Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte es vorweg sagen, ja, grundsätzlich bedarf es einer Überarbeitung der Thüringer Bauordnung unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.
Richtig ist, Klimaschutz ermöglichen und nicht verhindern. Ich denke, da sind wir uns doch hier alle einig. Es geht um die Umsetzung von Europarecht und die Klarstellung von Unsicherheiten hinsichtlich der Abstandsflächenermittlung. Zu diesem Punkt möchte ich unsere Aspekte mit einbringen.
Minister Carius sagte es gerade, dass diese Problematik schon Gegenstand von Petitionsverfahren in den Jahren 2006 und 2008 war und wir auch hier an einer Lösung interessiert sind. Trotz der genannten Umsetzungspflicht, die Minister Carius gerade nannte, bedarf es einer Fachdiskussion im Ausschuss. Über einige Aspekte möchte ich hier ein paar Grundaussagen machen.
Zu den Abstandsflächen: Schon im Rahmen der Novellierung der Thüringer Bauordnung hat meine Fraktion die Gefahr der Entstehung von Einmauerungseffekten kritisiert und entsprechende Änderungsanträge, unter anderem zum Schutz vor unkontrollierbarer Verbauung und den Erhalt von Nachbarn schützende Vorschriften, vorgelegt.
Der Einmauerungseffekt wird mit der Klarstellungsregelung nunmehr verschärft, was nicht nur nachbarschaftsrechtlich relevant ist, sondern durch den Verschattungseffekt auch eine Erschwernis bei der Umsetzung klimaschutzrechtlicher Bestrebungen mögliche Genehmigungsfreiheit von Anlagen und Nutzung erneuerbarer Energien, hier Solaranlagen und Windräder - darstellt. Unser Standpunkt lautet, auf Nachbarschaftsbeteiligung kann und darf nicht verzichtet werden.
Ein konkretes Beispiel: Stellen Sie sich vor, in Ihrem Garten wird eine Solaranlage errichtet und der Blendungseffekt ist da. Ich denke, da möchten auch Sie oder Ihre Nachbarn dazu befragt werden. Wir sehen auch weitere Rechtsfragen, die sich auftun
und einer Klärung bedürfen, zum Beispiel ob vor dem Hintergrund der geplanten Genehmigungsfreiheit der Vermieter gegenüber dem Mieter anzeigepflichtig ist, sofern die Maßnahmen eine Modernisierungsumlage bzw. ein Mieterhöhungsverlangen nach sich ziehen. Fragen, die wir im Ausschuss unter Beteiligung der einschlägigen Fachverbände geklärt haben wollen. Denn machen wir uns nichts vor, nicht überall wo Verfahrensvereinfachung draufsteht, ist Verfahrensvereinfachung drin.
Wenn wir einmal im Fachausschuss über die Änderung der Thüringer Bauordnung diskutieren, gehören für uns auch die Regelungen der Barrierefreiheit dazu. Nun sagte Minister Carius gerade, nein, das wollen wir jetzt hier nicht diskutieren. Aber wir mahnen es trotzdem an, wenn es eine Änderung geben soll und ich weiß, dass es den jetzigen Gesetzentwurf sprengt. Die derzeitige Regelung in der Thüringer Bauordnung § 53 Abs. 1 geht uns nicht weit genug.
Zudem findet eine mangelhafte Prüfung dieser Minimalanforderungen statt, so dass selbst diese Vorschrift ins Leere läuft. Barrierefreiheit wird nicht konsequent durchgesetzt. Daher kommt Barrierefreiheit nicht nur behinderten Menschen, sondern auch alten Menschen und Familien zugute. Gerade vor dem Hintergrund der alternden Gesellschaft ist eine barrierefreie Umsetzung von großer Bedeutung.
Hinzu kommt, dass man sich nach der jetzigen Gesetzeslage der Verpflichtung zum barrierefreien Bauen auch noch entzieht, wenn man nicht bereit ist, vermeintlich ungerechtfertigte wirtschaftliche Aufwände zu tragen. Damit haben die Landesregierung und die CDU-Mehrheit erst einen Sonderfall geschaffen und dann auch noch die wirtschaftliche Rechenbarkeit darüber gehoben. Das ist alles andere als im Sinne unserer Menschen in Thüringen und ist für DIE LINKE nicht vertretbar.
Danke, Frau Abgeordnete Sedlacik. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Untermann für die Fraktion der FDP.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zuerst möchte ich kurz auf die geplanten Änderungen der Thüringer Bauordnung eingehen, bei denen ich keine Bedenken sehe. Dazu zählt § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, die Präzisierung der Abstandsflächen.
Weiterhin haben wir keine Bedenken bei verfahrensfreien Bauvorhaben bei Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, bei den Solaranlagen und bei den gebäudeunabhängigen Solaranlagen. Solaranlagen sind statische Anlagen, diese führen zu keiner unmittelbaren Beeinträchtigung der angrenzenden Grundstücke. Weiterhin trägt die Änderung zur Entbürokratisierung der Thüringer Bauordnung bei.
Ebenfalls ist die Marktüberwachung eine Vorgabe der EU. Man könnte sich darüber streiten, wie viele Leute man dazu einstellt, um das zu überwachen, aber, ich denke, das überlassen wir den Fachleuten. Hier könnte man sicherlich auch nicht viel verändern.
Anders ist es bei § 63 Abs. 1 bei der Änderung Artikel 1 Nr. 2 a Buchstabe c mit dem Inhalt der Verfahrensfreiheit. Für Windenergieanlagen bis 10 Meter Höhe sehe ich Bedenken hinsichtlich der Verfahrensfreiheit. Zwar sind reine Wohngebiete und Außenbereiche als verfahrensfreie Bauvorhaben ausgegrenzt. In der VO über die bauliche Nutzung der Grundstücke ist die Einordnung der Baugebiete definiert. Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen, zulässig sind Wohngebäude, aber ausnahmsweise können zugelassen werden Läden, nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebietes dienen sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes. Hier könnte ich das fortsetzen, ich möchte es aber dabei belassen. Ich möchte die VO nicht in ihrem genauen Wortlaut vorlesen, sondern auf weitere Baugebiete hinweisen. Dazu zählen allgemeine Wohngebiete, Dorfgebiete, Mischgebiete, Kleinsiedlungsgebiete, Gebiete zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnungsnutzung. Schaut man sich die Erläuterung zu diesen Baugebieten an, so stellt man fest, dass diese ebenfalls dem Wohnzweck dienen, da sollte man einer Verfahrensfreiheit sehr kritisch gegenüberstehen. Verfahrensfreiheit ja, aber wer möchte vor seinem Haus ein Windrad stehen haben. Ein Streit unter Nachbarn wäre vorprogrammiert und die zahlreichen Verwaltungen wären monatlang beschäftigt und würden unnötige Klagen nach sich ziehen.
Zur Abklärung dieses Sachverhaltes bitte ich um Überweisung an die Ausschüsse Bau, Landesentwicklung und Verkehr, den Innenausschuss und natürlich an den Justizausschuss. Ich danke Ihnen.
Danke, Herr Abgeordneter Untermann. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Scherer für die CDUFraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, Drittes Gesetz zur Änderung der Thüringer Bauordnung, meines Erachtens sind es vier Punkte, die da angesprochen sind. Es ist keine grundlegende Überarbeitung der Landesbauordnung, das soll es auch nicht sein. Das ist vom Minister auch so angekündigt, dass es nur die Änderungen sind, die auf EU-Vorschriften beruhen bzw. zwei Änderungen, die sich im Moment als verhältnismäßig einfache Änderungen im Landesgesetz anbieten. Für wichtig halte ich die Änderungen, bei denen es um die erneuerbaren Energien geht und die bisherigen Genehmigungspflichten gelockert werden. Das ist in meinen Augen auch richtig, die zu lockern. Wenn man an die Windräder denkt, die eben gerade angesprochen worden sind, es geht nur um Windräder bis zu einer Höhe von 10 Meter und so weit ich weiß, gibt es da auch noch gar nichts Vernünftiges.
10 Meter ist bei mir so angekommen, keine 20, Herr Kuschel. Soweit ich weiß, gibt es in der Größenordnung auch noch gar nichts Vernünftiges, das sagt auch schon die Höhe aus. Das müssen ausgesuchte Grundstücke sein, wo ein 10 Meter hohes Windrad tatsächlich auch effektiv arbeiten kann. Deshalb habe ich dagegen auch nichts weiter. Darüber können wir im Ausschuss diskutieren. Wichtig ist, wenn man schon für erneuerbare Energien ist, dass man die Genehmigungspflichten, so weit es geht, da auch zurücknimmt.
Der zweite Punkt, die Marktüberwachung und die entsprechende Kontrolle, ist so ein Punkt. Wir reden immer über Bürokratieabbau und die EU führt immer neue Regelungen ein. So ein kleines bisschen erinnert mich das auch wieder daran, dass wir zwar versuchen, Bürokratie abzubauen, dass von anderer Seite aber immer mehr Bürokratie hinzukommt. Wenn man einmal die Begründung vom Gesetz liest und sieht, dass da natürlich wieder neue Stellen geschaffen werden, auch wenn sie mit schon vorhandenem Personal besetzt werden, sind es trotzdem neue Stellen, die dafür geschaffen werden müssen, die dann vielleicht aber auch nicht so effektiv sind, wenn ich lese, dass es drei neue Stellen sind, die man dafür braucht. So ein bisschen habe ich hier die Sorge, dass hier wieder Bürokratie kommt, die letztlich dann zu nichts führt, da ich auch nicht weiß, wie man sich eine effektive Kontrolle in Thüringen mit drei Leuten so ganz ge
Die anderen zwei Regelungen sind sehr vernünftig und helfen in der täglichen Verwaltung. Eine Dachneigung, die jetzt bis zu 45 Grad gestattet ist; ich kann mir auch nicht vorstellen, Frau Sedlacik, dass das zu großen Verschattungen führt, wenn ich eine drei Meter hohe Garage bauen und jetzt ein Dach von 45 Grad draufmachen darf, dürfte es mit der Verschattung nicht so weit her sein, jedenfalls mit einer zusätzlichen. Eine Garage ist normal keine zehn Meter breit, so dass ich da ein Riesendach drauf hätte, Herr Kuschel.
Eine Doppelgarage ist auch keine zehn Meter breit, die ist 5,50 Meter bis 6 Meter breit. Aber auch darüber können wir im Ausschuss reden und darauf freue ich mich, wenn wir zu einer Lösung kommen, die den Thüringer Bürgern den Umgang mit unserer Landesbauordnung erleichtert. Danke schön.
Danke, Herr Abgeordneter Scherer. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Schubert für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir möchten in Ergänzung zu dem, vor allem was die LINKEN vorgebracht haben, Punkte anführen, die auch wir gerne im Ausschuss besprechen wollen, unter anderem Punkte, bei denen wir die Landesregierung bitten, entsprechende Vorschläge zu machen, weil es aus unserer Sicht einige ungelöste Probleme oder Rechtsunsicherheiten gibt. Wir haben die Gelegenheit, das jetzt mit einer neuen Bauordnung zu ändern. Wir begrüßen, dass es Verfahrenserleichterungen zu Solaranlagen geben wird. Das wird Sie nicht überraschen. Wir teilen auch nicht die Sorge, dass bei statischen Solaranlagen Blendeffekte entstehen. Gleichwohl sollten wir uns auch solche möglichen Fälle anschauen, um nicht nach der Verabschiedung damit konfrontiert zu werden, zumal, und das ist ein Punkt, der uns bewegt, nachgeführte Photovoltaikanlagen im Moment nicht aufgeführt sind, also die, die sich bis zu einem gewissen Grad mit der Sonne mitbewegen. Die Ausbeute ist dabei 20 bis 30 Prozent höher. Im Moment werden diese in der Bauordnung nicht aufgeführt, so dass Rechtsunsicherheit besteht, wo und wie und bis zu welcher Höhe man sie bauen kann. Hier sollte eine Regelung hin, die das klärt.
Der zweite Punkt, die Grenzbebauung: Wenn Gebäude schon bis nah an eine Grundstücksgrenze gehen und ein Gebäude wird zum Beispiel umgebaut und saniert, gedämmt, haben wir ein Problem, wenn mit dieser Dämmung diese Grundstücksgrenze überschritten werden würde. Das ist auch eine Rechtsunsicherheit. Die hat Hessen inzwischen gelöst. Dort ist es so, dass, wenn ein Gebäude umgebaut wird und man bewegt sich innerhalb der geltenden EnEV, man nach diesem Umbau auch über diese Grundstücksgrenze hinaus gehen kann. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, wenn wir in Thüringen auch klimaschutzpolitisch vorankommen wollen. Insofern auch hier die Bitte, einen entsprechenden Vorschlag für dieses ungeklärte Problem zu machen.
Dritter Punkt: Es geistern immer wieder Gerüchte und Ängste durch das Land, dass auf denkmalgeschützten Gebäuden, auf denen Solaranlagen installiert worden sind, bei eventuellen Bränden die Feuerwehr nicht löschen würde. Das hat sich auch nach entsprechenden Anhörungen im Innenausschuss so nicht bestätigt. Gleichwohl macht es auch Sinn, darüber nachzudenken, ob so etwas wie ein Gebot hinein muss, eine Stromfreischaltung zu installieren, so dass auch die Feuerwehr entsprechend weiß, sie kann löschen.
Der vierte Punkt, der an uns herangetragen wurde von unteren Denkmalschutzbehörden, ist die Frage der Fristen, wenn es um Denkmalschutzstellungnahmen und -gutachten geht. Da gibt es eine 6Wochen-Frist beim Thüringer Landesdenkmalamt, während die unteren Denkmalschutzbehörden nur vier Wochen haben. Wenn man die Postwege berücksichtigt ist es dann - jedenfalls nach dem, was wir zu Ohren bekommen haben - manchmal nur eine Woche, die den unteren Denkmalschutzbehörden bleibt, um eine Stellungnahme abzugeben. Das ist ein Punkt, den man mit anschauen sollte.
Abschließend noch eine Frage. Wir bedanken uns noch einmal für den Hinweise auf die Barrierefreiheit. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, nicht zuletzt weil wir im Landtag bzw. im Verkehrsministerium Wochen damit zugebracht haben entsprechende Anpassungen in Thüringen einzuführen, zu besprechen, die Barrierefreiheit ermöglichen und verbessern sollen. Wenn wir die Bauordnung jetzt einmal anfassen, wieso sollten da nicht auch diese Aspekte mit besprochen werden? Warum sagt die Landesregierung, wir machen jetzt nur die Minimallösung? Dazu hätte ich gerne noch eine Antwort. Ansonsten freuen wir uns auf die Diskussion im Ausschuss. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist hier schon gesagt worden, mit der vorliegenden Novelle zur Thüringer Bauordnung erfolgt eine Anpassung an geltendes EU-Recht. Das Thema Marktüberwachung für Baustoffe ist genannt worden, auch die von der EU geforderte Erleichterung für alternative Energien, was wir begrüßen. Das Thema Abstandsflächen soll hier jetzt mit geregelt werden. Wir müssen sicherlich im Ausschuss dann die einzelnen Details diskutieren. Wir sind aber auch der Auffassung, wie der Minister das gesagt hat, dass wir für eine größere Novelle der Bauordnung etwas Zeit brauchen auch vor dem Hintergrund, dass die Musterbauordnung von den Bundesländern mal wieder in Überarbeitung ist. Wir sollten uns davor hüten, als Thüringer jetzt im Vorgriff auf diese Musterbauordnung schon eine große Novelle der Bauordnung anzustreben, weil wir uns auch immer eines auf die Fahnen geschrieben haben - zumindest meine Fraktion -, dass wir zu einer Harmonisierung des Baurechts in ganz Deutschland kommen wollen, auch im Interesse der Bauherren, Architekten und Ingenieure. Auch wir haben Vorstellungen, was in eine grundlegende Novelle der Bauordnung mit einfließen müsste. Ich nenne hier nur das Thema Rauchmelder. Aber man muss sich dann sicherlich noch einmal den zweiten Erfahrungsbericht zur Thüringer Bauordnung anschauen, um diese Dinge aufzugreifen. Deswegen lassen Sie uns jetzt erst einmal diese Minimalvariante, das heißt die Umsetzung von EU-Recht und die Abstandsflächen, regeln. Ich beantrage dazu die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Eine Überweisung an den Innenausschuss und den Justizausschuss halten wir allerdings für entbehrlich.
Der Bauausschuss ist der zuständige Ausschuss, früher war das mal der Innenausschuss, heute nicht mehr. Wir gehen davon aus, wenn die Landesregierung ein Gesetz vorlegt, dann ist es rechtsförmlich geprüft und muss nicht noch einmal in den Justizausschuss.