Protokoll der Sitzung vom 15.04.2011

Dann ist noch ein zweiter Punkt wichtig, warum diese Debatte, die Sie heute hier einbringen, völlig veraltet ist. Sie beziehen sich in Ihrem Antrag nur auf Paare, die verheiratet sind, Mutter, Vater, Kind. Was Sie völlig aussparen ist, dass wir heute in der Bundesrepublik etwas ganz anderes auch haben, es gibt nämlich einen gesellschaftlichen Trend erstens zur Patchworkfamilie, zweitens zu eheähnlichen Lebensgemeinschaften und drittens sparen Sie wieder lesbische Paare aus, die vielleicht auch einen Wunsch nach Kindern haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu kann ich in Ihrem Antrag nichts lesen und wir schlagen deswegen vor, wenn es denn schon um die Frage der Kostenübernahme geht, dass genauso gut auch lesbische Paare die Möglichkeit haben, gefördert zu werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bitte also die Gesellschaft insgesamt in den Blick nehmen und nicht nur die Hälfte.

Ich will an dieser Stelle bei der kurzen Einbringungszeit auch die Möglichkeit nutzen, zu sagen: Es ist eine zutiefst ethische Frage, die wir hier besprechen. Ich glaube, dass es am Ende auch wenig parteipolitisch entschieden werden kann. Ich wünsche mir deswegen auch Ausschussüberweisung aller Anträge, die heute hier vorliegen, um das in Ruhe miteinander diskutieren zu können. Das ist das Thema wert, aber, wie gesagt, bitte auf einem

(Vizepräsidentin Hitzing)

breiteren Sockel oder auf einem breiteren Fokus und modern nach vorn gerichtet.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete Siegesmund. Ich frage die Fraktion DIE LINKE: Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Ja, Frau Abgeordnete Stange hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Fraktion DIE LINKE hat einen Alternativantrag zum Antrag der CDU und SPD in der Drucksache 5/2572 vorgelegt. Wir denken - anders als die Kollegin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -, dass das Thema, was die Koalitionsfraktionen vorgelegt haben, ein erster guter Anfang ist, der heute beredet werden kann. Wir sagen aber auch eindeutig, es ist zu kurz gesprungen. Ich will ganz gern zurück zu den Bedingungen vor der Änderung, die 2004 durch SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeinsam mit der CDU eingeführt worden ist, kommen. Das heißt ausdrücklich, wir wollen die vollständige Übernahme der Kosten für vier Versuche für die künstliche Befruchtung.

(Beifall DIE LINKE)

Wir wollen die strikte Altersbegrenzung bei Männern und Frauen aufheben, denn diese ist auch nicht zeitgemäß, und wir wollen natürlich auch, dass alle Zugang zur künstlichen Befruchtung haben. Damit sind ausdrücklich natürlich auch lesbische Frauen mit einbegriffen. Und wir wollen, dass die Landesregierung im Bundesrat aktiv wird, damit ein Bundeszuschuss für die gesetzlichen Krankenkassen erhöht wird, um diese Ausgaben zu finanzieren. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete Stange. Ich eröffne jetzt die Aussprache und das Wort hat die Abgeordnete Meißner für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnetenkollegen, nicht immer kann eine Schwangerschaft auf dem natürlichen Weg zustande kommen. Die Anzahl unfreiwillig kinderloser Paare hat bedauerlicherweise in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen und liegt mittlerweile bei fast 20 Prozent. Allerdings ist dies nur eine Dunkelziffer und man kann nur erahnen, wenn es noch mehr wären. Das entspricht schon einer Zahl von 1,5 bis 2 Mio. Paaren. Dank der medizinischen For

schung und modernster Technik kann gegen einen unerfüllten Kinderwunsch heute einiges getan werden. Viele Paare gehen deswegen den Weg der künstlichen Befruchtung, wobei es dabei verschiedene Methoden gibt. Es ist in der Begründung des Alternativantrags schon gesagt worden, aufgrund des GKV-Modernisierungsgesetzes wurden ab 2004 die Kostenübernahmeregelungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung durch einen neuen § 27 a SGB V erheblich eingeschränkt. Ich darf an dieser Stelle anmerken, dieses Modernisierungsgesetz war unter einer rot-grünen Bundesregierung beschlossen worden. Dies beinhaltete: Die Versuche müssten auf dreimal statt viermal reduziert werden, es müsste eine untere Altersgrenze von 24 Jahren eingeführt werden und eine obere Altersgrenze von 40 Jahren für Frauen und 50 Jahren für Männer sowie - und darauf bezieht sich unser Antrag heute - die Einführung einer 50-prozentigen Selbstbeteiligung der mit einem Behandlungsplan genehmigten Kosten. Das führte dazu, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Maßnahmen drastisch gesunken ist, man sagt sogar um die Hälfte. Manche Paare haben auf diese künstliche Befruchtung verzichtet oder sie haben sogar ihre Versuche abgebrochen. Es gab 2008 daraufhin unter der Führung von Thüringen und der damaligen Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit Christine Lieberknecht eine Bundesratsinitiative, die die vollständige Rücknahme der Änderung durch das Modernisierungsgesetz der GKV von 2004 wollte und eben die Rückkehr zur bisherigen Rechtslage. Wir sehen also, eine Diskussion aus den 80er-Jahren ist es weiß Gott nicht. Leider lehnte die Bundesregierung 2010 die Entschließung des Bundesrates ab, und zwar unter folgenden Gründen:

1. Es seien Einsparungen notwendig.

2. Die künstliche Befruchtung sei eine versicherungsfremde Leistung.

3. Die Altersgrenzen und die Beschränkungen der Versuchszahl seien notwendig, da eben mit zunehmendem Alter und nach dem dritten Versuch die Erfolgsaussichten der künstlichen Befruchtung sinken würden.

4. Die Länder könnten individuelle Lösungen schaffen und mittels Eigenanteil Paare unterstützen.

Wir in Thüringen wollen diese damalige Bundesratsinitiative zwar aufgreifen, aber wir wollen eine neue Idee auf den Weg bringen, die auch erfolgreich sein kann. Deswegen wollen wir, dass Kinderwunschpaare bei ihrem 50-prozentigen Anteil um die Hälfte, also um 25 Prozent, durch familienpolitische Leistungen des Bundes entlastet werden. Dabei, das möchte ich ausdrücklich sagen, gebe ich zu, wir haben eine Idee der Initiative „Wunschkind Deutschland“ übernommen. Wir haben diese Idee gern aufgenommen, weil wir die Initiative Wunsch

(Abg. Siegesmund)

kind bei ihrem bundesweiten Engagement gern unterstützen wollen.

(Beifall CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, ungewollte Kinderlosigkeit wird oft als schwerer Mangel der persönlichen Lebensplanung empfunden. Dadurch stehen die Betroffenen unter einem psychischen Leidensdruck. Das ständige Warten und Bangen auf das Ergebnis der vergangenen Behandlung stellt immer wieder eine Zerreißprobe dar. Diese Gefühlsachterbahn betrifft dann nicht nur den einzelnen Partner, sondern auch die ganze Beziehung. Paare, die den sehnlichsten Wunsch haben, Kinder zu bekommen, bei denen steigt nach jedem erfolglosen Versuch der Wunsch. Dazu kommen aber auch physische Belastungen, allein wenn man sich mal vor Augen führt, welche Vorbereitungen für die künstliche Befruchtung notwendig sind. Das sind umfangreiche gynäkologische Untersuchungen, labortechnische Diagnostik und eine anstrengende hormonelle Vorbehandlung der Frau, die auch mit dem Risiko von Nebenwirkungen verbunden ist. Da der persönliche Kinderwunsch aber bei den Paaren meist so groß ist, nehmen sie die finanziellen Kosten in Kauf. Aber diese finanziellen Kosten führen zu einer enormen Belastung. Wenn man sich vorstellt, egal welche Zahlen man da zugrunde legt, wie die Erfolgsaussichten einer künstlichen Befruchtung sind, nämlich das sind nur ca. 30 Prozent, kann man sich ausrechnen, wenn man mindestens 1.800 € pro Versuch zahlt, auf welche Summen man am Ende kommt. Wie sich diese Belastungen persönlich auswirken, zeigt ganz gut ein Zitat, was anonym im Internet steht, was ich an dieser Stelle zitieren möchte: „Zwei Jahre lang und fünf erfolglose Versuche haben mich fertiggemacht. Ich kann es nicht beschreiben, wie schrecklich es ist, jedes Mal zu hoffen und am Ende doch ein negatives Ergebnis zu bekommen. Die Behandlungen sind echt schlimm. Darüber will ich einfach nicht reden. Die hormonelle Stimulation kann einen einfach wahnsinnig machen. Ich war total am Ende mit den Nerven. Finanziell waren wir aber auch ruiniert. Die Krankenkasse hat zwar die Hälfte von den Kosten übernommen, aber Versuche und Medikamente haben uns trotzdem 11.000 € gekostet.“ Paare, die diesen beschriebenen Leidensweg durchschritten haben und das alles in Kauf nehmen, haben einen großen Kinderwunsch. Ich denke, es ist da nicht weit her gedacht, wenn man sich vorstellt, wie die Kinder in diesen Familien aufwachsen. Wer so einen Leidensdruck durchmacht und dann Kinder in die Welt setzt, der wird beim Aufwachsen der Kinder sehr behutsam und sehr fürsorglich umgehen und deswegen wollen wir diese Paare auch unterstützen. Genauso wie alle anderen Neugeborenen brauchen wir vor dem Hintergrund sinkender Geburtenzahlen eben auch diese Kinder. Da habe ich absolutes Unverständnis für die öffentlichen Äuße

rungen vom Abgeordneten Koppe von der FDP. Denn der demographische Wandel in Deutschland ist in aller Munde. Eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung weist nach, künstliche Befruchtung erhöht nicht nur die Geburtenstatistik, sondern könnte auch die demographische Krise abmildern. Wir müssen - auch als Politik - der Überalterung der Bevölkerung entgegenwirken und wir müssen den drohenden Kollaps des Steuer- und Sozialabgabensystems abwenden. Herr Koppe, ich darf Ihnen an dieser Stelle einen schönen Gruß von der familienpolitischen Sprecherin Ihrer FDP-Bundestagsfraktion ausrichten, die hat das nämlich verstanden, sie unterstützt die Initiative Wunschkind.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Aber nicht die Finanzierung.)

Wir wollen dieses Mal eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, die auch Erfolg haben kann. Deswegen können wir den Alternativanträgen nicht zustimmen, denn wir müssen uns überlegen, was hat dazu geführt, dass die damalige Bundesratsinitiative nicht zustimmungsfähig seitens der Bundesregierung war. Zunächst zum Alternativantrag der GRÜNEN. Ich muss an dieser Stelle bemerken, dass es mich verwundert hat, dass ein Alternativantrag zugelassen wird seitens der Landtagsverwaltung, der sich nur in drei Buchstaben überhaupt mit dem Grundantrag befasst. Deswegen möchte ich zunächst zu diesen Buchstaben kommen.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist Ihr enger Hori- zont.)

Wir wollen mit unserem Antrag eine Entlastung der Kinderwunschpaare und eben nicht, wie Sie in Ihrem Buchstaben f) fordern, dass die Paare noch mehr belastet werden. Denn das würde bedeuten, dass Sie einkommensstarke Paare bis zu 100 Prozent mit den Kosten belasten wollen und einkommensschwache Paare zumindest mit 50 Prozent, also so, wie es bisher ist. Keinerlei Verbesserung das ist nicht unser Ziel.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sozial Schwache, die es sich nicht leisten können, das zu bezahlen.)

Zu den übrigen Punkten Ihres Antrags möchte ich einfach nur aus der Begründung der Bundesratsinitiative von 2008 zitieren, mit Ihrer Erlaubnis: „Familienpolitik beginnt nicht nur bei der Frage von Erziehungsgeld, Kinderkrippen und Kindergärten. Familienpolitik muss bereits dort ansetzen, wo es um die Frage geht, ob ein Kind zur Welt kommen darf.“ Sie sehen, es ist eine ganz andere Problematik, die Sie aufgeworfen haben. Diese gewollte Kinderlosigkeit muss auch Thema sein, da gebe ich Ihnen recht. Aber das ist eben nicht Thema der Bundesratsinitiative, die wir auf den Weg bringen wollen.

Aus unserer Sicht, sehr geehrte Damen und Herren, kann auch keine vollständige Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenversicherungen erfolgen. Ein Bundesverfassungsgerichtsurteil vom Januar 2009 sagt eindeutig: Bei der künstlichen Befruchtung handelt es sich um keinen Versicherungsfall, weil keine Krankheit. Deswegen wollen wir mit unserer vorgeschlagenen Initiative den Leistungskatalog der GKV dieses Mal nicht antasten und wir können vielleicht sogar froh sein, wenn es bei den 50 Prozent Beteiligung bleibt. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Bund der GKV die Kosten erstattet.

Nun zur geforderten Förderung verheirateter Paare bzw. nicht verheirateter Paare der beiden Alternativanträge. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil hat auch diesbezüglich im Februar 2007 klare Worte gefunden. Ich darf zitieren: „Der Gesetzgeber darf daran anknüpfen, dass die eheliche Partnerschaft besonders geeignet sei, die mit den infrage stehenden medizinischen Maßnahmen verbundenen Belastungen und Risiken gemeinsam zu bewältigen.“ Auch sei die Ehe wegen ihres besonderen rechtlichen Rahmens als eine Lebensbasis für ein Kind anzusehen, die den Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trägt als eine nicht eheliche Partnerschaft. Ich gebe Ihnen recht, Fraktion DIE LINKE und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, es ist nicht abwegig, dass man auch daran denkt, bei unverheirateten Paaren die Kosten zu erstatten. Aber ich möchte an der Stelle sagen, uns geht es darum, dass wir dieses Mal im Bundesrat erfolgreich sind, und deswegen wollten wir nicht noch einen drauflegen und einem Trend nachgeben, sondern erst einmal versuchen, an dieser Stelle die Paare zu entlasten, die verheiratet sind. Wie man das konkret gestaltet, ist eine andere Sache. Möglicherweise kann bei der Bundesratsinitiative anderes einbezogen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, Thüringen als Familienland Nummer 1 steht es gut zu Gesicht, eine neue Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen. Uns ist dabei eine bundeseinheitliche Lösung wichtig, denn wir wollen keinen Flickenteppich. Auch wenn Sachsen und Sachsen-Anhalt da eigene Modelle auf den Weg gebracht haben, ist es für uns eine nationale Aufgabe. Wir wollen daher, dass Paare in allen Bundesländern staatlich unterstützt werden. Ich hoffe, wir werden da nicht nur viele Bundesländer finden, die uns unterstützen, sondern ich hoffe auch, dass die Bundesregierung ein Einsehen hat, denn im Entwurf des Koalitionsvertrags der schwarz-gelben Bundesregierung stand ursprünglich eine hälftige Finanzierung des Bundes und eine Flexibilisierung der Altersgrenzen. Leider hat dies keinen Niederschlag in den Vorhaben der Bundesregierung gefunden. Aber ich habe die begründete Hoffnung, dass diese Bundesratsinitiative die Bundesregierung darin bestärkt, diese Idee wieder auf

zugreifen. Es handelt sich um 1 Prozent des Haushalts des Bundesfamilienministeriums, das wir hier einfordern.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist beendet.

Das sind Kosten, die sich amortisieren, denn jedes Kind ist auch eine zukünftige Arbeitskraft, Fachkraft und auch Steuerzahler. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke, Frau Abgeordnete Meißner. Es hat jetzt Frau Abgeordnete Stange für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir heute über die finanzielle Entlastung von Kinderwunschpaaren reden, so reden wir auch und das ist bereits angeklungen - über ein Gesetz, das von Rot-Grün im Jahr 2003 mit Zustimmung der CDU verschlechtert wurde, und zwar zum Schaden der Menschen, die vor allen Dingen Kinder haben wollen. Fakt ist, bevor Rot-Grün bei den Versicherungsnehmern der Krankenkassen sparen wollte, wurden vier Versuche der künstlichen Befruchtung bezahlt. Bevor Rot-Grün die soziale Spaltung in dem Lande verschärft hat, wurden 100 Prozent der Versuche bezahlt, und Fakt ist auch, bevor Rot-Grün ignorierte, dass viele Menschen aufgrund ihrer schwierigen Arbeitsmarktsituation ihren Kinderwunsch immer weiter nach hinten verschoben, war es eine Ermessenssache, ob eine Frau sich auch nach ihrem 40. Geburtstag eine solche Behandlung bezahlen lassen konnte. All das wurde unter Rot-Grün eingeschränkt. An der Stelle bin ich schon etwas verwundert, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute mit ihrem Alternativantrag die Gesetzesverschlechterung von 2004 sogar noch verstärken. Das verstehe ich, gelinde gesagt, nicht, Frau Siegesmund, was Sie uns heute vorgelegt haben. In meinen Augen waren diese Vorgehen - und auch was Sie vorhin formulierten - einfach nur familienfeindlich.

(Beifall DIE LINKE)

Die Entscheidung zu einer künstlichen Befruchtung darf - und das wurde auch bereits erwähnt - nicht vom Geldbeutel abhängig gemacht werden. Niemand - und das sage ich ausdrücklich auch aus persönlichem Erleben heraus - entscheidet leichtfertig, ob er eine solche Behandlung über sich ergehen lässt oder nicht. Ich denke, wenn die Hormone

(Abg. Meißner)

sich nicht miteinander vertragen, so ist eben genau dieser Weg zur künstlichen Befruchtung ein Weg, den ganz oft Paare, aber auch nicht verheiratete Paare und lesbische Frauen und Alleinerziehende unbedingt gehen dürfen müssen,

(Beifall DIE LINKE)

und dies unabhängig davon, ob der Geldbeutel es hergibt oder nicht. So eine künstliche Befruchtung ist nicht nur eine psychische Belastung für die Frau, sondern für die ganze Familie. Auch darauf ist bereits hingewiesen worden. Wenn die Entscheidung einmal getroffen wurde, diesen Weg zu gehen, dann haben Paare oder auch Einzelpersonen später noch damit zu kämpfen, wie viele Eizellen, die eingepflanzt werden, werden denn auch die Chance haben, groß zu werden. Das ist sozusagen noch einmal eine vollkommen neue moralische Dimension, die auch mit bedacht werden muss. Familien, die sich jeden Pfennig zur Seite gelegt haben, um sich diese künstliche Befruchtung zu leisten, oder Personen, die sich diese künstliche Befruchtung leisten wollen, werden natürlich dahin tendieren, zwei oder drei Eizellen, die eingepflanzt worden sind, auch im Mutterleib zu halten, und sich nicht nur für eine Eizelle entscheiden. Das, denke ich, darf auch zukünftig nicht weiter ein Fakt des Geldbeutels sein, denn das wäre weiß Gott weiterhin nicht mit der Menschenwürde zu vereinbaren.

An der Stelle komme ich wieder zurück auf die Thematik und ich bin auch der Koalitionsfraktion sehr dankbar dafür, dass sie zumindest mit dem heute vorgelegten Antrag einen weiteren Schritt in die Diskussion im Thüringer Landtag gehen will, denn andere Länder haben bereits mit ihren Anträgen im Bundesrat in den Jahren 2008 und 2009 versucht, das rückgängig zu machen, was eine ehemalige Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Ich möchte hier ganz bewusst noch einmal die damalige Sächsische Staatsministerin für Soziales zitieren. Frau Helma Orosz stellte fest, wo es darum ging, im Bundesrat über die Thematik zu reden - ich zitiere: Entweder bezahlen wir ähnlich wie in Dänemark mindestens drei Behandlungen und bringen damit in Deutschland bis 2050 möglicherweise 1,6 Mio. Kinder auf die Welt oder wir halten an der derzeitigen Regelung fest und verlieren fast jedes Jahr zwischen 6.000 und 10.000 Kinder. Da ist nichts hinzuzufügen und wir sollten wirklich alles versuchen, dass eine Bundesratsinitiative, wo die volle Kostenübernahme gewährt wird, für alle vier Versuche und auch ohne Altersgrenze auf den Weg gebracht werden kann.

(Beifall DIE LINKE)