Protokoll der Sitzung vom 26.01.2011

Gilt das beamtenrechtliche Zurückhaltungs- und Mäßigungsgebot auch für den Generationsbeauftragten?

In einem Leserbrief in der „Thüringischen Landeszeitung“ (TLZ) am 8. Dezember 2010 äußerte sich der Landesbeauftragte für das Zusammenleben der Generationen, Michael Panse (CDU), über einen Mitarbeiter der Stadtverwaltung Erfurt. Herr Panse thematisierte dabei unter Verwendung seiner Amts

bezeichnung die Versetzung des Mitarbeiters innerhalb der Stadtverwaltung, die erfolglose Bewerbung des Betroffenen für andere Dienstposten und Schadensersatzforderungen sowie rechtlichen Auseinandersetzungen. All diese Informationen dürften unter die datenschutzrechtlichen Bestimmungen für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes fallen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit unterliegt der Landesbeauftragte für das Zusammenleben der Generationen den Bestimmungen des Beamtenrechts, so auch den sogenannten beamtenrechtlichen Zurückhaltungsund Mäßigungsgeboten?

2. Auf welcher gesetzlichen Grundlage ist der Landesbeauftragte für das Zusammenleben der Generationen berechtigt, über Personalangelegenheiten der Stadt Erfurt öffentlich zu informieren und dabei personenbezogene Daten zu verwenden?

3. Inwieweit stellt die nachgefragte Veröffentlichung des Landesbeauftragten für das Zusammenleben der Generationen in der TLZ am 8. Dezember 2010 einen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften dar, welche Rechtsnormen wurden eventuell verletzt, welche Rechtsfolgen entstehen für Herrn Panse und wie wird diese Auffassung seitens der Landesregierung begründet?

4. Welche Maßnahmen wurden durch den Dienstvorgesetzten des Landesbeauftragten für das Zusammenleben der Generationen im Zusammenhang mit der nachgefragten Veröffentlichung am 8. Dezember 2010 in der TLZ mit welcher Zielstellung eingeleitet bzw. aus welchen Gründen wurde auf solche Maßnahmen verzichtet?

Diese Frage beantwortet Staatssekretär Rieder.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Der Beauftragte für das Zusammenleben der Generationen ist Arbeitnehmer, nicht Beamter. Als Arbeitnehmer unterliegt er nicht den Bestimmungen der Beamtengesetze.

Zu Frage 2: Der Verfasser des Leserbriefs vom 8. Dezember 2010 hat von seinem Recht aus Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht. Dort heißt es: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“

Zu Frage 3: Ein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen ist nicht ersichtlich. Insbesondere gibt es

keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verfasser des Leserbriefs in seiner Funktion als Beauftragter für das Zusammenleben der Generationen gegen die Bestimmungen des Thüringer Datenschutzgesetzes verstoßen hat.

Zu Frage 4: Keine. Die Begründung ergibt sich aus der Antwort zu Frage 3.

Ich finde, dazu gibt es Nachfragen. Bitte, Herr Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, ist es denn tatsächlich üblich und gängige Praxis, dass ein Beauftragter unter Verwendung seiner Amtsbezeichnung darüber berichtet, wie ein Mitarbeiter einer kommunalen Verwaltung wohin versetzt wurde, aus welchen Begründungen, dass er sich erfolglos beworben hat, dass Schadenersatzforderungen gegen ihn laufen. Kann ich mich doch erinnern, dass bei vergleichbaren Fällen sehr wohl stets von Schutz von Persönlichkeitsrechten Gebrauch gemacht wird. Das wäre die erste Frage. Die zweite Frage: Inwieweit sind beamtenrechtliche Bestimmungen auch auf Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen anwendbar, wenn die geäußerte Meinung unter Verwendung der Amtsbezeichnung erfolgt, also nicht als natürliche Person, sondern in dem Fall eben als Beauftragter.

Herr Abgeordnete Kuschel, ich beantworte gerne die Zusatzfragen. Der Beauftragte für das Zusammenleben hat eine Funktionsbezeichnung, keine Amtsbezeichnung. Von daher gehen beide Zusatzfragen ein Stück ins Leere. Üblich ist, dass jeder das Recht hat, seine Meinung frei zu äußern.

Es gibt keine weiteren Nachfragen. Ich rufe nun die Anfrage der Frau Abgeordneten Schubert, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in der Drucksache 5/2081 auf.

Aktuelle Pläne zur Bodenreform der Bundesregierung

Mit dem Flächenerwerbsänderungsgesetz will die Koalition Verbesserungen für Alteigentümer im Osten Deutschlands durchsetzen. Der Bundestag hat das Gesetz inzwischen beschlossen, es muss jetzt noch durch den Bundesrat. Grundsätzlich haben die zwischen 1945 und 1949 enteigneten Landbesitzer Anspruch auf eine Entschädigungsleistung.

Ab 2004 konnten sie bis zur Höhe der Entschädigung landwirtschaftliche Flächen zu bevorzugten Bedingungen von der Treuhandanstalt kaufen. Nach Darstellung von Alteigentümerverbänden kam es jedoch bei der Bearbeitung der Anträge zu starken Verzögerungen. Zugleich stiegen die Bodenpreise in den neuen Ländern kräftig - laut Gesetzentwurf summieren sich die Preissteigerungen im Osten seit 2004 im Schnitt auf 100 Prozent. Die Folge: Alteigentümer können immer weniger Flächen erwerben. Mit der Gesetzesänderung plant die Koalition, beim Kaufpreis nicht mehr den aktuellen Bodenwert zugrunde zu legen, sondern den niedrigeren Verkehrswert von 2004. Außerdem soll Alteigentümern der Erwerb generell erleichtert werden. So sollen auch Angehörige dritten und vierten Grades in den Genuss der Regelung kommen. Der Bund würde dadurch Einnahmen verlieren, weil die Verkaufserlöse der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) sinken.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung das Gesetzesvorhaben?

2. Welche und wie viele Flächen wären bzw. sind davon in Thüringen betroffen?

3. Inwiefern teilt die Landesregierung die Kritik, dass durch die Gesetzesänderung ostdeutsche Landwirte benachteiligt werden, die für diese Flächen mehr bezahlen müssten, wenn sie sie erwerben wollen?

4. Welche Aktivitäten plant die Landesregierung im Zusammenhang mit der geplanten Gesetzesänderung?

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Richwien.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, die mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Schubert beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Anliegen der gesetzlichen Regelung des Ausgleichsleistungsgesetzes ist neben der Stärkung der örtlichen Landwirtschaft auch die Wiedergutmachung der Vermögensverluste der Alteigentümer zwischen 1945 und 1949. Der Privatisierungsstand der ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen ist in Thüringen sehr weit fortgeschritten. Von den ehemals 90.000 Hektar landwirtschaftliche Treuhandfläche sind in Thüringen aktuell noch 20.000 Hektar zu privatisieren. Das sind ungefähr 2,5 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Thüringen. Die begünstigten Erwerbsansprüche der ortsansässigen Pächter sind mit Ablauf des Jahres 2009 durch die Bo

(Staatssekretär Rieder)

denverwertungs- und verwaltungs GmbH erfüllt worden. Damit wurde dem Hauptanliegen des Gesetzes, die Agrarstruktur zu verbessern, entsprochen.

Zu Frage 2: Seit 1996 sind 700 Hektar landwirtschaftliche Fläche an 40 nicht selbst wirtschaftende Alteigentümer veräußert worden. Die Anzahl der noch zu bearbeitenden Anträge beläuft sich gemäß den aktuellen Angaben der BVVG auf 20 Anträge über 400 Hektar landwirtschaftliche Fläche.

Zu Frage 3: Die Neuregelungen dienen der Kompensation der Entwertungsverluste von gesetzlich geregelten Ausgleichsleistungen. Insoweit geht es hier um die Erfüllung der Ansprüche der Alteigentümer aus dem Entschädigungsrecht, die nicht vergleichbar sind mit dem Kaufinteresse ostdeutscher Landwirte an BVVG-Flächen. Diese Einschätzung teilt offensichtlich die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und trägt das Gesetz mit.

Zu Frage 4: Gegen die vom Bundestag verabschiedeten Neuregelungen bestehen aus Sicht unseres Hauses keine Einwände. Das Abstimmverhalten Thüringens im Bundesrat wird die Landesregierung aber erst in der 6. Kalenderwoche festlegen.

Es gibt dazu Nachfragen, Herr Abgeordneter Dr. Augsten.

Herr Staatssekretär, was jetzt ein bisschen gefehlt hat, ist die Bewertung oder die Auswirkungen, die es möglicherweise für Thüringer Agrargenossenschaften geben könnte. Noch eine andere Nachfrage. Habe ich Sie richtig verstanden, dass es keine Alteigentümerforderungen mehr gibt? Da haben sich die Antworten der Fragen 1 und 2 ein bisschen widersprochen. In dem ersten Teil hieß es, dass im Prinzip alle Forderungen erledigt sind. Im zweiten Teil war dann von 20 Anträgen die Rede. Vielleicht können Sie das noch einmal darlegen.

Das ist richtig. Die Anzahl der noch zu bearbeitenden Anträge beläuft sich nach Angaben der BVVG auf 20 Anträge. Wenn man das flächenmäßig umrechnet, stehen 400 Hektar dahinter. So ist uns das mitgeteilt worden. Es sind 40 der nicht selbst wirtschaftenden Arbeitnehmer.

Die erste Frage, die Sie gestellt haben: Ich glaube, es ist ein ständiger Prozess, wie weit sich das wirtschaftlich auswirkt. Wir sind auch als Landwirtschaftsministerium mit der BVVG und mit den Landwirten ständig in Kontakt, um dort für die Landwirtschaft eine Lanze zu brechen. Das ist Ihnen be

kannt und das werden wir auch so lange tun, bis wir dann die Flächen an die einzelnen Eigentümer übertragen haben.

Es gibt noch eine Fragemöglichkeit, Herr Abgeordneter Kummer.

Herr Staatssekretär, wäre es denn möglich, dass plötzlich noch weitere Alteigentümer auftauchen? Man kann meines Wissens noch heute eine entsprechende Alteigentümerschaft geltend machen.

Ich habe die Frage auch einmal gestellt. Mir ist mitgeteilt worden, ich verbürge mich aber bitte nicht für die Größenordnung, dass wir ungefähr noch einige Anträge haben, die mit Alteigentümern befasst sind. Jetzt wäre spekulativ zu mutmaßen, ob noch zusätzliche Anträge hier aufkommen. Da würde ich mich auf keine Spekulation einlassen.

Das war es für diese Frage und ich rufe die des Abgeordneten Hauboldt auf, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 5/2082.

Wann kommt eigenes Strafvollzugsgesetz für Thüringen?

Bei einer Tagung der Mitglieder der Beiräte der Thüringer Justizvollzugsanstalten am 6. November in der JVA Gera soll ein Vertreter des Justizministeriums in Aussicht gestellt haben, dass im März bzw. April 2011 dem Landtag der Entwurf für ein Thüringer Strafvollzugsgesetz vorliegen könnte. Darüber hinaus ist früheren Medienberichten zu entnehmen, dass es auf Bundesebene offensichtlich eine Länderarbeitsgruppe gibt, die - vergleichbar mit dem für die Jugendstrafvollzugsgesetze der Länder gewählten Vorgehen - einen „Musterentwurf“ für Landesgesetze erarbeiten soll bzw. erarbeitet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist der derzeitige Stand für die Erarbeitung eines eigenen Thüringer Strafvollzugsgesetzes sowohl mit Blick auf die Länderarbeitsgruppe als auch auf das Thüringer Justizministerium?

2. Welche Länder arbeiten bzw. arbeiteten an der Länderarbeitsgruppe (nicht) mit?

3. In welchen Punkten des Strafvollzugsrechts sollte nach Auffassung der Landesregierung von den Vorgaben des bisherigen Strafvollzugsgesetzes des Bundes abgewichen werden?

(Staatssekretär Richwien)