(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist das Problem, Sie sind mein politischer Mitbewerber.)
Meine Damen und Herren, ich bleibe dabei, dieses ist ein gutes Gesetz, was wir vorgelegt haben. Ich bleibe dabei, mit den GRÜNEN kann man solche Dinge wirklich nur schlecht weiter voranbringen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Danke schön, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Ramelow.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Wolfgang Fiedler, es muss tatsächlich erwähnt sein, dass die Entscheidung in dem Gesetz, die Haftpflicht einzuführen, ein wichtiger Schritt ist. Es ist eine richtige Entscheidung, das Chippen. Da muss man dann die Frage tatsächlich mit den Daten aufwerfen. Aber ich glaube, es ist der richtige Weg.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Tier eine immer größere Bedeutung für uns Menschen bekommt. Wir leben auch in einer alternden Gesellschaft, in der das Tier ein zentraler Punkt der Zuwendung ist, und gleichwohl leben wir in einer Gesellschaft, in der die Menschen immer weniger Kenntnis über Tiere haben. Deswegen ist es notwendig, dass wir auch die Voraussetzungen schaffen, dass nicht ein Tier einfach nur als Liebesersatz zu Hause gehalten wird, sondern der Mensch auch angehalten ist, sich um dieses Tier zu kümmern. Es geht auch um Tierschutz.
Ich gebe zu, unser Hund ist bei Kümmel ausgebildet worden, ich weiß, was die Hundeschule leistet. Ich gebe zu, als wir uns den Hund angeschafft haben, war ich sehr unsicher, weil ich mich in meinem ganzen Leben noch nie um ein solches Tier gekümmert habe, und hatte da auch Skepsis. Deswegen war es gut und richtig, den Weg zur Hundeschule zu gehen, weil ich dort gelernt habe, dass es erst einmal auf das andere Ende der Leine ankommt.
Richtig, so ist es. Oben der muss lernen, mit dem Tier umzugehen, der muss lernen, Kommandos zu geben, der muss auch lernen, was es heißt, Verantwortung für das Tier zu tragen. Insoweit ist jede dieser Beißattacken, die tödlich, jede dieser Beißattacken …
Ist doch klar, ausbilden. Mensch und Tier müssen miteinander klarkommen, damit dieses Tier nicht eine Gefahr für andere wird. Ich erlebe immer wieder, auch bei unserem kleinen Hund, dass Eltern sehr oberflächlich ihren Kindern sagen, ach, ist der drollig, und das Kind steckt dann die Finger mitten ins Maul von diesem Tier. Man muss jedes Mal den Eltern sagen oder signalisieren, dass ein Kind nicht einfach auf den Hund zurennen soll. Auch da gibt es ein paar Irritationen zwischen dem Menschen und dem Tier, weil das Tier ein Tier bleibt. Es hat kein Abitur,
es hat zwar gelernt, sich ordentlich zu verhalten, wenn es trainiert worden ist, aber man kann nicht mit ihm kommunizieren, weil es sich angegriffen fühlt, wenn mal Dinge schiefgehen. Insoweit wäre es mir eigentlich viel lieber, wir würden ernsthaft über den Hundeführerschein für jeden reden und das als Vorschrift auch so machen, dass wir sagen, jeder muss nachweisen, dass er seine Sachkundeprüfung hat. Da muss man auch standardisieren, wie diese Sachkundeprüfung abzulegen ist und wo
man sie ablegen kann, damit es kein Gefälligkeitszertifikat gibt. Da trauen Sie sich leider nicht heran. Ich glaube, das wäre aber ein entscheidender Schritt für alle Beteiligten in dieser Gesellschaft, damit das Thema entemotionalisiert wird. Wir erleben jedes Mal eine Hysterie, wenn wieder eine tödliche Beißattacke stattgefunden hat.
Wir erleben dann, dass diese Tiere in einer Situation waren, die schon mit der Gefahren-Hundeverordnung hätte gebannt werden können, wenn es bekannt gewesen wäre. Aber es war nicht bekannt. An der Stelle erlebe ich jedes Mal, dass auch Ordnungsämter sehr unterschiedlich auf Hundebesitzer reagieren. Wenn einer schnell genug läuft, rennt das Ordnungsamt nicht hinterher. Wenn in einer bestimmten Situation jemand mit einem Hund demonstrativ zeigt, dass er Macht ausüben will, das ist nämlich die Form, wie Hunde auch als Waffe eingesetzt werden, als Drohkulisse, dann kann ich mich erinnern, dass dann auch die Zuständigen eher wegschauen. Umgekehrt, wenn ein Hund nicht angeleint ist in der Stadt, ist das Ordnungsamt sofort da. Selbst hier vor dem Landtag habe ich schon 35 € bezahlen müssen, weil mein „gefährlicher Kampfhund“ bis zum Park gelaufen ist. Ich habe es bezahlt und habe mir meinen Teil dabei gedacht.
Besten Dank, Herr Ramelow. Es ist vollkommen richtig, dass derjenige, der am anderen Ende der Leine vom Hund ist, eine wichtige Person ist. Sie sprechen den Führerschein an. Sie wissen, dass bei Vergehen im Straßenverkehr auch der Führerschein dementsprechend entzogen werden kann. Sie wissen auch, dass Menschen Fehler begehen, dass sie vielleicht andere Handlungen, die nicht üblich sind, begehen. Sie haben einen Hundeführerschein, der wird Ihnen weggenommen. Das Auto kann man mal ein Jahr lang in die Garage stellen. Was machen Sie mit dem Hund? Das ist die Frage. Es gibt alleinstehende Menschen, die Hunde haben. Was machen Sie mit dem Hund? Darf er jetzt nicht mehr geführt werden? Wird er eingesperrt oder eingeschläfert?
Aber das setzt doch zuerst einmal voraus, dass derjenige gegen seine Hundehalterpflichten verstoßen hat. Sie unterstellen doch nicht, dass ihm einfach der Hundeführerschein aberkannt wird, weil er
wegen zu schnellem Hunderennen an der Ampel erwischt worden ist, sondern er muss gegen Auflagen verstoßen haben. Da reden wir von dem eigentlichen Thema heute, von aggressivem Verhalten von Tieren. Die Aggression eines Tieres hängt genau von dem Halter ab oder der Art, wie er das Tier hält. Die Hunde werden doch neurotisch gemacht, von denen wir hier reden, oder sie sind neurotisch, weil sie unter Bedingungen leben wie diese vier kleinen Hunde oder drei kleinen Hunde, die dann zu dieser gefährlichen Beißattacke oder zu dieser Beißorgie ausgebrochen sind. Die sind doch schon völlig falsch gehalten worden. Derjenige, der so eine Hundezucht betreibt, der sollte wirklich keine Sachkundegewährung mehr haben. Dem sollte man dann wirklich das Recht, Hunde zu erziehen
oder Hunde großzuziehen, aberkennen. Da muss man konsequent sagen, so jemand darf nicht mehr weiter mit Hunden in der freien Natur herumlaufen. Das ist die Konsequenz davon und dann kommt die zweite Geschichte und die bezieht sich dann auf das Tier. Wenn das Tier nicht aggressiv ist, also erstens würde ich es abnehmen und in ein Tierheim verbringen. Das muss aber dann auch mitfinanziert werden. Zweitens würde ich prüfen lassen, ob das Tier nach dem Wesenstest auffällig ist oder nicht, denn dann kann es ggf. weitervermittelt werden. Wenn das Tier - und jetzt komme ich auf den eigentlichen Punkt, warum ich vorgegangen bin - selber mittlerweile so auffällig ist, dass es nicht mehr gefahrlos gehalten werden kann, dann muss nachgewiesen werden, wer es denn überhaupt hält, oder es muss eingeschläfert werden. Dann ist aber das Tier dasjenige, das sozusagen durch einen entsprechenden Test gelaufen ist, wobei man dann feststellt, dass dieses Tier sich völlig falsch entwickelt hat und zu einer Gefahr für uns alle geworden ist. Das ist genau der Punkt, dass wir jetzt in der Rassehundeliste sagen, es sind vier Rassen an sich auffällig und damit diskriminieren und diskreditieren wir alle diejenigen, die ordentliche Züchter in diesem Bereich sind, und wir kriminalisieren die Tiere an sich. Das war der Punkt, warum ich hier noch einmal vorgegangen bin. Mit den anderen Dingen wäre ich einverstanden. Alles, was hier gesagt worden ist, wird von mir getragen, weil ich glaube, dass es richtig ist, dass wir der Bevölkerung zeigen müssen, dass Politik auch in der Lage ist, dieses Verhältnis Mensch und Tier zu regeln. Da gibt es in der Tat auch gefährliche Tiere, die, wie ich glaube, gar nichts in Privathaushalten zu suchen haben. Ich weiß nicht, was die Schwarze Mamba oder andere Dinge überhaupt in Privathaushalten zu suchen haben.
Danke, Herr Ramelow. Ich komme noch einmal zurück zum Hundeführerschein. Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden hätte, wäre ja die Konsequenz, dass, bevor ich mir einen Hund hole, ich den Sachkundenachweis vorlegen müsste. Alles andere würde ja nicht mehr funktionieren. Das haben Sie gerade so gesagt. Geben Sie mir da recht?
Ich würde das so regeln wollen. Also wenn ich es zu regeln hätte, wenn es mein Vorschlag wäre, weil ich weiß, dass es mir gut getan hat. Ich habe den Hund gekauft und bin mit ihm sofort in die Hundeschule und in der Hundeschule ist nicht nur mein Hund trainiert worden, sondern auch das andere Ende der Leine. Ich bin trainiert worden und Herr Kümmel hat mit mir gearbeitet, um mir klarzumachen, wie ich mit dem Tier umzugehen habe. Ich sage, es hat mir gut getan, es hat dem Hund gut getan, wie Sie ja besichtigen können, manche von Ihnen kennen ihn ja, und es hat auch Herrn Kümmel gut getan, weil er sein Geld damit verdient und er verdient es zu Recht damit. Das ist das Verhältnis zwischen der Herangehensweise zwischen Mensch und Tier, vor allen Dingen, wenn das Anschaffen von Tieren völlig frei ist und wir dann wegschauen. Das ist dann in der Tat so, dass dann der Unterschied zwischen dem kleinen drolligen Tier und dem ganz großen Tier - also ich habe bei Kümmel große Hunde kennengelernt, da hätte ich Panik, nur allein in der Nähe zu sein. Ich habe gesehen, wie dort mit denen gearbeitet wird. Das sind Hunde, da habe ich ausgesprochenen Respekt und ob ich die im Nachbargarten haben möchte, habe ich dann auch so meine Zweifel.
Also ich habe jetzt richtig verstanden, Sie hatten auch erst den Hund und haben dann diesen Führerschein gemacht?
Ja, aber muss ich ihn dann mit einem Plastikhund machen oder mache ich ihn mit dem Tier, das ich gekauft habe?
Ja, dann wäre es auch besser, dass ich keine Hunde halten würde, und Ihnen wäre erspart, dauernd über Attila Berichte zu bekommen. Das ist doch ganz klar. Wenn ich zu blöde bin, mit einem Tier umzugehen, da muss ich auch die Kraft haben, zu sagen, dann habe ich keinen Hund zu haben.
Das Problem ist doch, dass es Menschen gibt, die denken, sie können alles - und ich gebe zu, ich bin zwar auf dem Dorf groß geworden, aber wie man ordentlich mit einem Hund umgeht, habe ich nicht gelernt, woher denn. Aber ich weiß, dass der Schäfer, der mit seinen Hunden arbeitet, eine perfekte Arbeitsleistung mit den Tieren vollbringt. Davor habe ich größte Hochachtung. Oder die Gebrauchshunde im Einsatz - wer es mal gesehen hat, z.B. die Bergestaffeln, die vermisste Menschen unter Schutt suchen -, was die Hunde dort leisten, das ist unglaublich. Trotzdem reden wir über diejenigen, die nicht mit Hunden umgehen können, die Hunde neurotisch werden lassen, aber gegen die wir keine Handhabe haben. Deswegen glaube ich, Sie machen es sich an einer Stelle zu einfach, zu sagen, diese vier Rassen sind es und diese vier Rassen müssen anschließend zwangskastriert werden. Das halte ich für ein riesiges Problem.
Da, lieber Wolfgang Fiedler, wenn das Tier erst einmal zwangskastriert ist, reparieren Sie und ich das nicht mehr. Wenn wir dann nämlich das Gesetz in einem halben Jahr evaluieren oder in einem Jahr und feststellen, dass das ein Fehler war, dann haben wir einen Fehler an Tieren begangen. Das ist ein Punkt, den ich nicht akzeptieren kann. Deswe
gen bitte ich Sie noch einmal: Nehmen Sie diesen Teil der Zwangskastration aus Ihrem Gesetz heraus, sorgen Sie dafür, dass die Gefahren-Hundeverordnung Teil des Gesetzes wird, weil das hätte eine innere Logik, und haben Sie den Mut, den Hundeführerschein für alle vorzuschreiben. Dann hätten wir mit dem Chippen und mit der Haftpflicht einen guten Schritt nach vorn getan und nicht eine Pseudomaßnahme gegen vier willkürlich festgelegte Hunderassen, die am Schluss nur eine Pseudosicherheit bringen, aber in jedem Fall Hundezüchtern und konkret lebenden Tiere einen Schaden zufügen, der nicht mehr zu reparieren ist. Deswegen werbe ich bei dem Teil mit der Kastration, das eben heute hier nicht so lax zu beschließen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ramelow. Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Dirk Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Fiedler, sehr geehrte CDU-Fraktion, mir ist die Debatte enorm wichtig und mir ist wichtig, dass wir ein vernünftiges Gesetz hier hinbekommen. Herr Fiedler hat gesagt, das mit der Registrierung sei alles geklärt. Dem vermag ich nicht zu folgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb bin ich noch einmal, weil Sie die Zwischenfrage nicht zugelassen haben, hier nach vorn gegangen.