Protokoll der Sitzung vom 30.05.2012

Ich will aber in aller Deutlichkeit Folgendes sagen: Es darf nicht zur politischen Kultur werden, dass insbesondere vonseiten der CDU bis zur letzten Sekunde ein Vabanquespiel zwischen Insolvenz und Erhalt gespielt wird, vielleicht auch, weil der Ausgang der Oberbürgermeisterinnenwahl einigen Vertreterinnen nicht wirklich gepasst hat. Das jedenfalls ist der Eindruck, der im Lande entstanden ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass im Eisenacher Haushalt eine strukturelle Finanzierungslücke existiert, ist seit Langem bekannt. Die extra von Ministerpräsidentin Lieberknecht eingesetzte Arbeitsgruppe unter der Leitung von Innenminister Geibert hat bisher - zumindest nach Auskunft von Minister Matschie letzten Donnerstag im Ausschuss - keinerlei Lösungsvorschläge präsentiert, wie mit diesen strukturellen Problemen umgegangen werden soll, also auch hier Untätigkeit. Es ist ein wahres Trauerspiel, mit ansehen zu müssen, wie Schwarz-Rot sich gegenseitig die Schuld für das Scheitern einer soliden Kulturfinanzierung in Thüringen in die Schuhe schiebt. Uns zeigt dies, dass bei der Suche nach den besten Lösungen für das Land diese Regierung jedenfalls am Ende zu sein scheint. Wichtige und zukunftsfähige Projekte werden auf die lange Bank geschoben, nicht mehr besprochen und von Anpacken kann tatsächlich nicht die Rede sein.

Zur Frage, wie die zukünftige Theater- und Orchesterfinanzierung auf eine verlässliche, transparente und leistungsfähige Basis gestellt werden kann auch und gerade angesichts der schwierigen Finanzsituation der Kommunen -, herrscht reihenweise Schweigen. Stattdessen werden Finanzierungslücken weiterhin auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wie z.B. in Altenburg-Gera, wo man darauf hofft, dass es zur Konsolidierung wieder einen Haustarifvertrag gibt.

Lassen Sie mich einen letzten Satz sagen: Kultur ist sicher nicht alles, aber ohne Kultur ist alles nichts. Das gilt gerade für Thüringen. In diesem Sinne lassen Sie uns tragfähige und vor allen Dingen langfristige Lösungen finden, um unserer Theater- und Orchesterlandschaft nicht nur hin und wieder einen Tropfen auf dem heißen Stein zu gönnen, sondern sie tatsächlich zu fördern und zu stärken. Danke schön.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Für die CDU-Fraktion hat Abgeordneter Jörg Kellner das Wort.

(Abg. Rothe-Beinlich)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste auf der Tribüne, als Erstes, bevor ich zum eigentlichen Punkt komme, zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN muss ich sagen, Frau Rothe-Beinlich, Sie haben eine ganze Menge durcheinandergebracht und auch eine ganze Menge wahrscheinlich nicht mitbekommen. Aber vielleicht komme ich gleich noch darauf zurück.

Als Erstes möchte ich mich an der Stelle bei den Theaterschaffenden, bei den Musikern bedanken. Ich möchte mich bedanken bei den Bürgerinnen und Bürgern, die natürlich mit großem Engagement für ihr Theater gekämpft haben, die sich dafür eingesetzt haben und nicht zuletzt dadurch auch in die Öffentlichkeit das Problem Eisenacher Theater mehr in den Mittelpunkt gerückt haben. Ich möchte aber auch an der Stelle mich recht herzlich bedanken bei unserem Finanzminister Herrn Dr. Voß wenn ich ihm danken will, ist er mal nicht da -,

(Beifall CDU)

der nicht zuletzt durch seine Hartnäckigkeit und Ausdauer dafür gesorgt hat, dass die Stadt Eisenach - und das will ich noch mal deutlich sagen - ihre Hausaufgaben im Vorfeld machen muss, um im Prinzip auch die Landesmittel zu erhalten, die sie benötigt, um den Theaterstandort zu sichern. Seit Wochen, seit Monaten ist die Forderung im Raum bzw. direkt im Rathaus eingegangen und abgefordert worden, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen, damit das Land entsprechend auch Maßnahmen einleiten kann, die den Theaterstandort sichern. Das wird hier alles ein Stück weit totgeschwiegen. Ich möchte das aber noch mal zurückholen und noch mal daran erinnern. In erster Linie ist die Stadt Eisenach an der Stelle in der Pflicht und nicht das Land.

(Beifall CDU)

Das Land hat die Mittel zur Verfügung gestellt, bereitgestellt und die Kofinanzierung war das eigentliche Problem. Auch hier mein Dank an unseren Kultusminister Herrn Matschie, der auch die Mittel sollte es denn dazu kommen, was wir alle nicht hoffen - bereitstellen möchte oder bereitstellen will aus seinem Ressort, um zukünftig den Theaterstandort, auch die Spielzeiten 2013/14 zu sichern. Aber das ist nur ein Luftholen. Ich will das auch deutlich sagen. Wir reden hier über einen längeren Zeitraum, der abgesichert werden muss, und um den abzusichern, bedarf es erst einmal eines Haushaltskonsolidierungskonzepts. Das ist die Voraussetzung, weil nämlich dann bis 2016 betrachtet wird, wie die Leistungsfähigkeit sich darstellt.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer hat hier was verwech- selt?)

Frau Rothe-Beinlich, das ist eigentlich in der kommunalen Finanzpolitik klar geregelt. Wer zusätzlich Geld haben möchte, weil er die Leistungsfähigkeit nicht hat, muss im Prinzip auch alles dafür vorlegen, dass man es nachvollziehen kann, und das hat man bis heute nicht getan. Sie haben selber gesagt, bis zum 31.07. hat Eisenach Zeit, aber das ist schon die dritte Verlängerung, die ausgesprochen wurde. Wir müssen doch mal Ross und Reiter nennen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man kann aber nicht allein Eisenach betrachten, es braucht ein Gesamt- konzept.)

wo das Problem liegt. Also das Problem liegt in der Bereitstellung der Eigenmittel. Dass wir zukünftig tragfähige Konzepte brauchen, ich denke, das ist allen hier im Hause sehr wohl bekannt. Das geht aber nur, wenn man es gemeinsam macht. Der Intendant hat ja mitgeteilt, dass sie sich intensiv damit beschäftigen wollen, eine tragfähige Lösung für beide Spielstandorte, Meiningen wie auch Eisenach, zu erarbeiten und sehr konstruktiv in die Zukunft damit gehen wollen. Ich denke, das gelingt nur, wenn alle, die daran beteiligt sind, das auch offen und ehrlich angehen und auch gemeinsam versuchen, eine langfristige Struktur auf den Weg zu bringen.

Was die Finanzlage allgemein anbelangt, so muss ich auch noch mal an der Stelle erinnern, wir haben im Land Thüringen eine äußerst angespannte Haushaltssituation - vielleicht ist es noch nicht bei Ihnen durchgedrungen, Frau Rothe-Beinlich -,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau das habe ich ge- sagt, Herr Kellner, wenn Sie mir mal zuge- hört hätten.)

die aber auch Verantwortung hat für das ganze Land und nicht für einen kleinen Teil, das muss ich ganz klar sagen. Wir haben auch Verantwortung für die nächsten Generationen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass unsere Kultur - Sie können dann gern noch mal vorgehen -, unsere Theaterlandschaft letztendlich auch erhalten bleibt und dass wir diesen hohen Standard, den wir haben, auch weitestgehend halten können. Ich denke, hier gibt es vielleicht auch Möglichkeiten - unser Wirtschaftsminister ist heute leider nicht da, vielleicht findet er noch Möglichkeiten -, die Kultur zu unterstützen

(Heiterkeit im Hause)

- ich freue mich, dass Sie das so begeistert -, weil es ja auch ein Wirtschaftsfaktor ist in Thüringen und damit beim Wirtschaftsminister vielleicht auch nicht ganz so weit weg ist. Ich wiederhole das nur, wer in

Stadien für 40 Mio. investiert, der muss auch mal sehen, ob wir nicht die Kulturlandschaft hier etwas unterstützen.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende, schauen Sie mal.

Ja, mein Schlusssatz: Ich denke, dass wir das nur gemeinsam machen können. Es darf auch in Zukunft kein Lohnverzicht mehr von den Beteiligten, von den Künstlerinnen und Künstlern bzw. von den Akteuren abgefordert werden. Ich denke, es sind alle aufgefordert, entsprechende Lösungen zu erarbeiten. Ich und die CDU-Fraktion sind jedenfalls bereit.

(Beifall CDU)

Danke schön. Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Dr. Birgit Klaubert das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Theater, ich weiß, dass eine ganze Reihe von Leuten zuhört, die sich darüber informieren wollen, wie die Politik zum Theater steht. Deshalb beginne ich gleich mit einem Zitat aus der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin. Ganz am Anfang ihrer Amtszeit und ganz am Anfang ihres Textes sagte sie: „Geistige Impulse, Kreativität und Schöpfergeist erwachsen aus unserer Kultur... Unser kultureller Reichtum, er ist unser wertvollstes Potenzial. Nutzen wir diesen Reichtum auch zur Lösung unserer Zukunftsfragen.“ So begann diese Legislaturperiode mit Versprechungen zum Wert der Kultur, zur Förderung der Kultur, übrigens auch im Zusammenhang mit der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs. Betrachten wir heute die Situation, sind wir kaum einen Schritt weitergekommen und die Proteste, die wir in Eisenach und in Altenburg/Gera derzeit erleben - ich kann Ihnen versichern, sie werden weitergehen -, sprechen davon, dass die Situation eine ist, die als völlig ungelöst gelten kann.

(Beifall DIE LINKE)

Mein erstes Wort geht an den Minister für Kultur, aber nicht nur an ihn. Sie haben, als Sie in der Opposition waren, übrigens auch auf die einzelnen Theater bezogen, durchaus ein Problembewusstsein entwickelt, dass an den Häusern mehr Geld gebraucht wird, um die jahrelangen Haustarifverträge wieder aufzulösen in einen allgemeinen Flächentarifvertrag und Strukturveränderungen so herbeizuführen, dass man eine reichhaltige Thüringer

Theaterlandschaft tatsächlich auch an die künftige Generation übergeben kann. Strukturell haben Sie nichts geändert und ich finde es von Ihren Kolleginnen und Kollegen aus der schwarzen Fraktion regelrecht heuchlerisch, zu sagen, dass man hier als Partner an der Seite steht und dass man gemeinsam etwas tun wird.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das zweite Wort richte ich an den Finanzminister, der vor den demonstrierenden Theaterleuten aus meiner Heimatstadt bekunden musste, dass er tatsächlich gar nicht genau weiß, wie sich Arbeits- und Lebensverhältnisse einer Berufsgruppe entwickelt haben, die letzten Endes Abend für Abend den Reichtum dieses Landes einer großen Zuschauerschar präsentieren will, weil es ihr Lebensinhalt ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Er sagte dort auch - ich habe das, glaube ich, in einer Rede im Plenum schon einmal gesagt -, er könne daran nichts ändern.

Das dritte Wort richte ich an denjenigen, der für die Kommunalpolitik zuständig ist, denn da sind wir direkt bei einem Eisenacher Problem, bei der Kreisfreiheit dieser Stadt, die unmöglich ist und die allein diese Aufgabe überhaupt nicht regeln kann.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Demzufolge gibt es nicht eine Verantwortung des einen oder anderen Ministeriums, sondern es gibt die Verantwortung der Landesregierung als Ganzes und auch das habe ich schon gesagt: Wenn die Landesregierung nicht bereit ist zum Handeln, dann muss das Parlament das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Wie das ausgeht, habe ich im letzten Kulturausschuss erfahren müssen, dort ist verwehrt worden, dieses Thema weiter auf der Tagesordnung zu lassen und gegebenenfalls eine Anhörung zu organisieren, in der all diese Probleme auf den Tisch gelegt werden und diese scheinheiligen Phrasen vom gemeinsamen Handeln dann wenigstens mal in Taten und Werke umgesetzt werden können.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Shakespeare sagte einmal: „Und wenn du den Eindruck hast, dass das Leben Theater ist, dann such dir eine Rolle aus, die dir so richtig Spaß macht.“ Diese Rolle, in die wir alle gedrängt werden und insbesondere diejenigen, die damit ihren Lohn und ihr Brot verdienen, macht einfach keinen Spaß mehr. Ich frage mich, wie es mit den Worten aus der Regierungserklärung bestellt ist, dass in diesem kulturellen Reichtum das liegt, was wir eigentlich an künftige Generationen weitergeben wollen und was

(Abg. Kellner)

dieses Land ausmacht und woraus wir Kraft schöpfen für Bildung und für demokratische Strukturen. Ich kann Sie dabei nicht aus der Verantwortung nehmen, sage aber auch, eine Aktuelle Stunde dient bestenfalls dazu, noch einmal dieses Problem auf den Tisch des Hauses zu legen. Wenn es weiter eine solche Verweigerungshaltung in der Landesregierung gibt, dann wird der Deckel, der auf einem dampfenden Topf liegt, uns allen um die Ohren fliegen und ich möchte dafür nicht verantwortlich sein.

(Beifall DIE LINKE)

Was wir dazu tun können, werden wir tun. Ich bin enttäuscht von Ihnen und ich glaube, wir werden auch jetzt wieder nur warme und schöne Worte hören, ohne ein Ergebnis, aber sprechen Sie es ruhig offen aus.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön. Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Hans-Jürgen Döring.

Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, meine Damen und Herren auf der Tribüne, manche oder mancher hält sich für eine oder für einen, der Weisheit abgibt wie eine Kuh Milch. Es tropft aber bloß, Schlagwortaufguss kommt aus ihr oder aus ihm heraus. Ob diese Aktuelle Stunde mehr Substanz entwickelt als bloß einen Schlagwortaufguss, kann jeder für sich entscheiden. Für mich gibt es jedenfalls weder einen Grund zum Jubelausbruch noch zum Abgesang. Durch die wunderbare Brotvermehrung der Stadt Eisenach haben wir zwei Jahre Zeit gewonnen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich bin überzeugt, wir müssen unsere Anstrengungen in mehrere Richtungen bündeln. Zuerst muss Eisenach ein Haushaltssicherungskonzept, eine solide, mittelfristige Finanzierung des Theaters gewährleisten, aber das kann nicht, das sage ich eindeutig, durch eine Kannibalisierung der sozialen Strukturen der Stadt geschehen.