Haltung der Landesregierung zu den Fragen Einführung einer Karenzzeit und Abschaffung bzw. Reduzierung der Funktionen „politischer Beamter“ in Thüringen
In jüngster Zeit wird - ausgehend vom geplanten Wechsel des ehemaligen Kanzleramtsministers zur Deutschen Bahn - in der Öffentlichkeit die Einführung gesetzlicher Karenzzeiten, das heißt einer Pausenzeit zwischen Ausscheiden aus einem politischen Amt und der Aufnahme einer Tätigkeit in der Wirtschaft diskutiert. Mittlerweile haben auch Unions- und SPD-Politikerinnen und -Politiker auf Bundesebene die Einführung von Karenzzeiten gefordert.
Sowohl in Änderungsanträgen zur Novellierung des Thüringer Ministergesetzes als auch im Rahmen des Gesetzentwurfs zur Abschaffung der Funktion „politischer Beamter“ in Thüringen hat die LINKEFraktion im Thüringer Landtag gesetzliche Regelungen für eine fünfjährige Karenzzeit vorgeschlagen. Beide Male hatte die Landtagsmehrheit die Vorschläge abgelehnt. Anlässlich der zweiten Lesung und letztlich Ablehnung des LINKE-Gesetzentwurfs zur Abschaffung der Funktion „politischer Beamter“ in Thüringen am 16. Oktober 2013 kündigte der Thüringer Innenminister einen eigenen Gesetzentwurf der Landesregierung zur Frage der politischen Beamten an.
1. Welche Position nimmt die Landesregierung zur Frage der Einführung einer sogenannten Karenzzeit ein, insbesondere hinsichtlich des Kreises der dazu verpflichteten Personen bzw. Funktionsträger, der Dauer der Karenzzeit und der zu novellierenden rechtlichen Regelungen?
2. In welcher Zeitschiene und mit welchen Inhalten - insbesondere hinsichtlich der Frage der Reduzierung der Anzahl der Funktionsstellen und der Einführung von Karenzzeiten - wird die Landesregierung den am 16. Oktober 2013 angekündigten eigenen Gesetzentwurf zur Frage der politischen Beamten in Thüringen einbringen?
3. Welche Organisationen und Institutionen, vor allem aus Thüringen, sind der Landesregierung bekannt, die sich für die Einführung von Karenzzeiten aussprechen bzw. die sich auch schon direkt gegenüber der Landesregierung dafür ausgesprochen haben?
4. Inwiefern besteht bei der Landesregierung die Absicht bzw. Bereitschaft, eine Gesetzesinitiative zur Einführung von Karenzzeiten auf Bundesebene selbst in den Bundesrat einzubringen oder eine entsprechende Initiative eines anderen Bundeslandes zu unterstützen?
Danke, Herr Abgeordneter. Für die Landesregierung antwortet die Staatskanzlei. Herr Minister Gnauck, bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Korschewsky beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Für Ruhestandsbeamte und frühere Beamte mit Versorgungsbezügen ergibt sich bereits aus den derzeit geltenden Regelungen des § 41 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 71 des Thüringer Beamtengesetzes die Möglichkeit, Beschäftigungen zu untersagen, wenn zu befürchten ist, dass dadurch dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Dies gilt für einen maximalen Zeitraum von fünf Jahren nach der Beendigung des Beamtenverhältnisses. Im Übrigen bedarf die Thematik einer sorgfältigen Abwägung. Insbesondere ist sorgsam zu prüfen, ob bzw. inwieweit eine grundsätzliche Karenzzeit überhaupt mit Artikel 12 des Grundgesetzes vereinbar ist. Die gesetzliche Vereinbarung einer „Karenzzeit“ würde zudem aus Rechtsgründen einen finanziellen Ausgleich im Rahmen der Versorgung nach sich ziehen. Grundlage des möglichen Ausgleichs, Höhe und Dauer wären in einem aufwendigen und transparenten Verfahren gesetzlich zu konkretisieren. Dessen ungeachtet könnten entsprechende Zahlungen zu einem negativen Bild auch in der Öffentlichkeit führen.
Zu Frage 2: Hinsichtlich der Karenzzeit für politische Beamte wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die dort genannten Regelungen gelten auch für politische Beamte. Weitergehende Änderungen sind derzeit nicht geplant.
Zu Frage 4: Für den Bereich des Beamtenrechts wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Weitergehende Regelungen sind in diesem Bereich entbehrlich. Eine Bundesratsinitiative ist seitens der Landesregierung nicht geplant. Ob die etwaige Gesetzesinitiative eines anderen Landes von der Thüringer Landesregierung im Bundesrat unterstützt wird, hängt vom Inhalt des jeweiligen Gesetzentwurfs ab und wird im Einzelfall entschieden.
Ich würde gleich zwei Nachfragen stellen. Erstens: Habe ich Sie richtig verstanden, dass nach dem Beamtenstatusgesetz für Beamte die Möglichkeit einer Karenzzeit von fünf Jahren bei Verflechtung durchaus gegeben ist und ich davon ausgehe, dass damit keine rechtlichen Dinge berührt werden, die dann nicht gesetzlich wären?
Zweite Frage: Sie haben auf die Beantwortung zur Frage 2 gesagt, dass es keine Notwendigkeiten gibt, das heißt also, die Ankündigung des Innenministers vom 16. Oktober 2013 entspricht nicht der Wahrheit; es wird keinen Gesetzentwurf der Landesregierung geben?
Zu Ihrer ersten Frage, Herr Abgeordneter: Im Rahmen meiner Antwort hatte ich auf die maßgeblichen Vorschriften, und zwar zu Frage 1, zu dem § 71 des Thüringer Beamtengesetzes in Verbindung mit § 41 des Beamtenstatusgesetzes hingewiesen. Ich denke, die Ausführungen waren eindeutig.
Zweitens: Die Antworten des Innenministers waren selbstverständlich zutreffend. Ich habe hier nur Ihre Mündliche Anfrage, so, wie Sie sie gestellt haben, beantwortet und ich denke, dass wir das in aller Ausführlichkeit und auch zutreffend und auch wahrheitsgemäß getan haben.
Danke, Herr Präsident. Herr Minister, zu Frage 1, die Nachfrage: Sie haben beschrieben, es ist eine Kannbestimmung des Beamtenstatusgesetzes, die in Anschlag gebracht werden könnte. Können Sie aus der jetzigen Situation heraus mögliche Fälle, die in der Vergangenheit eine Rolle gespielt haben oder im Zusammenhang mit diesem Gesetz in Anschlag gebracht wurden, nennen und gegebenenfalls die Anzahl?
Wenn es eine entsprechende Zusammenstellung gibt, werden wir das gern nachholen; ich bitte aber um Verständnis dafür, dass wir dann doch immer auch personalrechtliche und alle Vorgaben der Landesverfassung berücksichtigen werden.
Weitere Nachfragen sind nicht möglich. Danke, Herr Minister. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/7153.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention, des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und der Anti-Rassismus-Konvention dazu verpflichtet, die dort niedergelegten Grundsätze in innerstaatlich geltendes Recht umzusetzen. Zudem gilt das Diskriminierungsverbot entsprechend Artikel 3 des Grundgesetzes. Jedoch wird bis heute auch in Thüringen immer wieder von polizeilichen Kontrollen durch Bundes- als auch durch Landespolizei berichtet, die ausschließlich Menschen betreffen, denen aufgrund äußerer Merkmale unterstellt wird, nicht deutscher Herkunft zu sein. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat zudem im Jahr 2012 festgestellt, dass Ausweiskontrollen, die lediglich aufgrund der Hautfarbe erfolgen, unzulässig seien.
1. Sind der Landesregierung Fälle aus den vergangenen Jahren in Thüringen bekannt, bei denen Betroffene von polizeilichen Kontrollen sich diskriminiert sahen und dies vor Gericht beklagt haben?
2. Wie ist der aktuelle Stand in diesen Verfahren bzw. zu welchen Entscheidungen führten diese Verfahren?
3. Durch welche Ausbildungsbestandteile und welche Fortbildungsangebote wird sichergestellt, dass Thüringer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte keine unzulässige, gegen das Diskriminierungsverbot verstoßende Kontrollpraxis anwenden?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Meyer beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Es ist ein Fall bekannt, der beim Verwaltungsgericht Gera anhängig ist. Gegenstand der im Oktober 2013 eingereichten Klage ist eine Identitätsfeststellung des Klägers am 16.11.2012 in Gera in der Berliner Straße. In der Klage behauptet der Kläger, sein Feststellungsinteresse ergebe sich aus der diskriminierenden Wirkung der Identitätsfeststellung. Die Klagebegründung steht noch aus, so dass auf Darlegungen des Klägers nicht eingegangen werden kann. Der Fall wird ausgewertet, sobald die Klagebegründung vorliegt. Die Landespolizeidirektion hat beim Verwaltungsgericht beantragt, die Klage abzuweisen, weil in dem Gebiet, in welchem die Kontrolle stattfand, in der Vergangenheit zahlreiche besonders schwere Diebstähle begangen wurden.
Zu Frage 2: Eine Entscheidung zu dem zu Frage 1 genannten Gerichtsverfahren steht noch aus, zumal die Klagebegründung noch nicht eingereicht wurde.
Zu Frage 3: Im Bereich der Aus- und Fortbildung werden in allen Laufbahngruppen interkulturelle Kompetenz sowie staats- und verfassungsrechtliche Kenntnisse vermittelt. Dieser Unterricht befasst sich mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz und den Werten unserer Verfassung, denen die Polizei in besonderer Weise verpflichtet ist. Das Verbot der Diskriminierung wird dabei nicht nur hinsichtlich ethnischer, sondern auch hinsichtlich kultureller, religiöser und anderer sozialer Gesichtspunkte in der Aus- und Fortbildung sichergestellt. Für die Fortbildung der Thüringer Polizeivollzugsbeamten wird seit dem Jahr 2013 ein dreitägiges Seminar „Interkulturelle Kompetenz“ angeboten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dezentral in den Polizeidienststellen ein eintägiges Abrufseminar unter Federführung der Thüringer Bildungseinrichtung durchzuführen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, welche Art der Kriminalitätsschwerpunkte die Berliner Straße in Gera zu einem der Kontrollzentren der Thüringer Polizei machen, so dass dort viele Menschen anlasslos kontrolliert werden? Denn ansonsten würde es ja wieder auf die Frage hinauslaufen, ob der Anlass die Hautfarbe gewesen sein könnte.
Ich habe eben darauf hingewiesen, dass es eine Reihe von Diebstahlsfällen waren, die dazu geführt haben, dass es sich nach der Bewertung der Polizei um einen Ort handelt, an dem Straftaten verabredet, vorbereitet oder verübt werden.
Meine Frage ist damit nicht beantwortet. Meine Frage war, wie sich dieser Ort von anderen mit zahlreichen Diebstählen, um das zu untersetzen, Schwerpunkt-Kriminalorten in Thüringen unterscheidet und ob dort auch solche anlasslosen Kontrollen durchgeführt werden. Liegen Ihnen dazu zum Beispiel Statistiken vor?
Mit liegt im Augenblick keine Statistik vor, aber das ist auch nicht der Punkt, sondern der Punkt ist, ob die Voraussetzungen des § 14 gegeben sind. Das muss die Polizei vor Ort bewerten und wenn es da zu einer Häufung von Straftaten kommt, ist § 14 eine rechtliche Handhabe, so ist das Verfahren.
Herr Abgeordneter Meyer, Sie hatten schon zwei Nachfragen. Insofern ist jetzt die Abgeordnete Berninger mit ihrer Nachfrage dran.
Meine Nachfrage ist eine Wiederholung der Frage 4 mit einer kleinen Wortänderung. Ich frage: An welchen Orten in Thüringen führt die Thüringer Polizei regelmäßig Kontrollen auf Grundlage des § 14 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes durch? Also das Wort „verstärkt“ ist durch „regelmäßig“ ersetzt.