Dennoch, Herr Barth, bin ich der festen Überzeugung, weil ich auch abweichend von der Auffassung der Landesregierung für Schleswig-Holstein bin, dass sie den Solidaritätskorridor mit den anderen Bundesländern verlassen hat. Es stellt sich jetzt die Frage hier im Raum, weshalb nur SchleswigHolstein? Ich habe versucht, jetzt schon darauf einzugehen. Das hat einen eigenartigen Beigeschmack. Das wissen Sie auch. Ich will Ihnen noch einmal sagen, dass die Realität ganz anders aussieht, wenn zusätzliche Steuereinnahmen in Milliardenhöhe versprochen werden. Die Wettumsätze beispielsweise in Großbritannien in den Jahren 2001 bis 2009 sind um sage und schreibe 520 Prozent gestiegen, also um mehr als das Fünffache. Die darauf entrichteten Steuereinnahmen in dieser Zeit sind aber um 30 Prozent zurückgegangen. Wie in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens hat sich die Liberalisierung also auch in diesem Bereich bereits als Irrweg erwiesen. Wahrscheinlich nur die Freidemokraten, vielleicht auch die Thüringer FDP, haben das bislang noch nicht eingesehen. Der von der Landesregierung beschrittene Weg, in Solidarität der Bundesländer untereinander einen neuen Glücksspielstaatsvertrag zu erreichen, wird deshalb von der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag unterstützt. Wir hoffen sehr,
dass dieser eingeschlagene Weg zu einem dauerhaft haltbaren Ergebnis führt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist völlig richtig erkannt von den Vorrednern, wir reden heute nicht zum ersten Mal und ich glaube, man muss kein allzu großer Prophet sein, um zu sagen, wir werden wahrscheinlich auch nicht zum letzten Mal über das Thema Glücksspielstaatsvertrag in diesem Hohen Haus reden. Es ist völlig richtig, die Zeit drängt.
Der Staatsvertrag, den es gibt, läuft aus. Was dann passiert, ist mir juristisch nicht so ganz klar. Vielleicht ist über die Ausführungsbestimmungen dann auch durchaus noch eine gewisse Regulierung da. Ob man dann völlig in den rechtsfreien Raum fällt, weiß ich nicht. Das ist aber egal. Das kann auch dahingestellt bleiben, denn ich glaube, zumindest in dem Grundsatz habe ich Einigkeit vernommen. Wünschenswert ist es nicht. Das ist, glaube ich, zunächst im Grundsatz klar. Wünschenswert ist es natürlich auch nicht, einen europarechtswidrigen Zustand zu haben. Den haben wir jetzt und das ist die große Gefahr, die wir sehen. Den haben wir voraussichtlich auch, wenn der Vertrag so unterschrieben wird, wie ihn jetzt 15 von 16 Länder verändert ausgehandelt haben.
Sie haben sich mit dem ersten Entwurf in Brüssel, wenn man es vorsichtig und freundlich formulieren will, eine blutige Nase geholt. Man kann auch sagen, sie haben eine glatte Bauchlandung hingelegt. Das, was die Kommission an die Bundesrepublik geschrieben hat als Anmerkungen zur gescheiterten Notifizierung, kann man auch als Verriss bezeichnen. Das ist alles andere als ein Kompliment. Deswegen ist die Lage nach wie vor so, dass wir eben keinen Vertrag mit einigermaßen tragfähigen und rechtlich einwandfreien Regelungen haben mit Ausnahme von Schleswig-Holstein, die relativ zeitig erklärt haben, dass sie das, was die Länder hier vorhaben, in dieser Form nicht mitmachen, weil sie es in weiten Teilen für europarechtswidrig halten und deshalb sehr zeitig gesagt haben, dass sie einen eigenen Entwurf machen. Nun, Ironie der Geschichte, fand Ende Oktober just im gallischen Dorf in Kiel eine Ministerpräsidentenkonferenz statt, die sich mit der Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags nach der eben erwähnten Ohrfeige befasst hat. Ich war, das muss ich ehrlich sagen, durchaus ein bisschen hoffnungsvoll, dass da nun etwas pas
siert. Kollege Hey hat es gesagt, an einem Punkt, nämlich der Frage der Netzsperren, hat sich tatsächlich richtig substanziell etwas getan in der Neufassung. Das ist ein Punkt, den ich, den wir ausdrücklich begrüßen.
Die anderen Veränderungen sind aber alles andere als ein großer Wurf. Man hat die Anzahl der Konzessionen im Rahmen dieser sogenannten Experimentierklausel von 7 auf 20 erhöht. Man hat die Frage der Konzessionsabgabe von 16 zwei Drittel auf jetzt 5 Prozent des Spieleinsatzes gesenkt. Wie man zu diesen Zahlen gekommen ist, das ist nach wie vor relativ offen. Die Zahl 20 ist aus meiner Sicht genauso willkürlich wie es vorher die Zahl 7 gewesen ist.
Ob die Hoffnung, dass man mit diesen 20 jetzt die Zahl der auf dem Markt erkennbaren potenziellen Antragsteller, potenziellen Anbieter abdeckt, und die Hoffnung, die man damit verbindet, dass wir wahrscheinlich nicht mehr Anträge bekommen werden, die Richter überzeugt, wenn vielleicht doch ein 21. kommt? Die theoretische Möglichkeit gibt es immer. Das war genau dieselbe Diskussion, die wir bei den 7 hatten, was passiert, wenn der 8. kommt. Ich bin gespannt, aber mir ist auch relativ klar, was ein europäisches Gericht machen wird, wenn es eine Klage zur Frage der Wettbewerbsfreiheit in Deutschland bekommt. Das wird genau dasselbe sein, was dem 8. passiert wäre bei dem alten Entwurf des Vertrags.
(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Die FDP hat schon einmal ganz daneben gelegen.)
Dasselbe gilt auch bei der Frage der Senkung auf 5 Prozent bezogen auf den Spieleinsatz. Wenn man den Brutto-Rohertrag als Grundlage für die Besteuerung nehmen würde, dann wäre das im Übrigen auch für die Unternehmen eine verlässliche Grundlage. Der Einsatz sagt darüber zunächst mal nämlich überhaupt nichts aus. Insgesamt gehen also diese ganzen Nachbesserungen nicht weit genug.
Ich glaube, dass wir uns deswegen die einzelnen Punkte noch einmal anschauen müssen, um die es da im Einzelnen gegangen ist, die die Kommission beantragt hat. Ich will sie einfach noch mal nennen.
Punkt 1 war, dass es kein landeseinheitlich transparentes, objektives und diskriminierungsfreies Erlaubnisverfahren gibt.
Der zweite Punkt ist, dass der Ermessensspielraum der Erlaubnisbehörden als zu groß und viel zu unbestimmt eingeschätzt wird seitens der Kommission. Ich sage jetzt, was die Kommission zu den Dingen gesagt hat.
Der dritte Punkt ist, dass der Vertragsentwurf unverhältnismäßige Vertriebsbeschränkungen vorsieht, wie zum Beispiel nicht nachvollziehbare Werbeverbote. Die zahlenmäßige Begrenzung auf 7 Konzessionen ist für die Kommission nicht machbar. Herr Kollege Hey, genau diesen Punkt hat die Kommission ganz besonders kritisch gesehen, deswegen ist es keine Verbesserung, weil das nach wie vor eben eine willkürliche Zahl ist, über die wir hier reden.
Die staatlichen Lottogesellschaften werden aus Sicht der Kommission in den Ländern gegenüber den privaten Marktteilnehmern in ungerechtfertigter Weise bessergestellt. Ein letzter Punkt, den Sie schon angesprochen hatten, Herr Kollege Korschewsky, ist die Frage des Monopols. Das Glücksspielmonopol zu erhalten ist auch, glaube ich, ein unbestrittenes Ziel. Das ist etwas, was alle wollen. Die Frage ist aber, wenn man es erhalten will, muss man es natürlich auch richtig begründen, weil das ansonsten Richter anders sehen können. Die Begründung des Monopols allein mit der Spielsucht hat nicht ausgereicht und die wird auch nicht ausreichen. Die Begründung für das Monopol ist die Kriminalitätsbekämpfung. Das ist der Grund, weshalb wir das Monopol wollen und nicht irgendwelche anderen Ziele, die man vielleicht erreicht, aber die kann man nicht als Begründung vorschieben, weil man dann gegebenenfalls eine Bauchlandung macht. Ich glaube, dass diese Ziele viel zu wichtig sind, um sie für so eine vielleicht auch ideologische oder Scheindebatte oder irgendetwas zu opfern und dann eine Bauchlandung zu machen und die Ziele, die man erreichen will, damit nicht zu erreichen.
Auf die Art und Weise geht das schief. Deswegen drängt die Zeit nämlich auch, die drängt gar nicht nur wegen des 31.12., sondern die drängt vor allem auch wegen des 15.12. Für den Tag ist nämlich die Unterzeichnung des Glücksspielstaatsvertrages vorgesehen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich glaube, dass der Weg oder dieses Herangehen der Landesregierungen und insbesondere auch unserer - zu sagen, wir lassen es einfach mal darauf ankommen, wir schauen mal, was in Brüssel dann passiert - der falsche Weg ist.
Dieser zeugt von fehlendem politischen Mut, von fehlendem politischen Willen, vielleicht auch von dem Unvermögen, sich auf irgendetwas Gescheites einigen zu können. Deswegen, Herr Kollege Hey, muss ich auch Ihre Hoffnung ein bisschen zerstören. Es gab im Umfeld der Ministerpräsidentenkonferenz diese Debatte, so dass da 15 auf einen warten und für den einen die Tür offen ist. Was wir wol
len, ist, zu sagen - das ist auch Ziel der Neufassung des Antrags -: Lasst uns mit der Notifizierung, mit der Änderung, mit dem Inkraftsetzen dieses Vertrags, mit der Unterschrift unter diesen Vertrag wenigstens warten, bis wir ihn notifiziert haben. Dann haben wir nämlich Rechtssicherheit.
Wenn das geschieht, bin ich auch bereit, in Demut beiseite zu treten und zu sagen, gut, wenn die Kommission das für diesen Vertrag so sieht, dann habe ich mich geirrt und es ist schön. Dann machen wir eine getrennte Abstimmung zu den beiden Punkten, denn es geht nicht mehr 15 gegen 1. Die Staatsregierung unseres südlichen Nachbarlandes Bayern hat beschlossen, die Zustimmung nur vorbehaltlich der Notifizierung durch die EU-Kommission erteilen zu wollen. Die Front bröckelt und sie bröckelt nicht, weil die nicht solidarisch sind, sondern sie bröckelt, weil man sieht, dass die Zahlen, dass die Regelungen im Vertrag sich teilweise geändert haben, aber die Argumentationen es gewesen sind, die in Brüssel kritisch gesehen worden sind, und die Argumentationen haben sich eben nicht geändert.
Wir machen das, Herr Präsident, mit Blick auf das, was wir heute schon mal hatten, zum Ende meiner Rede.
Deswegen ist es wichtig, dass wir sagen: Lasst uns meinetwegen den Vertrag in der Form, wie ihn die 15 Ministerpräsidenten jetzt vereinbart haben, nehmen. Lasst ihn uns nach Brüssel schicken und lasst uns sehen, was die Kommission dazu sagt, um sicher zu sein, dass wir einen Glücksspielstaatsvertrag haben, der auch tatsächlich rechtssicher ist und der uns vor der Gefahr bewahrt, dass wir in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Gerichtsverfahren erleben, die wir absehbar verlieren werden mit allen Folgen, die sich dann daraus ergeben. Die sind meiner Meinung nach viel schlimmer, als wenn wir jetzt vielleicht ein halbes Jahr mit Ausführungsbestimmungen sozusagen den Markt am Ende nur weiter regulieren und weiter organisieren können. Weil es aber so ist, dass Sie das wahrscheinlich alles sehen, deswegen ist Ihre Weigerung, diesen
neuen Vertrag vor die Kommission zu bringen, auch bezeichnend. Ich glaube, dass es richtig wäre, Sie würden das tatsächlich anders regeln. Wenn Sie ganz sicher sein wollen, einen Vertrag, der in Brüssel auch notifiziert werden kann, auf den Weg zu bringen, dann gibt es einen ganz einfachen Weg: Sie können nämlich dem Punkt 2 unseres Antrags zustimmen. Ich habe das vorhin in einem Zwischenruf schon gesagt: Schleswig-Holstein hat einen in Brüssel notifizierten Vertrag vorliegen
und an dem könnte man sich relativ einfach orientieren. Es ist genauso einfach für die 15 Länder, sich dem Vertrag in Schleswig-Holstein, dem Gesetzentwurf von Schleswig-Holstein, anzuschließen, wie es vonseiten der 15 Länder von Schleswig-Holstein erwartet wird, ihrem Vertrag beizutreten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie herzlich darum, dem Punkt 1 unseres Antrags zumindest zuzustimmen, der nichts anderes zum Ziel hat, als zu sagen, wir wollen, dass der Vertrag, den wir unterzeichnen, wir wollen, dass das Gesetz, das wir verabschieden, auch tatsächlich europäischem Recht entspricht. Wir wollen eben nicht sehenden Auges in eine Situation geraten, die uns alle nachteiligen Änderungen, alle nachteiligen Auswirkungen von verworrenen Gerichtsverfahren mit sich bringt. Über den Punkt 2 bitte ich Sie auch, aber es wäre mir viel wichtiger, wenn wir uns auf den Punkt 1 verständigen können. Herzlichen Dank. Dann wäre, wenn der Bedarf noch ist, lieber Herr Kollege, jetzt die Gelegenheit - wenn ich das so darf, Herr Präsident.
Kollege Barth, ich greife mal nur eine Frage aus Ihren Begründungen heraus, warum Sie noch einmal für eine Notifizierung plädiert haben, und zwar die Frage der Anzahl der Lizenzen. Sie sagten, dass sowohl die 7 als auch die 20 sicherlich eine willkürliche Zahl sind - ich kenne auch keine Gründe, warum nun gerade 7 oder 20 -, aber verstehe ich Sie richtig, dass nach Ihrer Lesart eine tatsächliche Rechtssicherheit erst bei einer vollständigen Liberalisierung erfüllt ist?
Wenn Sie Liberalisierung so verstehen, dass Sie sagen, wir müssen eine zahlenmäßige Grenze einziehen, dann Ja. Die Begründung für eine Zulassung eines Unternehmers, der ein Glücksspiel an
bieten will, kann doch nicht an der Tatsache festgemacht werden, ob er der 8., der 16., der 21. oder meinetwegen auch der 43. ist, der etwas anbietet. Wir lassen doch auch nicht nur fünf Hersteller von Autos zu und sagen, der 6., der kommt, darf in Deutschland keine Autos verkaufen, weil uns fünf verschiedene Marken ausreichen. Was wir machen müssen, ist doch, dass wir inhaltliche Anforderungen an die Anbieter stellen. Wir müssen den Anbietern sagen, ihr habt diese und jene Anforderungen zu erfüllen, was z.B. auch die Frage Jugendschutz, Schutz vor entsprechendem Suchtverhalten betrifft, usw. Das sind doch die Dinge, um die es geht, wenn wir so einen Markt regulieren wollen. Das sind doch die Dinge, um die es geht, wenn wir sagen wollen, wir wollen verlässliche Betreiber haben. Das ist das Entscheidende. Die Frage der Verlässlichkeit macht sich daran fest, ob ein Betreiber/Anbieter bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllt, ob er bestimmte Parameter erfüllt, und nicht daran, ob er der 10., 12. oder 43. ist, der eine Lizenz erhält. Insofern vollständige Liberalisierung, als mir die Anzahl der Anbieter tatsächlich egal ist, aber es mir darauf ankommt, nur Anbieter zu haben, die tatsächlich den Begriff der Verlässlichkeit erfüllen. Das heißt mit Blick auf alle rechtlichen Regelungen, die man an so einen Anbieter stellt, dass sie die auch tatsächlich erfüllen. Das ist mir viel wichtiger als die Frage, ob ich nur eine bestimmte Anzahl habe. Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Spiel, das die FDP hier mit uns spielt, würde ich pokern auf Zeit nennen und der Gewinn, wenn man Glück hat, ist die vollständige Liberalisierung des Glücksspielmarkts. Das wollen einige, wir wollen das aber nicht.
Auch das gehört mit zu dem Spiel, behaupte ich, Sie pokern darauf, dass der 31.12. vorbeigeht ohne eine vernünftige Lösung.
Glücksspiel zu betreiben, ist nicht verboten, dementsprechend kann das keine üble Nachrede sein, meine ich, so viel Juristerei habe ich auch schon mal gelernt. Aber dass Sie sich da getroffen