Protokoll der Sitzung vom 07.07.2011

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, weil wir zu dem Thema schon weiter gewesen sind in der Debatte, als jetzt hier im Plenum dargestellt wird. Wir haben eine Regelung hier aufgenommen, die nicht im Jahr 1990 angefangen hat, Herr Fiedler, da haben Sie nicht recht. Historisch hatte die auch ihren guten Grund, nämlich darin, dass früher die sogenannten Honoratioren in Gemeinden, also regelmäßig Bürgermeister oder Beigeordnete, gestandene Mannsbilder waren, die so, sagen wir mal, ab dem 45. Lebensjahr in diese Position kamen und man wollte ihnen die letzten 3, 4, 5 oder 6 Jahre vor dem Eintritt in den Ruhestand „nicht zumuten“ noch irgendwo anders sich einen Job zu suchen, falls es nicht wieder klappt mit der Wahl. Dieser Hintergrund ist richtig, trifft aber leider heute nicht mehr die Situation der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, also der Wahlbeamten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Historisch ist das völlig richtig gewesen. Die Stellung und die Aufgaben von Wahlbeamten, Herr Hey, haben Sie versucht zu schildern. Was Sie gesagt haben, ist nichts weiter als wir von jedem Manager erwarten können in jeder privaten Wirtschaft auch. Er soll den Laden am Laufen halten, für die Mitarbeiter da sein, Rendite erwirtschaften, in diesem Fall das Gemeinwohl fördern, nichts, was nicht auch jeder unterschreiben würde, der als ganz normaler gut bezahlter oder nicht so gut bezahlter Manager in der privaten Wirtschaft eines kleinen mittelständischen Unternehmens auch einen Job bekommt und übrigens regelmäßig dann auch nur auf Zeit als Geschäftsführer. Ich weiß, wovon ich spreche. Kommunale Wahlbeamte werden nach wenigen Jahren ruhegehaltsfähig, und zwar genau nach fünf Jahren regelmäßig in der ersten Wahlperiode. Eine Thüringer Besonderheit, die sich nur damit erklären lässt, dass die CDU damals 1990, Herr Fiedler, genau das wollte, eine besondere Wertschät

zung ausdrücken für die Leute, die damals diese kommunalen Wahlämter angenommen haben. Aber spätestens mit der zweiten Periode hat es dazu geführt, dass man einen Ruhegehaltsanspruch erwirbt, egal, ob man sich bewährt hat oder nicht. In den meisten anderen Bundesländern ist die Zeit, nach der man einen Ruhegehaltsanspruch erwirbt, auf acht oder zehn Jahre gesetzt und das heißt, man braucht die zweite Wahlperiode. Wenn man die nicht schafft, bekommt man eine Übergangsgeldregelung und die Sache hat sich erledigt. In Thüringen bekommt man aber nicht nur nach fünf Jahren bereits den Anspruch, sondern man bekommt dann auch mit dem Tag, an dem man dort ausscheidet, 35 Prozent des letzten Gehaltes überwiesen. Wie bitte?

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Das ist uns doch alles bekannt. Warum erzählen Sie uns das noch einmal?)

Weil ich damit begründen möchte, warum Herr Fiedler nicht recht hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Das sorgt nämlich dafür, dass wir in Wirklichkeit nicht ein normales Gehalt an Mitarbeiter überweisen, die ich in diesem Fall meine, sondern es sorgt dafür, …

Also erstens spricht jetzt der Abgeordnete Meyer und Sie halten sich bitte mit den Zwischenrufen zurück, die sind grenzwertig.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Das ist mehr als flüssig, überflüssig.)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU)

Ich möchte den Redner erst einmal in Schutz nehmen vor dem Hintergrund, dass wir hier eine Debatte führen sollten, die sich übrigens auch vor den Augen der Öffentlichkeit abspielt.

Deshalb sind wir für Öffentlichkeit. Schönen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte insbesondere einige Herren darum bitten, die Zwischenrufe einzustellen, wenigstens in dieser Art.

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Ich erlaube mir mal, die Kosten der jetzigen Regelung für die Gemeinden an einem Beispiel darzustellen. Wenn Sie davon ausgehen, dass heute beispielsweise jemand in einer größeren Gemeinde mit B 2 besoldet wird, ist das aktuell nach der Besoldungstabelle, über die wir beim nächsten Tagesordnungspunkt sprechen, 6.300 € Bruttogehalt, davon sind 35 Prozent ziemlich genau 2.200 € im Monat. Wenn wir davon ausgehen, dass jemand im nächsten Jahr hauptamtlicher Bürgermeister würde oder schon gewesen ist und fünf Jahre diese Karenzzeit hinter sich hat, und B 2 als Besoldung hatte, bekommt der im Jahr rund 26.000 € Ruhegehalt. Wenn ich jetzt mal nicht Herrn Kuschels Beispiel von 27 Jahren nehme, sondern 47 als Eintrittsalter in diesen sogenannten Ruhestand, dann würden bis zum Eintritt in dem allgemeinen Rentenalter, bei jemandem, der heute 47 ist, das wären 67 Jahre, genau 20 Jahre vergehen. Ich habe es mir einfach gemacht. Das bedeutet, dass der kommunale Versorgungsverband, in den alle Kommunen einzahlen, nicht das Land, rund eine halbe Mio. € vor Erreichen der Altersgrenze an diese Person überweist. Das nennen Sie angemessen? Das nennen Sie das, was man braucht, um Menschen dazu zu befähigen, ein Beigeordnetenamt zu erfüllen?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das halte ich für unmoralisch. Das habe ich auch schon mehrfach so gesagt. Genau diese Fälle gibt es. Einer steht vor Ihnen. Auch das wissen Sie. Übrigens wir haben fünf Beigeordnete, die jetzt darunterfallen, Herr Fiedler, ich habe noch einmal nachgerechnet. Es waren schon eine ganze Menge GRÜNE in dieser Situation.

Die Problematik besteht nämlich darin, dass hinterher die Anrechnung dieses Gehalts auf andere Gehälter praktisch dafür sorgt, dass es eben nicht angerechnet wird. Sie müssen, platt gesagt, erst einmal das verdienen, was Sie vorher als Beigeordneter oder Bürgermeister hatten, um überhaupt in eine Anrechnung zu kommen, das heißt, Sie bekommen das obendrauf. Das heißt, Sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern, die jetzt zuschauen, erklären, warum jemand der sechs Jahre gearbeitet hat, daraufhin 2.200 € Rentenanspruch als Minimum erworben hat,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

gleichzeitig jeden Monat, den er danach arbeitet oder auch nicht arbeitet regelmäßig noch einmal 2.200 € verdient. Das Ganze begründen Sie auch noch damit, dass man das braucht, sonst findet man keine Personen dafür.

(Unruhe CDU)

Wenn ich dann Ihnen unter dem TOP 2 als Beispiel gebe, dass Richter zum Beispiel zurzeit überhaupt kein Interesse daran haben können, sich als kommunaler Wahlbeamter zu bewerben, weil sie regelmäßig nicht wieder zurückkehren können - mit Verlaub gesagt, Herr Justizminister, bei Ihnen wahrscheinlich schon, weil Sie dringenden Bedarf haben, aber es ist nicht gesetzlich vorgeschrieben.

(Unruhe CDU)

Dass wir das auch regeln wollen, das kann doch nicht unvernünftig sein. Erklären Sie mir doch bitte mal, warum ein Gehalt von 6.300 € für einen Geschäftsführer …

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Welcher Bürgermeister hat in der Regel eine B 2?) )

Sie können das Ganze auch mit A 15 machen, das ist mir völlig egal, dann kommen Sie auf 1.500 € Gehaltsansprüche. Das ist mir völlig egal.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nebenbei bemerkt, wenn wir dafür sorgen, Frau Tasch, dass wir endlich mal eine vernünftige Gebietsreform bekommen, dann können Bürgermeister auch gut bezahlt werden und dann kriegen sie auch B 2. Das ist nämlich einzig eine Frage der Gemeindegröße. Na klar.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: So etwas Kommunalfeindliches.)

Was daran gerade kommunalfeindlich war, wenn ich versuche, in der Kommune 500.000 € zu sparen bei einem Menschen, der das auch sonst getan hätte, das können Sie mir nicht erklären. Also jedenfalls mir können Sie es nicht erklären.

Wir möchten gern über dieses Thema sprechen, sind aber nicht der Ansicht der FDP. Es ist nicht der Innenausschuss, der dieses Thema behandeln darf, muss oder soll, sondern meiner Ansicht nach der Haushalts- und Finanzausschuss und der neue Justizausschuss. Ich beantrage also Überweisung an diese beiden Ausschüsse. Viele Dank.

(Unruhe CDU)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Oh, da ha- be ich ja doppelte Freude.)

Es sind noch 5 Minuten Redezeit, nein 6 Minuten und 50 Sekunden übrig für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Es hatte sich jetzt der Abgeordnete Kuschel zu Wort gemeldet. Herr Hey, das war auch eine Redeanmeldung? Ja, danach der Abgeordnete Hey.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, drei Anmerkungen zur jetzigen Debatte. Herr Hey hatte formuliert, das Ruhestandsgehalt wäre eine Voraussetzung, um Bewerber für das Amt zu finden. Wenn wir das jetzt entziehen, war so der Eindruck, würden die Betroffenen vielleicht unter künftige Regelungen des SGB XII - also Grundsicherung oder so - fallen. Da will ich nur anmerken, neben dem Ruhegehalt erwerben natürlich kommunale Wahlbeamte auch Pensionsansprüche, die dann mit dem Eintritt in das Pensionsalter gezahlt werden. Das ist auch schon mal etwas. Insofern geht es jetzt nur um die Regelung Zeitpunkt des Amtsaustritts bis zum Erreichen des Pensionsalters. Wir reden also nicht über die Pensionsansprüche, die man dann mit Eintritt in das Pensionsalter erwirbt. Da hatte ich das Gefühl, dass das bisher nicht deutlich wurde.

Darüber hinaus, Herr Hey, haben Sie noch einmal formuliert, es gibt eine Unlust auf diese Ämter. Aus unserer Wahrnehmung heraus hat das aber nichts mit den Regelungen zum Ruhestandsgehalt oder Pensionszahlung zu tun, sondern mit den Rahmenbedingungen, die wir gegenwärtig in den Kommunen vorfinden. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass Frauen und Männer wenig Lust haben, die Landespolitik gegenwärtig in den Kommunen umzusetzen und das noch in Zeiten einer nicht ausreichenden Finanzausstattung. Anders formuliert, nur den Mangel zu verwalten und die Prügel einzustecken vom Bürger, da hält sich die Lust tatsächlich in Grenzen. Das heißt, wenn wir eine höhere Lust wieder erzeugen wollen, müssen wir uns mit den Rahmenbedingungen beschäftigen, mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen und auch mit den finanziellen Rahmenbedingungen. Da ist allerdings das, was die Landesregierung jetzt macht, verstärkt eher die gegenwärtige Tendenz der Unlust.

Herr Bergner hat formuliert, diese Rückkehrmöglichkeit von kommunalen Wahlbeamten in den öffentlichen Dienst wäre unanständig mit Blick auf die Privatwirtschaft oder Ungleichbehandlung. Da will ich nur darauf verweisen, für uns Abgeordnete haben wir selbst diese Rückkehrmöglichkeit geregelt, dann wäre es auch unanständig, da müssten wir ja beispielhaft vorangehen und müssten sagen, da müssen wir diese Regelung aus dem Abgeordnetengesetz streichen, denn wenn ich Landtagsabgeordneter bin und komme aus dem öffentlichen Dienst - egal ob als Tarifbeschäftigter oder als Beamter - habe ich ein Rückkehrrecht. Jetzt müssen Sie mir einmal erklären, warum wir als Abgeordnete uns dieses Recht einräumen und bei kommunalen Wahlbeamten, die aus meiner Sicht eine vergleichbare Verantwortung haben, …

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Da müssen Sie die fragen, die das damals beschlossen haben.)

Das wurde übrigens beschlossen in der Zeit, als FDP und CDU die Landesregierung gestellt haben, nämlich bis 1994. Die anderen haben es fortgeschrieben, da haben Sie recht, man hätte das auch ändern können. Aber hier einerseits das zu geißeln, was hier BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagen haben, und andererseits wir aber uns einen Rechtsrahmen eröffnet haben, der diese Rückkehr ermöglicht, das ist nun auch eine Diskussion, die werden die Betroffenen vor Ort sicherlich nicht nachvollziehen können. Dann haben Sie den Mut und sagen, wenn Sie das ablehnen, was BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier vorgeschlagen haben, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie sofort hier einen Gesetzentwurf vorlegen, dass auch dieses Rückkehrrecht für Abgeordnete ausgeschlossen ist. Da haben wir Glück, die hier schon da sind, weil es erst die Neuen trifft, es trifft ja uns nicht. Insofern dürfte die Hürde für Sie da nicht allzu hoch sein. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Hey das Wort. 8 Minuten und 40 Sekunden hat die SPDFraktion noch.

Um Gottes Willen, so viel nicht. Danke, Frau Präsidentin. Was mich noch einmal hier vor an das Pult getrieben hat, Herr Meyer, das sind zwei Umstände, zum einen so ein paar Zwischenrufe auch aus Ihren eigenen Reihen. Ich weiß nicht, das ist latent hier im Raum auch vorhanden. Wer unterstellt denn, dass ein kommunaler Wahlbeamter nach Ablauf seiner Legislatur - ich sage das jetzt despektierlich so, es ist nicht gesagt worden, aber es schwebt so im Raum umher - sich dann ganz in Ruhe mit 47 Jahren oder mit 43 oder mit 51 auf die faule Haut legt und immer bis 65 oder 67 wartet, je nachdem, bis er seine Rente bekommt. Da hätte ich gern einmal Zahlen gehört von Ihnen, wie viele das wirklich betrifft, wie viele das machen. Da denke ich einmal, da gibt es gar keine statistischen Erhebungen. Wenn doch, sind die relativ komplex, denke ich mal, zu bekommen. Das ist für mich auch so eine Geschichte. Die Leute haben dann in ihren Rathäusern als Dezernenten, als Beigeordnete, als Bürgermeister ihren Job getan und dann setzen sie sich in aller Gemütlichkeit zur Ruhe und wir, respektive (die Kommune), müssen dann dafür zahlen. Das bringt mich wirklich ein bisschen in Rage, weil es sehr wohl Leute gibt - Sie sind das beste Beispiel -, die sich danach eben nicht auf die faule Haut legen. Ich weiß, dass Sie in Weimar Dezer

nent waren. Viele sagen, der Meyer hat das sehr gut gemacht. Sie sind trotzdem heute immer noch politisch aktiv, Sie sind hier, Sie ruhen sich nicht aus. Das ist auch ganz gut so, weil ich denke, dass auch Ihre Redebeiträge durchaus eine Bereicherung hier in diesem Hause sind. Aber das ist eben dieser latente Vorwurf.

Das Zweite, das bringt mich wirklich auf: Ihr Vergleich, sich hier vorn hinzustellen und zu sagen, Herr Hey, was Sie aufgezählt haben zu den Bürgermeistern, den Beigeordneten und den Dezernenten, alles das, was die machen können, das muss ein normaler Manager doch auch können. Da will ich Ihnen nur mal eine Zahl sagen. Sie haben jetzt süffisant bemerkt und vielleicht hat oben auf den Besuchertribünen der eine oder andere geschluckt, weil solche Zahlen zwar im Gesetz drinstehen, aber nicht immer so propagiert werden. Ja, es gibt Leute, die stellen sich an die Spitze einer Verwaltung mit einer B 2. Die bekommen dann 6.800, 8.200 € Brutto, wie auch immer. Aber in einer normalen Stadt von etwa 45.000 Einwohnern, einer mittelgroßen, bekommt der Chef der Stadtwerke, der Strom und Gas verkauft - ich will nicht despektierlich sein, aber das könnten wir zwei auch, Strom und Gas verkaufen -, im Monat rund 20.000 € und darüber redet gar keiner. So ein Vergleich, dass ein Bürgermeister, der ganz andere Kämpfe auszustehen hat, als Bescheide rauszuschicken, wie viel Strom und Gas verbraucht wurde, und sich noch ein bisschen rumzukuscheln