Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Adams das Wort. Bitte fangen Sie jetzt nicht auch an: „Ich wollte eigentlich gar nicht reden.“

Frau Präsidentin, ich rede immer gern und immer lieber besonders zu solchen Tagesordnungspunkten, die in einer sehr trockenen Sprache uns eines verdeutlichen, dass wir mitten in Europa sind. Wir werden in Zukunft noch öfter in diesem Parlament ganz trockene Gesetze, die uns in die Mitte Europas rücken, zu verabschieden haben, zu diskutieren haben und der sehr gute Ort dafür ist der Ausschuss oder die erste oder die zweite Lesung eines Gesetzes im Plenum oder auch beide Lesungen. Wir werden bei der zweiten Lesung hier noch mal ganz explizit ausführen, welche Änderungsanträge oder Bemerkungen wir zu diesem Gesetz zu machen haben. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Herr Staatssekretär noch einmal das Wort.

Nachdem mich Frau Tasch, die auf dem Sitz des Staatssekretärs für Finanzen so kurz nur saß, verlassen hat, war ich sehr einsam und dann hat mir

Herr Kurz Gesellschaft geleistet. Es ist ein würdiger Beamter, der auf diesem Platz sitzt.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Das gibt eine Gehaltserhöhung oder da können Sie eine Gehaltserhöhung beantragen.)

Ich wollte nur ganz kurz noch mal, weil Frau Berninger hier einen sehr breiten Fächer aufgemacht hat. Frau Berninger, ich verstehe ja, dass Sie über das Herkunftslandsprinzip sprechen wollen, dass Sie grundsätzlich auch über die Anerkennung der Berufsanerkennungsrichtlinie sprechen wollen, aber hier geht es wirklich nur um einen Verwaltungsvorgang, hier geht es wirklich nur darum, zu sagen, bleiben wir dabei bei dem EU-Recht, das sich verändert hat, damit wir auch weiterhin hier als einen Ansprechpartner eine zentrale Anlaufstelle haben. Um mehr geht es hier nicht. Die anderen Debatten können wir im politischen Raum gern auch führen. Das ist kein Problem. Aber hier geht es einfach nur um diesen ganz kleinen Teil und da bitte ich einfach, das auch hier entsprechend zu berücksichtigen. Danke.

Ich sage noch einmal, wenn hier Redeanmeldungen das Pult erreichen, dann werden wir selbstverständlich jeden, der den Redewunsch signalisiert, aufrufen zum Reden und es hat sich gezeigt, dass alle Fraktionen den Redebedarf hatten.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Mehr oder weniger.)

Keine Kommentierung meiner Handlung hier. Auf den Stuhl eines Staatssekretärs blickend, kann ich nur sagen, es sind sicher alles würdige und liebenswerte Beamte und Menschen, die im Hause sind, aber es ist halt so, in der ersten Reihe sitzen die Minister, in der zweiten Reihe sitzen die Staatssekretäre.

(Zwischenruf Staschewski, Staatssekretär: Was nicht ist, kann ja noch werden.)

Das ist aber im Moment nicht Verhandlungsgegenstand, wer jetzt Staatssekretär wird,

(Heiterkeit im Hause)

und da muss man darauf hinweisen, dass es durchaus eine Absprache geben kann, aber dass dann auch geregelt werden muss, wie die Sitzordnung hier im Hohen Hause ist. Es ist immer noch ein Parlament.

Wir werden jetzt über die beantragte Ausschussüberweisung abstimmen. Es sind zwei Ausschussüberweisungen beantragt worden, nämlich an den Justiz- und Verfassungsausschuss und an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit.

(Abg. Koppe)

Ich lasse zuerst darüber abstimmen, den Gesetzentwurf an den Justiz- und Verfassungsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Das ist eine Mehrheit. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltungen. Diese Ausschussüberweisung ist abgelehnt worden.

Ich lasse nun abstimmen über den Überweisungsantrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen gibt es auch nicht. Damit ist diese Ausschussüberweisung einstimmig vorgenommen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10 in seinen Teilen

a) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Stärkung der Unabhängigkeit der Thüringer Justiz) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/3234 ERSTE BERATUNG

b) Gesetz zur Änderung des Thüringer Richtergesetzes (Gesetz zur Stärkung der Stel- lung des Richterwahlaus- schusses) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/3235 ERSTE BERATUNG

Ich sage jetzt schon mal in Richtung aller Fraktionen, es liegen Redemeldungen vor.

Für die Fraktion DIE LINKE ist beantragt worden, dass Frau Abgeordnete Berninger die Begründung zu beiden Gesetzentwürfen vornimmt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich beginne mit einem Zitat: „Die Bundesrepublik hat immer noch eine Justizstruktur, die die Richter und Staatsanwälte dem Justizministerium unterstellt. Wäre Deutschland ein Beitrittskandidat für die Europäische Union stellte diese Abhängigkeit der Justiz von der Regierung ein Beitrittshinder

nis dar.“ So ist es wörtlich zu lesen gewesen in einer Presseerklärung des Thüringer Richterbundes am 20. April 2009, die meines Erachtens heute nicht weniger aktuell geworden ist.

Im Mai 2010 wurde ein Antrag der Fraktion DIE LINKE im Landtag beraten mit dem Titel „Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Justiz in Thüringen ausbauen“. Im Rahmen der Debatte hatte DIE LINKE die Eckpunkte benannt, die für eine Reform der Justiz hin zur Verwirklichung von Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Justiz als der dritten Gewalt nötig sind. Die Landtagsmehrheit hatte aber leider die Überweisung des Antrags an den Justizausschuss verweigert, daher konnte auch nicht die Sachdebatte mit Praktikerinnen/Praktikern und Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern im Rahmen einer Anhörung geführt werden. Die Landesregierung hatte in der Debatte eigene Regelungsvorschläge angekündigt, doch bis heute hat sie nichts vorgelegt.

Die Justiz, meine Damen und Herren, braucht Unabhängigkeit und Selbstverwaltung, um ihre Kontrollfunktion gegenüber Legislative und Exekutive erfüllen zu können. Sie braucht Unabhängigkeit und Selbstverwaltung, um bei der Rechtsprechung wirklich ohne Ansehen der Person, unparteiisch und ohne sachfremde Einflussnahme urteilen bzw. handeln zu können. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, in der Vergangenheit hat es auch in Thüringen Versuche der politischen Beeinflussung der Justiz gegeben. Hier seien nur die Stichworte „Pilz-Verfahren“ oder „Durchsuchung von Regierungsräumen“ genannt. Ob die Beschlagnahme zweier Tafeln der Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ in Suhl politisch beeinflusst war, möchte ich mal dahingestellt bleiben lassen. Im Übrigen hat das Amtsgericht Meiningen sie Anfang September als rechtswidrig deklariert. Ob es da eine politische Beeinflussung gegeben hat, darüber mag sich jeder seine eigene Meinung bilden. Wir wissen alle, wie die Beschlagnahme initiiert wurde.

Außerdem wurden in den vergangenen Jahren auch in Thüringen Fälle von beeinflusster Personalauswahl in der Öffentlichkeit diskutiert. Als Stichworte hier seien die Besetzung der Präsidentenstellen beim Thüringer Landesarbeitsgericht und beim Thüringer Oberlandesgericht genannt. Daher ist und das ist wenig verwunderlich - einer der Eckpunkte für mehr Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Justiz, dass bei der Personalauswahl und der weiteren Personalpolitik im Bereich der Richterinnen/Richter und Staatswältinnen/Staatsanwälte der Einfluss der Exekutive, das heißt vor allem des Justizministers, so weitgehend wie möglich zurückgedrängt wird. Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zur Novellierung des Thüringer Richtergesetzes und der Gesetzentwurf für die zu dieser Umsetzung notwendige Änderung des Artikels 89 der Thüringer Verfassung konzentrieren

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

sich besonders auf diesen Punkt, auf eine neue Machtverteilung bei der Entscheidung über Personalfragen.

Der Richterwahlausschuss und seine Kompetenzen und damit Legislative und Judikative werden gestärkt. Der Justizminister verliert zu Recht Entscheidungsrechte und Einflussmöglichkeiten. Der Fraktion DIE LINKE ist klar, dass die zur hoffentlich intensiven und konstruktiven Diskussion vorgelegten Gesetzentwürfe nur ein Baustein für die Stärkung der Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Justiz sein können - nur ein kleiner, aber ein erster und wichtiger Schritt.

Wir hoffen dieses Mal, meine Damen und Herren, auf Ihre Bereitschaft, die Gesetzentwürfe im Justizausschuss zu beraten. Ich möchte Sie herzlich bitten, verweigern Sie einer Überweisung an den Justiz- und Verfassungsausschuss dieses Mal nicht die nötige Mehrheit. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich eröffne nun die Aussprache zu diesen Gesetzentwürfen und als Erster hat das Wort der Abgeordnete Scherer für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, richterliche Unabhängigkeit, das ist ein hohes Gut in unserer Demokratie und deshalb sollte man bei Änderungen von rechtlichen Regelungen, wenn es in diesem Bereich ist, sehr verantwortungsvoll damit umgehen. Ich will mal vorweg sagen, richterliche Unabhängigkeit - und ich rede immer von richterlicher Unabhängigkeit und nicht von Unabhängigkeit der Justiz, die gibt es nämlich so nicht - ist in erster Linie persönliche Unabhängigkeit und das heißt, das ist die lebenslange Anstellung, damit kein Druck auf ihn ausgeübt werden kann, das ist die Unkündbarkeit, ebenfalls damit kein Druck auf ihn ausgeübt werden kann, die Unversetzbarkeit, die gerichtliche Selbstverwaltung durch Gerichtspräsidien, in denen die Richter selber entscheiden, wer welche Sachen bearbeitet, und es sind die Richtervertretungen, die dafür sorgen im Sinne der Personalvertretungen, dass die Richter bei Personalentscheidungen mitzureden haben. Jetzt kann man sich natürlich Gedanken darüber machen, wie man diese richterliche Unabhängigkeit weiter stärken will. Und das ist in der Koalitionsvereinbarung ja vorgesehen, dass insoweit auch noch was getan werden soll, und zwar in Richtung Beteiligungsrechte für Richter und in der Richtung, die Mitwirkungsmöglichkeiten für richterliche Gremien zu erhöhen. Dazu gibt es auch bereits Vorschläge der Richtervertretungen bzw. Richterverbände. Nur korrespon

dieren die in keiner Weise mit dem, was heute hier von der LINKEN vorgelegt worden ist.

Ich will mal sagen, die jetzige Regelung, das ist kurz zitiert, in Thüringen heißt, wenn ich das zitieren darf, Artikel 89 der Thüringer Verfassung: „Über die vorläufige Anstellung der Richter entscheidet der Justizminister, über deren Berufung auf Lebenszeit entscheidet er“ - der Justizminister - „mit Zustimmung des Richterwahlausschusses.“ Und dann kommen Einzelregelungen zum Richterwahlausschuss. Die Richtervertretungen haben Folgendes vorgeschlagen, und zwar alle Richtervertretungen übereinstimmend, den Text so zu fassen: „Über die Berufung in ein Richteramt auf Probe und kraft Auftrags und über erstmalige Berufung in ein Richteramt auf Lebenszeit“ - jetzt kommt schon ein entscheidender Unterschied, der hat auch seinen guten Grund - „entscheidet der für Justiz zuständige Minister mit Zustimmung des Richterwahlausschusses.“ Jetzt kommt die Regelung, wie DIE LINKE sie gern hätte, da steht, über den Umfang kann man streiten: „Über jede Einstellung, Anstellung, Beförderung und Versetzung“ - wobei es Versetzungen in dem Sinne eigentlich gar nicht gibt - „eines Richters oder einer Richterin entscheidet der Richterwahlausschuss.“ Da kann man noch drüber diskutieren und jetzt kommt aber ein Satz, der das richtig konterkariert, wenn davon die Rede ist, dass man die Unabhängigkeit der Richter und ihre Einwirkungsmöglichkeiten stärken will, jetzt kommt: „Die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses und dessen Entscheidungsverfahren müssen so gestaltet sein, dass die vom Landtag entsandten Mitglieder mindestens die einfache Mehrheit stellen und nicht überstimmt werden können.“ Wo hier eine Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit ist und eine Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Richter, das frage ich mich. Das ist eine Stärkung des Richterwahlausschusses in Richtung Landtag. Das mag schön sein. Das mag man auch gut finden, das hat aber mit einer Stärkung der richterlichen Mitwirkungsmöglichkeiten absolut nichts zu tun.

Wenn man jetzt mal in Ihre Begründung schaut, da wird es einem richtig grauselig. Sie sagen: das Mitspracherecht der Exekutive im Bereich richterlichen Personals zugunsten der Richter zurückzudrängen. Das hört sich gut an, aber es steht so nicht drin. Es wird zwar das Mitspracherecht der Exekutive zurückgedrängt, das stimmt, der Justizminister wird völlig ausgeklammert bei der Entscheidung, aber das Mitspracherecht der Richter wird in keiner Weise gestärkt. Es sei denn, man würde eine Stärkung darin sehen, dass man statt drei oder vier Leuten plötzlich fünf oder sechs in den Richterwahlausschuss schicken dürfe. Aber wenn es um die Entscheidung geht, hat immer die Mehrheit der Landtagsabgeordneten das Sagen und das ist sicher so nicht richtig.

(Abg. Berninger)

Jetzt mal zu dem Grundsatz, dass Sie den Justizminister hier völlig ausklammern und der Richterwahlausschuss allein entscheidet, mal unabhängig von der Mehrheit, die da gewährleistet werden soll. Da haben Sie doch in der Tat das Bundesverfassungsgericht dafür zitiert, dass so etwas möglich sein soll. Ich habe es nicht glauben können und habe deshalb das Zitat nachgelesen. Sie haben also hier in Ihrer Begründung stehen, dass das Bundesverfassungsgericht diese Regelung, wie Sie sie gern hätten, als ein mögliches Modell ansieht. Ich habe diese Entscheidung mal nachgelesen. Da steht etwas ganz anderes drin in dieser Entscheidung. Da muss man vorher mal den Artikel 98 Grundgesetz anschauen, da steht in Absatz 4: „Die Länder können bestimmen, dass über die Anstellung der Richter in den Ländern der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss entscheidet.“ Das steht in der Verfassung. Das Bundesverfassungsgericht hat in der von Ihnen zitierten Entscheidung dazu gesagt im Orientierungssatz 4 b: „Die Letztverantwortung für die Ernennung zum Richter muss trotz einer zulässigen Mitentscheidungsbefugnis von Richterwahlausschüssen beim Landesjustizminister liegen.“ Dann hat es noch eines draufgesetzt: „Der Richterwahlausschuss ist Parlament und Regierung nicht verantwortlich und kann schon deshalb keine alleinige Entscheidungsbefugnis haben, ohne dass damit das Demokratieprinzip verletzt würde.“ Das gäbe mir eigentlich Anlass zu sagen, wir brauchen im Ausschuss nicht darüber zu diskutieren. Aber man kann ruhig darüber diskutieren, es wird an der Sachlage nichts ändern. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bergner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Scherer, Sie haben eigentlich das Wesentliche gesagt. Es ist ja nichts Neues, dass die LINKE mit Entwürfen, die sie bringt, auch mal mit dem Grundgesetz kollidiert. Sie haben den Artikel 98 Abs. 4 ganz eindeutig zitiert, wo die Rede davon ist, dass der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss entscheidet. Sie haben die entsprechenden Gerichtsentscheidungen gebracht, so dass ich das nicht alles an dieser Stelle wiederholen muss. Ich will an dieser Stelle nur noch eines dazu sagen, ohne viel Zeit in Anspruch zu nehmen. Wenn das Fundament nicht stimmt, wenn es sogar fehlt, kann man darauf nicht bauen. Wir werden beide Anträge ablehnen, meine Damen und Herren. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Marx das Wort.

Auch ich will mich hier kurz fassen. Wie gesagt, Grundgesetzwidrigkeit! Trotzdem, man kann natürlich darüber nachdenken, wie der Richterwahlausschuss auszugestalten ist und wie man den Einfluss vielleicht da auch anders gestalten kann. Nur, was auch fehlt bei Ihren Überlegungen, ist, dass Sie vollkommen außer Acht lassen, dass das Richterrecht, genau wie bei anderen Beamten, auch Laufbahnrecht ist. Der Richterwahlausschuss und auch die Parlamentarier im Richterwahlausschuss können nicht - wie das in Ihrem Entwurf steht - vollkommen frei schwebend einfach sagen, den Richter oder die Richterin nehmen wir. Es ist jetzt schon so, dass jeder der Bewerber auch die Möglichkeit hat, den Rechtsweg zu beschreiten und zu schauen, ob die Auswahlentscheidung, die getroffen wird, auch richtig und vereinbar ist mit Beurteilungen z.B., die vorher über diese Personen erstellt worden sind. Das alles würde wegfallen und das ginge gar nicht. Man müsste sich dann merkwürdige Konstruktionen ausdenken, wie z.B. die eines kontrollierten, parlamentarischen Gremiums, das wäre es ja dann letztendlich in ihrer Konstruktion, also ein Gremium, in dem frei gewählte Parlamentarier die Mehrheit haben. Deren Entscheidung müsste man dann z.B. der Kontrolle des Verwaltungsgerichts unterziehen, ob nämlich der Richterwahlausschuss, der parlamentarisch dominiert ist, dann die richtigen Menschen ausgesucht hat. Also das geht schon mal gar nicht. Das geht auch mal wieder schon konstruktiv fehl. Wir wollen trotzdem, darum haben Sie auch gebeten, diesmal hier nicht gleich mit der großen Watsche kommen und Dinge in die Tonne klopfen, sondern wir nehmen das tatsächlich in den Justizausschuss. Ich entschuldige mich, wenn es etwas zu drastisch war, bekomme keine Rüge, ich nehme es aber trotzdem zurück. Wir werden im Justizausschuss sicherlich zeitnah eine umfassende Novelle des Richtergesetzes zu sehen bekommen, die ist zurzeit noch in der Abstimmung, daran wird gearbeitet. Es ist ja auch ein umfassendes Vorhaben in unserer Koalitionsvereinbarung und dann können wir sehen, ob es vielleicht irgendein Fitzelchen auch aus Ihrem Papier gibt, wo es sich lohnt, darüber zu diskutieren. Wenn man es erst einmal so durchgelesen hat, hat man aber nicht viel gefunden. Etwas Netteres konnte ich jetzt nicht sagen. Danke schön.

(Beifall SPD)

(Abg. Scherer)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Meyer das Wort.