Protokoll der Sitzung vom 18.08.2010

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hat sich der Flächenverbrauch in Thüringen seit 2007 (in diesem Jahr wurden täglich 2,1 Hektar versiegelt, was eine enorme Steigerung war) entwickelt?

2. Mit welchen Zielgrößen und bis wann will die Landesregierung die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reduktion und Effizienzsteigerung des Flächenverbrauchs erreichen (bitte, wenn möglich, die Ziele zeitlich und nach Verkehrsflächen, Wohnflächen und Gewerbeflächen aufschlüsseln)?

3. Wie steht die Landesregierung zu dem Vorhaben Industriegebiet „Rohrer Berg“ bzw. zu dem bevorstehenden erneuten Antrag auf Landesfördermittel durch die Stadt Meiningen?

4. Inwieweit wird sich das Land für einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in der Region einsetzen, um zum Beispiel eine gute Anbindung an das Industriegebiet „Thüringer Tor“ zu erreichen?

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatssekretärin Dr. Eich-Born.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung hinsichtlich des aktuellen Planungsstands zum Industriegebiet „Rohrer Berg“ in Meiningen. Das Industriegebiet „Rohrer Berg“ ist im wirksamen Flächennutzungsplan der Stadt Meiningen, Genehmigung vom 30. Juni 2006, als geplante gewerbliche Baufläche dargestellt. Der aus dem Flächennutzungsplan entwickelte Bebauungsplan wurde im August 2008 rechtskräftig. Die Erfordernisse der Raumordnung wurden im Aufstellungsverfahren zum Flächennutzungsplan dargelegt und entsprechend abgewogen.

(Minister Carius)

Konkret betrifft das die Lage in einem Vorbehaltungsgebiet für Natur und Landschaft, die Lage im potenziellen Fremdenverkehrsgebiet Dolmar/Hohe Maas und die Funktion der Stadt Meiningen als Stadt für den Bildungs- und Kulturtourismus. Hierzu enthält der Bebauungsplan Festsetzungen des Grünordnungsplans als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und zur Einbindung des Gebiets in den umgebenden Landschaftsraum. Die Erholungsinfrastruktur, sprich Wanderwege, Wanderparkplatz, wurde bei den Festsetzungen auch berücksichtigt.

Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Schubert beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Als Indikator für den Flächenverbrauch oder - genauer gesagt - die Flächenneuinanspruchnahme wird der Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche verwendet. Die Siedlungs- und Verkehrsfläche ist von 2007 bis 2009 um insgesamt 1.884 Hektar angestiegen. Nach Angaben des Thüringer Landesamts für Statistik lag damit die tägliche Neuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen rein rechnerisch im Jahr 2007 bei 2 Hektar, im Jahr 2008 bei 2,5 Hektar und im Jahr 2009 bei 2,7 Hektar. Zu Siedlungs- und Verkehrsflächen zählen neben Wohn-, Gewerbe- und Industrieflächen und Flächen für Verkehr auch begrünte Flächen, wie zum Beispiel Erholungs- und Friedhofsflächen.

Zu Frage 2: Das Thema Flächenneuinanspruchnahme ist ein Schwerpunkt der Nachhaltigkeitsstrategie für Thüringen. Dazu findet am 2. September 2010 ein Symposium in Weimar statt. Das Reduktionsziel der Bundesregierung mit einer Reduzierung der täglichen Flächenneuinanspruchnahme auf 30 Hektar bis 2020 wird grundsätzlich von der Landesregierung unterstützt.

Zu Frage 3: Seit Ende Juni 2010 liegt im Thüringer Landesverwaltungsamt in Weimar ein Antrag der Stadt Meiningen auf Förderung der Erschließung des Industriegebiets „Rohrer Berg“ im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vor. Unter der Voraussetzung, dass die beantragte Maßnahme förderfähig ist und der Bedarf sowie eine gesicherte Finanzierung nachgewiesen werden könne, wäre eine Förderung grundsätzlich möglich. Die Erfüllung der Voraussetzungen ist im Einzelfall durch das Thüringer Landesverwaltungsamt zu prüfen. Aufgrund der Haushaltslage der Stadt ist eine kurzfristige Genehmigung durch die zuständige Kommunalaufsicht nicht zu erwarten. Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat die Antragsbearbeitung deshalb zunächst zurückgestellt.

Zu Frage 4: Das Gewerbegebiet „Thüringer Tor“ wird durch die Linie 405 Meiningen-Römhild bedient. Dazu wurde die Haltestelle Wolfmanns

hausen-Gewerbegebiet am Eingang zum Gewerbegebiet eingerichtet. In das Gewerbegebiet fährt der ÖPNV gegenwärtig nicht, da ein entsprechender Beförderungsbedarf nicht vorhanden ist. Die Mehrzahl der Beschäftigten kommt aus Bayern und nutzt das eigene Auto für den Weg zur Arbeit. Vom Aufgabenträger sind derzeit keine Veränderungen vorgesehen.

Es gibt offensichtlich eine Nachfrage. Bitte.

Eine Nachfrage zu Frage 2, da sind Sie nicht auf die von uns erbetenen Einzelpositionen eingegangen. Die Frage: Soll eine detailliertere Konzeption im Zuge des Symposiums erstellt werden, die für Thüringen konkrete Ziele, Reduktion, Effizienzsteigerung usw. festschreibt?

Das ist natürlich in der Diskussion genau im Rahmen dieser Veranstaltung. Im Übrigen hat Thüringen - da sollte ich vielleicht einmal darauf hinweisen - im Vergleich der Länder die geringste Flächenneuinanspruchnahme. Da sind wir ein sehr guter Vorreiter.

Gibt es jetzt eine Nachfrage? Frau Staatssekretärin, es gibt eine Nachfrage durch den Abgeordneten Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Frau Staatssekretärin, Sie haben etwas vom Flächenverbrauch gesagt, geringster im Vergleich zu anderen Bundesländern. Können Sie etwas zu den Ausgleichsmaßnahmen in diesem Zusammenhang sagen? Sind aus Sicht der Landesregierung die Ausgleichsmaßnahmen so ausreichend, sowohl qualitativ als auch quantitativ, um diesen Flächenverbrauch, auch wenn er der geringste ist im Vergleich zu anderen Bundesländern, nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit auszugleichen oder sehen Sie da eher Probleme und wenn ja, welche?

Ich sehe keine Probleme. Aber auch diese Veranstaltung in Weimar wird Ihnen mit Sicherheit da einige Klarheit verschaffen können im Detail.

(Staatssekretärin Dr. Eich-Born)

Ich rufe jetzt die zweite Frage auf, das ist die des Herrn Abgeordneten Kuschel, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/1164. Herr Abgeordneter Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin.

Förderung von sogenannten Dorfläden durch das Land.

Um im ländlichen Raum die Grundversorgung im Handel wohnortnah zu sichern, haben sich bereits in Thüringer Gemeinden solche Projekte wie der „Bürgerkonsum“ oder der „Dorfladen“ entwickelt. Träger dieser Projekte sind u. a. Bürgergenossenschaften oder Vereine.

Die Landesregierung hält die Dorferneuerung und -entwicklung weiterhin für erforderlich und hat diese hinsichtlich der Förderziele weiterentwickelt. In der 2. Mittelanmeldung im Rahmenplan für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GA) für den Zeitraum 2010 bis 2013 (Vorlage 5/237 zu Drucksache 5/ 727) wird darauf hingewiesen, dass bei der Dorferneuerung die Belebung regionaler Kreisläufe, die Erhöhung der regionalen Wertschöpfung und die Nahversorgung wichtig sind.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung solchen Projekten wie „Bürgerkonsum“ oder „Dorfladen“ bei und wie wird das durch die Landesregierung untersetzt?

2. Welche Fördermöglichkeiten bestehen gegenwärtig für solche Projekte wie „Bürgerkonsum“ oder „Dorfladen“ und welche Fördervoraussetzungen müssen dabei vorliegen?

3. Unter welchen Voraussetzungen können solche Projekte wie „Bürgerkonsum“ oder „Dorfladen“ im Rahmen der Dorferneuerung in welcher Art und Weise gefördert werden?

4. Welche Projekte „Bürgerkonsum“ oder „Dorfladen“ (einschließlich ähnlicher Projekte) wurden seit 2006 in welcher Art und Weise mit welcher Zielstellung durch das Land bereits gefördert?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Richwien.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Dorferneuerung ist kommunale Selbstverwaltungsaufgabe. Die Landesregierung begleitet beispielsweise von Gemeinden oder Vereinen initiierte Projekte wie „Bürgerkonsum“ oder „Dorfladen“ mit Mitteln der Dorferneuerung und -entwicklung einschließlich dorfgemäßer Gemeinschaftseinrichtungen. Die Bedeutung „dorfgemäße Gemeinschaftseinrichtungen“ hat die Landesregierung in der Förderinitiative „Ländliche Entwicklung in Thüringen“ (FILET) unter Punkt 5.3.3.2 - Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum formuliert und die Ziele unter dem Maßnahmetitel „dorfgemäße Gemeinschaftseinrichtungen“ vorgegeben.

Zu Frage 2: Eine Fördermöglichkeit für solche Projekte stellt der Förderbereich „Dorfförderung der Dorferneuerung und -entwicklung einschließlich der Sicherung und Weiterentwicklung dorfgemäßer Gemeinschaftseinrichtungen“ dar. Die Umsetzung derartiger Projekte kann in anerkannten Förderschwerpunkten der Dorferneuerung ihrer Bedeutung entsprechend, aber auch als Einzelmaßnahmen außerhalb von Förderschwerpunkten erfolgen. Die Ämter für Landentwicklung und Flurneuordnung können in begründeten Einzelfällen für Vorhaben, die der Dorferneuerung, der Dorfentwicklung, Stärkung der Wirtschaftskraft oder der regionalen Entwicklung dienen, Ausnahmen vom Förderschwerpunktprinzip zulassen. Die Gemeinden legen in diesen Fällen die Vitalitätsprüfung für Thüringer Dörfer, und - sofern erforderlich - Dorfentwicklungskonzepte vor.

Zu Frage 3: Solche Projekte sind nach der Richtlinie „Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung“ mit Mitteln der Dorferneuerung und -entwicklung einschließlich dorfgemäßer Gemeinschaftseinrichtungen förderfähig. Als Fördervoraussetzungen gelten Ergebnisse der Vitalitätsprüfung der Thüringer Dörfer, erklärte Eigentumsverhältnisse, Vorlage eines Nutzungskonzeptes, Nachweis der Wirtschaftlichkeit.

Zu Frage 4: Im Datenverarbeitungsprogramm der Dorferneuerung werden derartige Vorhaben nicht gesondert erfasst. Diese gehen, wie auch andere Projekte, als dorfgemäße Gemeinschaftseinrichtungen in das Datenverarbeitungsprogramm ein. Eine Auswertung der Daten ausschließlich nach Dorfläden etc. ist nicht vorgesehen und damit nicht möglich. Es hätte mich persönlich nach Ihrer Anfrage auch interessiert, wie viele existieren, aber leider kann Ihnen das Haus dies nicht mitteilen.

Gibt es dazu Nachfragen? Bitte, Herr Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, Ihr Minister hat sich heute in den Medien zu einem ähnlichen Sachverhalt geäußert, dass eine verstärkte Förderung von Handelstrukturen erfolgen kann. Können Sie sagen, ob sich zu dem, was Sie jetzt beschrieben haben, und im Zusammenhang mit der Ankündigung des Ministers jetzt etwas Grundsätzliches ändert oder hat der Minister heute nur noch einmal auf die gegenwärtige Förderpraxis reflektiert?

Wir stehen den Anträgen positiv gegenüber. Das geht auch aus meiner Beantwortung hervor. Wir sind nur nicht selber Antragsteller oder wir gehen nicht selber in die Bütt, sondern wenn jemand so etwas betreiben und einen Dorfladen ins Leben rufen möchte, dann stehen wir dem positiv gegenüber und werden dies auch unterstützen.

Danke schön. Ich rufe jetzt die Anfrage der Frau Abgeordneten Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/ 1277 auf.

Windkraftanlagen auf dem Milmesberg

Mit der richterlichen Genehmigung des Verwaltungsgerichts Meiningen zum geplanten Bau von zwei Windkraftanlagen auf dem Milmesberg in der Nähe der Wartburg ist von mehreren Stellen der Landesregierung öffentlich mitgeteilt worden, dass nach Prüfung des Gerichtsurteils angestrebt wird, dagegen in Berufung zu gehen. Begründet wird dies mit einer eventuellen Gefährdung des UNESCO-Weltkulturerbe-Status der Wartburg, die unbedingt vermieden werden solle.

Ich frage die Landesregierung:

1. Auf welcher Grundlage basiert die Einschätzung der Landesregierung, dass mit dem Bau der Windkraftanlagen auf dem Milmesberg der Status als UNESCO-Weltkulturerbe gefährdet ist?

2. Sind bisher in dieser Angelegenheit Gespräche mit der Deutschen UNESCO-Kommission geführt worden und wenn ja, mit welchem Ergebnis, wenn nein, wieso nicht?

3. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind maßgeblich in Bezug auf den Mindestabstand der geplanten Windkraftanlagen zur Wartburg?

4. Welche konkreten Fälle sind der Landesregierung bekannt, bei denen der Bau einer Windkraftanlage Auswirkungen auf die Qualität eines Welt

kulturerbes hatte und liegen dazu gerichtliche Entscheidungen vor?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Carius.