Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beraten heute das Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Tieren. Es wurde heute mehrfach angesprochen, was der Auslöser war. Dieser tragische Unfall in Sachsenburg, wo ein kleines Kind auf schreckliche Weise zu Tode gekommen ist, hat diese Diskussion wieder neu auf die Tagesordnung gerufen und hat gezeigt, welcher dringende Handlungsbedarf hier gegeben ist. Der Innenminister hat im Mai angekündigt, hier umfassend zu reagieren, ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Noch in diesem Jahr soll es nach Möglichkeit verabschiedet werden. Es wurde Wort gehalten und wir sind heute in der ersten Runde dieses zu diskutieren. Es kommt leider immer wieder zu Zwischenfällen mit gefährlichen Hunden, aber auch mit anderen Hunden, die nicht als gefährlich eingestuft sind. Hier zeigt die Statistik - Herr Gentzel hat es zitiert - mehrere hundert Vorfälle mit mehreren Toten. Das ist sehr viel, das ist auch nicht zu tolerieren, auch nicht hinzunehmen und deswegen ist hier Handlungsbedarf angesagt. Wichtig aus unserer Sicht ist aber, dass keine Rasseliste in dieses Gesetz aufgenommen wird, weil alle Untersuchungen zeigen, die Statistiken, aber auch die Stellungnahmen, dass nicht das Problem die Rasse ist, sondern die Haltung, die falsche Erziehung oder das gezielte Abrichten des Tieres, was ihren Genen zwar entspricht, aber dadurch die Gefahr verschärft. Vielmehr scheint Ursache für das Verhalten des Tieres die Erziehung und Ausbildung zu sein. Die Halter gefährlicher Tiere gehören in die Pflicht, das Gefahrenpotenzial, das von ihren Tieren ausgehen kann, auszuschließen. Mit dem Gesetzentwurf wird zwar in Bezug auf einige Arten ein Generalverdacht erstellt, aber dafür wird dem Halter die Möglichkeit gegeben, der zuständigen Behörde das Gegenteil zu beweisen. Ich denke, auch das ist im Gesetz ein guter Ansatz, um diesen Generalverdacht auf der einen Seite zwar auszusprechen, auf der anderen Seite aber dem Hundehalter die Möglichkeit zu geben, dies zu widerlegen. Kein Tier wird unwiderruflich ausgeschlossen. Ich finde dies einen guten Lösungsansatz, sowohl an den Halter als auch an das Tier werden Voraussetzungen geknüpft. Über die Vorschrift zur Haltung eines gefährlichen Tieres, wie Wesenstest, Chippflicht und Versicherungspflicht, können Gefahren deutlich minimiert und der Halter eines Tieres besser in die Verantwortung genommen werden. Die Regelungen dafür dürfen aber nicht zum Verwaltungsmonster werden und zulasten aller Tierhalter

(Abg. Renner)

gehen. Daher plädieren wir, die entstehenden Kosten möglichst auf den Tierhalter umzulegen und die Einführung von Registern genau zu prüfen. Eine höhere Belastung der Verwaltung kann angesichts der finanziellen Lage des Landes nicht das Ziel sein. Der Gesetzentwurf beschreitet aus unserer Sicht einen guten Mittelweg, er schafft Klarheit, senkt das Risiko der Bevölkerung vor gefährlichen Tieren und überträgt die Verantwortung an den Tierhalter. Wir müssen aufpassen, dass das Gesetz, das künftig dann umgesetzt werden soll in der Verwaltung, so gestaltet wird und so gestaltet ist, dass es von der Verwaltung verstanden und einfach umzusetzen ist und vom Bürger akzeptiert wird. Die Verwaltung ist gefordert, dies umzusetzen, kann das aber nur, wenn entsprechende Spielregeln so vorgegeben werden, die einfach praktikabel durchführbar sind. Da gibt es meiner Ansicht nach in diesem Gesetzentwurf noch viele Punkte, die zu diskutieren sind, die diskutiert werden müssen im Ausschuss. Hier steckt der Teufel im Detail.

Meine Damen und Herren, hier ist es besser, wir diskutieren das auskömmlich und ausführlich, bevor wir ein Gesetz verabschieden, das hinterher in der Verwaltung mehr Probleme aufwirft in der Umsetzung, als es Sicherheit für die Bürger bringt. Aus diesem Grund wird unsere Fraktion beantragen, diesen Gesetzentwurf noch einmal im Ausschuss ausführlich zu diskutieren.

Auf den Gesetzentwurf der LINKEN möchte ich auch kurz eingehen. Was den unterscheidet von unserem oder von dem Gesetzentwurf des Innenministers, ist der Generalverdacht aller Hundehalter. Allen Hundehaltern wird hier unterstellt, dass sie ihren Verpflichtungen nicht entsprechend nachkommen, dass alle Hundehalter eine Versicherung haben müssen, das haben sicherlich die meisten. Ich möchte eins noch dazu sagen: Die Vorfälle, gerade wie sie hier in Sachsenburg entstanden sind, die Hunde waren nicht angemeldet, die haben auch keine Versicherung gehabt. Das sind natürlich die schwarzen Schafe, die man mit keinem Gesetz bekommt. Auch das wurde mehrfach ausgeführt. Gegen kriminelle Machenschaften oder Kriminalität ist hier auch das beste Gesetz nicht gewappnet. Da hilft letztendlich nur, dass alle aufpassen und letztendlich auch aufmerksam beobachten, welche Tiere sich wo befinden. Das unterscheidet uns - noch einmal zurück zu diesem Gesetzentwurf der LINKEN -, dass hier alle Hundehalter verpflichtet werden sollen, Versicherungen abzuschließen. Es ist der Hundehalter immer verpflichtet und immer in der Pflicht, wenn sein Tier etwas anstellt, unabhängig davon, ob er eine Versicherung hat oder nicht. Das andere ist die Vorstellung beim Tierarzt, auch das halte ich für ein bürokratisches Monster, was hier aufgebaut wird, was eines Verwaltungsaufwands bedarf. Es müssen ja letztendlich dann auch Statistiken geführt werden, muss weitergemeldet

werden, ansonsten greift das zu kurz. Auch das ist meiner Ansicht nach mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Wir reden von allen Hundehaltern, von allen. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie viele Hunde es in Thüringen gibt.

(Zwischenruf Abg. Renner, DIE LINKE: Wis- sen Sie es?)

Ich weiß es nicht, aber ich denke, das sind mehrere Hunderttausend. Die alle dem Tierarzt jährlich vorzustellen, ist meiner Ansicht nach völlig überzogen.

(Zwischenruf Abg. Renner, DIE LINKE: Wis- sen Sie, wie viele Kfz wir in Thüringen haben und die brauchen auch alle eine Versiche- rung.)

Ja. Hier, denke ich, sollte man mit Augenmaß und Bedacht rangehen, dass es hinterher auch wirklich das bringt, was wir wollen. Wir wollen die gefährlichen Tiere regeln, insbesondere gefährliche Hunde. Das war der Auftrag und das waren letztendlich auch die Absicht und das erklärte Ziel. Wir wollen nicht alle Hundehalter überprüfen, reglementieren, einschränken oder Vorschriften machen, die eigentlich unnötig sind, weil sie ihrer Verpflichtung nachkommen. Wir wollen die gefährlichen Tiere regeln. Die haben wir bei uns jetzt auch aufgenommen bzw. im Entwurf sind sie enthalten, die letztendlich auch zu regeln sind. Über massige Hunde muss man sich vielleicht noch einmal gesondert unterhalten. Auch das ist meiner Ansicht nach in der Umsetzung aus meiner Sicht für die Verwaltung fast unmöglich. Darüber muss auf jeden Fall noch einmal diskutiert werden im Ausschuss. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag von den LINKEN ab und unseren Antrag, den Gesetzentwurf vom Innenministerium, möchten wir an den Innenausschuss überweisen. Danke.

Danke, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat jetzt der Abgeordnete Dr. Augsten das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, mir geht es so ähnlich wie dem Kollegen Gentzel, der zum Schluss gesagt hat - er ist sich nicht ganz sicher, bei dem was er hier vorgetragen hat - mir geht es noch einen Zahn schärfer. DIE GRÜNEN sind in der Frage Rasseliste tief gespalten. Ich kann das durchaus so sagen. Das liegt vielleicht daran, dass wir besonders viele Tierschützerinnen und Tierschützer in unseren Reihen haben, was wiederum damit zu tun hat, dass es die GRÜNEN waren, die in den letzten zwanzig Jahren die entscheidenden Maßnahmen vorangetrieben haben, um Tierschutz auch wirklich in Gesetze hineinzubringen.

(Abg. Kellner)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also wir sind ein Sammelbecken von Tierschützerinnen und Tierschützern. Es ist unkompliziert, wenn man nicht über Tierschutz redet, aber umso unbequemer, wenn es dann um die Sache geht, über die wir z.B. heute zu sprechen haben. Wir werden uns auch unserer Position, die ich dann auch darlegen werde, am Samstag in unserer Landesdelegiertenkonferenz versichern müssen. Dort werden wir das Thema ansprechen und werden hoffentlich die Mehrheit unserer Partei hinter uns bringen, hinter unsere Position. Das wird nicht einfach werden. Uns geht es da, glaube ich, nicht nur so wie Ihnen, sondern wir werden mit wesentlich mehr E-Mails und Anrufen usw. bombardiert, doch die Hände von dieser Rasseliste zu lassen. Wir haben da ziemlich was vor uns. Dennoch - normalerweise ein innenpolitisches Thema - habe ich meinen Kollegen, meinen innenpolitischen Sprecher der Fraktion Dirk Adams gebeten, das hier machen zu dürfen. Einfach deshalb, weil ich aus der Tierschutzbewegung komme, 15 Jahre intensiv dort gearbeitet habe und ganz gut nachvollziehen kann, wie diese Leute, die jetzt so massiv gegen den Gesetzesvorschlag vorgehen, ich sage mal, ein bisschen ticken, mich sehr gut in ihre Lage versetzen kann.

Ich habe einmal zu denen gehört, die geglaubt haben, dass sich der Grad der Tierliebe an der Anzahl der gehaltenen Tiere festmachen lässt, bis ich vor 20 Jahren mit Menschen zusammengekommen bin, die mir die Augen geöffnet haben, die nach dem Motto leben: Wer Tiere achtet und wer Tiere liebt, der schlachtet sie nicht, um sie aufzuessen. Wer Tieren etwas Gutes tun will, der hält möglichst wenige von ihnen, weil natürlich überhaupt keine Garantie gegeben ist, dass jemand, der ein Tier hält, auch das Wohl des Tieres im Auge hat. Das setzt man oft voraus, aber dem ist nicht so.

Insofern lebe ich heute anders, ich nehme Tiere nur in Notfällen auf und gehöre nicht zu denen, die aus Spaß oder anderen Gründen Tiere halten bis dahin, dass es vielleicht um Statussymbole geht, dass man allein ist und einen Partner braucht. Ich glaube, das ist auch ein Stück Perversion mittlerweile, dass wir die Probleme, die wir miteinander als Menschen haben, dann auf Tiere umwälzen, so nach dem Motto: Das Kind ist allein, unsere alten Menschen sind allein, denen geben wir mal ein Tier und dann sind sie nicht mehr allein und können ihre Probleme dann mit den Tieren besprechen. Das ist etwas, was zulasten der Tiere geht. Stellen Sie sich vor, ein Kind, was das Interesse an dem Tier verliert, was mit dem Tier ist, oder der alte Mensch, der im Altersheim stirbt, einen Hund zurücklässt, der auf diesen Menschen geprägt ist, das sind Dinge, die zulasten der Tiere gehen.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben gerade die Woche der Ernährung hinter uns. Im Fernsehen allerorten und zu allen Zeiten ging es um landwirtschaftliche Nutztierhaltung und wir mussten uns mal wieder die schlimmen Bilder aus der Landwirtschaft anschauen. Nun will ich das nicht schönreden - das wissen Sie -, aber das alles findet in der Öffentlichkeit statt. Diese Tiere werden jeden Tag gefüttert, diese Tiere kriegen auch einen Tierarzt zu sehen, wenn es ihnen schlecht geht. Ich will damit sagen, das eigentliche Drama im Bereich Tierschutz und Tierhaltung spielt sich nicht in der Landwirtschaft ab, da gibt es auch viel zu verändern. Das eigentliche Drama findet millionenfach hinter verschlossenen Türen statt, wo Tiere nicht versorgt werden, wo man den Tierarzt sich nicht leisten kann oder sparen will. Insofern, meine Damen und Herren, wird meine Fraktion diesen Gesetzentwurf unterstützen, weil wir jede Menge Initiativen brauchen, um die Tierhaltung im Heimtierbereich zu reglementieren.

(Beifall SPD)

Wir werden also diesen Gesetzentwurf unterstützen. Wir werden im Detail in den Ausschüssen reden, ob dann alles auch in Ordnung ist. Aber wir werden ihn grundsätzlich unterstützen, weil wir glauben, dass wir wesentlich mehr Verantwortung der Tierhalter für die Tierhaltung brauchen. Vieles, was ich jetzt gerade von Frau Renner gehört habe, kann ich da nicht unterstreichen. Es ist nicht automatisch so, dass jeder, der ein Tier hat, sich dort auch verantwortlich fühlt. Hier brauchen wir letzten Endes auch Ordnungsrecht. Es ist schade, dass das so ist, aber ohne geht es wahrscheinlich nicht.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, mir geht es so, wie dem Herrn Gentzel, ich brauche jetzt die einzelnen Punkte nicht aufzurufen. Es gibt ganz viel Übereinstimmung in unseren Positionen mit dem Gesetzentwurf, was die Einzelpunkte angeht, also was Sachkundenachweis angeht, die Haftpflichtversicherung muss natürlich sein. Weil das Problem ich weiß gar nicht, wer es gesagt hat - ist, wenn man nicht versichert ist, hat man ja nicht das Problem als Nichtversicherter - wenn man nicht bezahlen kann, sondern der Geschädigte hat das Problem, weil er dann nicht an sein Geld kommt. Wir sind genauso dafür, dass Leute, die gefährliche Hunde halten wollen, den Nachweis antreten müssen, warum sie denn diesen Hund und nicht eine andere Hunderasse halten wollen. Also hier gibt es ganz viel Übereinstimmung. Gleichwohl finden wir auch einige Dinge, die DIE LINKE mit in die Diskussion bringt, unterstützenswert. Wir würden hier tatsächlich den Sachkundenachweis für alle Hundehalter einführen wollen, weil wir glauben, das hat nichts mit der Größe des Hundes zu tun, mit der Gefährlichkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein jeder, der einen Hund hält - ich rede jetzt ganz bewusst nicht von allen Tieren, sondern vom Hund -, muss doch so viel Eigeninteresse haben, um nachzuweisen, dass er dazu auch in der Lage ist. Er muss die Zeit investieren, er muss das Geld aufbringen, um eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, insofern in diesen beiden Bereichen Sachkundenachweis und Haftpflichtversicherung das bitte für alle Hunde.

Meine Damen und Herren, ich komme zu dem Knackpunkt, den wir auch als GRÜNE letzten Endes zu bewältigen haben, und zwar zu der Rasseliste. Hier stimmen wir ausdrücklich den LINKEN nicht zu, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen Beißstatistiken: Frau Renner, ich habe gedacht, spätestens nachdem es ein Gutachten gibt von Vattenfall, was die 380 kV-Trasse als notwendig erachtet, hat man doch gemerkt, dass man mit Gutachten vorsichtig sein muss. Wenn Sie sich einmal die wissenschaftlichen Untersuchungen, die es in diesem Bereich gibt, anschauen - ich habe die für mich wertvollste von der TU in Berlin dabei - alle Gutachten, die dort gegen eine Rasseliste sprechen, sind von Tierschutzvereinen in Auftrag gegeben worden. Ich will jetzt nicht den Spruch loslassen, wessen Geld ich nehme usw. Fakt ist, ich habe den Eindruck, nicht, dass Innenminister leidenschaftslos sind, aber dass diejenigen, die solche Gesetze auf den Weg bringen, relativ leidenschaftslos sind. Sie machen das in der Verantwortung der Menschen, die dort gefährdet sind und in Verantwortung der Tiere, die man schützen muss. Die sogenannten Tierschützer, die das mit einer unglaublichen Leidenschaft machen, auch mit viel Geld, das dahinter steckt, die schaffen es, Leute zu mobilisieren und zu sagen, nun wertet die Statistiken doch mal so aus, dass dabei herauskommt, dass wir keine Rasseliste brauchen.

Wir alle haben es hinter uns, wir haben es in der Fraktion hinter uns, wo dann die Leute kamen und sagten, es gibt viel mehr Schäferhundbisse als Bisse von Bullterriern. Wenn ich aber tausendmal mehr Schäferhunde habe, ist es doch klar, dass es mehr Bisse von Schäferhunden gibt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern kann man Statistiken auch soweit auswerten, dass man zu der Einschätzung kommt, die man haben möchte, deshalb wäre ich da ein bisschen vorsichtig.

Zum Problem kleine Hunde, große Hunde: Wir alle haben Hunde oder kennen Leute, die Hunde haben. Natürlich beißen kleine Hunde viel mehr als große. Warum? Weil kleine Hunde von Leuten gehalten werden, die sich nicht zutrauen, einen großen Hund zu halten. Ich will jetzt gar keine Personengruppe benennen.

(Heiterkeit im Hause)

Man sagt, ich trau mir nicht zu, einen großen Hund zu führen, also schaffe ich mir einen kleinen an. Die werden nicht diszipliniert und die beißen dann auch öfters mal. Insofern ist eine Beißstatistik von kleinen und großen Hunden schon deswegen fragwürdig, weil es ganz andere Leute sind. Leute, die große Hunde halten, die wissen, was auf sie zukommt, die kümmern sich darum, dass sie diszipliniert werden, dass sie eine Ausbildung des Hundes haben. Diese Beißstatistiken sind mit sehr viel Vorsicht zu genießen. Wenn Sie ausführen, dass in den Ländern, in denen es die Rasseliste gibt, die Beißvorfälle nicht zurückgegangen sind - wer will denn das jetzt ins Verhältnis setzen? Es gibt die andere Statistik nicht, was ohne die Rasseliste gewesen wäre. Vielleicht hätten die Beißattacken zugenommen. Jetzt haben wir eine gleichbleibende Statistik, weil es diese Rasseliste gibt. Diesen Beweis heranzuziehen halte ich für ziemlich fragwürdig, weil man an dieser Stelle den Gegenbeweis nicht antreten kann.

Meine Damen und Herren, ich wollte noch auf den richtigen Hinweis der LINKEN eingehen, dass natürlich die Frage nach der Gefährlichkeit nicht rassebedingt ist. Das ist richtig, völlig klar, zu Recht sind die Halter hier angesprochen. Aber Fakt ist doch: Wenn es zu einer Attacke kommt, das kann beim Chihuahua anfangen und hört beim Bullterrier auf, dann macht es einen Unterschied, ob es ein kleiner Hund, ob es ein Dackel ist, ob es ein Pudel ist, ein Schäferhund oder einer von den vier Rassen, die Innenminister Huber in die Liste hineingeschrieben hat. Das ist der große Unterschied.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum berichten denn die Medien nicht von den vielen Bissen, die zu schwersten Verletzungen geführt haben und zu Todesfällen, wenn es um die anderen Rassen geht? Weil es meistens genau diese Hunderasse betrifft und wenn die einmal zubeißen, dann hat man möglicherweise ein großes Problem. Insofern geht es nicht darum, eine Rasse zu verteufeln, sondern auf die Wahrscheinlichkeit zu reagieren, wenn ein Tier einer bestimmten Rasse „austickt“, wie groß dann das Gefährdungspotenzial ist. Das ist bei diesen vier Rassen, da sind wir noch sehr bescheiden in Thüringen, außerordentlich groß, viel größer als bei anderen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist kein Angriff auf die Rassen, das ist kein Angriff auf die Hundehalter, die diese Rassen halten, sondern einfach nur die Reaktion auf die Wahrscheinlichkeit, dass hier viel mehr passieren kann, als wenn andere Hunderassen zubeißen.

Zu den Hundehaltern, damit komme ich zum Schluss: Ich habe darauf hingewiesen, dass wir ganz viel im Gesetzentwurf mittragen und das ver

langen wir auch von verantwortungsbewussten Hundehaltern oder Tierhaltern, das geht ja über die Hunde hinaus. Jemand, der verantwortungsbewusst mit Tieren umgeht, wird nichts dagegen haben, einen Sachkundenachweis zu realisieren, der wird eine Haftpflichtversicherung abschließen, selbstverständlich, er wird ein großes Interesse haben, dass illegale Hundehaltung und Zucht nicht stattfinden. Das sind alles Dinge, die wir verlangen können, bei denen wir auch die Zustimmung von verantwortungsbewussten Tierschützern und Hundehaltern haben.

Ich habe bei dieser Studie von der TU Berlin, die ich bereits zitiert habe, ein hervorragendes Material, ein sehr schönes Zitat am Ende gefunden, ich zitiere: „Die Hauptproblematik liegt beim Menschen, der den sogenannten scharfen Hund will.“, von Frau Jutta Redlich, in „Gefährliche Hunderassen“ aus dem Jahr 2000. Ich glaube, sie bringt es auf den Punkt. Deswegen ja zu dem Gesetzentwurf, ja, weil es ein Anfang ist. Wir müssen darüber diskutieren. Ich finde den Vorschlag von Herrn Gentzel außerordentlich unterstützenswert, dass man eine Evaluierung machen muss. Man muss an dem Gesetz arbeiten, selbstverständlich. Ja zu diesem Gesetzentwurf, weil wir Menschen schützen müssen, selbstverständlich. Es ist oft genug darüber gesprochen worden, was passiert ist. Ja - und das ist mir vielleicht das Wichtigste - um die Hunde, die dazu nichts können, vor den Menschen zu schützen, die in dem Zitat gerade genannt wurden, nämlich vor Menschen, die den Hund missbrauchen wollen. Deswegen brauchen wir einen Anfang an dieser Stelle.

(Beifall SPD)

Deswegen bekommen Sie von uns auch die Unterstützung für diesen Gesetzentwurf. Wir freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. Wir würden noch vorschlagen, das im Umweltausschuss noch mitzudiskutieren, weil es nicht nur um Hunde geht, es geht auch um andere Tiere. Das wäre vielleicht für uns auch ganz interessant. Da gibt es die Verabredung mit den LINKEN und dann würden wir diskutieren. Ich glaube, wir bekommen dann ein sehr gutes Gesetz und Herr Minister, herzlichen Dank dafür.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Bergner von der FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein brisantes Thema, mit dem wir uns hier beschäf

tigen und ich bin froh, dass es nun endlich den Weg in das Parlament geschafft hat. Ich sage eines vorweg, auch bei unterschiedlichen Auffassungen beantragen wir die Überweisung an den Innenausschuss, weil wir der Meinung sind, die Bearbeitung von Themen, die Behandlung von Themen, sollte man nicht einfach nur abwürgen, so wie wir das heute schon erlebt haben.

Nach der tödlichen Attacke auf ein kleines Mädchen in Oldisleben/Sachsenburg durch 4 Hunde, das wohl 3 Staffordshire Bullterrier und ein Husky gewesen sind, verteidigte der Innenminister Ende Mai noch die bestehende Gefahrenhundeverordnung und erklärte, dass eine Rasseliste nicht unbedingt zu mehr Sicherheit führt. Leider ist es dem Innenminister nur wenige Tage später eingefallen, dass er auf eine Rasseliste nicht verzichten kann. Im Juni durften wir dann einen Referentenentwurf zum Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Tieren lesen. Dieser Entwurf enthielt eine offene Rasseliste, in dem die 4 Rassen der Pittbullterrier, American-Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden als unwiderlegbar gefährlich eingestuft worden sind. Nach diesem Entwurf und der Ankündigung, ein Gesetz im August einbringen zu wollen, passierte erst einmal nichts. Ich glaube, dass der Innenminister nicht mit so viel Engagement der Interessenvereinigungen, der Vereine, Kammern und der Bürger gerechnet hat. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich namens meiner Fraktion einen herzlichen Dank aussprechen an alle, die sich für dieses Thema so engagiert haben. Denn wir sind der Meinung, das war ein mustergültiges Stück von Bürgerbeteiligung.

(Beifall FDP)

Leider mussten wir im Oktober durch den Gesetzentwurf der Landesregierung feststellen, dass der Innenminister den Menschen zwar die Möglichkeit gibt, sich zu äußern, ich denke da an die 267 Einträge im Blog des Innenministeriums, aber auf die mehrheitliche Meinung, die gegen eine Rasseliste in diesen Beteiligungen ist, offensichtlich keinen Wert legt. Und wäre das nicht schlimm genug, werden im vorliegenden Gesetzentwurf große Hunde mit gefährlichen Tieren gleichgesetzt. In dem Gesetzentwurf der Landesregierung finden wir unter § 2 des Gesetzentwurfs, in denen die Hunderassen, deren Kreuzungen und große Hunde normiert sind, dass genau dieser Paragraph nach unserer Auffassung nicht praktikabel ist und dass er eine Klagewelle betroffener Hundehalter erwarten lässt.

Am 13.09.2010 tötete ein Rottweiler in SachsenAnhalt einen dreijährigen Jungen. Am 19.10.2010 tötete ein Mischlingsmix aus Schäferhund und Rottweiler in Kindelbrück im Kreis Sömmerda seine Halterin. Diese beiden schrecklichen Vorfälle allein

(Abg. Dr. Augsten)