Wir glauben auch nicht an einen fürsorgenden Staat. Wir hatten bereits zwei auf deutschem Boden; ich glaube, das reicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir aber noch kurz ein Wort zu dem sogenannten Dioxin-Skandal. Hier sind ja so einige Dinge in Aufruhr und vor allem auch durcheinander gegangen. Ja, es gab ein Unternehmen, das in unverantwortlicher Weise aus reiner Profitgier dem Grundstoff Futterfett dioxinbelastete Mischfette beigemischt hatte. Dass es eine Belastung gab, hat aber nicht die staatliche Kontrolle, sondern die Futtermittelindustrie selbst festgestellt. Sie sehen also, dass die Kontrollmechanismen funktionieren. Dass letztlich Thüringer Lebensmittel nicht oberhalb der zulässigen Grenze von 1 bzw. bei Hähnchenfleisch von 2 Nanogramm pro Kilogramm Körperfett belastet wurden, beruhigt nicht nur die Verbraucher, sondern hoffentlich auch die Bauern und Landwirte, deren Höfe mehrere Tage durch das TMLFUN vorsorglich gesperrt wurden. Eine Lehre sollte man aus diesem Fall doch ziehen: Kriminelle Energie wird stets zur Überschreitung von Anstand und Gesetz führen. Eine Kontrolle, die dieses Risiko ausschließt, kann und wird es niemals geben. Wir sind aber angehalten, über eine Verschärfung des Strafrahmens nachzudenken. Ich meine damit nicht, mehr als fünf Jahre Haft möglich zu machen, sondern dort anzusetzen, wo es genau wehtut, bei denen, die die Grenzen überschreiten, nämlich beim Geld. Hier, denke ich, wäre eine Verschärfung angemessen und der Strafrahmen dementsprechend zu erhöhen. Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter Koppe. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Gumprecht für die CDUFraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Zu Beginn möchte ich gleich noch einmal feststellen: Der Verbraucherschutz hat in Thüringen von Anfang an einen hohen Stellenwert.
Bereits kurz nach der Wende wurde der Verbraucherschutz im Freistaat rechtlich als staatliche Aufgabe, aber auch durch nichtstaatliche Organisationen im Bereich der Ernährung, der Gesundheitsvorsorge und der Verbraucherberatung aufgebaut. So
wurde bereits 1990 die Thüringer Verbraucherzentrale gegründet, die im letzten Jahr das 20-jährige Bestehen feiern konnte. Die Anforderungen an den Verbraucherschutz aber auch das öffentliche Bewusstsein der Verbraucher und damit auch die Aufgaben des Verbraucherschutzes selbst haben sich ständig weiterentwickelt. Die letzten Jahre zeigten, dass sich immer nach sogenannten Skandalen die Haltung der Bevölkerung verändert hat und danach auch gesetzlich auf Bundesebene gehandelt wurde. Das zeigt, Verbraucherschutz und Verbraucherpolitik sind nicht statisch, sondern entwickeln sich dynamisch. Es ist ein sich verändernder Prozess.
Meine Damen und Herren, bei der Festveranstaltung in der Staatskanzlei zu 20 Jahre Verbraucherzentrale habe ich in Auswertung des Verbraucherschutzindex die Fraktionen des Landtags angemahnt, sich dem Verbraucherschutz stärker zu stellen und sich damit auseinanderzusetzen.
Man kann zwar, so ist es auch von der Ministerin gemeint, die Methodik des Vergleichsverfahrens kritisieren - ich tue das auch -, dennoch ist eine Tendenz klar: Der Verbraucherschutzindex bescheinigt Thüringen - sowohl der Verbraucherzentrale als auch den Thüringer Behörden - eine solide Arbeit. Thüringen belegt einen mittleren Platz. Einzig wir, die Legislative, schnitten unterdurchschnittlich und - ich sage es genauer - sehr schlecht ab und liegen am Ende aller Bundesländer. Dafür trägt nicht die Regierung, sondern wir, die Abgeordneten selbst die Verantwortung. Als Verbraucherschützer Thüringens begrüße ich persönlich alle Aktivitäten des Landtags, den Verbraucherschutz stärker in den Fokus zu stellen, um
damit natürlich auch das verbraucherpolitische Bewusstsein der Bevölkerung zu stärken und andererseits auch Sicherheit zu bieten. Ich möchte noch einmal sagen, die Thüringer Behörden arbeiten vorbildlich. Deshalb an dieser Stelle meinen Dank an die Mitarbeiter in den kommunalen Behörden, die auch zuständig sind, und in den Landesbehörden. Ich schließe auch die Bewältigung der Ereignisse zum Dioxin in Futtermittelfetten mit ein. Das Management unserer Behörden war besonnen und professionell. Frau Ministerin, richten Sie bitte den Dank unserer Fraktionen aus.
Meine Damen und Herren, Verbraucherschutz ist eine Querschnittsaufgabe, die beinahe sämtliche Bereiche der politischen Agenda betrifft. Neben Fragen der Lebensmittelsicherheit, dem klassischen Kernbereich der Verbraucherpolitik, haben vor allem rechtliche und wirtschaftliche Verbraucherbelange an Bedeutung gewonnen, denn die zunehmende Globalisierung und der technische Fort
schritt stellen die Verbraucherpolitik gerade in diesem Bereich vor neue Herausforderungen. Aufgrund des Querschnittscharakters berührt und betrifft vor allem die Verbraucherpolitik jeden von uns, sei es als Käufer, sei es als Konsument oder auch als Patient. Für die CDU-Fraktion ist Verbraucherpolitik daher eines der zentralen Anliegen einer bürgernahen Politik. Für uns steht der Verbraucher als eigenverantwortlich handelnder Konsument und Marktteilnehmer im Mittelpunkt der Politik.
Frau Ministerin, Sie haben den Weg der Thüringer Verbraucherpolitik aufgezeigt. Ich bin sicher, dass dieser zukunftsorientiert ist im Sinne der Bürger. Nochmals vielen Dank für Ihren Bericht.
Meine Damen und Herren, zu einigen Punkten unseres Antrags: Der Verbraucherschutzbericht des Jahres 2009 des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit zeigt klar Schwerpunkte des Verbraucherschutzes auf. Ich empfehle allen, dort nachzulesen. Dort werden nämlich vor allen Dingen auch Aufsichts- und Vollzugsaufgaben deutlich.
Wir wollen künftig, dass sich der Bericht mit einem weiteren Schwerpunkt beschäftigt, nämlich dem Stand der Umsetzung der verbraucherpolitischen Ziele. Wir wollen, dass er darüber informiert. Frau Ministerin hat gerade schon angezeigt, dass dies so vorgesehen ist.
Neben der Arbeit der Verbraucherbehörden nimmt natürlich auch die Thüringer Verbraucherzentrale wesentliche Aufgaben wahr. Ihre Arbeit erfährt in der Bevölkerung eine hohe Wertschätzung, das kann ich Ihnen sagen. Die Zahl der Beratungen belief sich nämlich im Jahr 2009 auf über 45.000 Vorgänge mit steigender Nachfrage. Wir hatten in dieser Zeit etwa eine 5-prozentige Steigerung. Die Hauptthemen waren wieder der Telekommunikationsmarkt sowie untergeschobene Verträge per Internet, die Frage der Haustürgeschäfte, Probleme mit dem Energieversorger, zu Preiserhöhungen, zum Wechsel oder zu Vertragsbedingungen, aber auch Fragen der Finanzdienstleistungen, der Altersvorsorge und Versicherungen. Jetzt, zu Jahresbeginn, kann ich Ihnen sagen, kam natürlich die Frage der Dioxinproblematik oder der Lebensmittelsicherheit auf.
Wir haben in den Beratungen aber auch sehr viel Aufklärung zu verschiedenen anderen Projekten, zum wirtschaftlichen Verbraucherschutz, der Patientenberatung, der Frage der Energie, der Ernährung, des Klimas, die Vernetzungsstelle Schulspeisung. Sie merken, die Verbraucherberatungszentrale hat eine sehr breite Palette an Aufgaben. Wichtig ist - und das liegt uns auch am Herzen und da danke ich unserer Fraktion -, die Arbeit kontinuierlich zu sichern. Wer genauer noch über die Zahlen nachlesen will, kann sich den Jahresbericht der Verbraucherzentrale ansehen.
Meine Damen und Herren, wir wollen mit unserem Antrag aber auch zwei Themen, die den Bund betreffen, aufgreifen. Erstens: Die Auswertung der Beratungsfülle gerade während der Finanzkrise hat gezeigt, dass es einen großen Bedarf an unabhängiger Beratung gibt. Ich denke, das wollen wir absichern. Zweitens geht es uns um eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln.
Meine Damen und Herren, nun einige Anmerkungen zum Alternativantrag. Der Antrag scheint mir etwas hastig nach dem Motto „Wie können die uns zuvorkommen?“ zusammengeschrieben zu sein.
Auch Sie erbitten zwei Anträge und einen Bericht, dessen Fragestellung nahezu mit der unseren übereinstimmt. Darüber hinaus erbitten Sie eine Auswertung, nämlich der Bridges Analyse um den Verbraucherschutzindex. Vielleicht hat der eine oder andere vergessen, wir haben uns mit dem Index bereits im Sozialausschuss im vergangenen Sommer beschäftigt, als er nämlich veröffentlicht wurde. Die eine oder andere Fraktion hat die sicherlich unterschiedlich ausgewertet.
Sie fordern in Punkt 2 die Erarbeitung einer verbraucherschutzpolitischen Strategie für die kommenden vier Jahre. Sie haben an unserem Antrag gemerkt, dass wir uns darin unterscheiden. Sie haben am Bericht der Ministerin nämlich feststellen können, dass Thüringen verbraucherpolitisch strategisch handelt. Und wenn Sie es nachlesen in dem Jahresbericht, wird das in den letzten Jahren immer deutlich.
Nun noch einige Anmerkungen zu Schwerpunkten: Die ersten beiden Anstriche betreffen die Verbraucherzentrale. Ich sage Ihnen, in diesen Schwerpunkt stimmen wir ein, auch dies liegt mir am Herzen. Die Erwähnung der Finanzierung der Verbraucherzentrale im Bericht ist sicherlich lobenswert. Die Finanzausstattung - muss ich Ihnen aber sagen - ist Sache des Landtags, und das ist für uns wichtig. Das wollen wir heute hier gerade damit auch deutlich machen.
Die Beibehaltung eines flächendeckenden Beratungsnetzes ist sicher eine Grundvoraussetzung einer soliden Verbraucherpolitik. Derzeit bietet die Verbraucherzentrale an 13 Orten eine bedarfsorientierte Beratung an. Zusätzlich existiert an einigen Orten natürlich auch eine spezifische Fachberatung. Dennoch muss ich Ihnen sagen, es gibt weiße Flecken. Positiv ist zu verzeichnen, dass wir im letzten Jahr gemeinsam mit den Kommunen in Weimar und Gotha neue Beratungen anbieten konnten. Ich denke, die Schließung von weißen Flecken würde gerade Ihrem Antrag entgegenstehen.
Ich kann auch darüber hinaus sagen, auch die Konzeption der Bundesverbraucherzentrale, nämlich Verbraucher 4000 plus, sagt, dass Thüringen im Flächennetz in den Beratungsstellen ein ausreichendes Netz hat. Sicher, der Forderung, die darin steht, der personellen Ausstattung hinken alle Bundesländer nach. Ich muss sogar kritisch sagen, diese Forderung ist weder wissenschaftlich hergeleitet noch realistisch.
Zum Verbraucherinformationsgesetz kann ich sagen, die Einführung hat sich an vielen Stellen bewährt. Einvernehmen besteht jedoch, dass eine Novellierung notwendig ist. Auch Sie kennen den Stand der Vorbereitung, ein Referentenentwurf liegt vor. Dennoch gibt es darüber hinaus auch noch einen Antrag des Landes Berlin. Ich weiß, der Bundesrat wird sich im Februar damit beschäftigen. Leider sind da die Aussagen noch unterschiedlich. Ich schließe mich der Auffassung der Bundesverbraucherzentrale an; wir haben gehört, dass dies auch die Position des Freistaats ist.
Gleichfalls setzt sich der Freistaat, wir haben es von der Ministerin gehört, wie in Ihrem Antrag gefordert, für eine Bestätigungslösung, die Button-Lösung, und weitere Themen ein. Es handelt sich aber - wie wir hörten - um Widerspruchsgesetze mit geringem Einfluss des Landes. Die Wirkung zahlreicher Stoffe, vor allen Dingen Weichmacher im Bereich Verpackung, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung - wenn Sie es nachlesen - sehr umfangreich darstellt. Im Ziel sind wir uns einig. Hier muss es aber, wie die Ministerin schon sagte, eine europäische Lösung gebeten.
Meine Damen und Herren, das bedarf Initiativen auf staatlicher Ebene, aber auch Initiativen nicht staatlicher Organisationen. Positiv, das möchte ich heute hier noch mal darstellen, kann ich sagen, dass die Entscheidung, dass die unabhängige Patientenberatung weitergeführt werden kann, getroffen ist. Die Thüringer Verbraucherzentrale kann dies wieder tun. Der Zuschlag ist auf Bundesebene erfolgt. Ich kann hier die Gelegenheit nutzen, das noch mal deutlich zu machen; wir sind auch im Sinne der Patienten sehr froh darüber.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann ich sagen, Ihr Antrag ist entbehrlich und stellt keine Alternative dar. Für Fachgespräche bin ich natürlich offen. Ich bitte um Zustimmung für unseren Antrag. Er gibt dem Verbraucherschutz Zukunft und zerredet ihn nicht.
Danke, Herr Abgeordneter Gumprecht. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Augsten für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst einmal den Geschäftsführer der Thüringer Verbraucherschutzzentrale Dr. Ralph Walther auf der Tribüne begrüßen.
Lieber Ralph, ich bin froh, dass sich die Reihen jetzt wieder gefüllt haben. Als du reinkamst, konnte man den Eindruck haben, es ist kein wichtiges Thema für das Haus; es ist ein wichtiges Thema, wie du siehst. Aber du weißt auch, Essen und Trinken ist auch eine Art von Verbraucherschutz, insofern waren die Kolleginnen und Kollegen sicher bei der Mittagspause, als die Reihen so leer waren.
Meine Damen und Herren, werte Frau Ministerin, herzlichen Dank für diesen Bericht, der schon fast die Form einer Regierungserklärung angenommen hat. Aber Sie haben es richtig gesagt, Verbraucherschutz ist so wichtig, dass man da auch ein bisschen länger reden muss und darf, insofern herzlichen Dank. Ich komme an mehreren Stellen auf Ihren Bericht zurück.
Meine Damen und Herren, wenn jemand am 15.12. im vorigen Jahr einen Antrag zur Stärkung des Verbraucherschutzes einbringt, dann könnte man dem schon fast hellseherische Fähigkeiten unterstellen angesichts dessen, was uns dann einige Tage später alle ereilt hat. Das, was auf den ersten Blick wie weise Voraussicht ausschaut, entpuppt sich dann auf den zweiten Blick, ich hätte nicht gesagt, hastig zusammengeschrieben, aber als ausgesprochen änderungsbedürftig, werter Kollege Gumprecht.
Ich wollte Ihnen eigentlich genau den gleichen Vorwurf machen. Gerade weil Sie im Dezember nicht ahnen konnten, was auf uns zukommt, hätten Sie doch mehr Zeit gehabt, hätten nicht, wie so viele andere, in den letzten Wochen in Aktionismus verfallen müssen und hätten einen ordentlichen Antrag hier vorlegen können. Das haben Sie nicht getan, deshalb an dieser Stelle von uns ein Alternativantrag.