Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

Herr Kellner, weil Sie gesagt haben, da müssten Sie schon mal definieren, was die Standards sind für ein solches flächendeckendes Bibliotheksnetz. Also erstens verweise ich darauf, dass wir dazu eine Anhörung hatten in der letzten Legislaturperiode, da können Sie nachlesen. Aber zweitens wussten Sie, dass es wirklich Indikatoren dafür gibt, wie Bibliotheken flächendeckend aufgebaut sein müssten, welche Personalstellen pro Tausend Einwohner in ihnen sein sollten, wie nah oder wie fern sie zu Wohnorten sind, wie viel Fachpersonal in ihnen arbeitet, wie Anschaffungsetats konstruiert sein müssen. Wissen Sie das?

Also, ich habe ja Ihren Gesetzentwurf gelesen. Da habe ich von dem allen nichts gefunden und über den reden wir doch jetzt, Frau Dr. Klaubert.

Das heißt, Sie wissen es nicht.

Nein, ich habe mich auf Ihren Gesetzentwurf bezogen, da haben Sie gesagt, muss erreichbar sein, aber nicht definiert, was man unter Erreichbarkeit versteht.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Haben Sie mal eine Bibliothek besucht?)

Ja. So steht es bei Ihnen drin.

Meine Damen und Herren, im Kultusministerium wird derzeit ein Leitbild erarbeitet, das die Entwicklung und Gestaltung der Kulturlandschaft Thüringen im Gesamten darlegt. Das hatten Sie ja auch bereits erwähnt, dass das auf den Weg gebracht wird. In diesem Zusammenhang werden auch die Bibliotheken zu thematisieren sein, um zu sehen, ob sich das Gesetz bewährt hat, und falls nicht - was ich nicht erwarte -, wie es zu verbessern sein wird. Darüber hinaus wird es aber auch um Musikschulen und Jugendkunstschulen gehen. Da dieser Prozess aber noch nicht abgeschlossen ist, ist es Zeitverschwendung heute über ein Gesetz zu debattieren, das sich einen Teilaspekt herauspickt. Wollen wir in einem Jahr über Musikschulen debattieren, um dann zu merken, dass wir mit einer Änderung des Bibliotheksgesetzes schon unsere Möglichkeiten ausgereizt haben? Ich denke, Sie sollten die Diskussion abwarten, was die Entwicklung des Leitbildes Kultur bringt und wir sollten dann neu darüber befinden, inwieweit es erforderlich ist, hier neu zu handeln oder Ergänzungen oder Änderungen vorzunehmen. Danke.

Vielen Dank, Herr Kellner. Sie hatten Herrn Kuschel noch die Beantwortung einer Frage versprochen.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Kellner, Sie haben darauf verwiesen, dass im Rahmen der Schlüsselmasse auch ein Finanzanteil enthalten ist für sogenannte freiwillige Aufgaben, also nicht gesetzlich normierte Aufgaben, und da müssen die Kommunen selbst Prioritäten setzen. Können Sie mir sagen, wie hoch der Anteil bei der angemessenen Bedarfsermittlung für die freiwilligen Leistungen ist?

Also die freiwilligen Leistungen, das entscheiden die Kommunen. Die haben es in der Schlüsselmasse drin und Sie entscheiden, wie viel sie davon nehmen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Er hat nach dem Bedarf gefragt.)

Ja, ja, ich sage es ihnen nur. Das entscheiden die Kommunen. Die Höhe kann ich Ihnen nicht genau beziffern.

Gestatten Sie noch eine weitere Nachfrage des Abgeordneten Kuschel?

Vielleicht war meine Frage unkonkret formuliert. Also das Land ermittelt den angemessenen Finanzbedarf und zum Rahmen des angemessenen Finanzbedarfs hat das Land auch eine gewisse Summe bereitgestellt für sogenannte nicht gesetzlich normierte Leistungen, im Sprachgebrauch für freiwillige Leistungen. Insgesamt ist die Finanzmasse 2,6 Mrd. €. Ich möchte jetzt von Ihnen wissen, Sie sind ja Mitglied der Regierungskoalition, dass Sie mir den Anteil sagen, der für freiwillige Leistungen in dieser Bedarfsermittlung den Kommunen zuerkannt wurde.

Ich weiß nicht, was das jetzt damit zu tun hat. Ich kann nur wiederholen, die freiwilligen Leistungen, das sagt es ja, die Kommune vergibt die so, wie sie das möchte. Und wie hoch die freiwilligen Leistungen als Zuweisung bzw. in der Schlüsselmasse enthalten sind, ändert nichts an der Sachlage, dass die Kommune darüber entscheidet, wie sie es verwendet. Also ist es wenig hilfreich, die Summe festzulegen, wenn die Kommune zum Schluss entscheidet, was sie damit macht. Das ist eigentlich der Knackpunkt oder das Entscheidende. Nicht die Höhe der Summe ist entscheidend, sondern was die Kommune daraus macht. Und bisher, denke ich mir, haben sie das auch verantwortungsvoll getan und die Mittel auch letztendlich dafür verwandt. Also die Höhe der Summe bringt uns da überhaupt nicht weiter, weil es am Grundsatz vorbeigeht. Danke.

Vielen Dank, Herr Kellner. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Döring für die SPD-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Jetzt bin ich aber besonders erwartungsfroh.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe in der ersten Lesung, Frau Klaubert, klar gesagt, dass ich in einer Reihe von inhaltlichen Punkten mit Ihnen übereinstimme, dass wir aber einen anderen Ansatz entwickeln wollen

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Müssen!)

Frau Rothe-Beinlich hat das auch noch einmal deutlich gemacht -, nämlich ein umfassendes Kulturfördergesetz. Und daran hat sich und daran wird sich nichts ändern. Danke.

(Beifall SPD)

(Abg. Kellner)

Vielen herzlichen Dank, Herr Döring. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Hitzing für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Entschuldigung, ich war nicht darauf vorbereitet, dass Herr Döring so schnell ist.

Sehr verehrte Damen und Herren, Bibliothek heißt in der Übersetzung Büchersammlung und so wurde das bis weit in das 20. Jahrhundert auch verstanden und sie ist heute nicht nur Büchersammlung, sondern auch eine Dienstleistungseinrichtung, in deren Zentrum die publizierte Information in ihrer verschiedenen Form besteht. Sie merken schon, das ist eine Definition. Um diese herum gruppiert die Bibliothek Dienstleistungen, wie die Beschaffung des Zugangs für digitale Publikationen, Publikationsserver, Beschaffung und Nutzung von gedruckten Publikationen, Unterstützung bei Publikationen etc., etc., etc. Bibliotheken sind also nach ihrer Beschreibung Bildungseinrichtungen. Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit, Bibliotheken auch noch moderner zu beschreiben und zu definieren, die da heißt, sie sind auch Einrichtungen, die unter archivarischen, ökonomischen und synoptischen Gesichtspunkten publizierte Informationen für die Benutzer sammelt, ordnet und verfügbar macht. Das bedeutet allerdings auch nichts anderes, als dass Bibliotheken an bestimmten Stellen Bedingungen der Wirtschaftlichkeit entsprechen müssen.

Wir stehen nach wie vor dem Gesetzentwurf aus gerade diesem Grunde skeptisch gegenüber. Dabei möchte ich ausdrücklich betonen, dass wir den Ausbau der Neugestaltung von Bibliotheken auf keinen Fall ablehnen, aber in Zeiten der kommunal klammen Kassen, wie wir das jetzt momentan erleben, müssen sich Bibliotheken, und zwar Bibliotheken, die bereits bestehen, auf ganz besondere Fragen und Zwänge einrichten und Kostendiskussionen stellen, so dass wir da unsere Bedenken haben.

Auch wir wollen Bibliotheken in Thüringen erhalten und stärken, denn für uns ist Bildung selbstverständlich ein zentrales Bürgerrecht. Die Ansätze in diesem Antrag sind genau in diese Richtung orientiert und deshalb auch ohne Weiteres wirklich lobend zu erwähnen, ganz besonders wenn es um die Bereiche Schülerförderung, Lesekompetenz und Lesefrühförderung geht. Wir müssen uns aber trotzdem davor hüten, Bibliotheken mit zusätzlichen Aufgaben zu überfordern, besonders im Bereich der personellen und finanziellen Mittel. Ich komme da natürlich immer wieder auf die Träger und logischerweise auf die Kommunalhaushalte und den Landeshaushalt zu sprechen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Landeshaushalt in der Lage ist,

solche freiwilligen Aufgaben zu finanzieren. Die Kommunalhaushalte werden es so nicht einfach schultern können.

(Beifall FDP)

Vor dem Hintergrund der kommunalen Finanznot, welche die Kommunen bereits jetzt erleben, sind sie natürlich auch gezwungen, an vielen Stellen zu sparen, sehr effizient das Geld, das ihnen zugewiesen wird und das sie über andere Einnahmequellen erhalten, einzusetzen, um im Sinne der Bürger arbeiten zu können. Das ist der Grund - und ausschließlich das -, weshalb wir sagen, an dieser Stelle und zum jetzigen Zeitpunkt lehnen wir den Gesetzentwurf so ab. Die finanzielle Situation der Kommunen und des Landes ist bekannt, die Stärkung der Bibliotheken im Grundsatz zu begrüßen, aber trotzdem glauben wir, dass wir gerade bei der jetzigen Diskussion, der heutigen Diskussion nicht auf der einen Seite über viele Sparzwänge reden können und reden müssen. Wir haben gehört, wo gespart werden muss.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie kürzen, nicht sparen.)

Mit vielen Dingen sind wir - also auch ich - nicht einverstanden. Trotzdem können wir uns bestimmten Notwendigkeiten nicht entziehen. Deshalb ist es auch nötig, an bestimmten Stellen zu sagen, hier so weit und nicht weiter. Wir können also nicht auf der einen Seite sparen wollen und müssen und auf der anderen Seite das Geld mit vollen Händen ausgeben. Deshalb plädiere ich dafür, dass die Bibliotheken, die wir im Lande haben, erhalten werden und das Bestehende fortgesetzt wird, evaluiert wird, eventuell auch bestimmte Dinge erneuert werden. Aber ich glaube nicht, dass es momentan möglich ist, mehr zu machen.

(Beifall FDP)

Das funktioniert so nicht. Das sehen auch die Thüringer Bürger so. Wir haben ganz andere Baustellen. Gerade im Bereich der Bildung - das wissen wir, wir werden morgen noch lange und hinlänglich darüber reden können - haben wir sehr viel zu schultern. Da erscheint es mir im Hinblick auf den Tagesordnungspunkt 2 schon ein maßgeblicher Schritt nach vorn zu sein - Tagesordnungspunkt 2 des morgigen Tages - wenn wir eine gleichbleibende Finanzierung hinbekommen würden. Nicht einmal das ist möglich, wie mir das momentan erscheint. Die Haushaltslage des Landes Thüringen ist so prekär, dass mit Mühe und Not ein verfassungskonformer Haushalt zustande kommt. Und ich kann mir die stärkere Unterstützung der Kommunen im Bereich der Bibliotheken nur als unrealistisch vorstellen und sehe da keine Lösung.

Wir sollten uns also darauf konzentrieren, dass die bestehenden Angebote erhalten bleiben und so aufstellen, dass nicht noch mehr Bibliotheken ge

schlossen werden müssen und die vorhandenen Bibliotheken vor allem natürlich jüngere Gäste und jüngeres Klientel heranziehen und ansprechen können. Zu diesem einen Punkt hätte ich auch noch einmal eine Frage bzw. muss die Frage wiederholen. Ich habe dies in der letzten Debatte schon einmal gesagt, dieser Begriff „erreichbare Nähe“ stört mich auch. Denn ich muss Ihnen sagen - das wissen Sie ebenso -, es gibt natürlich gerade in der Gesetzgebung manches Mal eine Interpretationsmöglichkeit, von der man nicht glaubt, dass sie auftauchen würde. Aber wenn ich an das Straßenausbaubeitragsgesetz denke und an das Wort „können“ und wenn man aus können „sollen“ und „müssen“ macht, dann kann man auch aus „erreichbarer Nähe“ eine Kilometerzahl interpretieren, die mir momentan noch nicht klar ist. Deshalb würde ich da auch sagen, hier muss die Sache besser definiert werden, um ganz einfach genau zu wissen, worum es eigentlich geht. Die Debatten um die Kommunen, um den kommunalen Finanzhaushalt sind im Gange. Der Kommunale Finanzausgleich ist überhaupt nicht klar. Damit sind die Haushalte der Kommunen für das nächste Jahr noch nicht klar und unter diesem Aspekt werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. Dazu kann ich nur sagen, Verzögerungstaktiken auf Kosten der Kommunen sind nicht hinnehmbar. Wir haben heute Ansätze in der Diskussion gehört. Wir werden solchen Taktiken nicht zustimmen und werden auch leider diesem Gesetzentwurf deshalb nicht zustimmen können. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen herzlichen Dank, Frau Hitzing. Bevor ich mit der Redeliste fortfahre - es liegt eine weitere Wortmeldung aus den Reihen der Abgeordneten vor -, bin ich gehalten, darum zu bitten, dass die nonverbalen Äußerungen mit weißer Schrift auf rotem Grund bei der Fraktion DIE LINKE bitte entfernt werden. Wir haben uns dazu im Ältestenrat verständigt, dass nonverbale Äußerungen hier nicht stattfinden. Ich möchte darum bitten, diese jetzt zu entfernen, weil ich sonst gehalten bin, Ordnungsmaßnahmen zu ergreifen. Ich bitte nochmals darum, diese zu entfernen, auch wenn ich es immer noch nicht lesen kann. Ich glaube, jetzt ist es gut, es haben jetzt alle wahrgenommen, vielleicht könnte das jetzt bitte entfernt werden! Das ist nicht der Fall. Das ist jetzt die letzte Bitte, dies jetzt nochmals zu entfernen. Gut, dann bin ich jetzt gehalten, den Abgeordneten Matthias Bärwolff und Sabine Berninger, soweit ich das überblicken kann, einen Ordnungsruf zu erteilen, und bitte Sie, das zu entfernen. Vielen herzlichen Dank.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte doch noch einmal einen Sachverhalt aufgreifen, den Herr Kellner bedauerlicherweise in seiner Rede zwar anmoderiert hat, aber trotz meiner Nachfragen und dem Versuch, ihn zum Kernproblem hinzuführen, entweder nicht in der Lage oder nicht bereit war, noch mal die Zusammenhänge, die sich aus dem Finanzausgleich ergeben, und den Katalog der freiwilligen Leistungen bei den Kommunen hier darzulegen. Das ist aber wichtig für das Verständnis auch für die Öffentlichkeit, damit hier nicht im Raum stehen bleibt - so wie das Herr Kellner versucht hat -, die Verantwortung vom Land wegzunehmen und hin zu den Kommunen zu schieben und zu sagen, die Kommunen könnten im Rahmen ihrer freiwilligen Leistungen das alles selbst entscheiden.

Ich möchte, bevor ich auf diesen Sachverhalt eingehe, noch eine Anmerkung machen zum Beitrag der FDP. Der heutige Tag in seiner historischen Dimension ist schon mehrfach gewürdigt worden. Die FDP hat das jetzt fortgesetzt. Es gab einmal eine Losung: „Wir sparen, koste es, was es wolle.“ Sie haben hier wieder einen Beleg dafür erbracht, indem Sie sagen, auch die Bibliotheken wären geeignet, den Landeshaushalt zu konsolidieren. Wir sprechen hier immer vom Sparen. Wir sind uns einig, es ist Kürzen. Sparen hieße, etwas zur Seite zu legen von dem, was ich habe. Das ist nicht der Fall. Aber wer bei Bibliotheken spart oder kürzt - wir sprechen vom Kürzen -, der wird in anderen Bereichen das mehrfach drauflegen. Volkswirtschaftlich und gesellschaftlich macht es keinen Sinn, bei Bildung zu kürzen, unabhängig davon, ob es sich um frühkindliche Bildung oder um die klassische Bildung oder um ergänzende Angebote wie Volkshochschulen oder Bibliotheken handelt. Auch das müsste die FDP wissen, die durchaus kommunal verankert ist, Bürgermeister stellt, Kreistags- und Stadtratsmitglieder, Gemeinderäte, die genau Ihnen erklären können, was es heißt, wenn ich in dem sogenannten nichtgesetzlichen Bereich Mittel kürze, dass die irgendwann im pflichtigen Bereich aufschlagen, und dort legen die Kommunen dann mehrfach drauf. Da bitte ich einfach, wenn die FDP tatsächlich die Staatsfinanzen, die öffentlichen Finanzen im Blick hat, dann diese Zusammenhänge nicht vollkommen auszublenden, weil sie dann möglicherweise nur für den Augenblick einen Effekt erreichen, aber schon mittelfristig genau das Gegenteil erreichen, nämlich eine zusätzliche Belastung der öffentlichen Haushalte.

Da bin ich in dieser Frage noch einmal beim Geld. Nun hat Herr Kellner - da muss ich noch einmal zurückkommen auf den Ausgangspunkt - formuliert, das können die Kommunen im Rahmen ihrer freiwilligen gesetzlich nicht normierten Leistungen realisieren. Nun hatte ich ihm die Brücke gebaut, näm

(Abg. Hitzing)

lich, dass das Land auf Grundlage der Vorgaben des Verfassungsgerichts dazu verpflichtet ist, den Finanzbedarf bei den Gemeinden zu ermitteln und von diesem Finanzbedarf die eigenen Einnahmen der Kommunen in Abzug zu bringen. Daraus ergibt sich dann die Finanzausgleichsmasse des Kommunalen Finanzausgleichs und über die reden wir jetzt. Jetzt haben Sie richtigerweise formuliert, dass bei der Ermittlung des Finanzbedarfs das Land auch den Kommunen einen gewissen Anteil für freiwillige Leistungen zuerkennen muss. Mit dieser Frage hat sich das Verfassungsgericht nicht intensiv in Thüringen beschäftigt, sondern hat auf Entscheidungen anderer Bundesländer verwiesen. Andere Bundesländer haben entschieden, dass die Grundsätze der kommunalen Selbstverwaltung und das wird der Innenminister bestätigen können dann gewahrt sind, wenn die Kommunen noch einen Ausgabenkorridor zwischen 5 und 10 Prozent gemessen an den laufenden Ausgaben für sogenannte freiwillige Leistungen haben. Also 5 bis 10 Prozent der Finanzausgleichsmasse, die die Kommunen haben, müssen für freiwillige Leistungen zur Verfügung stehen. In diesem Bereich hat das Land durchaus eine Option, ob es an die 5 Prozent oder an die 10 Prozent in Abhängigkeit von der finanziellen Leistungskraft herangeht. Was macht aber der Freistaat Thüringen bzw. was hat die CDU mit dem Finanzausgleich 2009 und 2010 gemacht? Sie hat diesen Anteil für freiwillige Leistungen bei den Kommunen auf 3 Prozent und dann auf 2,2 Prozent gekürzt. Ich empfehle Ihnen den Referentenentwurf der jetzigen Landesregierung da haben Sie genauso Zugang wie wir als Opposition, der wird uns ja zur Verfügung gestellt -, da ist eine Übersicht, wie der Finanzbedarf der Kommunen für das Jahr 2011 ermittelt wird. Da können Sie in der Zeile 5 nachlesen, dass dort 2010 für die freiwilligen Leistungen bei den Kommunen 2,25 Prozent vorgesehen waren und das waren 122 Mio. €. 122 Mio. € werden bei der Ermittlung des Finanzbedarfs den Kommunen für die freiwilligen Leistungen zuerkannt. Und jetzt kommt es: Aufgrund der Tatsache, dass das Land kürzen will, wird dieser Bereich auf 1 Prozent reduziert, nämlich auf dann - da darf ich aus der Vorlage zitierten - 54 Mio. €. Sie reduzieren also schon von 122 Mio. € auf 54 Mio. €, was den freiwilligen Bereich der Kommunen betrifft.

Da stellen Sie sich hier hin und sagen, dann haben die Kommunen ja noch die Option dort selbst zu entscheiden, für welche freiwilligen Aufgaben sie die Mittel ausgeben. Das ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten.

(Beifall DIE LINKE)

Sie missachten seit Jahren die Vorgaben des Verfassungsgerichts, die besagt haben, mindestens 5 Prozent müssen zur Verfügung stehen. Sie haben nur 2,25 Prozent, jetzt reduzieren Sie das auf 1 Prozent, begeben sich damit zumindest verfas

sungsrechtlich auf sehr dünnes Eis und stellen sich dann noch hin und sagen, von diesen noch gekürzten Mitteln sollen gefälligst die Kommunen entscheiden, was sie noch für Bibliotheken ausgeben. Das, sage ich, ist höchst unanständig. Dann sollen Sie es von hier vorn einfach sagen, wir wollen nicht mehr, dass es Bibliotheken gibt. Dann ist es so, das ist doch ein Wort und damit können wir uns auseinandersetzen. Ich bedauere es, dass Sie in einer solchen Debatte als Vertreter der Regierungskoalition nicht in der Lage sind, diese einfachen Zusammenhänge, die ja aufgeschrieben sind, hier darzulegen, entweder weil Sie es nicht können oder nicht wollen. Ich unterstelle mal das Zweite, dass Sie nicht wollen. Das macht es aber nicht besser zur Variante 1. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Kuschel. Ich frage jetzt: Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das ist nicht der Fall. Gibt es Redebedarf vonseiten der Regierung zu diesem Gesetzentwurf? Das ist auch nicht der Fall.

Dann kommen wir jetzt direkt zur Abstimmung. Es wird direkt über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/1406 abgestimmt. Entschuldigung, ein Geschäftsordnungsantrag?