Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bergemann, Sie animieren mich doch an dieser Stelle, noch einmal auf das Europathema zurückzukommen auch mit Blick auf den Fragesteller dieser Großen Anfrage. Wenn Sie gesagt haben - so etwa habe ich Ihre Worte im Ohr -, es ist nicht so ganz besonders gut um die Vision Europa bestellt, da muss ich natürlich sagen, wenn es eine Regierungspartei im Bund gibt, die die Liquidität und die Insolvenz eines Mitgliedstaates infrage stellt und darüber nachdenkt, wann man vielleicht diesen Staat aus dem Euroraum ausschließen müsste, usw., dann kann es natürlich um die Vision Europa nicht gut bestellt sein, meine Damen und Herren,

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das sollten wir deutlich zurückweisen. Ich muss schon zugeben, Herr Barth, ich habe mich ein Stück weit gefragt mit den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion, was denn nun die Intention Ihrer Großen Anfrage ist. Ich kann mich auch nach Ihrer Rede des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie vielleicht damit eine Art Zuarbeit für Ihren Noch-Außenminister Westerwelle beabsichtigten, jedenfalls kann ich nicht sehr viel daran erkennen, dass es Ihnen wirklich im Zentrum um die Fragen hier in Thüringen geht. Ich werde jetzt im Verlaufe meiner Ausführungen versuchen, darauf etwas einzugehen. Denn es ist ja nicht einfach nur so, was Sie fragen. Sie fordern lautstark, Thüringen müsse sich noch erheblich mehr auf den vielfältig international relevanten Politikfeldern engagieren. Nun muss ich sagen, das kommt bei mir nicht besonders oft vor, aber ich bewundere doch die Geduld, wie die Landesregierung, Frau Ministerin Walsmann, sich trotzdem bemüht hat, auf die Fragen hier zu antworten. Denn selbstverständlich kann meiner Meinung nach nicht in Abrede in irgendeiner Weise gestellt werden, dass Thüringen heute ein internationales, weltoffenes Land ist und dass wir auf ganz verschiedenen Gebieten in dieser Hinsicht - Landesregierung und Parlament und viele andere Menschen im Land auch - aktiv sind. Allerdings muss ich sa

(Abg. Bergemann)

gen, das Interessante auch an der Anfrage, meine Damen und Herren, von der FDP ist, was Sie nicht fragen. Ich meine, dass Sie natürlich wieder eine sehr starke Richtung auf Außenwirtschaft und Außenhandel legen, das sind wir von Ihrer Partei ja durchaus gewöhnt und das ist ja auch ein Teil dieser Beziehungen, aber natürlich ist es auf der anderen Seite auch so, internationale Beziehungen lassen sich nicht, so wie es die Anfrage der FDP hauptsächlich macht, in Statistiken und Zahlen beschreiben. Es kommt nicht nur auf die Zahl der Antrittsbesuche, auf die Zahl der Delegationsreisen aus oder nach China, Ungarn, Weißrussland und andere Länder an. Es kommt auch auf die politischen Inhalte, auf die Gespräche, die dort geführt werden, auf die politischen Ziele dieser Gespräche, die dort im Mittelpunkt stehen, an. Das ist natürlich ein Diskussionspunkt, aber davon, meine Damen und Herren, ist in Ihrer Anfrage überhaupt nichts zu bemerken. Da will ich mal etwas abseits von der Wirtschaftsproblematik sagen: Natürlich wäre es interessant, wenn es um China geht, über die Fragen der Demokratie und der Menschenrechte zu reden, der Pressefreiheit in Ungarn, über Kernpunkte des politischen Liberalismus. Damit wir uns, meine Damen und Herren, nicht falsch verstehen, ich unterstelle der Landesregierung nicht,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Was ist denn mit der Pressefreiheit in Kuba?)

dass sie diese Fragen etwa nicht in diesen Gesprächen mit anführt, aber es zeigt ganz deutlich, dass Sie sich dafür offensichtlich überhaupt nicht interessieren.

(Unruhe FDP)

Ihnen geht es um Statistik, die Sie irgendwie gegenüber der Landesregierung abrechnen wollen. Das zeigt natürlich auch, dass Sie in dieser Art vorgehen und dass Sie in dieser Art auch die Fragen der Wirtschaft in den Mittelpunkt stellen, dass weiterhin Ihre eingleisige Klientelpolitik sich auch in dieser Großen Anfrage niederschlägt. Ihnen geht es hauptsächlich darum, wie man die Reichen und Besserverdienenden in diesem Land noch besser bedienen kann. Auch das blickt hier wieder durch.

Dann gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zu den Fragen, Herr Barth, darauf sind Sie hier eingegangen, des breiten ehrenamtlichen Engagements. Das ist natürlich richtig. Das sehen wir ganz genauso, Sie haben das hier beschrieben. Ich bin auch der Auffassung, dass die Landesregierung dies durchaus in ihre Arbeit einbezieht. Aber bei Ihnen, aus Ihren Fragen muss ich eigentlich herauslesen, dass Sie sich mehr wünschen, dass die Landesregierung aus Staatsfixiertheit in internationalen Beziehungen mehr oder weniger so anleitend und ich muss das mal sagen - vielleicht auch vereinnahmend aktiv werden soll auf diesem Gebiet. So auch das unterstelle ich wiederum nicht der Lan

desregierung, dass sie dies tut -, meine Damen und Herren von der FDP, kann man nun doch heute allgemeines, gemeinnütziges, gesamtgesellschaftliches und demokratisches Herangehen und bürgerschaftliches Engagement auch in diesen außenpolitischen Fragen nicht verstehen. Da haben wir eine andere Auffassung.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Peinlich.)

internationale Beziehungen, das bedeutet viel mehr auch in diesen Bereichen, in denen die Bundesländer neben den Zuständigkeiten des Bundes aktiv sein können, dass wir den breiten gesellschaftlichen Blick haben. Was fehlt noch in den Fragen der FDP? Zum Beispiel soziale Rechte und die Verbesserung dieser sozialen Rechte in anderen Ländern, Arbeits- und Lebensbedingungen bei unseren Partnern in Politik und Wirtschaft. Eine Frage, wo auch Thüringen Beispiele leistet. Entwicklungspolitik, das kommt bei Ihnen überhaupt nicht vor. Es muss mich doch wundern, wenn ich mich nicht irre, stellen Sie doch auf der Bundesebene den zuständigen Minister. Dann hätten Sie doch wenigstens darauf an der Stelle mal aufmerksam machen müssen, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das Ministerium, das Sie abschaffen woll- ten.)

Ja, vielleicht liegt es daran, Kollege Ramelow.

Natürlich möchte ich neben diesen Punkten, was die Anfrage an sich betrifft, auf ein paar Fragen eingehen, die die Beantwortung durch die Landesregierung betreffen. Es ist natürlich begrüßenswert, dass die Landesregierung es als wichtige Aufgabe betrachtet, auch international auf allen relevanten Politikfeldern im angemessenen Umfang zweckmäßige Aktivitäten zu entfalten. Ich begrüße es auch und das ist immerhin schon ein Vorteil aus Ihrer Anfrage -, dass dazu jetzt Dank der Landesregierung eine entsprechende Übersicht vorliegt. Die Beantwortung ist allerdings aus unserer Sicht dennoch ein Stück weit lückenhaft, was allerdings vor allem in der Verantwortung des Fragestellers durch die Art der Stellung der Fragen liegt. Aber in der Antwort wird dennoch schnell deutlich, dass die Pflege internationaler Beziehungen trotz anders lautender Bekundungen in der Antwort für die Landesregierung nicht immer unkompliziert ist. Da wird ganz ordentlich zusammengetragen, was sich in den letzten Jahren alles so gestaltet hat, ob das nun aber auch wirklich schon Ausdruck einer politischen Strategie durch unsere Landesregierung ist, das ist an einigen Stellen durchaus auch berechtigt infrage zu stellen. Da stimme ich mit Ihnen zum Beispiel in der Frage der entsprechenden Sprachvielfalt überein, Kollege Barth. Dass natürlich unsere Präsenta

tion ausschließlich deutschsprachig erfolgt und es lediglich von der Ministerpräsidentin eine englische Vita dort gibt, das kann natürlich den heutigen Anforderungen nicht mehr genügen. Da sind wir der Auffassung, das muss deutlich verbessert werden in der nächsten Zeit.

Die Standardantwort der Landesregierung, die Landesregierung misst diesen Partnerschaften, die es gibt, generell einen hohen Stellenwert zu, das ist natürlich nicht ausgesprochen konkret. Ein paar Antworten auf die Fragen, wo Thüringen wirtschaftlich im Zusammenhang mit dem Außenhandel im bundesdeutschen Vergleich steht, wären dann auch schon interessant gewesen anzuführen. Doch dazu äußert sich die Landesregierung nicht. Da ist es natürlich klar, dass Thüringen im Dynamikranking von allen Bundesländern nicht gut, um nicht zu sagen am schlechtesten abschneidet, denn die Exportquote - um mal bei der Wirtschaft zu bleiben der Industrie in Thüringen sank in der Zeit von 2007 bis 2010 immerhin um 2,2 Prozentpunkte. Bei einem bundesweiten Zuwachs von 1,2 Prozentpunkten belegt Thüringen hier den Platz 16. Also dem müssen wir uns natürlich schon stellen.

Herr Abgeordneter Hausold, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Barth?

Na, der Herr Barth kann mir am Ende eine Frage stellen.

Am Ende?

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ich bleibe noch so lange da.)

(Heiterkeit im Hause)

Ich muss ganz deutlich sagen, das sind schon Probleme. Da geht es natürlich darum, welche Indikatoren denn hier maßgeblich sind; beim Indikator Erwerbstätige nimmt der Freistaat den 16. Rang ein, beim Bruttoinlandsprodukt den 13. unter den Bundesländern, bei der Einwohnerentwicklung Platz 16, beim Standort insgesamt als Indikator 14, beim Arbeitnehmerentgelt - das hat uns schon beschäftigt, die Arbeitnehmer - den 16. Platz, Rang 14 für den Anteil von Hochqualifizierten. Also hier, meine Damen und Herren, gibt es natürlich bei der Landesregierung auch unter diesen äußeren und außenwirtschaftlichen Gesichtspunkten einen deutlichen

Handlungsbedarf. Das möchte ich schon unterstreichen.

Handlungsbedarf sehen wir insgesamt, was die Landesregierung betrifft, vor allem in folgenden Richtungen:

1. Beim Thema Bildung: Die Einführung des Bachelor-Master-Systems hat eben die Mobilität der Studierenden nicht gesteigert, denn es sind vor allem soziale Hürden, die darüber entscheiden, ob Studierende ins Ausland gehen können oder nicht. Ähnliches im Bereich der Berufsausbildung, auch hier werden trotz vereinfachter Regelungen im Berufsbildungsgesetz die Möglichkeiten zu einer Teilausbildung im Ausland bisher kaum genutzt.

2. Einen zweiten Problemkreis hatte ich schon genannt - Entwicklungspolitik: Laut der Studie „Neuausrichtung der Entwicklungspolitik der Bundesländer vor dem Hintergrund der veränderten internationalen Rahmenbedingungen“ des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik von 2008 wird klar, Thüringen liegt im Bereich der Entwicklungspolitik und Hilfe ganz weit hinten. Ausbildung, Studienplätze und die Länder als Anbieter der wissenschaftlichtechnischen und ideologischen Zusammenarbeit fallen in diesen Bereich. Ich empfehle sowohl unserer Staatskanzlei, allerdings auch der FDP-Fraktion, noch einmal die Lektüre dieser Studie, meine Damen und Herren.

3. Nehmen Sie sich schließlich einmal das Rot-Rot regierte Berlin als Vorbild und brechen das Regierungshandeln dort auf Thüringen herunter. Wir wären in Fragen internationaler Zusammenarbeit ein paar Schritte weiter. Dort finden Sie auf der Internetseite die wichtigsten Informationen in acht Sprachen, ausführliche Informationen über Städtepartnerschaften, die politische Strategie Berlins in internationalen Fragen und vieles andere mehr, meine Damen und Herren. Man kann von dieser Berliner Landesregierung wirklich lernen an dieser Stelle und an vielen anderen und das empfehle ich Ihnen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Barth wollte jetzt die Frage an den Abgeordneten Hausold stellen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Lieber Herr Kollege, von Berlin lernen heißt siegen lernen, das lassen wir mal dahingestellt. Ich wollte noch einmal auf den internationalen Teil Ihrer Ausführungen zu sprechen kommen, als Sie uns hier ausgeführt haben, was wir in unseren Fragen alles nicht erwähnt haben; Menschenrechte, Pressefreiheit und all diese Dinge. Vielleicht ist es mir entgangen, aber kön

(Abg. Hausold)

nen Sie mir die Passagen aus dem Brief Ihrer Vorsitzenden an Herrn Castro, in denen es um diese Fragen geht, noch einmal zukommen lassen.

Herr Barth, wenn Sie das noch nicht gelesen haben, könnte ich auch das machen. Aber ich muss Ihnen sagen, die Frage auch insbesondere an mich ist einfach ein bisschen unbillig. Ich habe hier zu diesen Fragen, was die Menschenrechte betrifft, was unsere geschichtliche Entwicklung betrifft, mehrmals ausführlich die Stellung meiner Partei und die meiner eigenen Person deutlich gemacht.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Da war Herr Barth noch nicht hier.)

Doch, da war auch schon Herr Barth hier. Sie hätten sich das merken können. Wir können auch gerne noch einmal persönlich darüber sprechen. Aber das geht eigentlich an dem hiesigen Thema mindestens genauso gut vorbei, wie das Thema in Ihrer Anfrage, was die Inhalte überhaupt betrifft.

(Unruhe FDP)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Hausold. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Marx für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, vieles ist schon gesagt worden, da kann ich mich auf wenige Aspekte begrenzen. Setzt man die Antworten zu den 73 Fragen zu einem Gesamtbild zusammen, dann sehen wir, Internationalität ist in Zeiten geöffnet habender und sich weiter öffnender Grenzen keine alleinige Domäne staatlichen Handelns mehr. Das ist ein Aspekt, auf den möchte ich hier mal verstärkt aufmerksam machen. Nämlich da, Herr Barth, hat mich Ihr doch stark zentralistischer Ansatz sehr überrascht. Auch und gerade im nicht staatlichen Bereich trägt nämlich die Freizügigkeit in Europa starke Früchte. Die Mauer ist weg und es ist ja nicht mehr so, dass da einer vor dem Zaun steht und muss die Tür geöffnet und gesagt bekommen, da darfst du hin, dann musst du wieder da sein und so viel Geld kriegst du mit, denn man kann es sich selber aussuchen und das machen auch alle. Deswegen ist zum nichtstaatlichen Bereich, nach dem Sie auch gefragt haben, folgendes festzustellen bei den Antworten auf die Anfrage; Thüringer reisen nicht nur und Thüringer versuchen nicht nur, Touristen ins Land zu locken. Thüringen und Thüringer wirtschaften, forschen, lernen bereits jetzt auch international, und zwar mehr als sich viele Bürgerinnen und Bürger vorstellen. Was aus meiner Sicht sehr spannend und erfreulich ist: sie brauchen und suchen dazu nicht unbedingt

staatlichen Anstoß oder Hilfe. Deshalb ist es auch aus unserer Sicht gar nicht unbedingt nötig, dass der Freistaat etwa komplett und lückenlos erfassen und wissen müsste, wo und wie internationale Beziehungen im nicht staatlichen Bereich denn überall genau gepflegt werden. Man könnte sogar anders herum sagen; es geht den Staat vielleicht gerade mal gar nichts an. Danach haben Sie aber mehrfach gefragt, z.B. bei Kapitel 9 - Vereine, Verbände und Institutionen der internationalen Zusammenarbeit oder bei der Wirtschaft. Da haben Sie bei den Vereinen und Verbänden gefragt, in der Frage Nr. 55 nach einer Gesamtstrategie der Landesregierung. Die Antwort der Landesregierung hat mir sehr gut gefallen, dass hier eine Gesamtstrategie wegen der Diversität wenig sinnvoll sei. In der Tat, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, warum soll der Freistaat die internationalen Schritte seiner Vereine lenken wollen mit einer Gesamtstrategie? Das können die doch selbst entscheiden, was sie gerne machen möchten. Deswegen ist die richtige Antwort auf eine solche Frage, dass man eine anlassund projektbezogene Kooperation anbietet und das hat die Landesregierung auch genau richtig beantwortet. Dieses Augenhöhemodell, das sollten wir uns mal stärker anschauen, das sagt mir zu. Wir müssen freien Verbänden, Vereinen, Institutionen, Forschungseinrichtungen nicht vorschreiben wollen, wo und wie sie sich engagieren könnten, sondern wir müssen fragen, ob und wie man von ihnen selbst entwickelte Konzepte unterstützen kann.

Trotzdem bleibt es natürlich eine wichtige Aufgabe für uns, zu fragen, was wir beitragen können. Internationalitätsförderung im nichtöffentlichen Bereich ist aber keine Lenkungs-, sondern nur eine Unterstützungsaufgabe. Diese Erkenntnis hätte ich gerade bei der FDP schon erwartet, dass die von Ihnen selbst kommt. Auch dazu kann man natürlich vieles beitragen. Etwa helfen, dazu ist auch schon einiges gesagt worden, beim Ebnen des Weges zu vorhandenen Förderungs- oder Projekttöpfen, Fitmachen, sprachliche Unterstützung, aber vielleicht in Thüringen auch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit koordinieren und zusammenzuführen. Es gibt nicht zu wenig Projekte, sondern ich habe immer so das Gefühl, in Thüringen haben wir sehr, sehr viele Ansprechpartner. Es ist sehr schwierig für jemanden, der internationale Projekte sucht, den richtigen Ansprechpartner zu finden. Auch bei den europäischen Büros, die wir da überall unterhalten, die könnten vielleicht stärker koordiniert werden.

Wirtschaftsförderung ist ein besonderer Bereich, da gibt es Schnittstellen zwischen der freien Wirtschaft, die auch vieles macht, von dem wir gar nichts ahnen und dem, was wir machen können und sollen als Land. Wir haben eine Außenwirtschaftsstrategie der Landesregierung. Sie ist erwähnt in der Beantwortung der Anfrage und im eigenen Interesse unseres Landes, aber auch in der

(Abg. Barth)

Wirtschaft ist die Internationalität unverzichtbar. Von daher brauchen wir letztendlich das unseren Unternehmen auch wieder nicht im Detail vorzuschreiben.

Kommen wir dann zu dem Punkt, der uns ja eigentlich wirklich angeht, das ist der verbleibende Teil. Das sind die internationalen Beziehungen im politischen, im staatlichen Bereich. Da können wir mal bei uns selber anfangen, bei uns Landtagsabgeordneten. Politiker, die reisen, die stehen ja gern unter dem Verdacht, sich nur einen Spaß gönnen zu wollen. Da müssen wir uns immer besonders kritisch beäugen lassen, wenn wir verreisen. Indessen - reisen bildet. Das kann man gar nicht verhindern. Selbst, wer sich gar nicht bilden will, lernt was, wenn er woanders hinkommt. Deswegen denke ich, dass wir das „über den Thüringer Tellerrand schauen“ oder „sich in den Thüringer Teller schauen lassen“ nicht nur als einen Beitrag zur internationalen Verständigung sehen können und müssen, sondern auch zu einer eigenen Weiterbildung. Wir machen das auch im Europaausschuss schon. Wenn wir nach Brüssel fahren, da haben wir ein sehr enges terminliches Korsett und auch ganz viele Gespräche, stimmen uns zu europäischen Themen ab, treffen auch Abgeordnete oder Vertreter anderer Regionen und üben die Abwägung ein, die erforderlich ist in einem zusammenwachsenden Europa. Wir haben regionale Partnerschaften in Thüringen, sie sind genannt worden zur Picardie, Kleinpolen, Shaanxi in China - ein bisschen weit weg, auch von der Entfernung, nicht nur politisch, auch geografisch - und Ungarn, die Staatspartnerschaft, aber auch das Weimarer Dreieck. Wir wollen von unserer Fraktion vorschlagen, dass wir uns bemühen, diese bestehenden Partnerschaften stärker zu intensivieren, regelmäßiger stattfinden zu lassen und dafür vielleicht nicht so viel Neues anzufangen.

Gleichwohl möchte ich aber auch noch mal sagen, mit Ungarn zum Beispiel, während der ungarischen Ratspräsidentschaft hatten wir den ungarischen Botschafter im damaligen Justiz- und Europaausschuss und haben uns ausführlich mit ihm unterhalten. Da ist dann im Übrigen die Internationalität hier in Thüringen im politischen Bereich auch wieder nicht nur eine Sache der Regierung, sondern vor allen Dingen auch der Parlamentarier. Wie gesagt, Vertiefung, Schwerpunktsetzung in den Bereichen Wirtschaft und Kultur könnte ich mir vorstellen.

Der klassische Bereich Jugend, das ist auch wieder so ein bisschen paternalistisch, also, unsere Jugend, die macht das schon. Ich war sehr positiv überrascht, jetzt, bei meiner großen Tochter, die Abitur gemacht hat, dass eigentlich fast alle aus ihrem Jahrgang ein Auslandsjahr angefangen haben. Dafür haben sie gar nicht beim Land Thüringen angeklopft, haben alle möglichen eigenen Wege gefunden. Trotzdem müssen wir natürlich da auch aufpassen, dass es da keine soziale Auslese gibt.