Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Wir stimmen nun direkt ab über den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP in Drucksache 5/2408 in zweiter Beratung, da die Beschlussempfehlung die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfiehlt. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der FDP-Fraktion und eine Stimme aus der CDU-Fraktion. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die Gegenstimmen sind die aus allen anderen Fraktionen. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es nicht. Dieser Gesetzentwurf ist abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2

Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/3479 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 5/4056

ZWEITE BERATUNG

Herr Abgeordneter Bärwolff erhält das Wort zur Berichterstattung aus dem Ausschuss.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Vorschriften wurde durch Beschluss des Landtags am 17. November 2011 an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen.

Der Ausschuss hat in seiner 26. Sitzung am 8. Dezember 2011, in seiner 27. Sitzung am 19. Januar 2012 und in seiner 28. Sitzung am 16. Februar 2012 dieses Gesetz beraten sowie zwei Änderungsanträge der Koalition angenommen. Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat sich dazu entschlossen, die Änderungsanträge anzunehmen und dem Gesetz zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Mir ist aus allen Fraktionen signalisiert worden, dass es keine erneute Aussprache gibt. Ich schaue nun trotzdem noch einmal in die Runde. Das bleibt auch so, so dass wir direkt abstimmen können, und zwar als Erstes über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit in der Drucksache 5/4056. Wer dieser seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Ich frage nach den Gegenstimmen. Diese gibt es nicht. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Diese gibt es auch nicht.

Demzufolge können wir nun abstimmen über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 5/3479 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung dessen, dass wir die Beschlussempfehlung angenommen haben. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Danke schön. Ich frage nach Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Damit stelle ich einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs fest.

Ich bitte, das in der Schlussabstimmung zu bekunden. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, der möge sich jetzt von den Plätzen erheben. Danke schön, das sind die Mitglieder aller Fraktionen. Ich frage nach den Gegenstimmen. Gegenstimmen gibt es nicht. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Die gibt es auch nicht. Das Gesetz ist angenommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 2.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3

Thüringer Ausführungsgesetz zum Grundsteuergesetz und zum Gewerbesteuergesetz Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/3899 ZWEITE BERATUNG

Ich rufe als Erste auf für die CDU-Fraktion Frau Abgeordnete Lehmann.

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann es zu diesem Punkt ganz kurz halten, denn ich habe die Position meiner Fraktion bereits bei der ersten Lesung deutlich gemacht. Der Gesetzeswortlaut beider Gesetze ist nach unserer Auffassung eindeutig und bedarf keiner Klarstellung in Form eines landesrechtlichen Ausführungsgesetzes. Auch nach den bisherigen Regelungen können die Steuerpflichtigen davon ausgehen, dass, wenn bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres keine Erhöhung des Hebesatzes durch den Gemeindeoder Stadtrat beschlossen wurde, auch in dem jeweiligen Steuerjahr keine Änderung bzw. erhöhende Änderung mehr in Kraft treten wird. Auch wenn letztens hier durch die Fraktion DIE LINKE von einigen Fällen die Rede war, wo es Verzögerungen gegeben habe, so ist doch festzustellen, dass die betreffenden Regelungen bundesgesetzlich seit Jahrzehnten bestehen und offenbar auch funktionieren. Sonst hätten andere Bundesländer sicherlich auch inzwischen eigene Ausführungsgesetze oder Klarstellungen dazu getroffen.

Gesetze, meine Damen und Herren, stellen den Rahmen dar und keine Einzelfallregelungen. Es kann natürlich auch durch krankheitsbedingte Ausfälle oder andere Gründe bei den Genehmigungsbehörden zu Zeitverzögerungen kommen. Ich habe mich mit diesen zwei damals genannten Beispielen noch mal auseinandergesetzt. Wenn in der Gemeinde Hirschberg erst am 29.06. dieser Beschluss gefasst wurde, so ist es vollkommen klar, dass das nicht am 30.06. dann schon bekanntgemacht sein kann, sondern in diesem Fall erst später stattfand. Die Verzögerung bei der Genehmigung der Stadt Gera kann ich nicht erklären, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das Landesverwaltungsamt gute Gründe dafür hatte, warum es dann erst im Oktober zu einer Genehmigung kam. Das sind zwei Einzelfälle, zwei Ausnahmen, die es sicherlich angesichts von Tausenden von Kommunen in der Bundesrepublik auch einmal geben kann.

Nach unserer Auffassung, wie gesagt, gibt es keinen Bedarf an einem neuen Gesetz, so, wie von den LINKEN vorgelegt, da diese Regelungen und die bundesgesetzlichen Regelungen seit Jahrzehnten funktionieren und wir werden deshalb diesen Entwurf ablehnen. Danke.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Meyer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will hier nicht wieder in den Wettlauf für die kürzeste Rede eintreten, aber, Frau Lehmann, Sie haben völlig recht. Vor allen Dingen kann man diese Einzelfälle auch, wenn man sie denn regeln möchte, was ja möglicherweise durchaus einmal der Fall sein kann, durch eine Verwaltungsanweisung regeln. Dafür braucht man kein Gesetz. Insofern werden wir das tun, was wir das letzte Mal auch schon gesagt haben, diesen Entwurf ablehnen. Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Pidde das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte mich meinen beiden Vorrednern anschließen. Gewerbesteuergesetz und Grundsteuergesetz regeln die Problematik eindeutig. Dort ist unseres Erachtens auch kein Nachbesserungsbedarf erforderlich, schon gar nicht in Gesetzesrang in Form eines Thüringer Ausführungsgesetzes. Insofern lehnen wir auch den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Danke schön.

(Beifall SPD)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Recknagel das Wort.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, diese Klarstellung, die hier vorgesehen ist, ist unnötig. Meine Vorredner haben es schon gesagt. Bereits beim ersten Aufruf dieses Gesetzentwurfs habe ich eingefordert - und das möchte ich hier noch mal wiederholen -, dass wir uns um einen fairen Umgang mit dem Bürger bemühen sollten. Nachträglich für ein bereits laufendes Jahr Steuern zu erhöhen, halte ich im Hinblick auf diesen fairen Umgang eigentlich für unzumutbar. Eine nachträgliche Änderung ist aber auch nach Bundesgesetz möglich, nämlich dann, wenn eine Senkung Gegenstand ist. Leider denkt in diesem Haus daran offenbar niemand. Der Gesetzentwurf sollte abgelehnt werden. Danke schön.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Kuschel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beraten heute den Gesetzentwurf der LINKEN in zweiter Lesung. Eine Mehrheit des Hauses hat eine Ausschussüberweisung abgelehnt. Das zeugt davon, welche Verwerfungen die demokratischen Spielregeln inzwischen in diesem Hause haben, denn es ist parlamentarische Tradition, in den Ausschüssen die Fachdebatte zu führen. Aber dazu sind Sie offenbar nicht bereit und das haben auch die jetzigen Redebeiträge noch einmal dokumentiert, dass Sie weder bereit sind, die Problemlage überhaupt aufzufassen, noch darüber hinaus bereit sind, sich um Lösungsansätze zu bemühen. Wir haben einen Lösungsansatz vorgeschlagen und es geht tatsächlich um Klarheit bei allen Beteiligten. Beteiligte an diesem Verfahren sind die Steuerpflichtigen und Beteiligte sind auch die Kommunen als Satzungsträger und die Rechtsaufsichtsbehörden. Wir haben eine bundesrechtliche Regelung, die besagt, die Erhöhungen der Hebesätze bei der Grund- und Gewerbesteuer können bis zum 30.06. eines Haushaltsjahres rückwirkend zum 01.01. beschlossen werden. Allerdings regeln die Länder, in welchem Verfahren dies geschieht. Wir haben in unserer Thüringer Kommunalordnung geregelt, dass eine Hebesatzveränderung - auch die Erhöhung - nicht nur durch Beschluss zustande kommt, sondern durch ein Satzungsverfahren. Wenn es nur ein Beschlussverfahren wäre, dann wären tatsächlich die Informationsrechte für die Steuerpflichtigen gesichert. Dann würde nämlich der Gemeinderat beschließen und dieser Beschluss würde relativ zeitnah veröffentlicht. Damit könnten sich die Steuerpflichtigen auf diese Erhöhung einstellen. Da wir es aber in ein Satzungsverfahren integriert haben, funktioniert diese Art der Information der Steuerpflichtigen nicht, weil nach dem Satzungsbeschluss die Satzung zunächst zur Rechtsaufsicht, also zu einer Landesbehörde geht. Wir haben in der Kommunalordnung bedauerlicherweise kein Verfahren geregelt, in welcher Art und Weise, in welchen Zeiträumen die Rechtsaufsichtsbehörde diese Satzungen zu bewerten hat. Es ist ja meist die Haushaltssatzung, aber man kann auch in der vorläufigen Haushaltsführung eine Hebesatzsatzung auf den Weg bringen. Das ist das Problem und das wird zunehmen, denn wir hatten im vergangenen Jahr 2011 eine Vielzahl von Gemeinden, die das ganze Jahr über keinen Haushaltsplan hatten. Es sind eben nicht, wie Frau Lehmann sagt, nur ein, zwei Ausnahmen - das war in der Vergangenheit -, es wird zu einem flächendeckenden Problem und wir haben zunehmend Gemeinden, die erst später ihren Haushalt verabschieden. Ich selbst bin Stadt

rat in Arnstadt. Wir haben bis heute nicht mal einen Haushaltsentwurf, geschweige denn, dass wir absehbar einen Haushaltsbeschluss haben, und dann ist noch die Rechtsaufsicht gefragt. Wir wissen überhaupt nicht, wann in diesem Jahr in Arnstadt diese Haushaltssatzung in Kraft tritt. Die Steuerpflichtigen leben immer mit der Ungewissheit, ob denn nun die Grund- und Gewerbesteuer erhöht wird, zumal das Land auch Druck macht. Das Land macht Druck, indem es sagt: Ihr Gemeinden schöpft eure Einnahmemöglichkeiten nicht aus, erhöht die Hebesätze. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns. Ich betone noch mal, unser Antrag ist nur pragmatisch, er ist überhaupt nicht ideologisch gefärbt. Es geht nur um eine Klarstellung: Was regeln wir in Thüringen hinsichtlich der Vorgabe des Bundes? 30.06. Beschlussfassung. Ich betone noch mal, es wäre ein Verfahren, mit dem alle Beteiligten leben könnten, und es ist schon ein Eingriff, wenn Steuerpflichtige sechs Monate, nachdem das Haushaltsjahr begonnen hat, immer noch mit einer Erhöhung des Hebesatzes rechnen müssen. Das ist schon ein massiver Eingriff, weil nach dem Rechtsstaatgebot eigentlich immer gilt, dass der Staat und damit auch die Kommunen belastende Dinge für den Bürger nur mit Wirkung für die Zukunft regeln sollen und nie rückwirkend. Aber es gibt diese bundesrechtliche Ermächtigung und jetzt müssen wir das nur landespolitisch umsetzen. Da hat Herr Meyer natürlich recht, das ginge auch durch eine Verordnung. Aber der Verordnungsgeber hat bisher nicht reagiert, vielleicht erläutert jetzt der Finanzminister, dass er es machen wird. Aber wir halten noch mal eine Diskussion im zuständigen Haushalts- und Finanzausschuss für erforderlich, auch begleitend im Innenausschuss, weil sich offenbar die Fraktionen, die sich bisher hier geäußert haben, überhaupt nicht inhaltlich mit der Problematik beschäftigt haben. Wir wollen, dass es zu einem Informationsaustausch kommt. Da ist das Plenum hier nicht geeignet. Da können die Fraktionen auch ihre Alternativvorschläge zur Diskussion bringen. Wir haben einen Vorschlag gemacht, wie man das regeln könnte, aber die Landesregierung kann einen anderen Vorschlag machen, alle anderen Fraktionen auch.

Frau Präsidentin, ich beantrage im Namen meiner Fraktion die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Innenausschuss - federführend an den Haushalts- und Finanzausschuss. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Es gibt noch eine weitere Wortmeldung aus den Reihen der Abgeordneten - Abgeordneter Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Kuschel, dann doch noch 1 Minute. Wir haben drei mögliche Fallkonstellationen. Eine Gemeinde ist nicht willens oder in der Lage, wobei ich hier nicht darüber richten möchte, ob nicht öfter mal willens als in der Lage vorkommt, vor dem 30.06. irgendetwas zu tun. Dann ist das Thema irrelevant. Eine Gemeinde ist in der Lage, sagen wir mal, sechs Wochen vorher, irgendwann im Mai einen solchen Satzungsbeschluss zu fassen. Anhebung von Gewerbe- und Grundsteuer ist nicht etwas, was täglich, jährlich und flächendeckend überall vorkommt. Sie ärgern sich gerade darüber, dass Herr Kollege Voß dafür sorgt, dass es heute häufiger vorkommt, aber normalerweise hält man Gewerbe- und Grundsteuerhebelsätze jahrelang konstant. Das ist also nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Wenn man sechs Wochen vorher so etwas beispielsweise beschließt und dann angenommenerweise das Landesverwaltungsamt nicht in der Lage ist, innerhalb dieser sechs Wochen die Bestätigung auszustellen und entsprechend die Satzung zu veröffentlichen, dann würde ich ihnen empfehlen, als Gemeinde dafür Sorge zu tragen, dass das Landesverwaltungsamt der Gemeinde gegenüber regresspflichtig wird, weil sie schlicht und ergreifend dann ihre Aufgabe nicht getan hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist überhaupt kein Thema, das kann man heute schon machen. Das kann man auch versuchen und vor allen Dingen kann man das sehr gut politisch ausschlachten. Genau die Zeit dazwischen, zwischen Mitte Mai und Ende Juni, wäre theoretisch etwas, wo man sagen könnte, da könnte es knapp werden. Aber entschuldigen Sie bitte, eine Gemeinde, die es nicht schafft, bis Mitte Mai einen Haushalt aufzustellen, schafft es in der Regel auch nicht bis Mitte Juni - die Fälle haben Sie gerade genannt -, dann kommt die Sommerpause und dann ist dieses Jahr wieder Essig mit dem Thema „Rückwirkende Erhebung“. Das heißt, die Steuerpflichtigen, die Sie immer nach vorn stellen, haben sowieso die Gewissheit ziemlich sicher, dass, wenn bis April nichts passiert ist, auch bis zum Herbst nichts passiert. Das ist zwar bedauerlich, aber das liegt nicht unbedingt daran, dass es da einen Stichtag gibt, der sich bislang bewährt hat. Deswegen werden wir auch der Ausschussüberweisung nicht zustimmen. Danke.

Für die Landesregierung hat Minister Dr. Voß das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in der ersten Beratung des Gesetzentwurfs habe ich schon hervorgehoben, dass es zunächst einmal keinen Bedarf für diese Regelung gibt. Das zeigt auch die Debatte am heutigen Morgen. Dem Schutzbedürfnis des Steuerpflichtigen ist schon durch die bundesgesetzliche Regelung Genüge getan. Es ist vollkommen richtig, wenn kein Beschluss bis zum 30.06. für eine Hebesatzerhöhung erfolgt ist, dann braucht er auch nichts mehr zu befürchten.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber wie erfährt er es denn im Satzungsverfah- ren?)

Herr Kuschel, das sage ich Ihnen gleich. Das maßgebliche Ereignis, ob so etwas zu befürchten ist oder nicht, ist die Gemeinderatssitzung, die in Öffentlichkeit stattfindet. Dort werden die Beschlüsse gefasst. Ab dem Zeitpunkt kann er sich darauf einstellen. Wenn bis zum 30.06. kein Beschluss gefasst ist, dann braucht er sich auf nichts mehr einzustellen, weil dann kann es eben keine Erhöhung mehr geben. Auf die Satzungsfolge, die die Gemeinde auch gar nicht steuern kann, die Satzung wird von der Rechtsaufsicht genehmigt oder beanstandet, wie auch immer, darauf kommt es in dem Fall nicht an.

Ein weiterer Gesichtspunkt darf auch nicht außer Acht gelassen werden. Wir haben als Landesparlament keine Regelungshoheit. Wir haben keine Regelungskompetenz. Ich sagte schon, dass der Bund diese Regelungskompetenz bundeseinheitlich aus guten Gründen an sich gezogen hat. Insofern kann es hier nicht zu einer Beschlussfassung kommen, einfach weil wir bundesweit nicht zuständig sind. Wenn ich diese beiden Gesichtspunkte bewerte, dann, denke ich, sind die Dinge in Ordnung. Wenn Ihre Gemeinde, Herr Kuschel, es halt nicht hinbekommt, aus welchen Gründen auch immer, bis zum 30.06. nicht zu beschließen, ja dann ist es halt so. Dann weiß der Steuerpflichtige auch Bescheid, nämlich er hat nicht mehr mit einer rückwirkenden Erhöhung der Realsteuern zu rechnen. Ich denke, das ist ausreichend für das Schutzbedürfnis der Steuerpflichtigen. Insofern plädiere ich auch und bitte aus diesen beiden Gründen um Ablehnung des Gesetzentwurfs. Schönen Dank.

Es gibt eine Wortmeldung des Abgeordneten Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Meyer hat einen sehr interessanten Aspekt angesprochen, das ist die Staatshaftung der

Rechtsaufsichtsbehörden, die würde ich mir wünschen. Wir können ja gemeinsam einen Gesetzentwurf dazu machen. Bedauerlicherweise ist die Rechtslage und die Rechtsprechung in Thüringen anders. Es gab schon Amtshaftungs- und Staatshaftungsverfahren und -anträge. Interessanterweise hat sich bei allen Verfahren, wo Gemeinden gegenüber dem Land Staatshaftung geltend gemacht haben, das Land mit den Kommunen immer geeinigt, ohne dass es zu einer Gerichtsentscheidung kam.

(Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die werden schon wissen, warum.)

Aus gutem Grund bestimmt, weil sich das Land auch nicht sicher ist, wie die Gerichte entscheiden. Aber das kann ja nicht die Lösung sein. Insgesamt wird immer die Auffassung vertreten, die Rechtsaufsichtsbehörden agieren nicht im Interesse der Kommunen, sondern im Interesse des Landes. Insofern besteht kein Haftungsanspruch gegenüber dem Land. Das ist eine interessante Frage, das kann man auch im Ausschuss beraten.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Das spielt überhaupt keine Rolle.)

Das spricht eher für die Ausschussberatung. Jetzt hat ja Herr Voß noch mal beschrieben, wie aus seiner Sicht das Verfahren in einer Gemeinde abläuft und hat damit erneut den Beweis erbracht, dass diese Landesregierung nicht einmal mehr Ahnung davon hat, wie auf kommunaler Ebene Entscheidungen getroffen werden, geschweige denn Kenntnisse. Das bedauere ich. Ich lade Sie recht herzlich ein, kommen Sie in den Stadtrat von Arnstadt, da ist immer was los. Wir brauchen nicht auf den politischen Aschermittwoch zu warten, bei uns ist immer Spannung. Wer kann das bestätigen?

(Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Das kann ich bestätigen.)

Ach ja, Frau Mühlbauer sitzt ja hinter der LINKEN, nicht in der ersten Reihe, aber im Stadtrat, jawohl. Da ist immer was los. Da können Sie ja mal verfolgen, wie das läuft.