Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Abstellung von diskriminierenden Praktiken bei der Blutspende ist ein wichtiges Thema gewesen. Ich hatte bei der Einbringung dieses Antrags seinerzeit den Grünen bereits gedankt. Ich kann auf jeden Fall an dieser Stelle sagen, die Anhörung war sehr interessant, die war sehr aufschlussreich. Deswegen noch einmal Dank an die Grünen, die das Thema aufgebracht haben.
Ich möchte durchaus sagen, dass wir uns intensiv und sehr ernsthaft mit der Materie befasst haben. Ich glaube, da sind wir uns hier im Haus alle einig, die anwesend waren. Wir haben intensiv die Anzuhörenden befragt und das Ganze, obwohl uns eigentlich klar war, dass wir hier im Thüringer Landtag relativ geringen Einfluss auf den tatsächlichen Gang der Ereignisse in diesem Bereich haben, dass wir also sehr wohl Willenserklärungen abgeben können, aber die Entscheidungen in anderen Bereichen, vor allem auch in Fachgremien getroffen werden, und das ist auch ganz gut so. Man kann, wenn man ein Thema bearbeitet, bei dem man eigentlich selber nicht mitentscheidet, sondern nur Willensbekundungen abgibt, dieses Thema auf zwei mögliche Arten bearbeiten. Das eine ist, man tut so, als könnte man es beeinflussen, und fasst Beschlüsse, die man dann draußen entsprechend vertreten kann und mit denen man den Betroffenen tatsächlich auch ins Gesicht schauen kann. Das Zweite ist die gewisse Versuchung, der die Grünen in Teilen erlegen sind, dass man dadurch, da man sowieso nicht wirklich einen Effekt hat, gewisse Erwartungen eines bestimmten Teils des Klientels erfüllt und deswegen da Forderungen reinschreibt, die so eigentlich nicht nachvollziehbar sind. Ich will auch gleich erklären, was ich damit meine.
Im Antrag der Grünen steht im dritten Teil, dass die Landesregierung aufgefordert wird - ich zitiere mal den Punkt c -, „in geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass bei der angedachten Fristenlösung“ das heißt also die Dauer des Ausschlusses homosexueller Männer mit Risikoverhalten von der Blutspende - „maximal eine Frist von vier Monaten zu rechtfertigen ist“. Das ist jetzt mal rein semantisch schon schwierig, denn am Anfang Ihres Antrags fordern Sie, dass nur wissenschaftliche Erkenntnisse die Frage des Ausschlusses rechtfertigen dürfen. Wenn Sie aber per Antrag beschließen wollen, dass diese wissenschaftlichen Erkenntnisse keinesfalls einen Ausschluss von mehr als vier Monaten rechtfertigen können, dann sagen Sie also den Wissenschaftlern, was sie rausfinden sollen, und das
ist, Herr Dr. Augsten, für wissenschaftliches Arbeiten nicht wirklich das Aushängeschild. Deswegen finde ich rein semantisch diesen Absatz nicht sonderlich gelungen.
Gleichzeitig muss ich aber sagen, diese vier Monate hat ein einziger Anzuhörender ins Gespräch gebracht. Alle anderen waren da durchaus vorsichtiger. Ich will das mal so ein bisschen zitieren. So hat zum Beispiel der Leiter des DRK-Blutspendedienstes den Zeitraum von fünf Jahren ins Gespräch gebracht, der Herr Bruns vom Verband der Lesben und Schwulen hat von einem Jahr gesprochen und auch nicht von vier Monaten und die Frau Barz, die Virologin von der FSU, hat gesagt, ein Jahr ist ihrer Meinung nach aus wissenschaftlichen Erkenntnissen zu rechtfertigen. Der Einzige, der von vier Monaten gesprochen hat, war Herr Dr. Krause von der Haema. Wie es dazu gekommen ist, war eigentlich ein interessanter Vorgang, deswegen will ich den mal kurz erläutern, da weiß man auch, was man davon zu halten hat. Herr Krause fing seine Ausführungen damit an, dass es ganz schrecklich ist, wie viel Versicherungssumme er jedes Mal abzusichern hat, wie hoch seine Versicherungsbeiträge sind. Das hat natürlich zu diesem Thema im Gleichstellungsausschuss nicht wirklich die Leute beeinflusst. Die zweite Feststellung, die er getroffen hat, ist, dass er bei einer Aufweichung der Regelung Gefahr läuft, seine Plasmaprodukte nicht mehr weltweit ordentlich vermarkten zu können. Auch das hat uns jetzt nicht wirklich, das hat man den Fragen entnommen, in unserer Auffassung beeinflusst. Als Drittes hat er dann als positiven Effekt aufgezeigt, welch seltene Krankheiten er bei seinen Blutspenden alle testet, und auf Nachfrage ist dann, glaube ich, relativ deutlich geworden, dass diese seltenen Erkrankungen deswegen getestet werden, weil es einfach eine versicherungstechnische Relevanz hat, denn seltene Krankheiten kann man relativ leicht auf eine Blutspende zurückführen, während bei häufigen Krankheiten, wie zum Beispiel Herpes oder CMV usw., wo es eine sehr hohe Durchseuchung der Bevölkerung gibt, man davon ausgehen kann, dass der Patient sich diese hätte auch woanders geholt haben können. Also da ist dann ganz klar geworden, dass er da aus rein versicherungstechnischen Gründen diese intensive Testung dieser Orchideenkrankheiten vornimmt. Und dann hat er, nachdem er merkte, er hat einen schweren Stand, gesagt, also wenn es nach ihm ginge, könnte man schon nach vier Monaten Ausschluss die Homosexuellen zur Blutspende zulassen. Da hat er dasselbe gemacht wie Sie von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Er hat einfach in einer Debatte, wo es um nichts geht, wo er auch keine Punkte mehr machen kann, einfach was in den Raum geworfen, womit sich das vermeintliche Publikum vielleicht wohlfühlt. Das halte ich für ein schwieriges Verfahren.
Ich bin der Überzeugung, wir sollten einen Antrag beschließen, mit dem man auch als Betroffener, mit dem jeder Einzelne von uns rausgehen kann, den er vertreten kann. Ich möchte einen Antrag beschließen, bei dem ich zu meinen ärztlichen Kollegen genauso gehen kann wie zu meinen Patienten. Ich kann denen das zeigen und ich habe bei dem einen nicht die Angst, sie übertragen mit einer Blutspende eventuell HIV, bei dem anderen nicht die Angst, dass sie es bekommen. Ich möchte eine Sicherheit und das heißt, ich überlasse die Frage, wie lange ein Mensch mit Risikoverhalten, und zwar unabhängig davon, ob es ein heterosexueller oder ein homosexueller Mensch ist, ausgeschlossen werden muss von der Blutspende, den Wissenschaftlern und da ist die Kommission auf keinem schlechten Weg. Das stellen Sie auch selbst fest. Es gibt eine deutliche Verbesserung zu früher. Die Kommission wird eine Fristenlösung einführen. Ich glaube, das ist unumgänglich. Es wird zu einer Gleichbehandlung von homosexuellen und nicht homosexuellen Menschen kommen, die entsprechend am Risikoverhalten festgemacht wird. Ich glaube, das ist ein ganz großer entscheidender Schritt in die Richtung, in die wir hin müssen, nämlich, dass es überhaupt keinen Unterschied macht, welcher sexuellen Orientierung ich angehöre.
Der Punkt, den ich an dieser Stelle außerdem noch sagen möchte, ist: Natürlich kann man immer mehr wollen und natürlich kann man auch vor dem Hintergrund, dass man nicht alles durchbekommt, was man möchte, mehr fordern, als man am Ende glaubt durchzubekommen, aber ich möchte da sagen, dass diese Debatte doch sehr weit geführt hat. Ich glaube mich erinnern zu können, wie die Diskussion von unserem Koalitionspartner bei der Einbringung des Antrags war, die war doch eine relativ festgelegte. Jetzt haben wir einen Antrag, der dem in Teilen widerspricht, das heißt, es gab sehr wohl durch die Anhörung ein Umdenken beim Koalitionspartner. Das muss man auch mal erwähnen. Es gab eine Anpassung der Haltung. Dass die CDU es nicht genauso sieht wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das liegt, glaube ich, in der Natur der Sache. Dafür haben wir unterschiedliche Parteien. Dafür haben wir unterschiedliche Auffassungen. Dafür haben wir ein unterschiedliches Herangehen. Aber ich denke trotzdem, mit dem Antrag, den die Koalitionsfraktionen vorgelegt haben, haben wir einen gemeinsamen Nenner formuliert, dem sich auch andere wohlwollend anschließen können. Natürlich, das gebe ich gern zu, kann man mehr wollen, ob es sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um Ablehnung des Grünen-Antrags und Zustimmung zum Koalitionsantrag. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Hartung. Als Nächstes hat jetzt das Wort der Abgeordnete Thomas Kemmerich für die FDP-Fraktion.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Dr. Hartung, vielen Dank auch für die ausführliche Schilderung, gerade auch der Anhörung, und dann noch einmal Dank an die Experten, die, ich denke, allen Anwesenden ein sehr breites Spektrum an Aufklärung gewährt haben. Auch für Nichtfachleute ist das sehr interessant und man ist tatsächlich darauf angewiesen, dass man sich aus dem Expertenrat bedient, um hier eine politische Meinung zu fassen. Ich denke, wir haben auch bei der Einbringung des Antrags der Grünen damals schon zum Ausdruck gebracht, dass wir als FDP gegen jegliche Form der Diskriminierung sind
und dass wir sehr klar abzuwägen haben einmal das hohe Schutzgut des Schutzes des Blutspendeempfängers und natürlich auch des Diskriminierungsverbotes einzelner Gruppen ohne sachlich hinreichenden Grund. Ich will das jetzt nicht ausweiten, Sie haben das sehr gut geschildert, was Sie als Mediziner deutlich sachgerechter tun können, was also Gründe sind, um gewisse Risikogruppen doch anders zu behandeln als nicht risikogeneigte Gruppen. Das führt letztlich zu der Abwägung - und das ist der große Unterschied -, wie denn diese Rückstellfristen zu betrachten sind. Ich denke, da ist auch in dem Antrag der Koalitionsfraktionäre, dem wir uns auch anschließen werden, ein ausgewogenes Maß gefunden worden zu dem vielleicht wissenschaftlich Machbaren und es war tatsächlich nur einer, der die vier Monate forderte. Es ging so weit, dass sogar jemand sagte, fünf Jahre halte ich für angemessen, was wahrscheinlich nicht mehr State of the Art ist. Ich denke, dass wir mit einem Jahr ein ausgewogenes Verhältnis wägen zwischen dem, was wissenschaftlich machbar ist, was dem Schutz der Blutspendenempfänger auf der einen Seite dient und, wie gesagt, aber auch einer nicht überbordenden Ausgrenzung einer Personengruppe. Insofern gebe ich Ihnen da recht, meine Damen und Herren. Es zeigt sich, dass hier vor und nach der Anhörung eine wirklich ausgewogene Diskussion geführt worden ist und dass wir, ich denke, politisch auf einem guten Weg sind, was die Expertenkommission letztlich dann auch umsetzen wird, sofern wir das jedenfalls heute einschätzen können. Insofern denke ich, dass einer unsachgemäßen Diskriminierung Einhalt geboten wird, auf der anderen Seite dem Schutz des Empfängers von Blutspenden eine ausreichende Sicherheit gegeben wird. Es kam auch zur Sprache, dass Blutspende
inzwischen natürlich auch in einem europäischen, wenn nicht sogar einem globalen Kontext zu sehen ist, was Handelsaktivitäten, was die Bereitstellung von ausreichend Plasma und damit Erfordernisse für den Schutz von Leben, was die Unterstützung von Operationen, was die Unterstützung von Notfällen anbelangt - ein sehr komplexes Thema. Insofern können wir einen ausgewogenen Vorschlag hier im Plenum mit unterstützen. Wir werden den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nebst Änderungsantrag ablehnen und dem Koalitionsantrag zustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kemmerich. Als Nächster hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Frank Augsten für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Sie haben es jetzt schon mehrmals gehört, die Grünen haben am 13.03.2013 in der Drucksache 5/5838 einen Antrag eingebracht, dessen langen Titel ich jetzt nicht noch einmal wiederhole. Auf jeden Fall gab es eine ganze Reihe von Forderungen, die wir aufgemacht haben, aber ich glaube, den Kern - und das ist auch jetzt bei den Wortbeiträgen rausgekommen - kann man nachlesen unter Punkt II, Buchstabe c. Und zwar ist dort formuliert: „... eine diskriminierungsfreie Regelung zu schaffen, in der statt der sexuellen Orientierung das Risikoverhalten bei Spenden abgefragt wird und gegebenenfalls zum Ausschluss führt“. Sie sehen, wir setzen da andere Prioritäten gegenüber dem, was heute Praxis ist. Ich will aus der langen Begründung, zweieinhalb Seiten, für diejenigen, die sich da noch einlesen wollen oder die jetzt außerhalb dieses Plenarsaals interessiert zuhören, noch mal darauf hinweisen, in der Landtagssitzung am 26.04. haben wir ausführlich darüber gesprochen und haben das hergeleitet, auch Hintergründe besprochen, sind auch sehr in die Tiefe gegangen. Ich will nur zwei Fakten nennen, die vielleicht für die heutige Entscheidung wichtig sind, und zwar besagt die Lehrmeinung, dass HIV-Neuinfektionen bei Männern, die mit Männern Sex haben, hundertmal häufiger auftreten als bei Männern, die heterosexuell veranlagt sind - das ist der eine Fakt -, aber, auch das gibt die Statistik her, dass seit dem Jahr 2000 weniger Neuinfektionen durch bi- und homosexuelle Männer als durch heterosexuelle Männer nachzuvollziehen sind. Also Sie sehen, diese gruppenbezogene Orientierung ist falsch. Dieses individuelle Risiko müssen wir wesentlich stärker in den Fokus rücken.
Meine Damen und Herren, noch einmal ganz nebenbei bemerkt, als jemand, der 30 Jahre lang Blut spendet, regelmäßig und gerade in Zeiten von BSE durch Aufenthalte in England usw. auch immer mal nachgefragt hat, wir haben ganz andere Analysemethoden und können Dinge heute sicher besser machen als zu den Zeiten, als damals die Gesetzgebung, die heute gilt, auf den Weg gebracht wurde.
Meine Damen und Herren, Frau Stange hat ausführlich darüber berichtet, wie das weitergegangen ist - Überweisung an den Ausschuss, mehrere Beratungen -, und ich möchte noch einmal auf das mündliche Anhörungsverfahren zu sprechen kommen, weil das, glaube ich, für die Entscheidung, die wir heute zu treffen haben, ganz wichtig ist. Ich will, Kollege Hartung, eine andere Bewertung vornehmen, gerade bezüglich der Einschätzung der Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Ich hatte den Eindruck, dass es bei der allerersten Beratung im Gleichstellungsausschuss eine breite Zustimmung zu dem Diskriminierungstatbestand gab, übrigens nicht nur in allen Fraktionen, also auch von der FDP, sondern auch seitens des Ministeriums, die das auch unterstützt haben. Ich hatte den Eindruck, obwohl Sie da waren und immer wieder darauf hingewiesen haben, wir haben auch eine Sicherheitsund Risikodebatte zu führen, gab es doch eine sehr breite Zustimmung zu dem Diskriminierungstatbestand. Das will ich einfach nur festhalten, vielleicht kann das auch mal die Rednerin der CDU bestätigen, das jedenfalls war mein Eindruck. Dann hatten wir die Anhörung und im Nachhinein - Frau Stange hatte die Eingeladenen noch mal hier benannt - ärgern wir uns ein bisschen über die Unausgewogenheit bei den Anzuhörenden. Machen wir uns nichts vor, alle, die Anhörungen erleben, wissen natürlich, dass ein Gesamteindruck auch dadurch entsteht, welche Meinungen dort vertreten werden. Und wenn man dann weiß, dass drei Anzuhörende aus dem medizinischen Bereich kommen und ein Vertreter dann letzten Endes den Lesben- und Schwulenverband dort vertreten hat, dann kann man sich vorstellen, welcher Eindruck dort entstanden ist. Ich möchte allen Angehörten nichts Böses unterstellen, aber ich behaupte mal, dass die drei Kolleginnen und Kollegen aus dem medizinischen Bereich, bevor sie in den Landtag zur Anhörung eingeladen wurden, sich mit Diskriminierungstatbeständen in dem Zusammenhang noch nie beschäftigt haben. Also ich gehe mal davon aus, dass das quasi für sie etwas völlig Neues war als Mediziner, die dort auch Verantwortung haben und zum Beispiel auch im Versicherungsbereich dort achtgeben müssen. Das war ihnen überhaupt nicht geläufig, dass es da auch einen Diskriminierungstatbestand geben könnte, das behaupte ich einfach mal. Auf der anderen Seite würde ich auch dem Kollegen, der angehört wurde, Lesbenund Schwulenverband, freundlich unterstellen, dass er auch interessenge
leitet ist, dass er sagt, gerade angesichts dessen, was in der Gesellschaft en vogue ist, müssen wir darauf achten, dass Diskriminierungstatbestände abgeschafft werden, dass er natürlich dann aus seiner Position heraus die Sicherheits- und Risikodebatte nicht so führt wie zum Beispiel die Mediziner.
Im Endeffekt bleibt so der Eindruck, den Kollege Hartung auch richtig beschrieben hat, dass die Mehrzahl der Angehörten der Meinung ist, dass zum einen der Bundesärztekammer in ihrer Gesamteinschätzung zu folgen ist, nämlich dass sich etwas ändern muss, da gab es eine breite Übereinstimmung, aber in dieser Dreier-Konstellation - Risiko, Sicherheit, Verfügbarkeit von Blutkonserven hat auch eine Rolle gespielt -, und zum Dritten dann letzten Endes auch die Frage, gibt es einen Diskriminierungstatbestand und wenn ja, wie hoch ist er. In diesem Dreiergespann haben sich letzten Endes auch die Anzuhörenden geäußert.
Herr Dr. Augsten, ich habe gehört, dass in Sachsen-Anhalt ein ähnlicher Antrag von den Grünen im Parlament angenommen wurde. Könnten Sie uns sagen, um was es sich da handelte?
Ich kann es bestätigen, dass ein solcher Antrag, also der ist fast analog dem, was hier vorliegt, angenommen wurde, übrigens von den Fraktionen, die das heute auch noch ablehnen werden.
Weiter im Text: Ich glaube, dass Herr Hartung auch gut dargestellt hat, dass letzten Endes die Vertreter der Medizin auch gute Gründe hatten, zu sagen, für uns gilt möglichst hundertprozentige Sicherheit. Was wir heute in der Entscheidung abzuwägen haben und was sich letzten Endes auch in den beiden alternierenden Anträgen wiederfindet, ist, wie viel von diesen 100 Prozent Sicherheit wir bereit sind aufzugeben, um wie viel Diskriminierungstatbestand abzubauen. Das ist die entscheidende Frage. Und das ist das, Herr Dr. Hartung, wo ich Ihnen
entgegenhalten will, da sind wir auf unterschiedlichem Weg. Sie sagen: „Ich bin Mediziner, ich habe damit zu tun und für mich wiegt Sicherheit da sehr stark.“ Wir sind diejenigen, die natürlich auch mit Kolleginnen und Kollegen aus Verbänden zusammenarbeiten, die das völlig anders sehen. Ich will Ihnen sagen, weil Sie sagen, die vier Monate sind nicht wissenschaftlich: Also wer jetzt wissenschaftlich arbeitet und als Wissenschaftler ernst zu nehmen ist, das entscheiden nicht Sie und auch nicht wir, sondern wir sind alle geneigt, uns genau die Wissenschaftler ranzuholen, die unsere Meinung vertreten. Aber wir haben natürlich auch schriftliche Stellungnahmen. Wir haben auch Expertisen von Verbänden, die leider nicht angehört wurden oder angehört werden konnten, die überhaupt keine Fristenregelung wollen. Und ich behaupte mal, dass auch diese mit wissenschaftlichen Argumenten arbeiten. Also insofern ist es jetzt etwas schwierig, wenn wir sagen, die, die unsere Meinung vertreten, sind die Wissenschaftler und alle anderen sind welche, die Lobby-Interessen vertreten. So, glaube ich, funktioniert das nicht. Wir haben uns mit den vier Monaten nicht irgendwie in die Mitte begeben, sondern haben gesagt, es gibt gute Gründe zu sagen, wir gehen natürlich für uns an das Ende der Sicherheitsskala für uns des Risikopotenzials, das sind für uns die vier Monate, haben aber auch Verständnis dafür, dass das zum Beispiel ein Mediziner anders einschätzt. Aber wir haben uns das nicht leicht gemacht, sondern wir haben uns nach intensiver Diskussion, übrigens auch mit den Erfahrungen aus anderen Bundesländern, verständigt, diese vier Monate hier reinzuschreiben. Aber noch einmal, bitte nicht den Eindruck erwecken, wir haben da irgendwelche Leute gehört und Sie haben die Wissenschaftler auf Ihrer Seite. Das würde ich so nicht stehen lassen.
Meine Damen und Herren, was vielleicht noch dazu gehört, um das zu bestätigen oder zu unterstützen, dass es vor der Anhörung eine große Einigkeit gab bezüglich des Diskriminierungstatbestands, Dr. Hartung hat selbst in der 36. Sitzung am 15. Mai in seinem Wortbeitrag oder einem der Wortbeiträge darauf hingewiesen, dass dieser Antrag, den die Grünen hier eingebracht haben, es wert wäre, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen.
Das war auch unser Ansinnen, muss man sagen. Der ist so gut, da steckt so viel Substanz drin und die Unterschiede liegen nicht so weit auseinander, dass man auch gemeinsam einen Antrag hier einbringen kann und mit großer Einigkeit auch hier abstimmen kann. Dass es anders gekommen ist, ist vielleicht der Gang von guten Anträgen aus der Opposition. Das habe ich in anderen Bereichen auch schon erleben müssen. Ich glaube, es ist so ein bisschen eine besondere Wertschätzung, wenn
dann die Regierungsfraktionen einen Antrag einbringen in ähnlicher Form, der vorher von der Opposition kam, das heißt, man weiß, es ist ein wichtiges Thema, der Antrag ist so gut, dass man ihn eigentlich nicht beerdigen kann, also bringt man einen eigenen Antrag ein, um dann den Eindruck zu vermitteln, man hat es kapiert, aber das Thema muss auf jeden Fall hier zur Abstimmung kommen. Das ist jedenfalls das, was ich so erlebe. Wie zutreffend das ist, Herr Hartung, sieht man daran, dass wir uns beide auf die gleichen Quellen berufen, nämlich die Bundesärztekammer mit dem Expertengremium, was gearbeitet hat. Also wir beide haben die gleiche Expertise als Grundlage. Der Unterschied, der aus meiner Sicht zwischen Ihrem Antrag und unserem Antrag besteht, ist einfach die Reihenfolge und die Wertigkeit: Diskriminierungstatbestand und Sicherheit. Das ist der einzige Unterschied. Ich weiß, wir hatten auch noch überlegt, ob wir Ihren Antrag ablehnen, und ich habe heute noch mal in Vorbereitung der Rede intensiv gelesen und Sie haben sich auch eindeutig dafür ausgesprochen, dass ein Diskriminierungstatbestand vorliegt und dass man den zumindest weitgehend abschaffen muss. Aber Sie haben im Gegensatz zu uns den Diskriminierungstatbestand nicht nach oben gesetzt, sondern Sie fangen mit Sicherheit an und dann kommt unter Punkt 2 und 3 der Diskriminierungstatbestand. Wir haben als Erstes den Diskriminierungstatbestand und haben dann auf Sicherheit und Risiko hingewiesen. Das ist der einzige Unterschied.
Ich will noch mal sagen, außer der ganz konkreten Benennung der vier Monate als Fristenregelung bei Ihnen steht gar nichts drin, Sie machen da keinen Vorschlag - ist unser Antrag der konkretere. Man muss auch, wenn man zum Beispiel durch eine Bundesratsinitiative oder als Land Thüringen sich auf Bundesebene äußert, auch einen konkreten Vorschlag machen. Also außer dass wir da sehr konkret geworden sind, gibt es aus meiner Sicht substanziell überhaupt keine Unterschiede. Deswegen schade, dass Sie auch in diesem Fall nicht die Traute haben oder wirklich die Größe haben, zu sagen, da gibt es mal einen guten Antrag aus der Opposition, dem stimmen wir mit unseren Änderungen zu, die wir eingebracht haben, sondern dass Sie hier wirklich wieder die Nummer fahren, wir bringen einen eigenen Antrag ein.
Es bleibt dabei, wir werden uns bei Ihrem Antrag enthalten, weil alles, was da drinsteht, richtig ist, wir das Verfahren mittlerweile wirklich unterirdisch finden und natürlich vermissen, dass Sie sich zur Fristenregelung nicht eindeutig positioniert haben. Gerade Sie als Mediziner hätten da eine Zahl reinschreiben sollen. Das hätte geholfen. Ich werbe noch einmal dafür, unseren Antrag zu unterstützen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Herr Dr. Augsten, das war sehr wortgewaltig, was Sie hier wieder vorgetragen haben. Ich sage jetzt meine Meinung: Nicht einen Millimeter Risiko, wirklich nicht einen Millimeter Risiko, die Sicherheit ist das Wichtigste für die Patienten.
Der Gleichstellungsausschuss hat sich in den letzten Wochen intensiv mit dem Ausschluss homosexueller Männer von der Möglichkeit zur Blutspende auseinandergesetzt und mit Experten verschiedene Möglichkeiten eines veränderten Verfahrens diskutiert. Das haben alle festgestellt, wir hatten das auch schon im Ausschuss so gesagt. Im Ergebnis zeigt sich, dass das Spannungsfeld zwischen dem Schutz vor gruppenbezogener Diskriminierung und der höchstmöglichen Sicherheit bei der Vermeidung von Infektionsrisiken durch Blutkonserven nicht gänzlich auflösbar ist. Spenderrückstellungen und generelle Ausschlüsse von Spendergruppen bei der Blutspende resultieren aus Richtlinien der Bundesärztekammer, die auf Empfehlung des Paul-EhrlichInstituts erlassen worden sind. Einen Menschen allein wegen seiner sexuellen Orientierung, seines Geschlechts oder seines sexuellen Verhaltens von der Blutspende auszuschließen, ist zweifellos diskriminierend. Jedoch weisen medizinische Studien bei den genannten Gruppen statistisch auf ein um ein Vielfaches höheres HIV- oder Hepatitis-Risiko hin. Zwar wird das Blut jeder einzelnen Spende auf Infektionen untersucht und vielfach getestet, jedoch ist zum Beispiel eine HIV-Infektion erst ca. zwei Wochen nach der Infektion durch diese Testverfahren feststellbar. Aufgrund dieses Diagnosefensters kann es durchaus zu einer HIV-Infektion durch eine Blutkonserve kommen, obwohl jede einzelne Spende getestet wird. Das Ziel, die Versorgung der Patienten mit sicheren Blutprodukten, muss an vorderster Stelle stehen. So werden auch andere Gruppen aus diesen Sicherheitserwägungen heraus von der Blutspende ausgeschlossen. Die gibt es auch, das haben wir gehört.
Insgesamt darf es meines Erachtens nicht darum gehen, Diskriminierung durch Inkaufnahme höherer Risiken für alle Patienten, die auf eine Blutspende angewiesen sind, abzubauen. Insofern ging es der CDU-Fraktion darum, den Diskriminierungstatbestand so weit wie möglich abzubauen, das haben Sie gemerkt, ohne jedoch das Infektionsrisiko zu er
höhen. Mit den Experten wurden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, zum Beispiel eine zielgenauere Erhebung von Risikoverhalten im Spenderfragebogen, von dem hat hier überhaupt noch keiner gesprochen, womit man von einer gruppenbezogenen Dimension auf das individuelle Risikoverhalten hätte abstellen können. Die Erfahrungen der Blutspendedienste mit einem entsprechend auf das individuelle Sexualverhalten abzielenden Fragebogen hatten jedoch gezeigt, dass die Spender nicht bereit seien, derart detaillierte Angaben zu ihrem Sexualverhalten zu tätigen, und das betrifft alle. Insofern müsse man, um das statistisch umso vieles höhere Risiko einer HIV-Infektion bei homosexuellen Männern auszuschließen, weiterhin auf diese Merkmale zurückgreifen. Bei einer Abkehr von Dauerausschlüssen zugunsten von zeitlichen Rückstellungen sprachen sich die Experten ausdrücklich für ein konservatives Vorgehen aus, welches im Zweifelsfalle eher eine großzügig bemessene Rückstellfrist einräumt. Denn die zeitlichen Rückstellfristen müssen sich grundsätzlich an den Inkubationszeiten der möglicherweise übertragenen Erreger orientieren und auch Inkubationszeiten bisher noch nicht bekannter Erreger müssen in der Risikobetrachtung eine Rolle spielen.
Auf der Grundlage dieser Anhörungsergebnisse wurde von den Koalitionsfraktionen ein Alternativantrag erarbeitet, der die Auffassungen der Experten widerspiegelt und von einem generellen Ausschluss homosexueller Männer zu einer zeitlichen Rückstellung Spendenwilliger von einem Jahr kommt. Dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der auch eine Rückstellung von einem Jahr als diskriminierend ansieht und für eine Rückstellungsfrist von vier Monaten plädiert, konnten wir aus den genannten Gründen nicht zustimmen. Es wäre auch interessant gewesen - und das haben wir nicht verlangt -, wenn Betroffene dort zu Wort gekommen wären, nämlich Betroffene, die durch Blutkonserven infiziert wurden. Das haben wir ja auch gehört, dass es das gibt.
Wir lehnen daher den Antrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab und bitten um die Annahme des Alternativantrags der Koalitionsfraktionen. Danke.