Ich sage es noch mal, um den Faden dann wieder aufnehmen zu können: Erst Wissen, dann Handeln und dabei soll es bei uns bleiben und dabei wird es
bleiben, auch wohl wissend, dass das auch Zeit braucht. Ich habe ehrlich geglaubt, das ist Konsens hier in diesem Haus. Ich muss heute zur Kenntnis nehmen, dass ich mich da geirrt habe. Für mich ist es schon ziemlich brutal zu sehen, wie mit Beschlüssen hier in dem Haus umgegangen wird. Ich will da sehr, sehr konkret werden. Frau Berninger, Sie haben gesagt sinngemäß, viele Fragen sind schon geklärt und deshalb könnte man diesen Antrag stellen.
Ich will es sehr konkret machen und will sagen und will hier noch mal formulieren, welche Fragen wir noch im Januar für nicht geklärt hielten. Deshalb haben wir sie im Untersuchungsausschussauftrag formuliert. Das will ich zitieren: „Der Untersuchungsausschuss soll aufklären, ob und in welchem Maße Thüringer Sicherheitsbehörden an Gründung und Aufbau sowie der Unterstützung rechtsextremer Strukturen in Thüringen … beteiligt waren.“ Der Untersuchungsausschuss soll aufklären, ob und in welchem Umfang Thüringer Sicherheitsbehörden die ihnen gesetzlich übertragenen Befugnisse eingehalten haben und/oder V-Männer bzw. verdeckte Ermittler gegen Rechtsvorschriften verstoßen haben, ob und inwieweit Thüringer Sicherheitsbehörden die Entstehung des Nationalsozialistischen Untergrunds ermöglicht und begünstigt haben, ob und inwieweit Unzulänglichkeiten in den Organisationsstrukturen dazu beigetragen haben, dass sich militante und terroristische rechtsextreme Strukturen herausbilden können. Das war unsere gemeinsame Fragestellung Mitte Januar dieses Jahres.
Jetzt noch Folgendes dazu: Zu all diesen Fragen gab es bisher weder eine Expertenanhörung noch eine Zeugenbefragung, noch eine Diskussion im Ausschuss. Jetzt will ich etwas anderes zitieren, nämlich die Feststellungen der LINKEN in ihrem Gesetzentwurf: „Polizeiliche Maßnahmen wurden regelmäßig durch unterbliebene und nicht rechtzeitige Weitergabe von Informationen des Landesamtes für Verfassungsschutz an die zuständigen Polizeibehörden erschwert oder verhindert.“ Nächstes Zitat: „Das Versagen ist deshalb nicht auf individuelle Fehler handelnder Personen zurückzuführen, sondern in der einem Geheimdienst zugrunde liegenden Systematik zu finden,...“ Nächste Feststellung: „Durch die bekannt gewordene Infiltration militanter neonazistischer Strukturen... liegt der Schluss nahe, dass das Landesamt den Aufbau dieser Strukturen mittelbar... gefördert,... hat,...“ Nächste Behauptung: „... ist der nachrichtendienstliche befugte institutionalisierte Verfassungsschutz eine Gefahr für eine den Bürgerrechten verpflichtete Gesellschaft.“ Nächste Feststellung der LINKEN: „Die erheblichen Grundrechtseingriffe, die in der
Regel politisch-ideologisch motiviert sind,...“ Nächste Feststellung der LINKEN: „Jeder, der... am politischen Raster des Verfassungsschutzes als ‚verfassungsfeindlich’ gilt, erleidet erhebliche Eingriffe in seine Grund- und Bürgerrechte...“
Im Januar eine Fragestellung und an dieser Fragestellung mitzuarbeiten und diese Fragen hier im Haus zu stellen und zu sagen, wir wollen damit aufklären, keinen Experten anzuhören, keinen Zeugen anzuhören, aber sich im März hinzustellen und schon Festlegungen zu treffen,
das kommt ja selten genug vor, aber an der Stelle sage ich, da haben die Kollegen von der FDP vollkommen recht, seriös ist das nicht. Das zeigt uns, wie Sie eigentlich mit dieser Thematik umgehen, nämlich nicht fußend wirklich auf Tatsachen und Feststellungen und Expertenbefragung, sondern aufgrund einer politischen Ideologie.
Genauso ist zu befürchten, dass Sie mit dem Untersuchungsausschuss umgehen, wenn Sie jetzt in einer Begründung zum Gesetzentwurf schon die Ergebnisse bekanntgeben. Da sage ich Ihnen, ich halte das wirklich für Missbrauch unserer Rechte, unserer Möglichkeiten hier im Parlament. An dieser Stelle sage ich Ihnen ganz klar,...
Herr Abgeordneter Gentzel, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage von der Frau Abgeordneten Berninger. Lassen Sie das zu?
stellen, dass die Verfassungsschutzorgane der Länder Bayern, Rheinland-Pfalz - Sie haben sie alle aufgezählt -, inklusive des Bundes versagt haben?
Nein, das ist genauso, wie Sie mit dem Untersuchungsausschuss umgehen. Sie lassen immer mal etwas weg
Bodo, bleib doch mal ruhig, du willst auch immer ausreden. Du rastest hier vorn auch immer aus, wenn dir ständig jemand dazwischenquatscht. Sei jetzt mal ruhig, du kannst dann hier auch reden und kannst uns deine Meinung zur Kenntnis geben.
Frau Berninger, was Sie vergessen haben, als Sie nachgefragt haben, ist schlicht und einfach das Zitat von mir, dass dadurch diese Häuser infrage gestellt sind. Dazu stehe ich auch,
dass diese Häuser infrage gestellt sind. Ich stelle hier keinen Gesetzentwurf vor und keinen Antrag, dass sie abgeschafft werden. Ich werde erst recht nicht so ein komisches Informations- und Dokumentationszentrum fordern. Wenn Sie zitieren - und das ist das Problem, was wir in diesem Zusammenhang haben -, zitieren Sie alles, reißen Sie nichts aus dem Zusammenhang und stellen Sie dann die Frage insgesamt.
An dieser Stelle ist vollkommen klar, ein Antrag und ein Gesetz, das diesen Geist trägt, da können wir nicht mitmachen. Wir werden ganz klar, die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses abwarten und dann werden wir handeln. Ich sage ganz deutlich, das hat nichts mit Bestandsschutz für das Landesamt für Verfassungsschutz zu tun, da kann es noch richtig rappeln, um das mal ganz klar und deutlich hier zu sagen, aber es gilt, erst wissen und dann handeln.
Die Zwischenfrage mache ich danach, weil ich nur noch 1 Minute auf meiner Redneruhr habe. Ich sage zu, zu beidem etwas zu sagen.
Ich will noch ganz kurz etwas zum Thema nachrichtendienstliche Mittel sagen und den Einsatz. Ich bin da sehr nahe bei Herrn Adams. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass wir in Thüringen komplett auf diese Mittel verzichten. Der Rahmen muss eng sein, Kontrolle muss besser sein als bisher, aber ich will schon die Frage stellen und die Frage stelle ich natürlich ausschließlich, weil ich in den Zeitungen einiges dazu gelesen habe. Glaubt denn wirklich jemand hier in dem Raum, dass ein Herr Wohlleben in U-Haft säße, wenn es da keine Telefonüberwachung gegeben hätte und nicht andere nachrichtendienstliche Mittel? Glaubt das hier wirklich jemand? Und dann sagt es den Leuten, wir verzichten darauf, im Zweifelsfall zukünftig solche Leute in U-Haft zu setzen, den Leuten das Verfahren zu machen, und dann spricht die Justiz, dann sagt den Leuten, dass ihr darauf verzichten wollt im Zweifelsfall.
Ich möchte dieses nicht und deshalb sage ich, an der Stelle bin ich nahe bei den GRÜNEN. Die sagen, nachrichtendienstliche Mittel, auf die werden wir auch zukünftig nicht verzichten können, aber enger Rahmen, haben Sie gesagt, enger Rahmen und Kontrolle und da sind wir beieinander. Ich bitte um Ablehnung dieses Antrags. Jetzt hatte ich zugesagt …
Herr Abgeordneter Gentzel, diese Aufgabe würde dann ich übernehmen. Als Erster hat sich aber der Herr Abgeordnete Adams gemeldet und möchte eine Frage stellen und als Zweiter der Herr Abgeordnete Ramelow. Beantworten Sie beide Fragen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, Herr Kollege Gentzel. Sie hatten den Umgang mit dem Untersuchungsausschuss kritisiert und hatten gesagt, im Januar haben wir uns diesen Fragen gestellt. Herr Gentzel, ich möchte Sie fragen, ist es nicht vielmehr so, dass wir die Fragen schon in vielen Ausschüssen, z.B. im Innenausschuss, gestellt und diskutiert haben und dass das Wesen des Untersuchungsausschusses nur noch ist, hierüber, über diese Fragen, öffentlich Beweis zu erheben und dann Feststellungen zu treffen, die öffentlich sind.
Richtig. Insofern können Sie natürlich nur zum bestimmten Bereich dann auch öffentliche Feststellungen treffen, aber der Untersuchungsausschuss unterscheidet sich von allen anderen Instrumenten, die wir hatten, Justizausschuss, Innenausschuss und PKK, dass der wirklich in der Lage ist zu verknüpfen, nämlich mit dem Wissen aus dem Justizbereich, Verfassungsschutzbereich und Polizeibereich. Und wenn wir, der Überzeugung bin ich, Herr Adams, wirklich in Strukturen gehen und nicht nur in die Strukturen beim Verfassungsschutz, brauchen wir auch die Fragen, welche Fehler sind im Zusammenspiel, das ist ja schon gesagt worden, insbesondere zwischen Polizei, Justiz und Verfassungsschutz passiert. Da sage ich Ihnen, da habe ich großes Vertrauen in diesen Untersuchungsausschuss und in die Leute, die da sitzen, weil ich der festen Meinung bin, die verstehen ihren Job. Aber die müssen doch erst mal liefern, bevor wir von vornherein sagen, wie wir bei den Strukturen reagieren. Ich sage es noch mal, die Ablehnung des Antrags der LINKEN heißt nicht Bestandsschutz für das Landesamt für Verfassungsschutz. Ich will das ganz klar und deutlich sagen. Aber handeln, wenn wir wissen, und das wissen wir, wenn der Untersuchungsausschuss wenigstens einigermaßen ins Treten gekommen ist. Da ist ja noch gar nichts passiert. Herr Ramelow, bitte.
(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wenn es an- ders wäre, wäre der U-Ausschuss ja auch nur ein Dokumentationszentrum.)
Herr Kollege Gentzel, inhaltlich wird ja die Kollegin Renner auf die von Ihnen aufgeworfenen Fragen eingehen. Ich hatte eine Frage, weil Sie gesagt haben, wie wir - DIE LINKE - mit dem Untersuchungsausschuss umgehen würden und wir würden ihn missachten. Würden Sie mir recht geben, dass der Kollege Edathy, der den Bundesuntersuchungsausschuss leitet, darauf hingewiesen hat, dass das Thüringer Untersuchungsausschussgesetz dringend verändert werden muss, damit die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesuntersuchungsausschuss und dem Landesuntersuchungsausschuss zielgerichtet das machen kann, was Sie gerade angemahnt haben, nämlich die inhaltliche Arbeit vorantreiben, gemeinsame Bewertungen vornehmen zu können, Dinge, die wir hier nicht bewerten können, gemeinsam mit dem Bundesuntersuchungsausschuss vorzunehmen. Würden Sie mir recht geben, dass es dazu dringend notwendig ist, fraktionsübergreifend das Untersuchungsausschussgesetz zu verändern, und würden Sie dem
Kollegen Edathy recht geben, dass er uns bittet, das zu tun, und dass es hilfreich ist, dass wir als DIE LINKE ein Änderungsgesetz eingebracht haben auf dieser Basis, das jetzt vorgenommen werden kann?
Ich will mal ganz offen meine ganz persönliche Meinung zu der ganzen Debatte zum Untersuchungsausschussgesetz sagen. Ich glaube, unser größtes Problem in diesem Haus ist, dass wir kaum Abgeordnete haben, die die Strafprozessordnung erstens kennen und zweitens wissen, wie man sie handhaben kann. Das ist ein großes Problem, was wir in allen Fraktionen haben. Ich will doch hier nichts schönreden. Das heißt, der Schlüssel auch dazu, warum viele Untersuchungsausschüsse auch nicht so funktioniert haben, wie ich mir das vorgestellt habe - und ich saß in welchen und ich bekenne mich auch zu meinem Nichtwissen und den Fehlern, die ich da heraus gemacht habe -, weil ich mich in der Strafprozessordnung kaum auskenne. Das heißt, ich bin jedem, der mir gegenübersitzt und der einigermaßen clever ist, mehr oder weniger ausgeliefert. Ich bin immer wieder darauf angewiesen, dass ich Juristen aller Couleur frage, dürfen die das jetzt oder dürfen die das jetzt nicht oder wie läuft das. Du weißt ja wie das ist, zwei Juristen, zwei Antworten. Für mich ist das grundsätzliche Problem - und das gilt ausdrücklich für alle Fraktionen - die Frage, wie kennen wir uns mit dem wichtigsten Mittel in einem Untersuchungsausschuss, mit der Strafprozessordnung, aus. Jetzt gehe mal ganz ehrlich in dich und sage mir, ist das so falsch. Ich gebe zu, ich habe das Interview mit Edathy nicht gelesen, aber was Verbesserungen betrifft, bin ich immer dafür, aber ich glaube, nach dem, was du hier gefragt hast, sind wir in der Sache gar nicht so weit auseinander. Du willst doch auch Aufklärung in allen Ausschüssen. Dann lass uns doch die Frage, ob wir das Landesamt für Verfassungsschutz auflösen oder umstrukturieren, hier stellen, wenn wir die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses haben, und da bin ich nicht bei den LINKEN, die jetzt sagen, wir schaffen das ab, ich bin ausdrücklich auch nicht bei der CDU, die sagt, das kommt für uns überhaupt nicht infrage, weil auch die kennen das Ergebnis noch nicht. Das ist die Botschaft, die ich heute herüberbringen will: Untersuchungsausschuss ist gut. Wir arbeiten im Untersuchungsausschuss, wir klären auf, auch auf Bundesebene, da muss man auch verknüpfen, das muss man alles ordentlich hinbekommen. Wenn wir ein Ergebnis haben, treffen wir uns hier wieder. Diese Ablehnung des Antrags der LINKEN, ich sage es noch einmal, ist kein Bestandsschutz für das Landesamt für Verfassungsschutz. Danke.