fruchtbare, eine sehr dringende Debatte ist. Deshalb haben wir den Antrag gestellt, dieses Gesetz nur noch für sechs Monate weiter zu befristen, um dem Landtag den Druck zu geben, dieses Gesetz in jedem Fall zu verändern. Die Koalition hat schon erklärt, dass sie das tun wird, aber wir kennen diese Koalition in diesem Haus, das kann auch schnell mal anderthalb Jahre dauern. Das wollen wir nicht.
Jetzt will ich noch auf ein Argument der LINKEN eingehen, um erklären zu können, warum wir uns zu Ihrem Gesamtantrag enthalten werden. DIE LINKE sagt, dieses Sicherheitsüberprüfungsgesetz wollen wir nicht mehr haben, es soll einfach gestrichen werden und auslaufen. Es wird nicht verlängert. Sie argumentieren damit, dass die meisten dienstrechtlichen Vorschriften reichen. Ich nehme mich als einfaches Beispiel. Durch meinen Beitritt oder mein Wählen im Landtag in die PKK war es erforderlich, diese Sicherheitsüberprüfung zu durchgehen. Ich habe Verständnis dafür, dass man bei den Dingen, die ich dort erfahre, vorher natürlich schaut, was hat derjenige für eine Biografie. Hat er die Gewähr dafür, auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu stehen? Sie sind es doch im Hessischen Landtag, die sagen,
wie konnte beim Verfassungsschutz jemand arbeiten, der in seinem Heimatdorf der „kleine Adolf“ genannt wurde? Das sind doch Sie, die da auf die Palme gehen. Deshalb kann man nicht mit zweierlei Maß messen. Man kann nicht sagen, wir wollen nie wieder einen Menschen überprüfen und gleichzeitig sagen, dieser Dienst soll doch wissen, wer dort bei ihm arbeitet. Das passt nicht zusammen.
Grundsätzlich könnte man nun die Frage stellen, warum ist BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht dafür, alle hier genannten Gesetze zu begrenzen? Wir sehen das pragmatisch. Mit der Mehrheit dieses Hauses ist jedes Gesetz sofort wieder begrenzbar. Mit der Mehrheit dieses Hauses ist jedes Gesetz sofort auf eine rechtsstaatlichere, auf eine modernere Datenschutzlage und auf eine bessere Bürgerrechtslage zu stellen. Es liegt allein an der Mehrheit dieses Hauses - und das ist mein Appell an die Koalition -, diese Mehrheit herzustellen und dieser Mehrheit nicht weiter im Weg zu stehen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Besucher auf den Tribünen, der vorliegende Gesetzentwurf zielt - wir haben es eingangs schon in mehreren Redebeiträgen gehört - auf die Verlängerung der Gültigkeit des Verfassungsschutzgesetzes, des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes, des Gesetzes zur Ausführung des Artikel-10-Gesetzes sowie des Meldegesetzes ab. Hintergrund ist, dass die Gesetze bis zum 31. Dezember befristet sind - wenn Sie auf den Kalender schauen, das ist schon bald -, danach würden sie außer Kraft treten. Die in den Gesetzen geregelten sicherheitsrelevanten Aufgaben könnten dann also nicht mehr wahrgenommen werden und aus meiner Sicht wäre auf dem Gebiet der inneren Sicherheit unser Land Thüringen dann nicht mehr voll handlungsfähig. Den Ausführungen, die ich eben von meinem Vorredner Herrn Adams bereits vernommen habe, stimme ich inhaltlich voll zu, auch mit den sehr lebendigen Beispielen, die Sie gebracht haben. Das beweist, dass es also kein richtiger Weg gegen eine Entfristung wäre.
Die Landesregierung hat deshalb vorgeschlagen, die Befristung des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes, des Meldegesetzes und des Gesetzes zur Ausführung des Artikel-10-Gesetzes aufzuheben. Die Geltungsdauer des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes soll um ein weiteres Jahr befristet werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Rahmen der Anhörung im Innenausschuss haben sich keine neuen Erkenntnisse und keine wesentlichen Einwände gegen den Gesetzentwurf ergeben. Ich habe - Frau Renner selbstverständlich auch - die Zuschrift, die von Ihnen vorhin zitiert wurde, sehr genau gelesen und ziehe da eigene Rückschlüsse, aber das eben von mir Gesagte kann auch von Ihnen nicht widerlegt werden. Meine Fraktion, die SPD, wird deshalb der von der Landesregierung vorgeschlagenen Verfahrensweise auch zustimmen. Wir sehen insbesondere beim Sicherheitsüberprüfungsgesetz und beim G-10-Gesetz keinen Änderungsbedarf. Wir stimmen auch der Verlängerung der Geltungsdauer des Verfassungsschutzgesetzes um ein weiteres Jahr zu.
Gleichzeitig teilen wir aber die im Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dargelegte Auffassung, die von Herrn Adams auch noch einmal untermauert wurde, dass es einen dringenden Novel
lierungsbedarf gibt. Da stimme ich voll und ganz mit Ihnen überein, vor allem natürlich mit Blick auf die Kontrollrechte des Parlaments gegenüber dem Thüringer Landesamt. Im Gegensatz zur Opposition ist das aber für uns - verzeihen Sie, wenn ich das so despektierlich sagen muss - keine neue Erkenntnis. Meine Fraktion, die SPD, fordert seit Jahren eine bessere Kontrolle des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz.
Herr Hey, Sie haben jetzt selbst vorgeschlagen, das Thüringer Verfassungsschutzgesetz soll noch ein Jahr lang gelten. Können Sie denn dem Hohen Hause sagen, wann die Koalition beabsichtigt, ein neues oder ein stark verändertes Gesetz vorzulegen?
Ja, wieder zu früh gefragt, Herr Adams. Ich komme dazu gleich noch in meiner Rede und wenn ich Ihre Frage nicht zur vollsten Zufriedenheit beantwortet haben sollte, gibt es natürlich noch mal eine Chance auf Zwischenfrage. Okay?
Wir hatten schon seit Jahren eine bessere Kontrolle des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz gefordert und auch in der vergangenen Legislatur einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Wir haben im Übrigen auch dafür gesorgt, dass eine entsprechende Aufgabenstellung im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Auch in dieser Legislatur sind wir in dieser Hinsicht nicht untätig gewesen. Vor über zwei Monaten haben wir dem Koalitionspartner, also unseren Kolleginnen und Kollegen der CDU, einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt und der beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Frage der Kontrolle des Landesamts durch die PKK, also die Parlamentarische Kontrollkommission, für alle, die sich bei dieser Abkürzung nicht so ganz genau auskennen.
Ich glaube, dass sich unsere Koalitionsfraktionen, also CDU und SPD, einig sind, dass wir schon hier im ersten Halbjahr zu einem Ergebnis kommen müssen und damit kommen wir auch den Forderungen aus den Änderungsanträgen - beispielsweise
wenn Sie sagen, bis zum 30.06. - sehr entgegen, weil die aktuellen Ereignisse gezeigt haben, wie wichtig es ist, eine funktionsgerechte und rechtsstaatlich korrekte Aufgabenerfüllung durch den Verfassungsschutz sicherzustellen. Wir halten die deutliche Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle für unverzichtbar, wenn demnächst auch verhindert werden soll, dass sich Vorfälle und Entwicklungen wiederholen wie diejenigen, die wir zurzeit beklagen und aufzuarbeiten haben. Herr Adams und alle anderen wissen, das ist tatsächlich ein schweres Stück Arbeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Ergebnis der Beratung wird die SPD-Fraktion der Beschlussempfehlung des Innenausschusses selbstverständlich folgen und für die Annahme des Gesetzentwurfs stimmen. Ich werbe sehr dafür, nachdem Sie meine Vorankündigung gehört haben, dass das Ganze auch beim Verfassungsschutz in den nächsten sechs Monaten - abgerechnet ab dem 1. Januar - passieren soll, dass wir dann, wie gesagt, auch Ihren Forderungen noch weit entgegenkommen können, und freue mich natürlich auch im Hinblick auf diese rechtlichen Änderungen auf eine lebhafte Diskussion, selbstverständlich auch bei uns in unserem feinen Ausschuss. Ich danke Ihnen.
Es gibt eine weitere Redeanmeldung von der Fraktion DIE LINKE für Frau Abgeordnete Renner. Es stehen noch 4 Minuten und 20 Sekunden Redezeit zur Verfügung.
Frau Präsidentin, ich möchte jetzt doch noch einmal die Gelegenheit wahrnehmen, auf die Argumente, die gegen unseren Vorschlag, beim Verfassungsschutz die nachrichtendienstlichen Mittel zu streichen und das Gesetz zu befristen auf ein halbes Jahr und eben nicht die Behörde abzuschaffen, sondern umzubauen zu einer anderen Art, wo es dann wirklich um Verfassungsschutz, um Schutz unserer demokratisch offenen Gesellschaft geht, eingehen. Die Argumente, fand ich, waren sehr substanzlos, aber dennoch möchte ich an der einen oder anderen Stelle doch noch erwidern. Ja, ich erwarte schon von einer Behörde, in der mehr als 90 Personen arbeiten, die größtenteils über eine akademische Ausbildung verfügen, dass sie wissenschaftlich arbeiten kann.
Ich finde, dass 6 Mio. € eine Menge Geld sind, die sinnvoll angelegt werden könnten, neonazistische Bestrebungen, Ideologien, Organisationen, Personen in Thüringen zu analysieren und entsprechen
de Hinweise nicht nur gegenüber den Behörden, den Kommunen, den Bürgerbündnissen, der Öffentlichkeit, den Medien zu geben, sondern auch Gegenstrategien zu entwickeln, wie die Öffentlichkeit, wie die Gesellschaft mit Ideologien und Handlungen im Rechtsextremismus umgehen kann und wie sie dagegen wirken kann. Das wäre auch meine Erwartungshaltung gegenüber so einer Behörde. Was wir nicht wollen, da muss ich auch noch mal erwidern, was die Frage Gesinnungstests angeht, ist, dass wir Sicherheitsüberprüfung verstehen in einer Art und Weise, am Anfang wird kurz durch den VS, denn dieser führt die Sicherheitsüberprüfung durch, durchgeleuchtet, die Person wird für tauglich befunden und dann ist es okay. Das ist für mich Gesinnungs-Check, Gesinnungs-TÜV. So etwas wollen wir nicht. Dass das nicht funktioniert, sehen wir gerade an dem von Ihnen erwähnten Fall des Verfassungsschutzmitarbeiters und V-Mann-Führers, „kleiner Adolf“ genannt, aus Hessen, der wohl seine Sicherheitsüberprüfung erfolgreich absolviert hat und dann im Nachgang - natürlich hat er seine Sicherheitsüberprüfung erfolgreich absolviert auch mit seinem biografischen Hintergrund - stört sich niemand in dieser Behörde, Personen, die mit ihm täglich zusammensitzen, mit ihm reden, mit ihm Entscheidungen treffen, niemand stört sich an seinen Einstellungen und Äußerungen und an seiner Ideologie, die er vertritt. Da sage ich, das ist der falsche Weg, wenn, dann müssen in einer Behörde tatsächlich Regularien eingezogen werden, dass, wenn man dann in der Arbeit, im Umgang mit Personen merkt, dass hier demokratische Grundsätze verlassen werden, dass hier Menschenrechte nicht geachtet werden, dass hier eine falsche Vorstellung von Bürgern und Grundrechten vorhanden ist, dann muss eine Behörde intervenieren, wenn bei einem Mitarbeiter so etwas auffällt. Aber kein GesinnungsTÜV oder Gesinnungs-Check wird uns das ersetzen.
Zum Ende hin bitte, Herr Hey, wenn ich sehe, wie viel Zeit ich noch habe. Dann noch mal die Mär, wir brauchen den Verfassungsschutz, weil die Neonazis in so klandestinen Strukturen organisiert sind, wo ich nur durch Spitzel und mit größtmöglichem Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln, also was wir uns da alles so vorstellen können, Wanzen, Peilsender, Observationstrupps usw., herankommen. Das hat anscheinend nicht gut funktioniert, denn jetzt reden wir von einem Neonaziunterstützernetzwerk der Mörderbande, was organisiert war in verschiedensten Gruppen, ich nenne hier mal Brigade Ost oder Weiße Arische Bruderschaft, die
hatte der Verfassungsschutz niemals auf dem Schirm gehabt. Die sind denen komplett durchgerutscht bei all den vielen Hunderten von V-Leuten, die in der Bundesrepublik in der Szene unterwegs sind. Das ist doch Beleg dafür, dass es ein vorgebliches Argument ist, dass ich diese nachrichtendienstlichen Mittel bräuchte, um in die Szene hineinzuschauen, weil es nämlich nicht funktioniert auf diese Art und Weise.
Da gibt es auch Belege in Thüringen. Ich meine, wir reden jetzt ganz offen darum, dass das Blood-andHonour-Netzwerk weiterexistiert und eine der Unterstützungsstrukturen war dieses Neonazi-Netzwerk. Hätte man das vor ein paar Jahren gesagt, und viele haben es getan, viele Antifaschisten haben es getan …
Ich war unsicher, ob die Zeit noch reicht. Frau Renner, woher nehmen Sie denn die Gewissheit oder gibt es belastbares Zahlenmaterial, gibt es Beweise, dass Sie sich hier hinstellen können und sagen können, beim Verfassungsschutz, rund 90 Mitarbeiter, alle in der Regel mit einem akademischen Ausbildungsgrad, können genau mit den 6 Mio. € das machen, was wir später auch fordern. Haben Sie in irgendeiner Form einen Beweis dafür, dass dieses Geld dazu auch wirklich ausreicht?
Das habe ich jetzt noch nicht, aber wir haben ja genau deswegen in unserem Antrag formuliert, dass wir ein Ziel formulieren und das nächste halbe Jahr dafür benutzt wird, dass entsprechend die Arbeitsweisen, die Methoden, der Personalbedarf dieser Behörde festgelegt werden und dann wird man auch darüber reden müssen, ob das Geld aus
reicht. Das ist dann Sache des Landesgesetzgebers hier. Natürlich gehört das auch dazu. Aber ich sage, im Augenblick ist es noch kein Argument, zu sagen, diese Behörde kann grundsätzlich nicht wissenschaftlich arbeiten. Das sehe ich nicht irgendwie anhand dessen, was wir dort als Profile haben. Ich glaube, da muss die Erwartung von uns auch da sein, dass man auch ohne V-Männer im Themenfeld Neonazismus arbeiten kann.
Der Abgeordnete Adams möchte Ihnen offensichtlich eine Frage stellen; wenn das kurz ist. Kurze Frage - kurze Antwort.
Vielen Dank, Frau Kollegin Renner. Vielen Dank Frau Präsidentin. Zunächst einmal stimme ich Ihnen auch jetzt wieder bei vielen Punkten zu, will nur eine Sache noch einmal in die Debatte einbringen: Wir haben ja in Deutschland das sogenannte Trennungsgebot, was wohl zurückgeht auf den geheimen …
Herr Adams, ich muss jetzt wirklich … Wir sind weit über der Zeit. Herr Adams, eine kurze Frage und eine kurze Antwort.
Ich frage Sie: Wenn Sie Ihren Änderungsantrag durchsetzen würden, die nachrichtendienstlichen Mittel herausnehmen, ist Ihnen bewusst, dass Sie dann einen schweren Schlag gegen das Trennungsgebot durchführen?