Protokoll der Sitzung vom 24.02.2012

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Unbe- weisbare Behauptungen!)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Dann wende ich mich mit rechtlichen Mitteln gegen Sie.)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redemeldungen seitens der Abgeordneten vor. Seitens der Landesregierung gibt es auch nicht den Wunsch, noch einmal zu reagieren. Dann stelle ich zunächst fest, dass der Sofortbericht zu Nummer I des Alternativantrags gegeben worden ist. Diesem widerspricht auch niemand.

Jetzt sind verschiedene Anträge gestellt worden. Als Erstes die Fortberatung des Sofortberichts im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Da muss ich aber alle Fraktionen fragen, die letzten Endes die Aussprache gefordert haben, ob sie einverstanden sind?

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das waren BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKEN.)

Nur die GRÜNEN und DIE LINKEN. Gibt es da Zustimmung, dann stimmen wir darüber ab, dass der Sofortbericht zu Nummer I des Alternativantrags im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit fortberaten wird. Wer dem seine Zustimmung gibt,

den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordnete Dr. Hartung. Ich frage nach den Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion. Damit ist das abgelehnt. Ich frage trotzdem noch nach den Enthaltungen. Enthaltungen gibt es keine. Die Fortberatung findet also nicht statt.

Nun kommen wir zur Entscheidung über die Anträge. Es ist zum Antrag der LINKEN in der Drucksache 5/3894 beantragt worden, dass dieser im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beraten wird. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion. Ich frage nach Stimmenthaltungen? Die gibt es nicht. Eine Mehrheit hat die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Deshalb stimmen wir direkt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/3894 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion DIE LINKE. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDPFraktion. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Die Stimmenthaltungen kommen aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Zum Nächsten wäre die Entscheidung über die Nummer II des Alternativantrags der Drucksache 5/4049 von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Auch hier ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer dieser Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Hartung. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion. Bei der FDP-Fraktion habe ich jetzt nichts gesehen. Sie hatten sich noch nicht gemeldet? Jetzt frage ich nach den Enthaltungen. Das sind die Stimmen aus der FDP-Fraktion. Eine Mehrheit hat aber die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Nun stimmen wir direkt ab über Nummer II des Alternativantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 5/4049. Wer dieser seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Hartung. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDP

Fraktion. Dieser Antrag ist abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 13.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Versorgung in der Pflege nicht gefährden - Chancen zur Berufswahl in Thüringen erhalten Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/4002

Der Abgeordnete Koppe übernimmt jetzt die Begründung dieses Antrags.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte eins in der Begründung voranschicken. Der Ihnen vorliegende Antrag beschäftigt sich ausdrücklich nicht mit der Frage, ob ein Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip vorliegt oder nicht. Dies hat - und das wissen Sie fast alle hier im Haus - der Europaausschuss bereits vorige Woche entschieden. Wer das Verfahren kennt, weiß aber auch, dass selbst das Erheben einer Subsidiaritätsrüge im Bundesrat nicht zwangsläufig zum Stopp des Abstimmungsprozesses zwischen Kommission, Europarat und Parlament führt, solange nicht ein Quorum von mindestens einem Viertel erreicht ist. Eine Subsidiaritätsbeschwerde oder -rüge ändert nicht etwa strittige Inhalte eines Richtlinienentwurfs, sondern es ist ein formaler Fingerzeig, dass die Kommission ihre Kompetenzen überschritten hat. Wir wollen in dem vorliegenden Antrag explizit über die inhaltlichen Punkte sprechen, die auch Deutschland und Thüringen betreffen, und bitte Sie daher um eine sehr konstruktive Diskussion. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Antrag und rufe für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Kubitzki auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, obwohl jeder hier im Haus weiß, dass ich mich sehr stark für Pflege einsetze und für eine hohe Pflegequalität, muss ich Herrn Koppe natürlich sagen, auch dieser Antrag frisst meine Lebenszeit hier auf an dieser Stelle,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

weil auch gesagt wurde die Problematik Subsidiaritätsrüge. Wir haben dieses Dokument der EU sowohl im Sozialausschuss, im Bildungsausschuss und - mit den Empfehlungen dieser beiden Aus

schüsse - auch im Europaausschuss beraten und entsprechend der Vereinbarung haben wir die Landesregierung beauftragt als Europaausschuss sich für eine Subsidiaritätsrüge im Bundesrat einzusetzen,

(Beifall SPD)

wohlweislich wir wussten, dass eigentlich das Kriterium Subsidiaritätsrüge in diesem Fall sehr strittig ist. Aber wir haben auch - und das wird im Protokoll des Europaausschusses unter anderem nachzulesen sein und auch im Protokoll des Sozialausschusses - gesagt, wir wollen eigentlich mit dieser Rüge die Landesregierung unterstützen, und genau das, was Sie ansprechen in diesem Antrag, nämlich politisch dieses Problem sowohl im Bundesrat als auch über den Bundesrat dann in Europa zu diskutieren. Selbst die Sozialministerin hat im Sozialausschuss gesagt, so geht es nicht. Wir hatten eine Diskussion über die Frage, wie müssen die Ausbildungsstandards, und vielleicht auch für die, die nicht wissen, um was es hier geht, das möchte ich gleich noch mal erläutern. Es geht nämlich hier um eine Problematik, dass die Europäische Union einen Berufsausweis einführen will und dass für die Anerkennung bestimmter Berufe Voraussetzungen einheitlich in der EU geregelt werden. Unter anderem betrifft das auch die Berufe Altenpfleger, Krankenschwester, Hebamme und da steht in diesem Richtlinienentwurf drin, Voraussetzung für diese Berufsanerkennung ist eine zwölfjährige Schulbildung. Das lässt natürlich viele Fragen offen. Aber in der Bundesrepublik, in Thüringen ist gerade die Ausbildung dieses Personenkreises - Altenpfleger, Krankenschwester, Hebamme - geregelt auf einem hohen Niveau, nämlich verbunden mit dem Abschluss einer Fachschule und dafür reicht nach deutschem Recht der Abschluss der Regelschule, sprich die Mittlere Reife, aus. Die Ausbildung genießt auch europaweit hohes Ansehen. Wir wissen sehr wohl, wenn man diese Bedingungen hochschraubt, wie schwer es ist, auch unter den gegenwärtigen Bedingungen, dort wirklich Fachkräfte zu finden. Aber das ist in den Ausschüssen diskutiert worden und da waren wir uns einstimmig klar in dieser Sache. Der Landtag hat sich zu dieser Sache positioniert. Deshalb, Herr Koppe, was Sie vorhin hier vorgeworfen haben, wie gesagt, Lebenszeit habe ich Ihnen schon gesagt, ist dieser Antrag, wo eigentlich alles in den Gremien des Landtags und in den Ausschüssen geklärt wurde, wo die Landesregierung ihren Standpunkt gesagt hat, auch Populismus. Deshalb werden wir dem auch nicht zustimmen.

(Beifall DIE LINKE)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Gumprecht das Wort.

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag in seiner Überschrift verspricht eigentlich einer Diskussion über die Frage der Pflege. Wenn man aber den Antrag anschaut, dann passiert etwas ganz anderes. Frau Hitzing und meine Herren von der FDP, ich muss mich schon über den Antrag wundern. Falls Ihnen entgangen ist und das wurde heute schon festgestellt, aber verinnerlicht haben Sie es sicher noch nicht -, drei Ausschüsse aus diesem Haus haben sich mit dem Thema beschäftigt. Wir im Sozialausschuss haben einstimmig empfohlen, im Rahmen der Stellungnahme auf eine Subsidiaritätsrüge hinzuwirken. Der Europaausschuss hat sich unserer Empfehlung angeschlossen und ich darf zitieren, Frau Präsidentin: „Der Landtag bittet die Landesregierung gemäß § 54 b Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung durch seinen Europaausschuss, sich bei der Beratung im Bundesrat zum“ - und jetzt kommt der Titel - „Vorschlag zur Richtlinie … für eine Subsidiaritätsrüge auszusprechen.“ Ich habe es abgekürzt. Also, meine Damen und Herren, wir haben ein geordnetes Verfahren, das im Rahmen den Landtag beteiligt. Wir haben eine Regelung in unserer Geschäftsordnung in § 54. Es gibt eine Vereinbarung mit der Landesregierung, die diese Empfehlung einbezieht, und es gibt, denke ich, auch den politischen Anstand, der gebietet, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Stattdessen benutzen Sie das Thema, was ein sehr wichtiges Thema ist, aber auf eine Art und Weise zu einer, ich möchte sagen, parteipolitischen Profilierung. Ich hoffe nicht, dass das der Stil der FDP in Zukunft ist. Ich kann mich nur darüber wundern und dies zur Kenntnis nehmen.

Übrigens, auch die Forderung in Ihrem Antrag, die Landesregierung möge ihre bundespolitische Kompetenz, wie Sie schreiben, nutzen und einbringen, ist schon sehr seltsam. Auch hier die Erinnerung: Für das Thema ist auch das Bundeswirtschaftsministerium zuständig. Vielleicht wäre auch ein Anruf im Büro des Wirtschaftsministers da der schnellere Weg gewesen. Es ist richtig, auch der Bundestag hat sich in mehreren Ausschüssen damit beschäftigt und ist zur gleichen Position gekommen.

Meine Damen und Herren, der Richtlinienvorschlag beabsichtigt einerseits eine Vereinfachung der Regeln für die EU-weite Mobilität von Berufstätigen das begrüßen wir -, andererseits sieht der Vorschlag eine Anhebung der Schulausbildung von zehn auf zwölf Jahre vor für einzelne Berufsgruppen wie Krankenschwester, Krankenpfleger oder Hebamme. Genau das haben wir beanstandet. Wir dürfen auch nicht verschweigen, dass unsere Rüge, die sicherlich in vielen Bundesländern, beim Bundestag und in der Bundesregierung Unterstützung findet, nur wenig Verständnis unserer europäischen Partner hat, denn, wie gesagt, bereits 24 Länder erfüllen diese Forderung. Ich darf Sie

korrigieren, eine Veränderung ist nicht mit einem Viertel möglich, sondern mit einem Drittel der Stimmen.

Meine Damen und Herren, in Deutschland würde es bei Einführung dieser Regelung zu einer völligen Veränderung der Pflegelandschaft kommen und, ich denke, den Pflegemangel weiter verschärfen. Dennoch muss man sagen, was passiert denn, wenn diese Regelung eingeführt wird? Wir wollen, dass unsere Pflegekräfte in Deutschland bleiben. Das heißt, dass in Zukunft deutsche Pflegekräfte nicht mehr in Frankreich, Spanien oder Griechenland selbstständig tätig sein dürfen. Ich meine, es wird auch eine Übergangsregelung geben für diejenigen, die schon in Lebenszeit eine andere Ausbildung vorhaben. Dennoch muss man darauf hinwirken und genau dies diskutieren, inwieweit muss man in Zukunft Pflege anders strukturieren. Ich denke, das ist eine aktive Diskussion auch im Zuge der Veränderung der Pflegegesetze. Aber hier haben wir uns ganz klar dazu entschieden, eine Rüge auszusprechen, weil wir der Meinung sind, wir wollen hier unseren deutschen Pflegekräften auch damit klar sagen, was die Voraussetzungen sind. Dann kann man auch noch berücksichtigen, dass in anderen Ländern zum Beispiel auch die Vorschule berücksichtigt wird. Wie geht es mit der Frage der Berufsausbildung, wenn einer an eine Berufsausbildung angeschlossen wird? Ich denke, dieses Thema ist vielschichtiger, um auf diese Art und Weise nur darauf zu antworten.

Meine Damen und Herren, warum dieser Antrag? Für mich ist er entbehrlich. Es sei denn, Sie wollten wirklich ganz konkret das Thema „Fachkräfte in der Pflege“ hier ins Plenum bringen, dann sollten Sie es auch genauso formulieren, denn nach dem Motto „gut gemeint“ ist manchmal das Gegenteil von „gut gemacht“. Hier ist es wichtig, über so ein Thema sicherlich in Zukunft zu debattieren. Wir sind gern bereit, dies auch zu tun, aber dann machen Sie es auch auf diese Weise. Heute lehnen wir Ihren Antrag ab. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Siegesmund das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mich bringt im sozialpolitischen Bereich unsere Debatte, die wir hier im Plenum führen, immer dann aus der Ruhe, wenn sich Herr Gumprecht und Herr Kubitzki einig sind. Das war heute der Fall.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Das ist bedenklich, ja.)

Ich will es mal positiv wenden, aus der Ruhe heißt, offensichtlich ist dann irgendwas falsch, was den Antrag betrifft oder es ist irgendwas falsch, was die Thematik betrifft oder wir bereden etwas, was verkehrt ist oder wie auch immer. Ich will den Gedanken mal weiterführen. Hier an dieser Stelle liegt es schlicht und ergreifend daran, dass wir uns einig sind, dass, obwohl Herr Koppe gerade sagte, es geht nicht um die Subsidiaritätsrüge, es sehr wohl darum geht und wir einstimmig diesen Beschluss gefällt haben. Der Antrag kommt im Nachgang, das ist bedauerlich, zeigt aber vielleicht auch in der öffentlichen Debatte noch mal, welche Einigkeit besteht und warum diese Einigkeit besteht. Ich will die Redezeit hier dafür nutzen, vielleicht auch öffentlich noch einmal deutlich zu machen, warum es so eine hohe Einigkeit gibt.

Die Anforderungen im Pflegebereich, ich glaube, da sind wir uns alle einig, die werden steigen, nicht nur aufgrund der Tatsache, dass wir viel mehr Fälle haben, wo wir schauen müssen, dass gut betreut wird, sondern auch, dass die Ausbildung fachgerecht fortgeführt wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren diese Debatte nicht nur in Thüringen, die wird in allen Ländern geführt, deswegen müssen wir gar nicht so tun, als ob wir hier ein Einzelkosmos sind -, unter anderem von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Konsultationsbeiträge zum Grünbuch über die „Modernisierung der Berufsqualifikationsrichtlinie“. Klingt furchtbar sperrig, aber das, was Herr Gumprecht und Herr Kubitzki vorhin hier sagten, worum es eigentlich geht, nämlich insbesondere die zehn- oder zwölfjährige Ausbildung wird genau darin noch mal aufgestrickt, wenn Sie so wollen, eine Synopse gebracht und die Frage geklärt: Wie steht man denn in den Verbänden zu dieser Frage der zehn- oder zwölfjährigen Ausbildung? Ich will da einfach mal zwei, drei Positionen hier in die Debatte werfen. Das unterstreicht vielleicht auch noch mal, warum wir alle der festen Überzeugung sind, dass wir mit unserer Entscheidung der Subsidiaritätsrüge die richtige Entscheidung getroffen haben.

Zum einen ist es so, dass sich der Bundesrat insgesamt beispielsweise für die zehnjährige Ausbildung ausgesprochen hat, ebenso der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, der bpa, der strikt die Beibehaltung der zehnjährigen allgemeinen Schulausbildung fordert. Er sagt unter anderem, eine Verschärfung des Fachkräftemangels sei sonst abzusehen, wir haben, was Ausbildungsinhalte angeht, bereits ein hohes fachliches Niveau und auf der anderen Seite gehen wir ein hohes Risiko damit ein, künftig die Kranken- und die Altenpflege tatsächlich auch abzusichern, wenn wir uns auf diese Art und Weise anschließen.

Dann gibt es Stellungnahmen - beispielsweise vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge -, die ebenso an der zehnjährigen Schulausbildung festhalten, weil die hochwertige Berufsausbildung, die wir in der Bundesrepublik haben, anerkannt ist. Es gibt viele positive Stellungnahmen für die zehnjährige Ausbildung. Ich will aber auch einmal eine nennen, die ganz dezidiert sagt, die zwölfjährige Ausbildung, und damit die EU-Forderung, sei das Richtige. Das ist zum Beispiel der Deutsche Pflegerat. Damit muss man sich auseinandersetzen, das haben wir auch im Ausschuss begonnen. Sie sehen, das ist ein sehr heterogenes Meinungsbild. Begründet wird das aber interessanterweise vom Deutschen Pflegerat vor allem damit, dass es eine EU-Harmonisierungsmaßnahme sei, wird also nicht inhaltlich begründet, sondern damit, dass wir, wenn Sie es so wollen, ein bisschen auf „Gleichmacherei“ setzen müssen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir sowohl im Europa- als auch im Sozialausschuss die richtige Entscheidung getroffen haben. Die Anhebung der Schulausbildungsdauer würde einen großen Anteil von potenziellen Bewerberinnen auch ausschließen, die heute den Anforderungen der Ausbildung durchaus gewachsen sind. Auch hier gibt es Berechnungen. Wir reden von 45 Prozent der heutigen Auszubildenden in der Gesundheits- und Krankenpflege und von etwa 85 Prozent in der Altenpflege, die wir ausschließen würden, wenn wir pauschal diese 12 Jahre, also grundsätzlich das Abitur annehmen würden. Das wäre angesichts der rückläufigen Ausbildungszahlen für die Versorgungsrechtssicherheit der Pflege katastrophal. Da müssten wir uns gründlich überlegen, wie wir dem beikommen können.

Ich will aber auch noch einmal einen Satz zu den Befürwortern sagen. Sie sehen in der Anhebung eine Aufwertung der Pflegeberufe. Das ist eigentlich der Punkt, über den ich heute hier gern diskutieren würde. Wie bekommen wir es denn hin, eine Aufwertung der Pflegeberufe gesamtgesellschaftlich so zu initiieren, dass viel mehr im Pflegebereich tätig werden wollen, weil das nämlich genau das ist, was wir brauchen und wollen, perspektivisch gesehen den demographischen Herausforderungen auch beikommen. Dazu gehören gute Arbeitsbedingungen, dazu gehören gute Löhne und dazu gehören auch gute Qualifikationsmöglichkeiten. Hätte der FDP-Antrag heute bei diesen drei Punkten noch einmal einen Hebel gefunden, wäre die Debatte hier noch viel spannender verlaufen. So sind sich Herr Gumprecht und Herr Kubitzki einig, das sagt eigentlich fast alles, das ganze Spektrum ist der festen Überzeugung, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben. Deswegen ist es gut, dass wir noch einmal darüber geredet haben hier im Plenum, aber ich schließe mich meinen Kollegen an, der Antrag selbst ist entbehrlich. Danke.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Eckardt das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt wird es für mich natürlich ganz schwer.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Es ist überhaupt nicht zu schaffen.)

Dass ich mit Herrn Gumprecht einer Meinung bin, kommt ja relativ häufig vor, dass ich mit Herrn Kubitzki einer Meinung bin, da wird es schon etwas weniger und wenn dann Frau Siegesmund sich noch hierher stellt und dieser Einheit recht gibt und wir also auch noch einer Meinung sind, kann man nur feststellen: Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der FDP-Fraktion ist entbehrlich. Ich hatte wirklich die Hoffnung gehabt, dass der freundschaftliche Rat an meinen Kollegen Koppe nach dem Sozialausschuss, den Antrag zurückzuziehen, ernsthaft in Erwägung gezogen wird und man den Antrag zurückzieht. Leider erfolgte dies nicht.

Ja, ich gebe zu, die inhaltlichen Ansätze in Punkt 2 wären es wert, inhaltlich darüber zu diskutieren, denn wenn das passieren sollte, was Europa will, dass in Deutschland eine zwölfjährige Schulausbildung gilt und die wäre dann gleichzusetzen mit dem Abitur - nicht in den anderen Ländern, in Deutschland wäre sie gleichzusetzen mit dem Abitur -, das wäre für die Pflege eine Katastrophe. Wir haben jetzt schon einen Mangel an Pflegefachkräften. Wir würden dann sehenden Auges in einen Pflegenotstand, in eine Pflegekatastrophe laufen.