Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Fragen zu 1 und 2 des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Ein Bürgerbegehren muss sich nicht gegen einen Gemeinderatsbeschluss richten. § 17 Abs. 3 Satz 3 ThürKO stellt lediglich eine Ausnahmeregelung zu § 17 Abs. 1 dar. Nach der Definition des Bürgerbegehrens in § 17 Abs. 1 Satz 1 ThürKO können Bürger über wichtige Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde die Durchführung eines Bürgerentscheids beantragen. Nur dann, wenn sich das Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats oder eines Ausschusses richtet, gilt die einschränkende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3, wonach der Antrag auf Zulassung des Bürgerbegehrens innerhalb von vier Wochen nach der Bekanntmachung des Beschlusses nach § 40 Abs. 2 eingereicht werden muss. Beschlüsse im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 sind die nach § 40 Abs. 2 bekannt gemachten positiv oder negativ gestaltenden Sachentscheidungen des Gemeinderats. Der Bürgerentscheid, auf den das Bürgerbegehren zielt, hat nach § 17 Abs. 8 Satz 2 selbst die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats. Die Bürger treffen durch den Bürgerentscheid statt und anstelle des Gemeinderats eine bestimmte Sachentscheidung. Die Bürger können also die Sachentscheidung an sich ziehen, gegebenenfalls auch unter Einhaltung der Frist des § 17 Abs. 3 Satz 3 eine Sachentscheidung des Gemeinderats abändern oder aufheben. Wurde ein Beschluss nicht bekannt gemacht, beginnt die Frist nicht zu laufen.

Es gibt eine Nachfrage durch den Abgeordneten Kuschel.

Danke, Herr Präsident. Herr Minister, damit ich es jetzt richtig verarbeite, was Sie dargelegt haben. Wenn ein Beschlussantrag im Gemeinderat nicht die Mehrheit bekommt, dann gelten die allgemeinen Regelungen für die Durchführung Bürgerbegehren/Bürgerentscheid, das heißt, ohne dass dort die Vier-Wo

chen-Frist, wie bei einem Bürgerbegehren gegen einen gefassten Beschluss berücksichtigt werden müsste?

So würde ich es sehen.

Ich sehe keinen weiteren Nachfragebedarf. Danke, Herr Minister. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/643.

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

Vorbereitung neuer Verträge zur Fernwasserversorgung

Spätestens im Jahr 2013 müssen neue Fernwasserlieferverträge zwischen der Thüringer Fernwasserversorgung und den örtlichen Trägern der Wasserversorgung wirksam werden. Dazu macht es sich erforderlich, unter Berücksichtigung demographischer Faktoren, der regionalen Bedarfs- und Kapazitätsentwicklung sowie des Investitions- und Finanzbedarfs bereits jetzt Wege zu verbraucherfreundlichen Preisen zu ebnen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist der Stand der Verhandlungen zwischen der Thüringer Fernwasserversorgung und den kommunalen Fernwasserkunden zu den Fernwasserlieferverträgen ab 2013?

2. Wer führt die Preisverhandlungen für die Neuverträge auf Landesebene und welchen Einfluss übt das Land hierbei aus?

3. Inwieweit findet die dritte Trinkwasserprognose Eingang in die Vertragsverhandlungen?

4. Welche Entwicklung bei Preisen und möglichen Rabatten deutet sich gegenwärtig an?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz. Herr Staatssekretär Richwien, Sie haben das Wort.

Danke schön, Herr Präsident. Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf beantworte ich für die Lan

desregierung wie folgt:

Zu Ihrer 1. Frage: Die Verhandlungen, die in Koordination über den Fernwasserzweckverband Nord- und Ostthüringen sowie in zusätzlichen Einzelgesprächen mit den betroffenen Zweckverbänden durchgeführt werden, sind bereits im Gange. Zum Stand liegen der Landesregierung keine aktuellen Informationen vor.

Zu Ihrer 2. Frage: Die Vertragsverhandlungen sind Aufgabe der Thüringer Fernwasserversorgung in Abstimmung mit deren Aufsichtsorgan, dem Verwaltungsrat. Sie werden von der Geschäftsleitung geführt.

Zu Ihrer 3. Frage: Die Ergebnisse der dritten Prognose werden berücksichtigt.

Zu Ihrer 4. Frage: Mit der Optimierung der Fernwasserversorgung in Ostthüringen wird perspektivisch eine kapazitätsseitige Bedarfsanpassung und eine damit einhergehende Betriebskostenreduzierung bei gesicherter Wasserqualität ermöglicht. Der Landtag hat die Entscheidung getroffen, dies finanziell zu unterstützen. Nicht zuletzt auf der Grundlage dieser Entscheidung ist trotz der demographisch bedingten rückläufigen Bedarfsmengen eine insgesamt moderate Preisentwicklung zu erwarten.

Es gibt eine Nachfrage durch den Abgeordneten Kummer.

Die Preisgestaltung in der Thüringer Fernwasserversorgung ist ja auch sehr wichtig, was die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens angeht. Zwei Drittel des Unternehmens gehören dem Freistaat Thüringen. Nun war es bisher üblich, dass es zwei Geschäftsführer in der Thüringer Fernwasserversorgung gab - einen von kommunaler Seite gestellten und einen von der Thüringer Seite gestellten -, dass die beiden Anteilseigentümer sich in der Geschäftsführung entsprechend widergespiegelt haben. Meines Wissens nach ist das nicht mehr der Fall und wir haben nur einen Geschäftsführer von der kommunalen Seite gegenwärtig. Außerdem ist meines Wissens nach der Verwaltungsratsvorsitz der Thüringer Fernwasserversorgung, der bisher von einem Mitglied der Landesregierung gestellt wurde, nicht besetzt. Inwieweit kann denn sichergestellt werden, dass die Belange des Freistaats Thüringen gerade auch bei der wichtigen Frage der Verhandlungen mit der kommunalen Seite Berücksichtigung finden?

Wie dem Abgeordneten Kummer ja bekannt ist, ist die Stellvertreterfunktion mit einem Vertreter unseres Hauses besetzt. Demzufolge sind die Interessen gewahrt. Bei dem Geschäftsführer ist mir neu - da muss ich noch einmal nachfragen -, warum die zweite Stelle nicht besetzt ist.

Es gibt eine Nachfrage durch die Fragestellerin.

Sie haben zu Frage 2 ausgeführt, dass Ihnen keine aktuellen Informationen zu dem derzeitigen Verhandlungsstand vorliegen. Können Sie mir noch einmal erklären, wo dafür die Gründe liegen. Herr Kummer hat ja schon ausgeführt, die Landesregierung und der Freistaat sind direkt an der Thüringer Fernwasserversorgung beteiligt. Von daher, wo fehlt jetzt der Informationsfluss?

Das hat nichts mit Informationsfluss zu tun. Die Fernwasserzweckverbände in Nord- und Ostthüringen führen die Einzelgespräche. Die sind, wie gesagt, bereits im Gange. Wir haben zurzeit keine Informationen, wie der Stand dieser Gespräche ist. Ich kann noch mal nachfragen und dann versuchen, Frau Wolf, noch mal im Ausschuss zu berichten. Aber ich kann Ihnen nur das wiedergeben, was zurzeit mein Kenntnisstand ist.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch den Abgeordneten Kummer.

Die Stadt Erfurt kam bisher in den Genuss eines Mengenrabatts von 12 Cent pro m3 für 5 Mio. m3 waren es, glaube ich, Fernwasser. Das war ein Mengenrabatt, wo auch den TFW-eigenen Unterlagen zu entnehmen war, dass er eine Quersubventionierung von Erfurt durch die anderen Fernwasserbezieher darstellte. Er lag deutlich unterhalb des notwendigen Rohwasserpreises, der für die Südthüringer z.B. berechnet wurde; er lag deutlich unterhalb von dem, was notwendig war, um Rohwasser aus einer Talsperre abzugeben, was noch nicht aufbereitet war. Kann denn für die Zukunft ausgeschlossen werden, dass solche Extremrabatte wieder entstehen?

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Gleiche Rabatte für alle.)

Das wäre ja ein Zugriff auf die Zukunft. Sie wissen ja, dass die Vertragsverhandlungen durch die Geschäftsführung demnächst aufgenommen werden. Die Zeiträume hat Frau Abgeordnete Wolf genannt. Der Durchschnittspreis liegt zurzeit nach meinem Kenntnisstand bei 52 Cent pro m3. Ich gehe mal davon aus, dass wir dann auch berichten, wenn die Vertragsverhandlungen abgeschlossen sind, wie sich die ganze Geschichte entwickelt.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 20 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung für Hartz-IV-Empfänger 2010 Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/59 - dazu: Beschlussempfehlung des Haus- halts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/483 -

Als Berichterstatter ist der Abgeordnete Huster ernannt. Ich gebe ihm jetzt das Wort zur Berichterstattung.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Namen „Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung für Hartz-IV-Empfänger 2010“ in der Drucksache 5/59 wurde in der 6. Plenarsitzung am 17. Dezember 2009 beraten und federführend an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie mitberatend an den Innenausschuss überwiesen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss beriet dazu in seiner 4. Sitzung am 21. Januar 2010. Neben inhaltlichen Fragen stand die Frage im Raum, ob es angesichts des Verfahrensstandes sinnvoller sei, den Antrag der Fraktion DIE LINKE für erledigt zu erklären, oder ihn alternativ mit Blick auf das noch laufende Vermittlungsverfahren zwischen Bundesrat und Bundestag im Ausschuss zu halten.

Der Haushalts- und Finanzausschuss stimmte mehrheitlich für einen dritten Weg, nachdem sich auf keinen der beiden anderen Wege geeinigt werden konnte, nämlich dafür, den Antrag abzulehnen, so dass einerseits eine Beratung im Innenausschuss nicht stattfand und zweitens das Plenum heute wieder

zum Antrag beraten kann. Danke schön.

Danke, Herr Abgeordneter Huster. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Sedlacik von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Antrag lautete „Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung für Hartz-IV-Empfänger 2010“. Ich vernahm es gerade, den Antrag abzulehnen. Ich finde diese Einschätzung des Ausschusses sehr paradox. Ja, ich finde ihn deshalb paradox, weil es auf der einen Seite heißt, die Landesregierung hat schon im Sinne des Antrags gehandelt und die LINKE sollte doch den Antrag zurückziehen. Andererseits wird somit suggeriert, dass das Anliegen sich positiv erledigt hätte. Das hat es aber nicht, wie wir alle wissen. Das ist mir sehr wichtig, dies mit Nachdruck angesichts der laufenden Haushaltsdiskussionen hier noch einmal festzustellen. Zwar ist das Gesetz „Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch“, welches die alte Bundesregierung noch auf den Weg gebracht hat, vom Bundesrat vorerst gestoppt und auch der Vermittlungsausschuss einberufen worden, aber das inhaltliche Ziel, die Absenkung der Bundesbeteiligung an den Kosten für die Unterkunft und Heizung für Hartz-IVEmpfänger von 26 auf 23,6 Prozent zulasten der Kommunen zu verhindern und auch die Errechnung des Bundesanteils auf eine neue Berechnungsgrundlage zu stellen, ist immer noch nicht erreicht. Letztlich geht es doch aber um die Sache und in dieser, weiß ich, haben wir hier im Landtag einen Konsens. Wir wollen, dass die Kommunen entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung bei den Sozialausgaben tatsächlich um mindestens 2,5 Mrd. € entlastet werden und dass die Berechnung der Bundesbeteiligung auf der Grundlage der tatsächlichen Ausgabenentwicklung und nicht nur auf der Grundlage der Zahl der Bedarfsgemeinschaften erfolgt. Nun gilt es, dieses Ziel gemeinsam umzusetzen. Dass es heute wichtig ist, hier ein Signal in Richtung Bund zu setzen, macht der in der vergangenen Woche debattierte Bundeshaushalt deutlich. Von da ging nämlich kein Signal aus, dass die Proteste im Land irgendwie aufgegriffen würden. Man höre und staune, im Haushalt ist der abgesenkte Anteil eingestellt und beschlossen, zwar nicht unveränderbar, wie wir alle wissen, aber wohl ein Indiz für den Ausgang der Entscheidung im Vermittlungsausschuss, der sich zwar schon konstituiert, aber inhaltlich dazu noch nicht getagt hat.

Meine Damen und Herren, die Länder sind nun einmal mehr gefragt, hier aktiv zu werden. Nur leere Worte reichen nicht, es müssen auch Taten folgen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass sich die Bundesregierung durch eine völlig unzureichende Beteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung zunehmend ihrer Verantwortung zur Finanzierung der Kosten der Arbeitslosigkeit im Bereich Hartz IV durch weitere Eingriffe in die kommunalen Kassen entzieht.

(Beifall DIE LINKE)

Zwischenzeitlich scheinen die Nachrichten über das Ausbluten der Kommunen doch an das Ohr der Regierungskoalition durchgedrungen zu sein. Jedenfalls zeugt der Einsatz der Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen für eine Neuordnung der Gemeindefinanzierung davon, dass man sich nicht nur mit einem möglichen Ersatz der Gewerbesteuer befassen sollte, sondern auch nach Auswegen bei den wachsenden Sozialausgaben suchen will.

Nach dem Vorgenannten ist es nicht verwunderlich, sondern es liegt auf der Hand, dass diese Kommission bereits in ihrer konstituierenden Sitzung, man höre und staune, die Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung als einzigen Hoffnungsträger einer Soforthilfe für die kommunale Finanzlage deklariert und das Hauptaugenmerk in dieser Frage auf den Vermittlungsausschuss gelenkt hat. Die Kommunen haben weder den Anstieg der Sozialausgaben noch die sinkenden Einnahmen zu verantworten. Ursachen sind die Wirtschafts- und Finanzkrise und die Entscheidungen der Bundesregierung, die in zahlreichen Gesetzen Steuerentlastungen beschlossen hat, die infolge zu einer Mehrbelastung der Kommunen in zweistelliger Milliardenhöhe führen, aber auch die kommunale Unterfinanzierung durch die Thüringer Landesregierung. Das Geld fehlt heute und nicht morgen. Versprochene Berücksichtigungen im Finanzausgleich 2012 helfen da wenig und kommen für manche sozialen Projekte und Einrichtungen voraussichtlich zu spät. So lenken auch wir mit unserem Antrag das Hauptaugenmerk auf den Vermittlungsausschuss, indem wir die Landesregierung auffordern, sich aktiv dafür einzusetzen, dass der Vermittlungsausschuss über die Konstitution hinaus im Sinne der Zielsetzung des Antrags endlich tätig wird. Deshalb werbe ich erneut um Zustimmung zum Antrag.

Unüberhörbare Hilferufe nach einer besseren Finanzausstattung der Kommunen gibt es genug. Der Streit um die Finanzierung darf weder auf dem Rücken der Betroffenen noch zulasten der Kommunen ausgetragen werden.

Mit Blick auf die Lage der Kommunen ist es folglich längst überfällige Aufgabe der Politik - also unsere Aufgabe - sicherzustellen, dass die tatsächliche Kostenentwicklung Berücksichtigung findet und die gesetzlich verankerte Entlastungswirkung endlich ein

gelöst wird. Danke.

(Beifall DIE LINKE)