Protokoll der Sitzung vom 10.12.2010

Ich möchte, dass die Schulen, die existieren und die nachgewiesenermaßen eine richtig gute Arbeit machen, genau diese Arbeit fortsetzen können, und dazu brauchen sie zum Teufel auch dasselbe Geld.

(Beifall DIE LINKE)

Sie zeigen uns nämlich, wie ein Zwei-PädagogenSystem und eine inklusive Schule funktioniert. Dann kann man nicht sagen, dass man übermorgen eventuell das kürzen muss. Dann müssen Schulen diese Konzepte einschränken. Das kann so nicht sein. Was ich aber durchaus verstehe, dass wir nicht zuschauen wollen, dass weitere freie Schulen sich einfach so gründen. Das Recht haben sie, das weiß ich, da unterscheide ich mich beispielsweise von den GRÜNEN, das ist ganz klar. Aber deswegen finde ich das, was im Gesetz drinsteht, dass das in Absprache mit den Schulträgern erfolgen muss und nur dadurch dann die Wartezeit verkürzt wird, auch richtig gut. Das war, wenn ich mich richtig erinnere, auch mal eine Idee von mir schon vor ein paar Jahren. Wenn alle Ideen so lange dauern, ist es zwar schlimm, aber möglicherweise können Sie sich auch mit anderen von uns genannten Ideen anfreunden, denn es geht um die Wahlfreiheit, die Wahlfreiheit für gute Schule in Thüringen. Da gehören zu den öffentlichen Schulen nun mal die staatlichen und die freien Schulen. Eine tatsächliche Wahlfreiheit würde für mich bedeuten, kein Schulgeld nehmen zu müssen, gar kein Schulgeld nehmen zu müssen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das wiederum würde bedeuten, ich müsste auch die freien Schulen wirklich ausfinanzieren. Dann müsste ich dazu Bedingungen formulieren, unter denen das möglich ist. Das habe ich hier von diesem Pult aus auch schon mal gesagt. Das heißt natürlich für mich erstens kein Schulgeld, zweitens Ausfinanzierung, ich muss die Bedingungen formulieren, drittens Tarife, gleiche Tarife für alle Lehrerinnen und Lehrer in Thüringen, und zwar unabhängig von Schularten und unabhängig davon, ob es freie Träger oder staatliche Träger sind.

(Beifall DIE LINKE)

Das müsste nachgewiesen sein. Dann muss es sich in die kommunale Schulnetzplanung einpassen, Herr Höhn. Das ist doch ein Standortvorteil. Für jeden Landkreis, der freie Schulen hat, ist es doch ein Standortvorteil. Kommunalpolitiker, die das nicht erkennen, da tut es mir leid, die sind viel

leicht dann doch noch ein bisschen lernfähig, wenn sie sich die Orte anschauen, in denen es freie Schulen gibt.

Eines muss ich auch sagen: Ich möchte gern, dass weitere Gemeinschaftsschulen entstehen, wobei mir das wiederum egal ist, ob es öffentliche Schulen im staatlichen oder im freien Schulbereich sind. Aber wir müssen doch darüber nachdenken, warum ist denn das einfacher, eine freie Schule zu gründen, abgesehen von dem fehlenden Geld, als eine staatliche Schule zu einer Gemeinschaftsschule zu machen: Weil sie eben die sächlichen und die finanziellen Bedingungen dazu nicht mitliefern. Das müssen wir uns doch überlegen. Wo sind denn die Hemmschwellen, warum kann sich eine staatliche Schule nicht so frei entwickeln, dass sie wirklich gute Schule anbieten kann? Das fängt bei diesem Beamtensystem und bei der Schulleiterauswahl an.

(Beifall DIE LINKE)

So kann das nicht sein. Wir brauchen schulscharfe Ausschreibungen, wir brauchen Schulbudgets, alles das, was die freien Schulen haben. Wenn Ihnen als einzige Antwort einfällt, das Geld dafür zu kürzen, damit es nicht weiteren Aufwuchs von freien Schulen gibt, dann finde ich das absolut bedauerlich in einem Land, was Bildungsland Nummer 1 werden will, bleiben muss ich noch nicht sagen. Damit ist es uns eben richtig ernst. Sie brauchen auch nicht auf die Ideologie verweisen. Ich bin immer erschrocken, wir haben tatsächlich nach der Wende hier erlebt, wie sich freie Schulen entwickeln konnten und dass die die Motoren waren für reformpädagogische und andere Ideen und die Laboratorien von bestimmten Dingen. Auch das staatliche System, was sich in Thüringen richtig gut entwickelt hat seit dieser Zeit, möglicherweise ganz anders als in anderen Bundesländern, das verdanken wir auch den freien Schulen, und zwar solchen freien Schulen, die bisher wenig Schulgeld im Unterschied zu Sachsen oder Sachsen-Anhalt oder gar den westlichen Bundesländern nehmen mussten, weil hier keine Sonderungsgebote da waren. Mit 50 € Schulgeld, was so viel ist, was ich vielleicht im Hort bezahle, konnte man als Eltern möglicherweise immer noch leben.

(Zwischenruf Abg. Metz, SPD: Wo ist denn der Vorwurf?)

Wenn Sie das jetzt als Basis angreifen mit diesem Gesetz, dann machen Sie hier einen Strategiewechsel. Das ist ein Strategiewechsel hin zu tatsächlichen Privat- und Eliteschulen, wo sich dann nicht mehr die Gesellschaft widerspiegelt und auch Hartz-IV-Empfänger ihre Kinder hinschicken können, weil sie möglicherweise überlegen müssen, dass sie dort ihre Kinder gar nicht hinschicken wollen aus bestimmten Gründen. Das können wir wiederum nicht wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Also muss ich mir überlegen, wie kann ich denn sichern, wie kann ich denn anreizen, dass die Schulträger beispielsweise das Geld ersetzt bekommen, was sie durch verschiedene soziale Staffelungen in ihren Beiträgen dann wiederum möglicherweise genau durch uns, durch den Landesgesetzgeber, im Gesetz verankert wiederbekommen können, damit sich in diesen Schulen auch das widerspiegelt, was sich in allen Schulen widerspiegelt, dass es keine Unterschiede zwischen freien und staatlichen Schulen gibt.

Noch einmal: Unsere Strategie ist es eigentlich, darauf hinzuarbeiten, dass freie Schulen ausfinanziert sind, kein Schulgeld verlangen, gleiche Arbeit für gleiches Geld, dass wir dadurch wirklich Bildungsland Nummer 1 werden können.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Was wird dann aus dem staatlichen System?)

Um das Ganze sicher zu machen und uns nicht mit diesen Taschenspielertricks gegenseitig vorzuwerfen, wer die richtigen, falschen oder gar keine Zahlen hat, heißt es für mich auch, die Gutachten, die 2005 mal gemacht worden sind, fortzuschreiben und wirklich zu schauen und das auch auf den staatlichen Schulbereich zu übertragen, was braucht es denn in Schulen außer den Pädagogen noch. Es braucht noch Schulsozialarbeiter, es braucht Schulassistenz, es braucht Schulpsychologen in ausreichender Anzahl. Da muss man doch mal ehrlich sein und muss sehen, da stellt man dann fest - und das ist nicht mit einer reinen Schüler- und Lehrerstatistik, wie gestern von der FDP hier mehrfach nachgefragt wurde, zu machen -, dass natürlich ausscheidende Lehrer, die es jetzt möglicherweise in einzelnen Schularten, in einzelnen Fächern noch gibt, nicht alle ersetzt werden müssen durch Pädagogen, aber ersetzt werden müssen durch Schulsozialarbeit, durch Schulpsychologen und durch andere Dinge, beispielsweise auch Erzieher. Wir hatten mal als Ziel - und davon scheinen wir schon wieder wegzukommen -, in den Grundschulen den Vormittag und den Nachmittag zu verschränken und nicht am Vormittag Schule und am Nachmittag nur Betreuung stattfinden zu lassen. Das Gegenteil entwickelt sich derzeit gerade im Land. Wenn wir jetzt bei den freien Schulen auch das noch zulassen, dann entwickeln wir uns rückwärts und das ist nicht das, was wir wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir wollen gleiche Chancen für alle Thüringer Kinder, gleiche Bedingungen für die Pädagogen und natürlich für Schulen und für Pädagogen mehr Qualität. Auf diesem Weg wollen wir vorangehen und meine Kollegin hat es schon gesagt - wir lehnen den Gesetzentwurf ab, aber dem Antrag der GRÜNEN, das wieder zurückzuüberweisen und noch

einmal über die Strategie nachzudenken, was wir eigentlich hier in diesem Lande Thüringen wollen, dem würden wir uns natürlich gern anschließen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen jetzt zwei Redemeldungen vor. Für die FDP-Fraktion hat sich Abgeordneter Untermann zu Wort gemeldet. Dann hat sich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abgeordneter Adams zu Wort gemeldet. Mehr Redeanmeldungen liegen mir bis jetzt nicht vor.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Gäste! Ich möchte hier mal für die reden, um die es eigentlich geht, unsere Kinder oder Enkelkinder. Das haben wir heute, nicht alle, aber einige haben es, glaube ich, vergessen.

Herr Matschie, meine Enkeltochter geht in so eine Schule. Ich habe sie nicht agitiert, dazu habe ich eigentlich gar keine Zeit, leider Gottes. Ich habe ihr nichts vorgemacht und sie hat von anderen auch nichts bekommen. Wissen Sie, was die hat? Die hat einfach Angst. Die haben Angst, dass sie ihre Spielkameraden verlieren, dass sie vielleicht in eine andere Schule müssen, sie hängen an ihrer Schule. Daran müssen wir auch als Abgeordnete hier denken.

(Beifall FDP)

Wir haben am Sonntag den dritten Advent. Es sollte jeder daran denken und - wenn diese Nachricht heute hier herausgeht, dass das Gesetz so beschlossen wird - sich jeder hinterfragen, der heute hier abstimmt, dass dieses Geschenk unter dem Weihnachtsbaum liegt. Danke.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter Adams.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Sojka, es ist natürlich klar, dass die SPD, wenn sie in dieser Debatte mit dem Rücken an der Wand steht, wenig Argumente hat, versucht, Ihre Rede hier damit ins Ungleichgewicht zu bringen, dass sie Sie auf die Demonstration ansprechen, bei der Sie freundlicherweise Gast waren, die ich angemeldet habe. Aber ich bin dafür verantwortlich gewesen und möchte die Verantwortung gern tragen und möchte mich Ihnen deshalb auch gern zuwenden, sehr verehrte Kollegin. Es

waren außerordentlich schwierige Bedingungen für eine Demonstration

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

mit Schneetreiben und einem zugeparkten Aufzugsort, den wir gestern früh hier vorgefunden haben. Deshalb an dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank in Richtung der Polizei, der PD Süd hier in Erfurt, in Richtung unserer Veranstaltungsbehörde hier in Erfurt, in Richtung des Inneren Dienstes des Landtags, Frau Präsidentin, ein ausdrücklicher Dank in Richtung der Evangelischen Schulstiftung mit Herrn Eberl und Frau Kornau, die das ganz wunderbar mit uns zusammen gestaltet haben. Dass es dann in der Tat dazu kam, dass hier einige mit Schneebällen geworfen haben, das hat man sofort abstellen können.

(Unruhe CDU, SPD)

Sie können sich hinsetzen, Herr Minister, Ihre Partei hat auch niemanden fragen lassen, ich lasse keine Fragen zu. Ich will Ihnen das mal ganz klar sagen: Heute steht in der Zeitung, von einem Parteifreund werde ich dafür kritisiert, dass ich es zu eng gefasst hätte, Sie sagen, wir hätten zu viel Freiraum gelassen, da sage ich Ihnen mal, das ganze Team, das ich hier genannt habe, wir haben genau den richtigen Mittelweg gefunden, darauf bin ich super stolz, dass uns das gelungen ist. Das war ein guter Tag für die Zivilgesellschaft.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil es nicht möglich war, Herr Matschie, Ihnen eine Frage zu stellen, würde ich gern von Ihnen noch die Frage beantwortet bekommen: Sie haben gesagt, Ihr Gesetz ist so prägnant formuliert, dass es eine Sonderung verhindert, weil der Gesetzestext dies nämlich hergibt. Eine Sonderung sei verboten und auch wenn Sie jetzt die Leistungen für die freien Schulen reduzieren, die Schulen aber nicht anheben dürften, das versuchen Sie nämlich zu unterstellen, würde es also nicht zur Sonderung kommen. Wohin aber mit dem Fehlbetrag? Ich finde, Sie sollten redlich sagen, dass Sie nämlich genau darauf abstellen, dass die Schulen ihre Elternbeiträge anheben müssen. Oder erklären Sie uns einfach mal, wie bei gleichen Ausgaben, einer abgesenkten Beteiligung des Freistaats und gleichbleibenden Elternbeiträgen das gestaltet werden soll. Daran bin ich sehr interessiert. Das wäre dann übrigens auch eine super Vorlage für unseren Haushalt.

Herr Abgeordneter Adams, gestatten Sie eine Anfrage durch Frau Abgeordnete Wolf?

Ja, sicher.

(Abg. Sojka)

Er gestattet das.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Da Sie auch draußen waren, wäre es Ihnen möglich, noch mal richtigzustellen, dass es sich an der Ecke da oben, wenn man von draußen hochklettert, beim besten Willen nicht um eine Höhe von vier Metern handelt, sondern wenn man draußen ist, nimmt man wahr, dass es gerade Überkopfhöhe ist und dass es dementsprechend keine Gefährdung für Leib und Leben war.

(Unruhe CDU)

Weil man damit natürlich auch den Betreuern unterstellt, man würde billigend in Kauf nehmen, die Kinder da lebensgefährlichen Situationen auszusetzen.

Frau Wolf, ich danke Ihnen für diese Frage. Ich hatte eigentlich unterstellt, dass eine Architektin so ein Gefälle wahrnimmt und auch die Lage hier klar vor Augen hat. Deshalb glaube ich, dass die Frage eigentlich nur böse gemeint war. Vielen Dank.

(Unruhe SPD)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es gibt eine Wortmeldung durch den Minister Matschie.

Herr Adams, ich will zunächst zu Ihrer Frage etwas sagen. Ja, das Gesetz schreibt vor, dass es keine Sonderung nach den Einkommensverhältnissen der Eltern geben darf. Auch das Gesetz, das Schulgesetz für Schulen in freier Trägerschaft schreibt dies vor,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das Grundge- setz.)

das Grundgesetz auch. Das heißt, die Träger sind in dieser Situation und ich sage nicht, dass das eine einfache Situation ist. Aber die Träger sind in dieser Situation zuallererst gefordert, ihre Einsparungsmöglichkeiten zu suchen und auszuschöpfen,