Protokoll der Sitzung vom 23.03.2012

(Beifall SPD)

Bitte, Frau Abgeordnete König.

Danke schön. Herr Gentzel, ich hatte darauf hingewiesen, dass im Januar der Berliner Innensenator verkündet hatte, dass für die Berliner Polizei eine solche Software angeschafft wird für eine Summe von 280.000 €, und dass er erklärte, dass diese Software in der Lage ist, komplett alle Aktivitäten aufzuzeichnen. Können Sie denn ausschließen, dass das für Thüringen nicht auch beabsichtigt ist, eine solche Software anzuschaffen bzw. selber herzustellen?

Ja, ja, danke.

(Beifall SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Abgeordneter Dirk Adams.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Thüringer Landtag, es ist, glaube ich, den Worten von Herrn Bergner, der beschrieben hat, was in Thüringen gemacht wurde, nichts hinzuzufügen und da hilft auch nicht, wenn Herr Gentzel probiert, das zu relativieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es hilft auch nicht, wenn Herr Fiedler versucht darzustellen und hier in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass solche Trojaner nur eingesetzt werden bei schwersten, gegen Leib und Leben gerichteten Straftaten. Der dokumentierte Fall aus Bayern zeigt, dass es hier um einen Verstoß gegen das BtMG ging. Nicht, dass das eine abzuwertende, eine zu geringe Straftat ist, aber es ist nicht gegen Leib und Leben gerichtet. Das muss man den Menschen auch ehrlich sagen, dass die Polizei bereit ist, das an fast jeder Stelle einzusetzen, wo sie nur den Amtsrichter dazu bekommt, auch die Unterschrift zu leisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Kolleginnen und Kollegen haben alles deutlich schon gesagt. Es ist toll, dass wir so etwas wie den Chaos Computer Club haben,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der auch noch mal ein Korrektiv zu den Datenschutzbeauftragten darstellt, denn nicht die Datenschutzbeauftragten der Länder oder des Bundes haben diesen Verstoß aufgedeckt, sondern der Chaos Computer Club. Die Landesregierung hat die Fragen im FDP-Antrag beantwortet, und das mit dem bekannten Maß an Standpunktlosigkeit, nämlich sich darauf zu berufen, dass man Recht erfüllt, aber nicht zu zeigen, dass man willens ist, auch Recht weiterzuentwickeln und Fragen zu stellen, wie Recht kritisch fortentwickelt werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der zweite Teil des FDP-Antrags fordert, auf die TKÜ so lange zu verzichten, bis wir sicherstellen können, technisch sicherstellen können, dass es sich wirklich nur um diesen vom Bundesverfassungsgericht erlaubten Teil, nämlich die TKÜ, die Telekommunikationsüberwachung, hier handelt. Wir GRÜNE sagen dazu Ja, weil es ein richtiger Schritt ist, der uns ein Stück weiterbringt, der uns zumindest einige Zeit verschafft, hier Sicherheit für die Bürger herzustellen. Es ist natürlich richtig, dass man sagen kann, weil am Ende möglicherweise doch eine TKÜ stehen könnte oder eine Online-Durchsuchung, werden wir diesen ersten Schritt, der zweifellos ein Mehr an Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger gibt, nicht gehen. Das erschließt sich uns nicht. Wir gehen diesen ersten Schritt und wir werden versuchen, mit aller Kraft auch die weiteren Schritte zu gehen.

Herr Fiedler, Sie haben gesagt, dass Sie gern mit Ihrem Nein zum FDP-Antrag sicherstellen wollen, dass Straftäter im Internet genauso verfolgt werden können wie im Real Life, sagen wir es mal so. Aber da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, ein bisschen Rechtsstaat brauchen wir noch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Real Life kommt niemand, wenn Sie weg sind.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wir haben einen Rechtsstaat.)

Im Real Life kommt normalerweise niemand, wenn Sie gerade weg sind und durchsucht ohne Sie Ihre Wohnung. Wenn es ordentlich läuft, passiert das nicht. Mir ist nicht bekannt, dass bei diesen Trojanern vorher eine E-Mail kommt, das ist der Untersuchungsbeschluss des Amtsrichters, wir beginnen jetzt mit der Durchsuchung, mit der Online-Durchsuchung. Bitte bleiben Sie am Bildschirm.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wird nicht gemacht. Das zeigt ganz deutlich, warum das Bundesverfassungsgericht hier die Grenzen so eng setzt und wo Sie Ihren Standpunkt noch fortentwickeln müssen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Richtig, en- ge Grenzen setzen.)

Danke. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen der Abgeordneten vor. Ich frage die Regierung, möchte sie sprechen? Bitte schön, Herr Innenminister Geibert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zu Nummer I des Antrags der Fraktion der FDP hat die Landesregierung bereits in der Plenarsitzung am 18. November 2011 ausführlich berichtet. Gegenstand der heutigen Debatte bildet Nummer II des Antrags, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, auf den Einsatz der Quellen-TKÜ zu verzichten und stattdessen nach alternativen Methoden zur Überwachung von verschlüsselter Internettelefonie zu suchen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Innenausschuss des Thüringer Landtags empfiehlt nach mehreren Sitzungen und einer schriftlichen Expertenanhörung zum Thema die Ablehnung von Nummer II des in Rede stehenden Antrags. Die Landesregierung unterstützt diese Beschlussempfehlung aus den nachfolgenden Gründen.

Wie ich im Zuge der Debatte bereits wiederholt ausgeführt habe, sind die gesetzlichen Hürden für die Anordnung und Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung aus gutem Grund sehr hoch angesiedelt. Nur wenn der dringende Verdacht besteht, dass jemand eines der in § 100 a der Strafprozessordnung genannten schweren Delikte begangen hat oder eine Gefahr für hochwertigste Rechtsgüter wie Leib, Leben oder den Bestand oder die Sicherheit des Staates verursacht, kommt diese Maßnahme überhaupt in Betracht. Erfolgt die

Kommunikation der Täter verschlüsselt über das Internet, stehen die Ermittlungsbehörden vor der Wahl, entweder in Kauf zu nehmen, dass die Tat möglicherweise nicht aufgeklärt bzw. verhindert werden kann, oder aber zu versuchen, über den Einsatz der Quellen-TKÜ an die entscheidenden Beweismittel zu gelangen. Der Strafverfolgungsanspruch des Staates muss in jedem Einzelfall gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der informationstechnischen Systeme des Tatverdächtigen abgewogen werden. Angesichts der Bedürfnisse der Praxis und der eindeutigen Rechtsprechung ist aus Sicht der Landesregierung ein Verzicht auf die Möglichkeit des Einsatzes der Quellen-TKÜ weder rechtlich geboten noch fachlich zu verantworten. Die Quellen-TKÜ ist ein unverzichtbares Ermittlungsinstrument für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in den geschilderten Ausnahmesituationen. Die Anhörung im Innenausschuss hat zudem eindeutig aufgezeigt, dass es nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine technische Alternative zur Quellen-TKÜ gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte deshalb, der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu folgen und den Antrag der FDP-Fraktion abzulehnen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke schön. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Abgestimmt wird direkt über die Nummer II des Antrags der FDP-Fraktion in der Drucksache 5/3400. Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung bei der FDPFraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist gegen diesen Antrag? Die Gegenstimmen kommen aus den Fraktionen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Es enthält sich die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt. Die Tagesordnungspunkte 10 und 11 wurden von der Tagesordnung abgesetzt. Deswegen rufe ich jetzt auf den Tagesordnungspunkt 12

Entwurf einer Verordnung über die Auftragskostenpauschale nach § 26 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes für das Jahr 2012 hier: Zustimmung des Landtags gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes

(Abg. Adams)

Antrag der Landesregierung - Drucksache 5/4032

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte schön, Herr Dr. Voß.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Verordnung über die Auftragskostenpauschale 2011 ist am 31. Dezember 2011 ausgelaufen. Sie ist befristet bis dahin gewesen, wie Sie wissen. Entsprechend ist natürlich auch eine Nachfolgeregelung für das Jahr 2012 erforderlich. Wir sind danach gehalten nach § 26 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes für das Jahr 2012. Mit der Verordnung der Auftragskostenpauschale kommen wir damit dem Verfassungsgebot nach Artikel 93 Abs. 1 Satz 2 der Thüringer Verfassung nach, nämlich einen Mehrbelastungsausgleich durchzuführen. Der Mehrbelastungsausgleich ist erforderlich, da das Land den Kommunen staatliche Aufgaben zur Ausführung überträgt. Es geht hier um den Mehrbelastungsausgleich für den übertragenen Wirkungskreis.

Wie Ihnen bekannt ist, hat sich die Methodik zur Errechnung der Auftragskostenpauschale schon im Jahr 2011 verändert. Wir haben schon im Jahr 2011 von der Korridorbereinigung Abstand genommen. Es geht hier darum, die Angemessenheit der tatsächlichen Kosten zu definieren. Wir sind schon im Jahr 2011 zu einer Benchmarkmethode übergegangen, wonach die wirtschaftlichste Aufgabenerfüllung und die effektivste Aufgabenerfüllung hier Maßstab für die Angemessenheit sein soll. Insofern hat sich, was die Berechnung dieser Auftragskostenpauschale anbelangt, gegenüber 2011 nichts geändert. Den Benchmark hatten wir hier im Hohen Haus genügend diskutieren können und auch kontrovers diskutiert.

Wir haben nicht mehr bei den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften die drei Besten genommen, sondern 10 Prozent der Besten. Wir haben diskutiert, dass damit natürlich eine breitere Repräsentation unseres Benchmarks erreicht werden kann, und das ist, wie gesagt, auch beibehalten worden. Dieser 2011 eingeschlagene Weg wird fortgesetzt.

Was hat sich aber geändert, was ist neu an der Auftragskostenpauschale 2012? Wir haben in § 18 eine neue Regelung aufgenommen, also ein weiterer zu erstattender Betrag und eine weiter zu dotierende Aufgabe. Nämlich nach Artikel 8 der Richtlinie 2006/123/EG, also des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006, ist die Dienstleistungsrichtlinie für den Binnenmarkt kurz gesagt: EG-Dienstleistungsrichtlinie - in Kraft getreten, übertragen worden. Diese bestimmt, dass die Landkreise und Gemeinden sicherzustellen ha

ben, dass das Verwaltungsverfahren nach § 71 e des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes auf Verlangen auch elektronisch durchgeführt werden kann. Also die Richtlinie und das Verfahren gibt es schon, aber es ist bestimmt, dass die Gemeinden und Landkreise sicherzustellen haben, dass auch eine elektronische Abwicklung des Verfahrens erfolgen kann.

2009 und 2011 erfolgte die Erstattung dieser Kosten nach dem Thüringer Gesetz für die Erstattung von Kosten zur Umsetzung des Artikels 8 der eben von mir genannten Richtlinie. Gemäß § 1 Abs. 2 des genannten Gesetzes heißt es aber schon dort, dass ab 2012 diese Kosten im Rahmen der Auftragskostenpauschale erstattet werden. Wir vollziehen insofern geltendes Recht und wir befolgen hier einen Gesetzesauftrag und haben insofern auch diese zu erstattenden Kosten in die Auftragskostenpauschale eingefügt.

Was ist noch neu? Wir haben selbstverständlich wie in den vergangenen Jahren auch eine Anpassung der Personalkostensätze vorgenommen an die aktuellen Besoldungs- und Entgelttabellen. Diese wachsenden Personalkosten spiegeln sich auch in den steigenden Pauschalbeträgen der Verordnung wider. Es sind zwar momentan Tarifverhandlungen, die richten sich allerdings auf das Jahr 2012 und die Zukunft. Was hier eingearbeitet wurde, ist der geltende Tarifvertrag, der zum 1. August 2011 und dann noch einmal zum 1. April 2012 eine Erhöhung vorsieht. Was aus den jetzt laufenden Tarifverhandlungen herauskommt, wird sicherlich nicht mehr für 2012 relevant werden, weil es um die Tarife 2013 und folgende geht. Gegenüber dem Jahr 2011 erhöht sich somit aus diesen drei Gründen der zu erstattende Betrag um 7,4 Mio. € auf 188,4 Mio. €. Die Zahl kennen wir aus der Behandlung des Finanzausgleichsgesetzes für das Jahr 2012. Insofern befinden wir uns hier in der Umsetzung.

Ich zähle noch einmal auf, die Änderungen sind zum Ersten die Fortführung des Benchmarks von 2011. Der zweite Punkt ist, wir haben eine Anpassung der Personalkostenerhöhung vorgenommen und wir berücksichtigen in § 18 einen Erstattungsbetrag für die von mir eben erwähnte EU-Verordnung.

Zu Ihrer Information, die erste Rate der Auftragskostenpauschale ist zum 1. März auf der Basis dieser Verordnung erfolgt. Es handelt sich wie jedes Jahr um Abschlagszahlungen, um vorläufige Zahlungen, vorläufig, da die Auftragskostenpauschale zunächst jetzt im Haushalts- und Finanzausschuss behandelt werden muss und dann alsbald beschlossen werden kann. Insofern bitte ich die Mitglieder des Hohen Hauses um Zustimmung zu diesem Verordnungsentwurf der Thüringer Landesregierung. Schönen Dank.

(Präsidentin Diezel)

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Minister. Als Erster hat sich Abgeordneter Kuschel von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mit etwas Positivem beginnen, damit der Finanzminister nicht immer nur unsere Kritik einstecken und sich damit auseinandersetzen muss. Es ist zunächst erst einmal erfreulich, dass die zustimmungspflichtige Verordnung sehr früh im Haushaltsjahr den Landtag erreicht.

(Beifall SPD)

Wir hatten schon Situationen, dass wir nach Ablauf eines Haushaltsjahres diese Verordnung hier zur Kenntnis genommen haben bzw. nicht nur zur Kenntnis genommen haben, denn sie ist ja zustimmungspflichtig. Das war dann immer eine etwas seltsame Situation, dass der Landtag über eine Verordnung abstimmen musste, die ein Haushaltsjahr betraf, das schon abgelaufen war. Das sprach nicht gerade von einer Achtung gegenüber dem Parlament, aber offenbar gehört diese Praxis der Vergangenheit an. Insofern ist das zunächst positiv.