Protokoll der Sitzung vom 13.10.2011

Besonders spannend fand ich aber dieser Tage, meine Damen und Herren, als ich auf einen Filmstreifen im Internet aufmerksam gemacht wurde, das ist ein Filmstreifen einer Serie, die heißt: „Auf ein Wort, Bürger reden Klartext.“ Jetzt ist er leider gerade nicht da, in diesem Filmstreifen wird der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Kollege Mohring, aus den Reihen der Besucher angesprochen und gefragt, warum es denn nun eigentlich in Thüringen so ist, dass man mit 18 noch nicht Bürgermeister sein darf. Der Kollege Mohring hat in diesem Filmstreifen das als eine interessante Idee bezeichnet, die er gern mit seiner Fraktion besprechen möchte.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Da- für hatte er keine Zeit.)

(Beifall FDP)

Das Ergebnis dieser Besprechung haben wir heute leider schon angedeutet bekommen. Ich glaube, er hätte sich da besser durchsetzen sollen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: So wie beim Ministergesetz.)

Meine Damen und Herren, wir bleiben bei der Auffassung, dass politische Reife und Bildung nicht zwingend eine Funktion des Alters sind. Wir bleiben dabei,

(Beifall FDP)

(Abg. Hey)

dass wir jungen Menschen mehr Chancen zur Teilhabe einräumen wollen. Ich will an der Stelle sagen, Herr Kollege Hey, es ist kein Widerspruch. Es ist ja nicht so, dass junge Menschen nicht in diese Funktionen kommen, nur weil es ältere gibt, die sich der Gesellschaft noch zur Verfügung stellen, sondern sie kommen deswegen nicht in diese Funktionen, weil es das Gesetz ihnen verwehrt. Das ist der springende Punkt, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Und wir bleiben dabei, dass wir es für eine Vergeudung von Ressourcen halten, wenn ältere Menschen in den Ruhestand geschickt werden müssen, obwohl sie das selbst zu dem Zeitpunkt möglicherweise gar nicht wollen. Auch das hat etwas damit zu tun, und deswegen bleiben wir dabei, dass wir mehr Freiheit für Lebensentwürfe wollen, die sich demokratischem Engagement stellen, meine Damen und Herren. Deshalb werben wir dafür, abweichend vom Mehrheitsvotum des Innenausschusses unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergner. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich zunächst erst noch einmal bei der FDP für diesen Vorstoß ausdrücklich bedanken, denn ich glaube, er ist gut und er ist richtig und noch schöner ist, dass wir ihn heute beraten, wo wir bereits über den ThüringenMonitor gesprochen haben.

(Beifall FDP)

Denn der Thüringen-Monitor hatte ja einen ganz zentralen Punkt, der auch von allen geteilt wurde. Das war ja nicht bei allen Themen so, aber bei einem Punkt waren wir uns einig, nämlich, dass die Bürgerinnen und Bürger uns an ganz vielen Stellen durchaus weit voraus sind, dass sie sehr genau wissen, was sie wollen, dass sie sehr genau wissen, wo sie stehen und dass sie auch sehr genau sagen können, wo und wie sie sich einbringen wollen. Genau das, meine ich, ist ein Argument dafür, nicht länger an starren Altersgrenzen festzuhalten. Auch da muss ich Herrn Bergner durchaus recht geben, die Jahreszahl oder das Alter ist nicht gleichzusetzen mit einem Qualifikations- oder Qualitätsmerkmal. Ich kenne da ganz engagierte, ganz kluge, sehr, sehr junge Menschen. Ich erinnere mal

an die Wettbewerbe, die wir hier erlebt haben von Jugend debattiert, wo ich beeindruckende Statements von 16-, 17-, 18-Jährigen erlebt habe, sehr gut durchdachte Argumentationen, wo ich mir gewünscht hätte oder manchmal kaum vorstellen konnte, dass ähnliche Argumentationen vielleicht von Mitte-/Ende 20-Jährigen kommen. Insofern glaube ich in der Tat, die Reife, die hier gefordert ist, sich politisch einzubringen, sich zu artikulieren, sich eine Meinung zu bilden, ist durchaus auch bei sehr jungen Menschen gegeben; genauso aber auch bei etlichen im höheren Alter.

Da komme ich zu einem zweiten Punkt, den wir, glaube ich, durchaus auch diskutieren müssen. Selbstverständlich stehen wir alle dafür, dass wir auch jüngeren Menschen eine Chance geben wollen, insbesondere da, wo es schwer für sie ist, „in das politische Geschäft“ oder aber auch in das gesellschaftliche Leben reinzukommen, sich zu beteiligen, auch wichtige Funktionen zu übernehmen.

Auf der anderen Seite aber sind wir eines der Länder, in dem die Bevölkerung stetig älter wird. Wir reden immer wieder vom demographischen Wandel. Die Alten von heute sind mitnichten mehr diejenigen, über die wir insofern reden müssen, dass wir überlegen, wo oder wie sie untergebracht sein wollen, sondern es sind rüstige, es sind sehr bewegliche, sehr engagierte ältere Menschen, die vielleicht auch noch Lust haben, sich einzubringen und die genauso entscheiden können, zu sagen, ich will mitnichten in den Ruhestand gehen, sondern gerade jetzt, wo ich das Erwerbsleben hinter mich gebracht habe, kann ich mir sehr gut vorstellen, einen kommunalen Posten anzustreben und mich zur Wahl zu stellen, sei es als Bürgermeisterin oder aber auch als Landrat oder Landrätin. Insofern meine ich, es gibt sehr viele gute Argumente dafür, solche starren Altersgrenzen aufzuheben.

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass die Rechtsordnung an sehr vielen Stellen bereits 14Jährigen Beurteilungsmaßstäbe zuspricht, wie z.B. im Bereich der Strafmündigkeit, bei der vollen Religionsmündigkeit, aber auch bei der Fähigkeit, Mitglied in politischen Parteien zu werden oder Ämter wahrzunehmen. Mit 14 Jahren, das möchte ich noch einmal betonen.

Insofern sagen wir ganz klar: Wir wollen dies weitestgehend öffnen. Ab dem Alter von 18 Jahren sind Menschen bei uns erwachsen und sollen selbstverständlich solche Posten übernehmen können, sich der Wahl stellen können, genauso wie sie dies durchaus auch in höherem Alter tun können.

Ein weiteres Argument gerade für die Anhebung der Altersgrenze nach oben, sind ja auch Beispiele, die wir hier selbst schon im Thüringer Landtag erleben durften. Wir erinnern uns an den sehr geschätzten Ministerkollegen Schöning, der ebenfalls diese Altersgrenze bereits überschritten hatte und

(Abg. Bergner)

dennoch mit sehr guten, innovativen, neuen und jungen Ideen hier aufgetreten ist. Ich glaube, er ist ein Beleg dafür, dass auch ein hohes Alter noch lange nicht dagegen spricht, junge Ideen mitzubringen und neue Anstöße zu liefern.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau deshalb möchten wir auch an dieser Stelle noch einmal für die Annahme dieses Gesetzes plädieren. Eben ist schon gesagt worden und in dem Fall war es in der Tat so; hier hat jede und jeder die Chance, sich genau die Stellungnahme aus der Anhörung rauszusuchen, die ihm oder ihr am besten passt, denn die waren sehr durchmischt, wenn ich das so sagen darf. Sie, Herr Bergner, haben eben schon die Stellungnahme des bayerischen Staatsministeriums zitiert, die hätte ich jetzt natürlich auch gern zitiert, die dem Gesetz zugestimmt haben

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Sie ist im- mer noch richtig.)

und ja auch eine eigene Regelung in der Richtung auf den Weg gebracht haben. Sie ist auch immer noch richtig. Ich will aber auch den Landesjugendring zitieren, der gesagt hat: Die Entscheidung wird ja den Wählerinnen und Wählern obliegen. Wenn die Wählerinnen und Wähler der Meinung sind, dass der oder die Bewerber/Bewerberin zu jung oder zu alt ist, dann werden sie sich gegebenenfalls für eine andere Person entscheiden. Insofern glauben wir, es gibt viele gute Gründe, keine starren Grenzen festzulegen und damit auch Potenziale zu verschenken. Wie gesagt, wir sind davon überzeugt, es gibt sowohl sehr junge als auch durchaus von den Jahren her sehr alte Menschen, die mit guten und neuen, jungen und wichtigen Ideen und Impulsen bereit sind, sich politisch zu betätigen. Genau die gilt es zu unterstützen und genau die wollen wir mitnehmen. Deswegen werden wir dem Gesetzesantrag der FDP auch folgen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kellner für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich will es gleich vorwegnehmen: Wir werden dem Antrag der FDP-Fraktion „Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes“ nicht zustimmen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das kommt völlig überraschend.)

Sie haben ja gerade zitiert, dass wir auch darüber diskutiert haben. Da komme ich gleich dazu. Aber dies vorweggeschickt, wir werden der Sache nicht zustimmen.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Wer hätte das gedacht.)

Ich will das auch gleich an ein paar Stellen festmachen. Bürgermeister zu sein, hat auch etwas damit zu tun, Verantwortung für Menschen zu übernehmen, Verwaltungen zu leiten, Kompromisse zu suchen, Streitigkeiten zu schlichten und mitunter auch vielen Hundert Mitarbeitern vorzustehen. Wir reden hier in erster Linie von hauptamtlichen Bürgermeistern. Was hier zitiert wurde, von Herrn Bergner, was unseren Fraktionsvorsitzenden anbelangt, so ist sicherlich das interessant zu betrachten, ob das für alle Bereiche auf Dauer sein muss, nämlich 21 Jahre die Grenze zu ziehen für Bürgermeister. Sicherlich kann man darüber diskutieren, sicherlich kann man das auch mal betrachten, was im ehrenamtlichen Bereich ist. Da haben wir auch keine Grenze nach oben.

Herr Abgeordneter Kellner, lassen Sie denn eine Zwischenfrage zu vom Abgeordneten Bergner?

Bitte, Herr Abgeordneter Bergner.

Vielen Dank. Herr Kollege, eine Frage hätte ich jetzt doch gern geklärt. Wie kommen Sie eigentlich auf die Behauptung, dass es hauptsächlich um hauptamtliche Bürgermeister gehe?

Ich habe nicht gesagt, dass es darum geht, ich habe gesagt in meiner Argumentation, wenn es um Verantwortung geht für viele Hundert Beschäftigte mitunter.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Sie haben es dann gefordert?)

Ich habe bewusst auch diese Frage aufgeworfen, weil das nicht zu trennen geht. Das geht einfach nicht zu trennen. Wenn wir diese grundsätzliche Regelung machen, auf 18 Jahre runterzugehen, beinhaltet das nämlich auch genau diesen Sachverhalt, dass hauptamtliche Bürgermeister zum Schluss und Landräte, darüber wurde ja auch gesprochen, das war ja auch ein Ziel, diese Verantwortung haben und dieser auch gerecht werden

(Abg. Rothe-Beinlich)

müssen. Und mit 18 Jahren, da hat Frau RotheBeinlich ja gerade zitiert, wie weit doch manche schon sind in ihrem Alter. Das mag für den Moment vielleicht so scheinen, ich kann es mir wenig vorstellen, dass 18-Jährige einer großen Verwaltung vorstehen, weil dazu gehört nämlich Lebenserfahrung, das ist meiner Ansicht nach sehr wichtig.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Sie brauchen sie doch nicht zu wählen.)

Eine Sozialkompetenz gehört dazu und, ich denke, die hat man mit 18 Jahren noch nicht in ausreichendem Maße. Das ist meine Einschätzung

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Woher wollen Sie denn das wissen?)

und auch meine Erfahrung. Wenn Sie in Ihren Reihen hauptamtliche Bürgermeister und Landräte hätten, würden Sie vielleicht das Thema auch etwas anders betrachten.

Herr Abgeordneter Kellner, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage. Lassen Sie das zu? Ja. Bitte, Herr Abgeordneter Barth.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Kollege Kellner, würden Sie mir zustimmen, dass es durchaus Menschen gibt, die auch mit 21 Jahren noch nicht in der Lage sind, eine große Verwaltung zu führen?