal unmoralisch ist und in Wahrheit kein Ausweg ist.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Für das Pro- tokoll: Kein Applaus bei der Koalition.)

In Wahrheit ist über diese Frage entschieden worden. Es ist Gott sei Dank im Jahr 2009 im Bundestag entschieden worden. Die Thüringer Landesregierung und dieses Parlament waren mit der Regelung in der Thüringer Haushaltsordnung sogar ein Stück weiter als die Bundesebene. Wir haben nämlich eine Regelung, die sich in meinen Augen sehen lassen kann, aber man hat Abschied genommen Herr Barth, Sie hatten es angesprochen - aus zwei Gründen: Wir haben über 2 Billionen Schulden, das ist eine Zahl mit zwölf Nullen, aber der entscheidende Grund war, wir werden weniger. Wir werden im Jahr 2060/2065 je nach Zuwanderung etwa 15 Mio. Einwohner verlieren. Da war klar, dass man hier die Halteleine ziehen musste. Und es ist im Kern richtig, die Politik hat sich ein Instrument selbst aus der Hand genommen und hat sich insofern misstraut. Das war auch richtig bei 2 Billionen € Schulden,

(Beifall FDP)

dass die Politik sich dort misstraut hat. Das ist also der Kern. In Wahrheit geht es doch wirklich nur um ein Signal dieses Landtags. Nämlich eines ist klar, solange zumindest die CDU-Seite etwas zu sagen hat, werden wir sowieso keine Schulden mehr aufnehmen, das ist vollkommen klar.

(Beifall CDU, FDP)

Das ist ja vollkommen klar.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Sie wissen nicht, was wir machen.)

Wenn wir aber im Jahre 2018 sind, dann sind wir zwei Jahre vor der Grundgesetzgültigkeit. Dann dürfen Sie es nicht mehr, Sie sind jetzt schon verpflichtet, auf diese Situation zuzusparen. Also frage ich Sie allen Ernstes, warum bewegen Sie sich nicht, dieses Signal an die Bevölkerung zu geben?

(Beifall FDP)

Es ist mir - auch aus Vernunftgründen - einfach schleierhaft. Es gibt kein Schlupfloch mehr. Sie sind auf eine Koalition angewiesen, das ist klar. Solange es die schwarze Seite ist, gibt es auch keine Schulden mehr. Ganz einfach.

Sie merken, ich appelliere und trete auch emotional dem Grundsatz der FDP bei. Ich habe aufmerksam eine Umfrage mitbekommen, kurz nach der Bundestagswahl, was denn die Bundesbürger von einer neuen Bundesregierung erwarten und was in Angriff genommen werden soll. Das war eine kleine Meldung, eigentlich hätte man sie groß machen müssen. Es waren weit über 90 Prozent der Bun

desbürger, die gesagt haben: Ran an den Schuldenberg, keine neuen Schulden, sondern Schuldenabbau.

(Unruhe DIE LINKE)

Kurz vor der Frage Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ja, das war das Umfrageergebnis.

(Zwischenruf Abg. Jung, DIE LINKE: Die Fra- gestellung würde ich erst einmal lesen.)

Aber es war das Umfrageergebnis. Ich denke, diese Frage der Schulden bedrückt doch die Bevölkerung, sonst würden Sie nicht so votieren, übrigens auch hier in Thüringen. Herr Huster, Sie hatten gefragt, wie ich es mir denn vorstellen kann, warum der Bund sein Grundgesetz erst - ab 2016 darf er nur noch 0,35 Prozent Schulden machen. Das hat der Bund schon im Jahre 2012 erreicht. Diese Bestimmung hat er schon 2012 erreicht, eingehalten und warum es jetzt bis 2015 dauert und einige Länder eben weiterhin Schulden machen. Da muss ich Ihnen schon sagen: Diese Mär der allgemeinen Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte stimmt einfach nicht.

(Beifall FDP)

Sie können einfach uns als Beispiel nehmen. Die Bremsspur ist nicht so dramatisch. Sie können das Land Sachsen nehmen, Sie können das Land Bayern nehmen,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Bayern kön- nen wir nehmen, darüber können wir reden.)

Sie können auch das Land Mecklenburg-Vorpommern interessanterweise nehmen. Die haben pro Kopf der Einwohner alle nicht mehr, aber auch nicht weniger in der regulären Finanzierung wie die Länder, die noch kräftig Schulden machen. Da ist es schon eine Frage des Willens und, ich würde auch sagen, der inneren Konfliktbereitschaft von bestimmten Personen, dass man so etwas ins Werk setzt.

(Beifall FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Kuschel?

Ich bin gleich fertig, ich komme dann zum Abschluss.

Natürlich bekommt man das hin, wenn man will. Die Frage, dass ich Steuern erhöhen muss, weil ich von einer allgemeinen Unterfinanzierung ausgehe, das ist der einfache Weg. Das ist richtig. Aber solange wir doch noch Spielräume haben, solange wir die Dinge noch nicht wirklich effektiviert haben, muss auch die Landesverwaltung, muss auch eine Regie

(Minister Dr. Voß)

rung solche Synergieeffekte heben und sich Spielräume verschaffen. Eine Steuererhöhung darf in dem Sinne nur eine Ultima Ratio sein. Ich sage einmal: Solange es Länder gibt, die eben mit der gleichen Finanzausstattung pro Kopf der Einwohner nicht nur keine Schulden machen, mit denen dann die nächste Generation belastet wird, sondern abbauen, tilgen. Der Föderalismus ist auch dafür da, sich vielleicht an den Besten zu orientieren. Deswegen haben wir den Föderalismus.

(Beifall CDU, FDP)

Da kann ich der Frau Kraft eine Reise zu Herrn Seehofer empfehlen. Das ist alles machbar. Steuererhöhungen sehe ich da überhaupt nicht.

Herr Kuschel, jetzt habe ich Sie vergessen. Nein, wie konnte mir das passieren? Nun fragen Sie und dann ist auch Schluss.

Ein bisschen langsam hier, Sie sind also fertig, Herr Minister. Gut. Sie haben indirekt schon die Antwort gegeben, dass der Herr Kuschel Ihnen eine Frage stellen darf. Herr Kuschel, Ihre Frage bitte.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, können Sie noch einmal kurz dem Landtag Ihre Position zu den sogenannten versteckten Schulden, also unterlassene Investitionen in der Infrastruktur und dergleichen, darlegen und ob es nicht sehr populistisch ist, einerseits einen schuldenfreien Haushalt zu fordern und andererseits aber die Verschuldung in der Infrastruktur aufwachsen zu lassen, ob da Thüringen, wenn 66 Prozent der Landesstraßen in einem desolaten Zustand sind, wirklich einen ausgeglichenen Haushalt hat?

Sie denken noch in Haushalten, die schon lange abgeschafft worden sind, nämlich in ökonomischen Gesamthaushalten, die existieren nicht mehr. Wir reden hier über Haushalte der Landesregierung und das, was wir tun können.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ja, Sie unterlassen Investitionen in Straßen.)

Aber Sie wollen im Sinne des volkswirtschaftlichen Haushalts ein schwammiges Bild. Ich will Ihnen mal etwas von versteckten Verschuldungen sagen. Wir haben versteckte Verschuldung in fast noch einmal 2 Billionen € Höhe,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Zum Beispiel die Pensionsrückstellungen.)

allerdings für die nicht aufgebaute Versorgung für öffentliche Bedienstete. Nein, nicht 2, Entschuldigung, 1 Billion €. Es sind genau 900 und etwas Mil

lionen, die sozusagen an Anwartschaften schlummern und die bezahlt werden müssen, für die keine Vorsorge getroffen worden ist. Das sind versteckte Schulden. Da haben Sie recht. Eine Infrastruktur, die mag abgenutzt sein. Wir haben natürlich auch Investitionen in die Infrastruktur, das ist klar. Das ist auch interessant, was Sie da sagen, aber ich will jetzt nicht ins Philosophieren kommen, natürlich müssen wir die Investitionsquote im Haushalt erhöhen. Herr Kuschel, dann helfen Sie mir doch beim Personalabbau, dann haben wir das Geld.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nein, bei den Einnahmen helfe ich Ihnen.)

Das ist nämlich der Dreh- und Angelpunkt dieser ganzen Angelegenheit.

Ich glaube, ich kann die Aussprache zu beiden Gesetzentwürfen schließen und wir kommen zu den Ausschussüberweisungen.

Als Erstes stimmen wir darüber ab, den Gesetzentwurf in Drucksache 5/6721, das ist das verfassungsändernde Gesetz, an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDUFraktion. Und ich frage nach Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es eine. Eine Mehrheit hat die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen nun darüber ab, den gleichen Gesetzentwurf an den Justiz- und Verfassungsausschuss zu überweisen. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Es gibt eine Stimmenthaltung. Auch diese Ausschussüberweisung ist abgelehnt worden.

Nun kommen wir zu den Überweisungsanträgen zum Gesetzentwurf in Drucksache 5/6722 - Neufassung. Das ist das Änderungsgesetz zur Landeshaushaltsordnung. Wer dem Überweisungsantrag an den Haushalts- und Finanzausschuss seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDUFraktion. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Es gibt eine Stimmenthaltung. Da muss ich jetzt feststellen, dass diese Ausschussüberweisung abgelehnt ist.

(Minister Dr. Voß)