Protokoll der Sitzung vom 06.10.2010

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, Sie haben zu Recht darauf verwiesen, man kann bei der Steuerfahndung nicht Effizienzkennziffern zu Rate ziehen. Aber können Sie einschätzen, ob die jetzige und künftige Personalstruktur tatsächlich ausreicht, um in diesem Bereich mögliche Gesetzesverletzungen zeitnah und effektiv zu verfolgen?

Die Frage ist zu allgemein gefasst. Die Frage ist doch Folgende: Wir haben eine Personalbedarfsberechnung und daraus ergibt sich eine gewisse Notwendigkeit einer Anzahl an Steuerfahndungsprüfern. Was wir jetzt vorhaben, ist einfach, wir haben in Suhl zum Beispiel einen Sachgebietsleiter, der ist nicht voll ausgefüllt als Steuerfahndungssachgebietsleiter. Das heißt, Sie haben da eine Unterdeckung und es ist schwierig, das mit anderen Sachgebieten zu kombinieren. Durch die Konzentration erreichen wir es, dass wir ausschließlich Steuerfahndungssachgebietsleiter einsetzen können. Zudem ist es auch so, wenn ein Sachgebiets

(Staatssekretär Dr. Spaeth)

leiter mit einer Truppe draußen ist beim Durchsuchen, haben sie einen im Amt vor Ort. Das sind die Vorteile und darum geht es. Danke schön.

Ich sehe keinen weiteren Fragebedarf und rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bärwolff von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/ 1517.

Kürzung des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger Auswirkungen auf Thüringen

Die Bundesregierung plant mit dem Haushaltsbegleitgesetz für den Bundeshaushalt eine Kürzung des Elterngeldes. So sollen nach bisherigem Erkenntnisstand ALG-Il-Bezieher kein Elterngeld mehr bekommen. Ebenfalls ist die Anrechnung des Elterngeldes bei den Empfängern des Kinderzuschlags wie auch bei Angestellten im Niedriglohnbereich, den sogenannten Aufstockern, geplant. Laut Bundesregierung soll mit dieser „Neujustierung“ ein Betrag von 600 Mio. € gekürzt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Elterngeldbezieher gibt es in Thüringen derzeit und wie gliedern sich diese nach den Kategorien ALG-II-Bezieher, Aufstocker, Empfänger des Kinderzuschlags und einfache Bezieher des Elterngeldes auf?

2. Welche Auswirkungen erwartet die Landesregierung, wenn die Kürzung des Elterngeldes tatsächlich so eintritt, wie dies vom Bundeskabinett vorgesehen ist, insbesondere im Hinblick auf Wohngeld?

3. Wie verhält sich die Landesregierung bei der Abstimmung des Sparpakets zur Kürzung des Elterngeldes im Bundesrat?

4. Welche Auswirkung hat die Kürzung des Elterngeldes auf die betroffenen Haushalte und die Armutsquote in Thüringen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit. Herr Staatssekretär Dr. Schubert.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bärwolff beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zunächst eine kurze Vorbemerkung: Herr Bärwolff hatte gesagt, dass nach seiner Kenntnis ALG-II-Bezieher künftig kein Elterngeld mehr bekommen. Die Aussage ist so nicht ganz richtig, also was geplant

ist. ALG-II-Bezieher haben auch zukünftig einen Anspruch auf Elterngeld, allerdings wird die Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes bei Bezug von Arbeitslosengeld II aufgehoben, so dass das Elterngeld voll auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Das ist in der Summe egal, aber ich wollte es korrekt darstellen.

Zu Frage 1: Im September 2010 gab es in Thüringen 10.793 Bezieher von Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Von diesen 10.793 Beziehern erhielten 3.048 Personen 300 € und 567 Personen 375 €. Der letztgenannte Betrag setzt sich zusammen aus dem Mindestbetrag von 300 € und einem Geschwisterbonus in Höhe von 75 €. Die Statistik unterscheidet nicht zwischen ALG-II-Beziehern, Aufstockern oder auch Personen, die Hausfrauen, Studenten oder Minijobber sind. Deswegen lässt sich das nicht nach ALG-IIBeziehern aufgliedern.

Zu Frage 2: Wenn die Kürzung des Elterngeldes tatsächlich eintritt, wie dies vom Bundeskabinett vorgesehen ist, sind insbesondere beim Wohngeld Mehrausgaben zu erwarten. Aufgrund fehlender statistischer Daten sind jetzt allerdings diese Aussagen nicht quantifizierbar. Die Aufhebung der Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes im Falle des Bezuges von SGB-II-Leistungen kann dazu führen, dass Familien ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld II verlieren und stattdessen einen Wohngeldanspruch erhalten. Im geringeren Maße wechseln zudem Haushalte wegen der Aufhebung der Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes bei Bezug von SGB XII Leistungen in das Wohngeld. Des Weiteren verringert sich durch die Minimierung des Elterngeldes bei bisherigen Wohngeldhaushalten das anrechenbare Einkommen, so dass sich deren Wohngeld erhöhen kann.

Zu Frage 3: Das Kabinett wird seine Position bezüglich der Abstimmung des Sparpakets zur Kürzung des Elterngeldes im Bundesrat in der Kabinettsitzung am 12. Oktober 2010 festlegen.

Zu Frage 4: Mit der Aufhebung der Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes wird damit gerechnet, dass den betroffenen Haushalten weniger Einkommen zur Verfügung steht als vorher. Dies ist meines Erachtens sehr bedauerlich, da die Geburt eines Kindes höhere Ausgaben mit sich bringt und diese mit dem Elterngeld teilweise ausgeglichen werden sollten. Mit der vollständigen Anrechnung des Elterngeldes wird daher der finanzielle Engpass, in den auch gerade Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem SGB II mit der Geburt eines Kindes geraten, verschärft. Welche Auswirkungen die Kürzung des Elterngeldes auf die Armutsquote in Thüringen hat, ist nur schwer zu beantworten. Schwierig ist schon die Festlegung eines allgemeingültigen Armutsbegriffs oder einer Armutsquote. Für die europäischen Staaten hat sich der soge

(Staatssekretär Dr. Spaeth)

nannte relative Armutsbegriff etabliert, der eine bestimmte Quote eines mittleren Einkommens als Armutsrisiko definiert. Nach der europäischen Definition gilt als dauerhaft einkommensarm, wer aktuell und mindestens in zwei von drei Vorjahren mit einem Nettoäquivalenzeinkommen von weniger als 60 Prozent des Einkommensmedians auskommen musste. Aus der Zielstellung mit Sozialtransfer die Armutsrisikoquote aufzufangen bzw. zu senken, kann im Umkehrschluss gefolgt werden, dass das Armutsrisiko ansteigen könnte, soweit Sozialtransfers reduziert werden.

Es gibt den Wunsch auf Nachfrage zunächst vom Abgeordneten Blechschmidt.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, am 12. wird sich das Kabinett letztendlich mit der Entscheidung befassen, wie die Landesregierung im Bundesrat abstimmen wird. Meine Frage: Gibt es eine Empfehlung Ihres Hauses in dieser Kabinettsvorlage?

Da gibt es noch keine Empfehlung, sondern das wird am 12. dann im Kabinett beschlossen.

Die nächste Nachfrage durch den Abgeordneten Kuschel.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, nach welchen Kriterien will denn die Landesregierung die Entscheidung zum Abstimmungsverhalten treffen?

Natürlich vor allen Dingen wie sich die Auswirkungen dieses Pakets auf den Freistaat Thüringen darstellen, welche finanziellen Auswirkungen dieses Paket auf den Landeshaushalt haben wird und auf die Bevölkerung in Thüringen. Das sind die Kriterien, nach denen entschieden wird.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Eben haben Sie gesagt, Sie kennen die Aus- wirkungen nicht.)

Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bergner von der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/1519.

Danke, Herr Präsident.

Anhörung der Verbände und lnteressenvereinigungen zum Vergabe- und Mittelstandsförderungsgesetz

In der Medieninformation zum Entwurf des Thüringer Vergabegesetzes vom 21. September 2010 wurde mitgeteilt, dass ca. acht Monate lang die Beratung und Diskussion - u.a. mit Verbänden und lnteressenvereinigungen in Thüringen - stattgefunden habe.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Verbände und Interessenvereinigungen in Thüringen wurden zum Entwurf des Vergabegesetzes angehört bzw. in die Beratung und in die Diskussion mit einbezogen?

2. Welche Verbände und Interessenvereinigungen standen dem Gesetzentwurf ablehnend gegenüber?

3. Wie begründeten die Verbände und lnteressenvereinigungen, die dem Gesetzentwurf ablehnend gegenüberstanden, im Einzelnen ihre Position?

4. Wie soll die konkrete Umsetzung der Mittelstandsförderung nach dem zweiten Abschnitt des Vergabegesetzes erfolgen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, Herr Staatssekretär Staschewski.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Folgende Verbände und Interessensvereinigungen in Thüringen wurden zum Entwurf des Vergabegesetzes angehört bzw. in die Beratung und in die Diskussion mit einbezogen:

Bauindustrieverband Hessen-Thüringen auch im Namen des Verbandes baugewerklicher Unternehmen Thüringen e.V., Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e.V. Landesgruppe Thüringen, DB Regio AG Verkehrsbetrieb Thüringen, DGB Thüringen, Erfurter Bahn GmbH, Gemeindeund Städtebund Thüringen, Handwerkskammer Erfurt für die Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammer Erfurt für die Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Industrie- und Handelskammern, Landesfrauenrat Thüringen e.V., Landesinnungsverband des Bauhandwerks Thüringen, Neue Richtervereinigung, Thüringer Architektenkammer, Thüringer In

(Staatssekretär Dr. Schubert)

genieurkammer, Thüringer Landkreistag, Thüringer Richterbund, Thüringer Verwaltungsrichterverein, Transnet Bezirk Thüringen, ver.di Landesbezirk Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Verband baugewerklicher Unternehmer Thüringen e.V., Verband der Thüringer Wohnungsimmobilienwirtschaft e.V., Verband deutscher Vermessungsingenieure, Landesverband Thüringen.

Zu Frage 2: Es gab Verbände und Interessenvereinigungen, die durchaus auch kritische Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf vorgebracht haben, so zum Beispiel der Bauindustrieverband Hessen-Thüringen auch im Namen des Verbandes baugewerklicher Unternehmer Thüringen e.V., die Industrieund Handelskammer Erfurt für die Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Industrie- und Handelskammern und andere.

Zu Frage 3: Im Hinblick auf die große Anzahl der eingegangenen Stellungnahmen und ihr teilweise enormer Umfang würde es insbesondere den zeitlichen Rahmen einer Mündlichen Anfrage sprengen auf konkret jede einzelne ablehnende Stellungnahme im Detail einzugehen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich verweise auch auf die umfänglichen Berichterstattungen in den Thüringer Medien dazu.

Zu Frage 4: Die Umsetzung der Mittelstandsförderung nach dem zweiten Abschnitt des Thüringer Vergabeund Mittelstandsfördergesetzes erfolgt wie bisher für das Mittelstandsfördergesetz durch Richtlinien und Verwaltungsvorschriften maßgeblich im Rahmen von Programmen zur Wirtschaftsförderung.

Es gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller.

Besten Dank, Herr Staatssekretär. Nun war Ihre Fähigkeit im schnellen Vorlesen doch beeindruckend, insofern bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich alle in der Tat gehört habe. War bei den Verbänden, die Sie aufgezählt haben, der Verband der Wirtschaft Thüringens e.V. dabei?