Das ist wirklich gut so. Ich kann Ihnen nur gratulieren, dass Sie Herrn Voß an Ihrer Seite haben. Noch einmal retten Sie sich damit nicht in die nächste Landesregierung. Wir haben Handlungsbedarf und das einzig Gute an der gegenwärtigen Situation ist, dass das Engagement der Bürgerinnen und Bürger, die seit Jahren dafür streiten, dass es eine andere Regelung gibt, ein Zeichen dafür ist, dass wir hier an vielen Stellen immer noch eine ganz gute und lebendige Demokratie haben. Das Volksbegehren für sozial gerechte Kommunalabgaben in Thüringen begrüßen wir allein schon deshalb, weil es unserem Demokratieverständnis entspricht, vor dem Willen der Bürgerinnen und Bürger keine Angst zu haben, sondern sich dem zu beugen, zu diskutieren und auch direkt demokratische Elemente einzufordern und zuzulassen. Das ist uns wichtig. Im Übrigen haben Sie gerade bei der CDU in den Reihen Ihrer jugendlichen Politiker nach wie vor Profis, wenn ich das einmal so sagen darf, wenn es darum geht, das Momentum für sich auszunutzen. Ich erinnere an die hübsche Hüpfburg, die wir hier vor dem Landtag hatten zum Thema Schuldenbremse. Meines Wissens - Herr Scherer, auf den Diskurs lasse ich mich mit Ihnen ein - wäre auch so ein Volksbegehren nach Artikel 82 Abs. 2 der Thüringer Verfassung, wie es die JU in diesem Fall fordert, nicht zulässig. Die Debatte können wir gern führen.
Warum ist meine Fraktion an dieser Stelle dafür, genau so zu handeln, wie sie handelt? Aus drei Gründen: Zum einen finden wir den Entwurf, den wir vorgelegt haben, nach wie vor solidarisch, weil sich jeder, der in Thüringen Wasser trinkt und auch in irgendeiner Form anderes Wasser produziert, an der Infrastruktur beteiligen muss. Das ist unsere erste Überzeugung. Wir finden, dass er verantwortungsvoll ist, weil jeder, der eine Straße bauen will, diese auch bezahlen muss und deswegen gehen wir auch mit vollem Einsatz nach wie vor bei allen Risiken und Nebenwirkungen hier in die Debatte und streiten uns mit Ihnen. Wir werden uns mit den Initiatoren des Volksbegehrens zusammensetzen, reden, das Gespräch suchen und führen. Selbst wenn es eines Tages dazu kommt, dass das Gerichtsurteil gefällt werden würde in Ihrem Sinne - ich glaube, es wäre ein Pyrrhussieg und Sie sollten solche Bewegungen nicht dazu nutzen, vor Gericht am Ende Ihren Willen durchzusetzen. Es geht hier um Einsicht, um direktdemokratische Teilhabe. Eigentlich erwarte ich, erwartet meine Fraktion inzwischen ein anderes Demokratie- und Politikverständnis von Ihnen. Vielen Dank.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jetzt müssen Sie wieder etwas erklären, was Sie gar nicht wollen. Sie denken ja anders.)
Ach, Herr Kuschel, wir haben in der Fraktion gerätselt, wer überhaupt zu diesem Thema redet, weil es ein juristisches Problem ist, was Sie hier schildern. Ich stehe jetzt hier am Pult, weil es auch um einen kommunalen Schwerpunkt geht und ich muss sagen, ich bin schon ziemlich sauer. Wir müssen uns einmal die Genese anschauen, warum wir heute hier in dieser Aktuellen Stunde über dieses Thema sprechen. Sie haben hier im Landtag einen Gesetzentwurf eingereicht, gemeinsam mit den BÜNDNISGRÜNEN, der unter anderem regeln soll, dass die Straßenausbaubeiträge in Thüringen abgeschafft und eine sogenannte Infrastrukturpauschale eingeführt werden soll.
Im September 2010 ging das los, da haben wir hier im Plenum dazu gesprochen, im Ausschuss ist es beraten worden, im März dieses Jahres ist es erneut besprochen worden, es hat Diskussionen da
rüber gegeben, auch hitzige Wortgefechte. Es gab zwei Kundgebungen dazu hier vor dem Parlament. Immer wieder, Herr Kuschel, wirklich immer wieder habe ich geduldig erklärt, das, Herr Kuschel, was Sie da fordern, und das, was damals stellvertretend für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch Herr Adams gewollt hat, ist eine Steuer. Diese Infrastrukturabgabe hat das Wesen einer Steuer, das habe nicht nur ich gesagt, schon unser damaliger Innenminister Huber hat Ihnen das erklärt, der verfassungsrechtlich sicherlich größere Meriten hat als ich sie jemals in meinem Leben haben werde. In der Anhörung zum Gesetzentwurf ist das auch von mehreren Seiten angesprochen worden. Herr Kuschel, soweit ich weiß, ist selbst der juristische Dienst dieses Hauses mit diesem Problem von Ihnen beschäftigt worden. Auch er hat geduldig erklärt: Diese Infrastrukturabgabe ist eine Steuer. Nun ist das eigentlich nicht schlimm, denn Steuern gibt es genug. Manche machen Sinn, andere stehen in der Kritik, da kommt es auf eine mehr oder weniger nicht an, könnte man denken. Aber eine Kleinigkeit steht dem entgegen, es ist das Grundgesetz. Blöderweise ist da geregelt, dass ein Bundesland keine Steuer erfinden darf. Ich bedaure das sehr, Herr Kuschel, ich hätte da nämlich auch noch ein paar Gestaltungsvorschläge, z.B. eine Steuer für das Stellen von Kleinen Anfragen im Thüringer Landtag. Schön wäre, wenn der Verursacher dann auch gleich der Steuerschuldner wäre.
Wobei, ich gebe zu, das wäre dann eher eine Gebühr. Aber es geht nicht und es funktioniert nun mal nicht. Ich bin und war auch deswegen stinksauer, dass Sie auf diesen Umstand in zahlreichen Veranstaltungen, bei denen ich auch zugegen war, nie hingewiesen haben, nicht dort, nicht hier bei den Kundgebungen vor dem Landtag. Da haben Herr Kuschel und auch Herr Adams nicht gesagt: Liebe Leute, unser Gesetzentwurf ist zwar eine schöne Idee, er mag auch innovativ sein, wie Sie das hier verkauft haben, aber er ist nicht verfassungsgemäß.
Gut, kreativ. Sie haben hier im Landtag, Herr Kuschel, das ist das Interessante, nicht ein einziges Mal bewiesen, dass das alles Unsinn ist, was die ganzen Juristen, was Herr Huber, Herr Hey und alle anderen da so erzählen. Sie haben nicht ein einziges belastbares Papier vorgestellt, aus dem hervorgeht, dass Ihr Gesetzentwurf auch funktionieren könnte. Nein, was haben Sie getan? Sie haben noch fleißig Unterschriften gesammelt für Ihren Gesetzentwurf, für einen Gesetzentwurf, der gar nicht funktioniert. Sie haben ein Volksbegehren initiiert. Ich bin mir sicher, jeder der dort unterschrieben hat, hat das im guten Glauben getan, endlich etwas be
wirken zu können bei diesem leidigen Thema, das die Leute hier seit zwei Jahrzehnten umtreibt. Ich mache den Menschen hier im Land Thüringen auch überhaupt keinen Vorwurf, dass sie für ihre Rechte kämpfen oder dass sie für ein gerechteres Abgabesystem sind. Das ist in Ordnung. Aber statt endlich ehrlich zu sein und den Menschen zu sagen: Unser Gesetzentwurf ist nicht fähig, ihnen diese Sorge zu nehmen wegen der hohen Abgabelast. Vielleicht müssen wir ihn noch einmal überarbeiten, vielleicht müssen wir ihn ändern. Nein, stattdessen geht das jetzt weiter.
Die Landesregierung hat das Volksbegehren angenommen, hat es geprüft, ist zu der Erkenntnis gekommen, halten Sie sich an Ihren Tischen fest, jetzt kommt die große Überraschung; die Landesregierung hat festgestellt, dass das, was Sie wollen, Herr Kuschel, und das, was Herr Adams gefordert hat, nicht funktioniert, unter anderem, weil die Infrastrukturabgabe eine Steuer ist. Jetzt kommen die Juristen in das Spiel. Wenn die Landesregierung feststellt, dass ein Volksbegehren unzulässig ist, wenn also die Basis dessen, was das Volksbegehren eigentlich ausmacht, verfassungsmäßig gar nicht funktioniert, dann muss sie den Antrag auf Überprüfung des Volksbegehrens an den Thüringer Verfassungsgerichtshof stellen. Sie muss das tun, Herr Kuschel. Sie stellen sich hierhin und nennen Ihre Aktuelle Stunde „Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen - Klage nicht erheben!“. Ich sage Ihnen: Sie vernebeln die Leute draußen, die keine Rechtsexperten sind, die keine Volljuristen sind, sondern Leute, denen es um ein paar ersparte Groschen geht, die bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen infrage stehen. Sie vernebeln mit der Art, wie Sie die Diskussion hier versuchen, sogar weiterzuführen, die Sinne. Ich sage Ihnen: Nehmen Sie die Bürgerinnen und Bürger endlich ernst
und sagen Sie Ihnen die Wahrheit und bringen Sie dann bitte hier einen Gesetzentwurf ein, der mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das würde uns allen weiterhelfen. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, vieles ist natürlich schon gesagt worden, so dass man als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt nicht alles noch einmal aufrufen muss.
Meine Damen und Herren, wir reden hier von einem wichtigen Problem, denn es geht tatsächlich darum, dass viele Menschen ernsthaft von der Frage der Kommunalabgaben betroffen sind. Deswegen muss es auch um eine tatsächliche Lösung gehen, meine Damen und Herren. Deshalb war unsere Fraktion die erste, die sich in dieser Legislaturperiode dieses Themas angenommen hat mit einem Antrag, den übrigens alle Fraktionen dieses Hauses damals abgelehnt hatten. Wir wollten die Rangfolge der Einnahmen der Thüringer Kommunalordnung geändert sehen und wir wollten ähnlich wie in Sachsen, den Kommunen freistellen, ob sie Beiträge ziehen oder nicht.
Meine Damen und Herren, das Thema ist zu ernst, um Scheinlösungen vorzugaukeln. Herr Kollege Hey hat das gerade im Augenblick schon sehr gut gesagt. Kollege Kuschel, wider besseres Wissen treiben Sie die Leute hier in eine Debatte, die so nicht funktionieren kann. Ich sage Ihnen deshalb, wider besseres Wissen, weil Sie es schwarz auf weiß in einem Gutachten dargelegt bekommen haben, das Sie selber in Auftrag gegeben haben.
Dieses Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes der Landtagsverwaltung sagt ganz eindeutig, dass diese Infrastrukturabgabe schlicht und einfach mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig ist. Deswegen sagen wir,
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Mit hoher Wahrscheinlichkeit ja, aber nicht schon abschließend fertiggestellt.)
Sie missbrauchen die Leute, Sie missbrauchen die Betroffenen für einen politischen Zirkus, den man wirklich nicht ernst nehmen kann.
Ich sage Ihnen, wenn man das Problem ähnlich wie mit Steuern lösen will, dann könnten wir genauso gut auf Landesebene das KAG und die ThürKO so ändern, wie seinerseits von uns vorgeschlagen. Dann hat auch eine Erhöhung der Hebesätze Sinn, wo man sagen kann, jawohl, dann wird eben über Steuern etwas finanziert, wo man vielleicht an anderer Stelle auf Beiträge verzichten könnte. Aber dazu müssen die von mir angesprochenen und von uns angestrebten Änderungen vorgenommen werden.
Übrigens sind in die fiktiven Hebesätze natürlich auch die Steuern der Länder eingeflossen, die von vornherein ihren Kommunen es ermöglichen, keine Beiträge zu ziehen. Insofern sind die fiktiven Hebesätze - so viel Zeit muss an dieser Stelle auch noch einmal sein - an dieser Stelle schlicht und einfach ein falscher Ansatz, der den Realitäten in Thüringen nicht gerecht wird.
Wir sagen aber, meine Damen und Herren, gerade mit Blick darauf, dass diese Infrastrukturabgabe nicht funktionieren kann, es ist an der Zeit, aufzuhören, die Leute zu veralbern und es ist an der Zeit, zu machbaren und ehrlichen Lösungen zu kommen. Wir stehen nach wie vor zu den Vorschlägen, die wir Ihnen hier im Hohen Hause angeboten haben. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Scherer, Sie haben sich zu den Kosten geäußert und dabei auf die Regelung abgestellt im Zusammenhang mit der Rückerstattung der Wasserbeiträge und auch der Abwasserbeiträge bei der Privilegierung. Ich darf Sie nur noch einmal darauf hinweisen, dass der vorliegende Gesetzentwurf, der dem Volksbegehren zugrunde liegt, eben gerade nicht dieses sehr teure Rückerstattungsmodell aufweist, sondern ein Verrechnungsmodell. Wir als LINKE hatten schon 2004, als wir hier die Debatte zu der Rückerstattung der Wasserbeiträge geführt haben, dieses Verrechnungsmodell vorgestellt. Das hätte dem Land tatsächlich jährlich 28 Mio. € gespart und mit 5 Mio. € wäre der Landeshaushalt belastet gewesen. Das ist klar, aber 28 Mio. € hätten wir gespart. Wenn Sie fragen, wer hätte es bezahlt: Die Bürgerinnen und Bürger, indem sie auf die Rückerstattung verzichtet hätten. Das war das Zugeständnis der Bürger. Es ist klar, die Bürger bezahlen doch Ihre verfehlte Politik der letzten Jahre. Die Bürger bezahlen, aber sie waren dazu bereit, um den Landeshaushalt nicht zusätzlich zu belasten. Sie haben aber ein Modell gewählt, das insbesondere den Banken wieder zugutekommt. Nun klar, das kostet zum Schluss 1 Mrd. €.
Herr Hey, ich schätze Sie sehr hoch, deswegen will ich noch einmal den Versuch unternehmen, Ihnen den Unterschied zwischen einer steuerrechtsähnlichen und einer verbrauchsabhängigen Abgabe zu erläutern, was ich übrigens immer gemacht habe bei allen Veranstaltungen, auch wo Sie zugegen waren, weil wir uns hier in einem tatsächlich sehr spannenden Thema befinden. Zu Recht hat Herr Bergner auf das Gutachten der Landtagsverwaltung verwiesen und die haben tendenziell gemeint, es ist verfassungswidrig. Es ist keine abschließende Bewertung, das maßt sich der Wissenschaftliche Dienst im Regelfall sowieso nicht an, sondern er gibt uns nur Empfehlungen.
Sie haben recht, Herr Hey, würde die Infrastrukturabgabe eine steuerrechtsähnliche Abgabe sein, dann wäre der Bund ausschließlich zuständig. Die Steuern haben die Wirkung, dass Steuern zu bezahlen sind, auch eine steuerrechtsähnliche Abgabe, ohne Anspruch auf eine konkrete Gegenleistung. Das ist die Wirksamkeit einer Steuer. Das nimmt Politik sehr wörtlich. Wir kassieren Steuern, ohne Anspruch auf eine konkrete Gegenleistung. Die verbrauchsabhängige Abgabe oder aufwandsbezogene Abgabe setzt immer eine konkrete Gegenleistung voraus. Das ist bei der Bettensteuer so - das ist auch so eine Abgabe, die können die Kommunen selbst erheben, da ist die Gegenleistung, die Infrastruktur vorzuhalten für einen Kreis von Nutzern, die nicht mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde gemeldet sind.
Die Infrastrukturabgabe kann nur erhoben werden im Zusammenhang mit realisierten Straßenausbaumaßnahmen, das heißt, die Gegenleistung sind die Straßenausbaumaßnahmen. Sie ist ganz konkret. Die Abgabe kann also nicht für irgendetwas erhoben werden, sondern nur in dem Umfang, wie Straßenausbaumaßnahmen realisiert werden. Deshalb sind wir überzeugt, es handelt sich um eine aufwandsbezogene Abgabe. Wir erwarten einfach auch von einer Landesregierung, wenn man sich in einem solchen Spannungsfeld befindet, dass man im Zweifelsfall für den Bürger entscheidet und sagt, jawohl, es ist eine aufwandsbezogene Abgabe, zumal sie freiwillig ist. Wenn Sie zur Verfassungswidrigkeit hier reden, dann will ich Sie darauf hinweisen, im neuen Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Berlin steht die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Berlin. Ist es deshalb verfassungswidrig?
Oder Baden-Württemberg hat 1997 die Abwasserbeiträge abgeschafft. Ist das verfassungswidrig? In Hamburg und Bremen gab es diese Beiträge noch nie. Ist das verfassungswidrig?
Deswegen sage ich, Sie sollen hier deutlich sagen, Sie wollen an diesem Finanzierungsmodell festhalten, das ist doch in Ordnung, aber nicht diesen Umweg und dieses Herumgekaspere an irgendwelchen Verfassungsgrundsätzen. Das bringt uns doch nicht weiter, sondern Sie haben Zeit, lange genug Sie, Herr Hey, noch nicht, Sie erst seit 2009 -, aber die CDU hatte 20 Jahre lang Zeit, das Problem zu lösen und hat jämmerlich versagt. Die Kosten tragen die Bürgerinnen und Bürger.
Jetzt machen die sich einen Kopf und der Landesregierung fällt nichts anderes ein, als das eigene Volk wieder zu verklagen. Das haut nicht hin. Sie