Protokoll der Sitzung vom 14.10.2011

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Heym von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den letzten Monaten intensiv über die Fragen, die sich mit dieser GRW-Richtlinie erhoben haben, gesprochen und gestritten. Auch als CDUFraktion haben wir uns bei unseren regelmäßigen Kontakten zu Thüringer Unternehmen über die aktuellen Auswirkungen informieren lassen. Jetzt ist Kollege Weber gerade nicht mehr im Haus, ich habe gerade gesagt, auch wir sind in den letzten Monaten intensiv bei Unternehmen gewesen, so wie das die SPD von sich behauptet. Ich sage, manchmal hilft es, wenn man nicht gleich durch die Tür geht, wo „Arbeitnehmervertretung“ oder „Gewerkschaft“ dransteht, sondern mal durch die Tür geht, wo der Chef in aller Regel sitzt,

(Beifall FDP)

der mit seinen persönlichen Entscheidungen haftbar ist für all die Dinge, die er tut. Wir haben im Ergebnis unserer Gespräche festgestellt, dass die Kopplung der Förderung an Leiharbeiterquote in der vorliegenden Form falsch ist und ein falsches Signal bleibt.

(Beifall FDP)

Für uns ist die Leiharbeit als Brücke in feste Anstellungsverhältnisse zu sehen. Sie ist ein Instrument auf dem Arbeitsmarkt, welches die Wirtschaft braucht und nutzt.

Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage durch die Abgeordnete Leukefeld.

Vielleicht am Ende.

(Abg. Adams)

Verständigen wir uns am Ende, danke.

Ohne Frage gibt es wie in jedem Bereich unseres Lebens auch im Bereich der Leiharbeit schwarze Schafe. Gegen die sollte konsequent vorgegangen werden. Aber der generelle Umgang mit dem Thema Leiharbeit, wie das im Wirtschaftsministerium gesehen wird, entspricht nicht dem Wert dieser Beschäftigungsverhältnisse. Das derzeitige Wachstum der Wirtschaft braucht das Mittel der Leiharbeit. Gespräche mit den Firmen vor Ort haben uns gezeigt, dass bei stabiler Auftragslage und stabilem Wachstum die Umwandlung von Anstellungsverhältnissen auf Basis der Leiharbeit in feste Anstellungsverhältnisse die logische Folge ist. Die CDU-Fraktion lehnt nach wie vor die Kopplung von Investitionsförderung an einer Quote der Leiharbeiter in Unternehmen und damit verbundene Diffamierung der Leiharbeitsbranche ab. Das hätte ich gern dem Kollegen Weber gesagt, wenn er hier von diesem Pult aus - er kann nur die Kammern gemeint haben sich an die sogenannten Unternehmervertreter wendet, dann, denke ich, ist das wieder ein Griff in die falsche Kiste der Wortwahl.

(Beifall FDP)

Selbst wenn man der Meinung ist, man muss sich nicht mit Kammern unterhalten, dann geht man eben in die einzelnen Unternehmen. Dort wird man entsprechend zu hören bekommen, was die Kammern im Zusammenhang mit dieser Änderung der GRW-Richtlinie formuliert haben.

Für deutliche Verwunderung sorgt die Veränderung der Kriterien für die Förderung im Prozess mitten in diesem Sommer. Das entspricht nicht einer verlässlichen Förderpolitik, mit der Unternehmer planen und letztendlich investieren können.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Kollege Kemmerich hatte das in seinem Redebeitrag schon angesprochen. Auch wir sind der Meinung, dass das der falsche Weg war, bei aller Notwendigkeit, wenn die Gelder zurückgehen, dass man dort hin und wieder umjustiert, und das sage ich ohne Argwohn. Man muss aufpassen, dass man mit den Kriterien so, wie sie angesetzt wurden, die Verbindung in Investition zur Schaffung von Arbeitsplätzen letztendlich, ich sage die verkürzte Formel - je weniger Investitionen ein geschaffener Arbeitsplatz bietet, den fördern wir -, dass die Gefahr darin liegt, dass ich Arbeitskräfte fördere, die uns in Thüringen nicht zukunftsfähig machen.

(Beifall CDU, FDP)

Zukunftsfähig sind wir in Thüringen nur durch kleine innovative Unternehmen, die in aller Regel einen hohen Investitionsaufwand haben, wenn sie sich

auf den Weg machen. Die Thüringer Wirtschaft besteht nicht mehr aus großen Unternehmen mit rauchenden Schloten, in denen ein Heer von Arbeitnehmern geknechtet wird. Das ist die falsche Philosophie und das ist das falsche Bild, was skizziert wird. Ich denke, darauf müssen wir in Zukunft aufpassen, dass gerade die kleinen Unternehmen, die dort innovativ unterwegs sind, entsprechend noch in den Genuss von Förderungen kommen können.

Das Wirtschaftsministerium hat - und ich muss das an der Stelle noch mal sagen - den Städten Erfurt und Jena eine Förderung von insgesamt 40 Mio. € in Aussicht gestellt. Es wird seitens des Ministeriums betont, dass diese Summe antragsabhängig zu bewilligen ist, das ist richtig. Die Fördersumme entstammt auch der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Hierbei wird der Bereich der wirtschaftsnahen Infrastruktur genutzt, welche eine 90-prozentige Förderung von Projekten möglich macht. Für diese beiden Projekte heißt dies konkret, dass beide Stadionumbauten - sollten sie denn kommen - steuerfinanziert sind. Denn 90 Prozent der Gesamtsumme - in Erfurt sind das ca. 27 Mio. und in Jena 22 Mio. € - kommen aus den besagten Steuermitteln. Der Eigenanteil der Städte kommt aus dem kommunalen Haushalt und somit aus öffentlichen Geldern. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass kein einziger Euro aus den verwendeten Fördergeldern zusätzliche private Investitionen generieren würde. Es bleibt eine Investitionssumme von insgesamt 50 Mio. €, die entsprechende Aufträge generiert. Die Betrachtung der förderrechtlich schwierigen Definitionen von Multifunktionsarenen soll hier an der Stelle unberührt bleiben. Sagen möchte ich aber, sollten sie wirklich kommen, werden es vergiftete Geschenke für die Städte Jena und Erfurt sein.

(Beifall CDU)

Denn jeder, der einigermaßen vernunftbegabt ist, wird nachvollziehen können, dass eine wirtschaftliche Betreibung durch die Begründung, dass da im Jahr 200 Veranstaltungen stattfinden, die kostendeckend sind, das kann der glauben, der den Hut mit dem Hammer aufsetzt. Das wird so in diesem Land nicht möglich sein.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, es gibt einen weiteren Wunsch auf eine Zwischenfrage. Auch am Ende?

Am Ende, Herr Adams.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sagt jemand, der in Oberhof Millionen investieren will.)

Interessant ist der Vergleich, ich komme auf die Zahlen zurück, mit der einzelbetrieblichen Förderung, zwischen beiden Titeln ist es möglich die entsprechenden Fördersummen zu verschieben. Das liegt in der Handlungsfreiheit des Wirtschaftsministeriums. Ich wiederhole meinen Vorschlag, meine Bitte, die Forderung von unserer Seite, dass man dort zwischen der Infrastrukturförderung und der einzelbetrieblichen Förderung eine Umsteuerung vornimmt. Herr Staatssekretär hat diese Woche in einer Runde gesagt, dass das ohnehin kein Dogma sei. Deshalb geben wir auch die Hoffnung nicht auf, dass noch einige Umsteuerungen vorgenommen werden könnten.

Ich komme auf die 40 Mio. € Förderung Stadionausbau zurück. Wenn die im Betrieb der einzelbetrieblichen Förderung, wo die Förderung etwa 20 Prozent betrifft, vorgenommen werden würde, dann könnte man mit diesem Geld eine fünffache Gesamtinvestitionssumme generieren, pro ausgegebenem Euro Fördersumme 5 € private Investition. Bei der Förderung von Neuerrichtungen von Betriebsstätten würden bis zu 50 Prozent der Gesamtinvestitionssumme gefördert und somit trotzdem noch mal eine Gesamtsumme von 80 Mio. € generiert werden, die sich aus 40 Mio. € privatem Kapital und 40 Mio. € Steuergeldern zusammensetzen würde.

(Beifall CDU)

Das wäre trotzdem eine Verdopplung der Gelder, die wir hier aus dem öffentlichen Bereich einsetzen. Hier ist die Förderung sinnvoll umgesetzt und würde nachhaltiges Wachstum generieren. Diese Überlegungen bekommen nach unserer Ansicht vor dem Hintergrund des Herbstgutachtens der Wirtschaftsforschungsinstitute, welches wir ja vorgestern zur Kenntnis nehmen konnten, eine ganz neue Bedeutung. Es wird vorausgesagt, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland wahrscheinlich im nächsten Jahr unter 1 Prozent liegen wird. Umso mehr, denke ich, ist es notwendig, dass wir, solange wir es können, unseren Schwerpunkt auf die einzelbetriebliche Förderung legen, damit wir den Unternehmen solange wir das noch können, solange wir dazu noch in der Lage sind, entsprechende Förderung gewähren können, damit letztendlich die Wirtschaftskraft dieses Freistaats einmal mehr stabilisiert wird, dass noch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden und dass die auch alle vernünftig bezahlt werden sollen, das steht außer Frage. Aber wir haben das Instrument, durch einzelbetriebliche Förderung einen Schwerpunkt zu setzen. Deshalb sind wir auch dafür, dass das nach wie vor nicht aus den Augen verloren wird.

Der vorliegende Antrag von der FDP-Fraktion wird von uns abgelehnt, da er uns nicht weit genug geht. Wir fordern eine vollständige Überarbeitung der Förderrichtlinie, die auch unter Beteiligung und Anregung der Betroffenen gestaltet wird und die so aussehen sollte, dass die Dinge, die draußen von der Wirtschaft mit eingesteuert werden, auch ihren Einfluss finden. Letztendlich sage ich für meine Fraktion, wir können dem Antrag der FDP-Fraktion so nicht zustimmen und bitten darum, dem Votum des Ausschusses zu folgen. Jetzt hatte ich zwei Nachfragen.

Das ist richtig. Also es ist die Möglichkeit eröffnet worden für Frau Leukefeld und für Herrn Adams, eine Frage zu stellen und in dieser Reihenfolge tun wir das auch. Bitte, Frau Abgeordnete Leukefeld.

Herr Abgeordneter Heym, Stichwort Investitionsförderung und Leiharbeit. Da hatte ich mich gemeldet. Können Sie denn jetzt definitiv sagen, wie viele Unternehmen aufgrund dieser überdurchschnittlichen Leiharbeit schon nicht mehr in den Genuss der Investitionsförderung gekommen sind, also wie viele das betrifft? Weil immer wieder ein großes schwarzes Gespenst an die Wand gemalt wird. Ich will einfach einmal eine Zahl hören. Das wäre die eine Frage. Die zweite Frage: Geben Sie mir recht, dass man Leiharbeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln beurteilen kann, nämlich aus der Sicht der Arbeitnehmer und aus der Sicht der Arbeitgeber, und wie bewerten Sie in dem Zusammenhang die Äußerung von Ihrem Fraktionsvorsitzenden, der sich für gute Arbeit, gegen Niedriglohn und für gute Arbeitsbedingungen hier ausgesprochen hat? Das würde mich sehr interessieren.

Also zu den Zahlen, wie viele Unternehmen durch die geänderte Richtlinie nicht in den Genuss von Förderung gekommen sind, kann ich Ihnen nichts sagen, weil ich erstens auch nicht weiß, welche Unternehmen welche Anträge gestellt haben und was alles nicht bewilligt worden ist. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das entzieht sich auch meiner Kenntnis und natürlich haben Sie recht, auch auf die Leiharbeit kann man von zweierlei Seiten schauen, aber wogegen wir eben sind, ist, dass durch die Artikulation, durch die Bewertung, die vonseiten des Wirtschaftsministeriums in Bezug auf Leiharbeit in den letzten Monaten vorgenommen worden ist, eine Stigmatisierung dieser Branche vorgenommen wird. Da sind wir dagegen.

(Beifall CDU, FDP)

Nun möchte Herr Adams seine Frage stellen. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Heym, für die Möglichkeit, eine Frage zu stellen. Sie hatten kritisiert, dass ca. 20 Mio. € zur Förderung von touristischer Infrastruktur, die auch für den Sport genutzt werden kann, in einer leistungsfähigen Gemeinde mit 200.000 Einwohnern investiert werden sollen. Sie hatten das kritisiert und gesagt, dass sei ein vergiftetes Angebot des Wirtschaftsministeriums. Ich weiß, das Sie sich ganz vehement für die Förderung der Gemeinde Oberhof einsetzen und dass dort 40 Mio. € in eine Gemeinde fließen sollen, die erwiesenermaßen in Schwierigkeiten steckt und nur 1.500 Einwohner hat - wie das zusammenpasst, würde ich gerne von Ihnen erläutert haben.

(Zwischenruf Abg. Baumann, SPD: Da gibt es 500.000 Übernachtungen.)

Herr Adams, erstens ist mir nicht bekannt, dass 40 Mio. € in Oberhof investiert werden sollen. Das Oberhofkonzept ging ursprünglich mal von einer Summer von ungefähr 20 Mio. € aus. Jetzt werden durch bestimmte Konkretisierungen und durch Infrastrukturmaßnahmen ein paar Euro dazukommen, aber sich hierher zu stellen, Herr Adams, und den Vergleich wagen zu wollen zwischen der Förderung für das Stadion in Jena

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Äpfel und Birnen!)

und den Sportanlagen in Oberhof, das ist ein bisschen weit hergeholt. Zum einen will ich Ihnen sagen,

(Beifall CDU)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie spielen die Gemeinden ge- geneinander aus.)

dass in Jena und Erfurt zwei Event-Arenen gebaut werden sollen. Das ist ein Feigenblatt. Letztendlich brauchen wir für die Darstellung dieser Investitionen und der benötigten Förderungen, das musste natürlich in die Richtlinien reinpassen und da werden das Event-Arenen und keine Stadien.

Herr Adams, ich möchte jetzt nicht noch auf eine Frage von Ihnen antworten, ich will nur Ihre eine beantworten.

Kein vernünftiger Mensch in diesem Land kann bis jetzt nachvollziehen, dass eine Wirtschaftlichkeit

dadurch herbeigeführt wird, dass 200 Veranstaltungen im Jahr zwischen zwei Orten, die wenige Kilometer auseinander liegen, so stadionfüllend wirken das Jahr über, dass die Betriebskosten, die diese Dinger mal verursachen werden, reingespielt werden können.

(Beifall CDU)