Protokoll der Sitzung vom 07.07.2011

und Bürgermeister einer Neugliederungsmaßnahme in einen vorzeitigen und gut finanzierten Vorruhestand für den Rest ihrer laufenden Amtszeit eintreten müssten. Dies könnte selbst ein Hinderungsgrund für Amtsinhaber sein, freiwillige Zusammenschlüsse in ihrem Wirkungsbereich zu befördern. Wir wissen, dass sich in der Vergangenheit angehende Pensionäre im kommunalen Verwaltungsbereich stets offenherziger zu den Ideen von Strukturverbesserungen durch neue Zuschnitte geäußert haben. Meine Fraktion hat im Thüringer Kommunalwahlgesetz diese Lücke entdeckt und schlägt Ihnen in überschaubarer Manier in § 41 a Übergangsbestimmung vor, die den Schwerpunkt unseres Amtszeitenflexibilisierungsgesetzes beinhaltet. Wir lösen die starren Amtszeiten ab und wollen damit die freiwilligen und gesetzlichen Neugliederungsmaßnahmen befördern. Wir wollen, dass diese Amtszeiten der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte zu dem Zeitpunkt per Gesetz enden, an dem das Gesetz zur Neugliederung der betroffenen Gebietskörperschaften in Kraft tritt. Damit erhalten alle Betroffenen die notwendige Klarheit für ihre Zukunft und den Bürgern wird bewusst, dass nur für erbrachte Leistungen auch Steuergelder aufgewendet werden. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Hauboldt. Es liegen aus allen Fraktionen Wortmeldungen vor und ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kellner für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hauboldt hat ja vorweggegriffen, was ich auch sofort gedacht habe und was mir sofort in den Sinn kam, die Kreativität kennt da keine Grenzen in der Fraktion DIE LINKE, als ich das Gesetz das erste Mal gelesen habe

(Beifall DIE LINKE)

mit diesem sperrigen Namen, aber ich sehe schon, man kann hier eigentlich nehmen was man will, man landet, wenn man will - und das wollen Sie ja vor allem, wenn Herr Kuschel nachher spricht, bei der Verwaltungs- und Gebietsreform.

(Beifall DIE LINKE)

Damit wird das Thema aber nicht besser, das muss ich gleich vorwegschicken. Da können Sie klopfen,

wie Sie wollen, das wird dadurch nicht besser, wenn man es immer mehr aufruft.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das wird immer schlechter, weil Sie es nicht aufrufen.)

Ja, ich will mal zu Ihrem Gesetzentwurf kommen. Aus unserer Sicht ist es verfrüht, im besten Fall, wenn nicht unnötig. Ich neige zu Letzterem und meine Fraktion auch. Ich will das gleich begründen. Verfrüht dahin gehend, dass Sie selbst ausführen, dass die Landesregierung eine Funktional- und Verwaltungsreform vorbereitet indem sie ein Gutachten in Auftrag gibt, um dieses auf den Weg zu bringen.

(Unruhe DIE LINKE)

Also auf den besten Weg ist es gebracht. Damit gibt es natürlich auch die Zeit.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das war ein guter Witz.)

Sie sprechen hier selbst davon, dass es in dieser Legislatur nicht mehr zu leisten ist. In der nächsten soll dann die Sache begonnen werden. Umso weniger verstehe ich dann dieses Gesetz.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was die Amtszeitenflexibilität anbelangt, die Sie hier eingebracht haben, wo Sie Gesetzeslücken entdeckt haben, die Sie damit schließen wollen, mit anderen Worten, Sie wollen die Amtszeit flexibilisieren, also verkürzen, wenn ich das richtig sehe, verkürzen, nicht verlängern, bedeutet das natürlich im Umkehrschluss, wenn ich das tue, dass vor einer Wahl, hauptamtlicher Bürgermeister zum Beispiel, im Vorfeld schon eine große Unsicherheit und Ungewissheit bei den Kandidaten vorhanden ist. Damit, muss ich sagen, wird dieses Amt auch nicht so attraktiv, wie es eigentlich sein muss, um gute Leute zu bekommen, um wirklich gute Kandidaten zu bekommen, die letztendlich die Gemeinden auch dahin führen, nämlich zukünftig so zu gestalten, dass sie leistungsfähig werden und auch leistungsfähig bleiben.

Wenn Sie sich vorstellen, dass jemand kandidieren soll, wohl wissend, dass er unter Umständen in zwei Jahren dieses Amt nicht mehr bekleidet ohne die entsprechenden Absicherungen, die auch damit in Verbindung gebracht werden, die es dann nicht mehr geben soll, habe ich arge Bedenken, dass jemand seine berufliche Laufbahn, seine berufliche Entwicklung dafür zur Verfügung stellt. Ich denke, das ist auch nicht zumutbar. Ich denke, das wird der Sache nicht gerecht, gerade wenn wir darüber reden, dass kommunale Strukturen entwickelt und in die Zukunft geführt werden sollen.

Noch etwas spricht dagegen, was Sie angeführt haben, dass es erhebliche Probleme gibt bei Zusam

menschlüssen. Wir haben gerade in TOP 9 erfahren, wie viele Gemeinden sich auf freiwilliger Ebene zusammengeschlossen haben, wie viele den Weg beschritten haben, über 90 Kommunen haben sich freiwillig gefunden und nirgends ist dieses Problem aufgetreten. Da muss ich sagen, meine Damen und Herren, habe ich großes Vertrauen auch in die Gemeinderäte, die die Zeitschiene schon vernünftig gestalten, die schon aufpassen, dass in den Legislaturperioden das auf den Weg gebracht wird und damit auch ein guter Übergang gewährleistet wird. In den zurückliegenden Jahren hat es an der Stelle, so viel ich weiß, keine Probleme gegeben. Ich weiß es nicht, vielleicht kennen Sie welche, wo es das Problem gab. Ich kenne jedenfalls keines, das jemand verhindert hat, einen Gemeindezusammenschluss zu machen, weil seine Amtszeit in sechs Jahren endet. Ich glaube eher, es wird umgekehrt der Fall sein, wenn er nämlich weiß, dass er unter Umständen nicht die sechs Jahre hat, wird man alles tun, damit man diese Zeit hat, die letztendlich der Gesetzgeber regulär vorgibt. Es ist kontraproduktiv, wenn ich über freiwillige Zusammenschlüsse in diesem Zusammenhang rede.

Meine Damen und Herren, wir brauchen doch nichts konstruieren, was es nicht gibt. Ich denke, die Verfahrensweise ist klar. Wenn sich Gemeinden im Vorfeld zusammenschließen, bevor die Legislatur ausläuft, geht die eine Gemeinde in der anderen Gemeinde auf. Die ehrenamtlichen Bürgermeister werden die Ortschafts- oder Ortsteilbürgermeister, das ist jetzt gang und gäbe, das findet jetzt in mehr als 90 Fällen statt, wo die Gemeinden letztendlich aufgehen und die hauptamtlichen Bürgermeister werden dann vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Auch das ist geregelt und legitim.

Meine Damen und Herren, ich denke, der Gesetzentwurf ist überflüssig, nicht zielführend. Aus dem Grund wird er von uns abgelehnt. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kellner. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Bergner für die FDPFraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich widerspreche dem Gerücht, dass ich heute nur des Wassers wegen so oft vorn wäre.

(Beifall FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Art und Weise, die Diskussion um eine Gebietsreform am Leben zu erhalten, ist mal eine gänzlich andere Variante und zeugt doch von einer gewissen Kreativität. Diese Kreativität möchte ich nun nicht ganz

(Abg. Kellner)

mit Ignoranz strafen und insofern auch ein paar kurze Worte dazu sagen.

Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, geht von etwas aus, was derzeit noch gar nicht existiert. Wir hoffen auch, dass es in Zukunft eine Zwangsneugliederung, wie es die LINKE favorisiert, nicht geben wird.

(Beifall FDP)

Auch dass eine Gebietsreform, wie es der Begründung des Gesetzentwurfs zu entnehmen ist, zwingend erforderlich sei, sehen wir und - ich sage bewusst - viele andere Bürger in Thüringen nicht so, meine Damen und Herren. Ich glaube, vielmehr braucht man zu dem Entwurf eigentlich nicht zu sagen. Kollege Kellner hat schon sehr viel Zutreffendes gesagt. Wenn man sieht, wie Gemeindezusammenschlüsse, freiwillige Gemeindezusammenschlüsse, die die Menschen vor Ort gewollt haben und die das Ministerium nicht verwehrt hat, funktioniert haben, da muss man schon feststellen, dass ich diesen Handlungsbedarf, wie er aus dem Gesetzentwurf hervorgeht, mit Sicherheit nicht sehen kann. Ich glaube vielmehr, wir sollten schauen, was das Gutachten bringt, welche Aussage es trifft, wenn es nun tatsächlich auf den Weg gebracht ist. Ich empfinde es derzeit als wichtiger, dass wir uns um die tatsächlich vorhandenen Probleme der Kommunen kümmern, wie zum Beispiel den kommenden Kommunalen Finanzausgleich, und dass wir die Kommunen unterstützen und nicht über ungelegte Eier diskutieren.

Wir werden den Entwurf deshalb ablehnen, meine Damen und Herren. Mit Blick auf die Uhr und den Termin, der noch wartet, danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Bergner. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hey für die Fraktion der SPD.

(Beifall CDU, FDP)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, DIE LINKE ist ja immer recht, ich sage mal, fleißig, Gesetzentwürfe, Anträge und derlei Dinge hier mit in das Plenum einzubringen. Aber bei diesem Gesetzentwurf muss ich ernsthaft fragen, wer kommt denn immer auf solche Dinge, wer hat denn das ausgearbeitet? Es ist genau 19.00 Uhr, ich könnte jetzt sagen, ich schließe mich meinem Vorredner, Herrn Kellner, an,

(Beifall DIE LINKE)

aber eine Sache drängt bei mir dann doch auf eine Klärung. Man muss sich einmal vorstellen, wenn man, nur mal angenommen, nicht mal den kommu

nalen Leuten sagen kann, für wie lange sie gewählt werden. Die lassen sich für so ein Amt aufstellen, machen das vielleicht das zweite oder dritte, auch das erste Mal. Man kann nicht einmal mit Sicherheit sagen, wie lange diese Zeit einer Legislative dauert. Das können vier Jahre sein oder fünf oder acht, das ist mittlerweile eine Beliebigkeit. Da habe ich schon ein sehr großes Problem, denn es ist auf der einen Seite aus meiner Sicht unverantwortlich denen gegenüber, die diese Verantwortung übernehmen wollen. Das ist ein sehr hohes Gut, darüber haben wir vorhin erst geredet, als es um die kommunalen Wahlbeamten und ihre Pensionierung ging. Aber auf der anderen Seite ist es auch dem Wähler gegenüber ein Unding, wenn der nicht mal weiß, wenn er an die Urne geht, für wie lange wählt er den denn eigentlich. Unabhängig davon, ob dieser Vorschlag, den Sie gebracht haben, vielleicht in diese Richtung gehen soll, nun machen wir endlich einmal eine Gemeinde-, Gebiets- und Verwaltungsreform, mag ja sein, dass das dahintersteckt, da muss ich im Übrigen auch sagen, diese Sache mit dem Gutachten, das nimmt für mich mittlerweile komödiantenhafte Züge an. Ich wundere mich, wie lange so etwas eigentlich immer noch dauern kann, aber das nur am Rande.

Ich muss sagen, rein verfassungsrechtlich, glaube ich, wird dieses Gesetz, das hier stolz mit Pauken und Trompeten hineingetragen wurde, diesen Raum wieder auf Krücken verlassen, weil das Ganze rechtlich überhaupt nicht abgesichert ist. So etwas bekommt man nicht durch, weder den Leuten gegenüber, die diese Verantwortung übernehmen, noch den Wählern gegenüber. Das ist rechtlich aus meiner Sicht vollkommen unhaltbar. Deswegen werden wir diesem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen. Danke.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hey. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dirk Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe verbliebenen Kolleginnen und Kollegen, vielleicht ganz kurz, alle haben von Kreativität gesprochen. Ich würde sagen, das ist ein gutes Merkmal von Opposition, zumal es ja um eine wichtige Sache geht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, besonders Herr Gumprecht, Sie haben gesagt, diese Gesetzesinitiative wird dem Anliegen nicht gerecht. Ich glaube, dem Anliegen in Thüringen eine Struktur-, Funktional- und Gebietsreform durchzuführen, wird

(Abg. Bergner)

einfach Ihrer Blockade nicht gerecht - der CDU und das ist doch der eigentliche Skandal.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Hey hat hier, und das war eigentlich sehr schön, fröhlich gelächelt dabei und auch ein bisschen gelacht. Was war eigentlich das Lächerliche? Niemand Vernünftiges in Thüringen glaubt noch, dass wir ohne Struktur-, Funktional- und Gebietsreform auskommen werden in den nächsten zehn Jahren. Es ist eigentlich nur zum Schmunzeln, dass die SPD jetzt auf einmal, nachdem Sie diese Erkenntnis ja auch haben, das irgendwie verteidigen müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses hier von der LINKEN vorgelegte Gesetz ist in der Tat ein Gesetz, das einen ganz kleinen Sachverhalt nur regelt, aber es hält die Diskussion um eine Gebietsreform, eine Strukturreform am Laufen und es zeigt uns, wie viele Fragen wir hierbei zu klären hätten, nämlich, wie lange sind Bürgermeisterinnen und Bürgermeister denn im Amt, wenn wir eine solche Gebietsreform durchführen? Es ist vollkommen klar, Herr Hey, die Wählerinnen und Wähler werden bei der nächsten Kommunalwahl auch nicht wissen, wie lange ihre Gebietskörperschaft noch besteht. Das Beispiel haben wir doch heute hier diskutiert. Das ist doch aber überhaupt nichts verfassungsrechtlich irgendwie Bedenkliches. Der Wandel ist beständig, zumindest sollte er das sein, wenn man modern und kreativ bleiben will. Nichts ist natürlich so gut, dass man es nicht verbessern könnte, zum Beispiel ist mir aufgefallen - da verstehe ich DIE LINKE nicht, Sie haben mit einer Jahreszahl alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bezeichnet, die im Jahr 2012 gewählt werden, die sollen unter diese Regelung fallen. Was ist aber mit denen, die im Jahr 2013 zum Beispiel gewählt werden? Viel vernünftiger wäre es sicherlich, eine Formulierung zu wählen, ab Inkrafttreten des Gesetzes. Das heißt, wir müssen über diesen Gesetzentwurf noch diskutieren und wir beantragen ihn an den Innenausschuss zu überweisen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)