Protokoll der Sitzung vom 30.04.2010

Zweitens: Vielleicht können Sie auch noch mal die Frage für mich beantworten, es ist eben gesagt worden, Grundlage der 30-prozentigen Steigerung von Gewaltangriffen auf Polizisten - in der Zeitung der Gewerkschaft der Polizei - seien Widerstandshandlungen. Ist denn jede Widerstandshandlung gleichzeitig mit einem Gewaltangriff gleichzusetzen oder muss man da nicht differenzieren, weil ja z.B. auch das Unterhaken auf einer Blockade schon eine Widerstandshandlung ist?

Also ich kann hier schlecht ein juristisches Seminar halten. Das sind sehr komplizierte Fragen. Auch weiß ich nicht genau den Anknüpfungspunkt der Statistik, die der Abgeordnete Fiedler vorgelesen hat. Da müssen Sie ihn selbst fragen. Aber dass der Problemkreis insgesamt an Intensität zugenommen hat, das scheinen mir die Zahlen herzugeben. Deshalb haben wir uns auch zusammengesetzt, das Innen- und das Justizministerium, um eine Antwort zu finden, die inhaltlich fachlich besser geeignet ist als das, was wir bisher auf dem Tisch hatten. Diese konkrete Frage, ob die Widerstandshandlungen, die in der gesamten Statistik enthalten sind, gleichzeitig auch möglicherweise passiven Widerstand im Sinne von Blockaden beinhalten könnten, das kann ich hier nicht beantworten.

Danke, Herr Minister. Ich habe den Wunsch zum Redebeitrag von der Abgeordneten Berninger.

Sehr geehrter Herr Minister Poppenhäger, das scheinen die Zahlen herzugeben, ist meines Erachtens keine sachliche Basis, um einen Antrag von Knall auf Fall zu beschließen. Ich glaube, wenn Sie sagen, das scheinen die Zahlen herzugeben, dann ist schon noch Debatte im Innenausschuss oder auch im Justizausschuss meines Erachtens nötig.

(Beifall DIE LINKE)

Ich wollte Herrn Fiedler eine Frage stellen. Die polizeiliche Kriminalstatistik ist meines Erachtens eine reine Anzeigen- bzw. Ermittlungsstatistik, die keinerlei Aussagekraft hat über tatsächlich rechtskräftige Verurteilungen. Das wäre meine Frage gewesen, Herr Fiedler: Wie viele dieser von Ihnen vorgetragenen Ermittlungsfälle wurden denn tatsächlich rechtskräftig verurteilt? Ich will nicht noch einmal wiederholen, dass wir jede Form von Gewalt unter anderem auch die gegen Polizeibeamte, Feuerwehrleute oder Rettungskräfte ablehnen, aber, meine Damen und Herren, wir tun nicht so, als ob ein untaugliches Mittel vor solchen Gewalthandlungen Schutz böte. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Barth.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Fiedler, Sie haben vorhin hier gesagt, Sie wissen ja, was Sie wollen mit diesem Antrag. Das Problem ist, wir wissen es nicht und es steht eben auch nicht drin.

(Unruhe CDU)

Das ist, an der Stelle vielleicht mal eingangs angemerkt, das Problem, was wir schon ein Stückchen mit diesem Antrag haben. Wir haben die letzten zwei Tage hier über den Haushalt geredet, haben uns sehr oft von den beiden Regierungsfraktionen anhören müssen, wie handwerklich schlecht unsere Anträge wären, und wir wären noch neu. Es wurde uns so oft angeboten, uns zu helfen. Der Antrag hier spricht jetzt nicht unbedingt dafür, dass bei Ihnen der Lernprozess, was die Qualität von Anträgen betrifft, abgeschlossen ist.

(Beifall FDP)

Aber ich will trotzdem ganz ausdrücklich sagen, dass ich das, was Kollege Fiedler hier inhaltlich vorgetragen hat, fast vollständig teile.

(Beifall FDP)

Er hat recht, wenn er darauf hinweist, dass extremistisch motivierte Gewalt sich in der politischen Debatte sehr oft in gute und schlecht motivierte Gewalt zu teilen scheint. Über die rechtsextremistische Gewalt darf man sehr offen sprechen, die ist schlecht, das ist auch zweifelsfrei so. Die linksextremistische Gewalt, das ist so ein bisschen der Extremismus in Filzlatschen, über den darf man angeblich nichts mehr sagen, wenn man die Regeln der politischen Korrektheit nicht verletzen will. An der Stelle will ich ihn ausdrücklich unterdrücken -

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: „Unter- stützen“ wollten Sie sagen.)

unterstützen. Was habe ich gesagt? - unterbrechen...

Herr Abgeordneter Barth, weil es schon an der Stelle ist, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Ja, aber es gibt nicht den Wunsch, diese zu beantworten.

(Heiterkeit und Beifall CDU, FDP)

Deshalb will ich darauf hinweisen, dass es schon eine bemerkenswerte Anmerkung war - ich will versuchen, mir keinen Ordnungsruf einzuhandeln -, wenn sich hier jemand hinstellt und den Kollegen Fiedler und die Gewerkschaft der Polizei bezichtigt, zur Gewalt aufzurufen, nur weil sie darauf hinweisen, dass es im Zusammenhang unter anderem mit dem 1. Mai zu befürchten steht, dass es zu Gewalt kommt. Wir haben gestern eine Aktuelle Stunde hier gehabt. Wir haben auch hier Plakate, die politisch aus einer ganz eindeutig zuordbaren Richtung kamen, hier gesehen, in denen ganz ausdrücklich zu Gewalt aufgerufen wird und motiviert durch nichts, was auch nur ansatzweise hier zumindest von den demokratischen Fraktionen geteilt werden sollte. An dieser Stelle will ich Kollegen Fiedler, wie gesagt, ausdrücklich unterstützen. Trotzdem bleibt es unterm Strich so, dass in dem Antrag wenig drinsteht. Es ist ein Unterschied, ob jemand tatsächlich mit der Absicht, auch Polizisten zu verletzen, sich gegen diese äußert auch mit Handlungen oder ob er ein Ei auf einen Polizisten wirft.

Das ist schade um das Ei und unanständig gegenüber dem Polizisten, aber eben trotzdem eine Schwelle, wo ich zumindest sagen würde, dass es nicht unbedingt in den Bereich des Strafrechts gehören sollte.

Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Das ist ausdrücklich hier nicht zu sehen.

Herr Kollege Fiedler, wir können das nachher sicherlich im persönlichen Gespräch draußen weiter fortführen. Das war ein ganz angenehmes Angebot, was Sie da mit einer Geste eben gemacht haben. So machen wir das. Ich will damit einfach nur noch mal begründen, dass sich meine Fraktion, wenn Sie der Überweisung nicht zustimmen sollten bei diesem Antrag, aus dieser Abwägung heraus enthalten wird. Danke.

(Beifall FDP)

Als Nächstem erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Adams.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wollten die Diskussion, wir führen sie jetzt. Zunächst einmal möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Herrn Gentzel und Herrn Fiedler zu entschuldigen, das mit dem „husten“; ich habe nach einem Verb gesucht und es ist mir nicht eingefallen. Ich möchte mich dafür entschuldigen.

(Beifall CDU)

Ich möchte jetzt aber wiederholt meine Frage stellen, jetzt an Herrn Barth und Herrn Fiedler: Bitte können Sie sagen, was Sie sich morgen für den 1. Mai wünschen und wären Sie bereit, das hier im Plenum zu sagen? Meine zweite Frage: Herr Barth, Sie haben hier gesagt, dass man über Gewalt von links oder von rechts in unterschiedlicher Weise sprechen müsste, zumindest sei das der politischen Korrektheit geschuldet. Können Sie mir erläutern, woher Sie diese Gewissheit nehmen, wo ich doch wahrnehme, dass alle Vertreterinnen von Ihrer Fraktion bis zur LINKENFraktion sich in den Debatten immer ganz klar dazu äußern, dass Gewalt das Signifikante dafür ist, dass wir es ablehnen, es sozusagen überhaupt keine Dis

kussion über links- oder rechtsmotivierte Gewalt gibt in diesem Haus. Könnten Sie da vielleicht für Erhellung sorgen? Vielen Dank.

Danke, Herr Abgeordneter Adams. Es gibt einen Geschäftsordnungsantrag.

Frau Präsidentin, namens der CDU-Fraktion bitte ich um namentliche Abstimmung zu dem Antrag.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Danke. Herr Fiedler hat sich auch noch gemeldet. Bitte, Herr Abgeordneter Fiedler.

Ich wollte eigentlich nicht mehr reagieren, weil ich meine, dass eigentlich fast alles gesagt ist und in dem Plenarsaal klar ist. Ich bedanke mich trotzdem bei Herrn Barth noch mal für die Dinge, wie er sie hier noch mal dargestellt hat.

Meine Damen und Herren, damit nicht etwas im Raum stehenbleibt, was wünschen wir uns oder ich jedenfalls. Wir wünschen uns, dass rechtsstaatlich genehmigte Demonstrationen auch durchgeführt werden können. Dafür haben wir nämlich einen Rechtsstaat, damit alle - nicht aussortiert wird, das sind die, die, die - das gleiche Recht haben, dass dieses Recht umgesetzt werden kann von all denen, die rechtsstaatlich genehmigt sind.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Alle werden nicht genehmigt, Herr Fiedler.)

Ich wünsche mir, dass es keine Verletzten gibt, ich wünsche mir, dass es nicht noch zu schlimmeren Ausschreitungen kommt. Das ist mein Wunsch. Ich glaube nicht, dass es so wird, aber das ist mein Wunsch. Ich wünsche mir, dass alle, die dort in den Einsatz gehen, auch wieder gesund zurückkommen. Ich wünsche mir, dass diejenigen, die dort aus gutem Willen, guten Gründen gegen Rechtsextremismus dort mit sind, aus bürgerschaftlichem Engagement, nicht an die Spielregeln, sondern an die gesetzlichen Dinge halten, denn sonst geht man mit Ungesetzlichem gegen Dinge vor und ich will das jetzt nicht weiter erläutern. Das wünsche ich mir. Ich wünsche mir, dass der 1. Mai als Tag der Arbeit genutzt wird, wie er mal erfunden wurde oder wie er mal ausgegeben wurden und nicht zu so etwas missbraucht wird.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Fiedler. Es gibt eine weitere Wortmeldung vom Abgeordneten Barth.

Da ich von Herrn Adams gebeten worden bin, will ich ausdrücklich sagen, dass ich all diese Wünsche von Kollegen Fiedler unterstütze und das nur ergänzen würde um den Wunsch nach schlechtem Wetter.

Danke, Herr Abgeordneter Barth. Gibt es weiteren Redebedarf? Dann müssen wir jetzt klären, dass ich zuerst über die Ausschussüberweisungen abstimmen lassen muss, denn der Geschäftsordnungsantrag war für den gesamten Antrag und das geht nicht anders. Wir haben vorliegen den Antrag auf Überweisung dieses Tagesordnungspunkts an den Innenausschuss und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten.

Ich frage Sie jetzt, wer ist dafür, dass der Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 5/772 überwiesen wird an den Innenausschuss, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Das ist Mehrheit. Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Zweite Frage, wer für die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Das ist die Mehrheit. Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 5/772 in namentlicher Abstimmung.

Hatte jeder der Abgeordneten die Gelegenheit, seine Stimme abzugeben? Ja, dann bitte ich Sie jetzt um die Auszählung der Stimmen. Danke.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben ein Abstimmungsergebnis. Der Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 5/772 wurde bei folgenden Stimmen mehrheitlich angenommen. Es wurden abgegeben 83 Stimmen, 45 Jastimmen, 22 Neinstimmen, 6 Enthaltungen. Damit ist der Antrag mit Mehrheit angenommen (namentliche Ab- stimmung siehe Anlage 9).

Ich schließe an dieser Stelle den Tagesordnungspunkt. Frau Renner, bitte.

Ich möchte noch eine persönliche Erklärung zu meinem Abstimmverhalten abgeben. Ich habe diesen Antrag abgelehnt, nicht, weil ich nicht die Diskussion für notwendig halte. Ich denke, wir müssen eine Diskussion führen zu Ursache, Ausmaß und auch zu Gegenkonzepten und das werden wir auch weiterhin einfordern, auch aktiv im Innenausschuss. Wir haben abgelehnt, diesen parlamentarischen Schnellschluss ohne materielle Grundlage.