Protokoll der Sitzung vom 30.05.2012

(Beifall DIE LINKE)

Eisenach ist strukturell unterfinanziert und deshalb ist hier auch die Kreativität des Innenministers gefragt, gemeinsam mit der Stadt nachhaltige Maßnahmen zur Finanzstabilität zu entwickeln. Ebenso müssen wir die Zeit nutzen, um am Theater Eisenach Strukturen zu schaffen, die langfristig tragfähig sind, die aber nicht als Synonym für latenten Abbau stehen. In den letzten Jahren wurde das Theater ständig zur Ader gelassen, ohne sich um die Tragfähigkeit der gestutzten Strukturen wirklich zu kümmern. Ein schiefer Baum wächst schiefer,

jedes Jahr. Ansgar Haag hat zu Recht deutlich gemacht: Das Kooperationsmodell Meiningen-Eisenach ist sinnvoll, aber es gilt, das Eisenacher Haus autarker zu machen und durch Eigenproduktion zu stärken. Manche Hoffnungen, meine Damen und Herren, werden wohl erst begriffen, wenn sie bedroht erscheinen. In diesem Kontext sehe ich auch die Festivalinitiative, die in dieser Diskussion steht. Mit ihren Traditionen und auch den authentischen Orten hat die Stadt hier ein großes Potenzial. Ich wünsche mir, dass auch die Kulturstiftung Meiningen-Eisenach sich dieser Perspektive stellt.

Meine Damen und Herren, von Jurij Brezan stammt die Sentenz, Herr Finanzminister: Manche Leute steigen sehr hoch und je höher sie steigen, umso mehr überblicken sie, und je mehr sie überblicken, umso winziger werden die Dinge und umso größer rollt sich das große Ganze auf, aber desto glaubhafter wird es für sie, dass das große Ganze das Ganze ist. Wir dürfen über das große Ganze nicht das Ganze aus den Augen verlieren und das gilt insbesondere auch für die Kulturfinanzierung. Die Lasten sind in Thüringen historisch gewachsen, völlig unterschiedlich verteilt. Wenn wir in der Vielfalt den kulturellen Reichtum unseres Landes sehen, dann brauchen wir eine verlässliche nachhaltige Lastenverteilung zur Finanzierung der kulturellen Leistungen unseres Landes. Hier sehe ich nur einen strategischen Weg: die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs. Die muss auch die Einführung eines Kulturlastenausgleichs mit sich bringen. Ich erwarte hier eine gemeinsame Anstrengung von Kultus- und Finanzminister.

Meine Damen und Herren, wir brauchen auch das Theater Eisenach als Ort der authentischen Werte, als Raum für Besinnung und Empathie, Zweifel, Akzeptanz und Solidarität, als Teil des eigentlichen Reichtums unseres Landes Thüringen. Ganz im Sinne Jurij Brezans: Was sonst ließ ein Volk leben oder tot sein als seine lebendige Sprache und seine lebendige Kultur. Danke.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. Für die FDP-Fraktion hat das Wort die Abgeordnete Franka Hitzing.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, das Thema der Aktuellen Stunde ist trotz der Entwicklung der letzten Woche angemessen und zeitgemäß, weil das Thema eben auch heißt „solide Theaterfinanzierung“. Seit Freitag haben die Stadt Eisenach und die Landesregierung endlich Sicherungsmaßnahmen ergriffen, damit das Gebäude „Finanzierungsvereinbarung 2013 bis 2016“ des Architekten Herrn Matschie in Eisenach

(Abg. Dr. Klaubert)

nicht noch am selben Tag zusammenstürzt und ein ganzes Theater mit sich reißt.

Solide Finanzierung in Eisenach ist das aber noch nicht und war es auch im letzten Sommer nicht. Das Problem der Theaterfinanzierung ist in ganz Thüringen vor allem ein Problem der Kommunalfinanzierung. Die Kommunen müssten so ausgestattet sein, dass sie auch freiwillige Leistungen überhaupt zahlen können. Ich sage Ihnen, hätte das Land in den letzten Jahren nicht so sehr viele neue Schulden aufgenommen, dann hätten schon die Zinsen gereicht, um ein Theater auskömmlich zu finanzieren.

(Beifall FDP)

Aber - und das ist auch ganz wichtig - die Kommunen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, wie das z.B. Sie von den LINKEN und Sie von den GRÜNEN möchten mit der Kulturabgabe. Darüber sprachen wir bereits.

(Beifall FDP)

Und zuallererst muss das Land schauen, wo es bei sich selbst Einsparpotenzial hat, um eventuell Mittel freizusetzen bzw. andere Prioritäten zu setzen und den Kommunen mehr Geld in die Hand zu geben, um solche wichtigen Aufgaben schultern zu können.

Aber vielleicht, Herr Matschie, wir haben das vorhin schon gehört, freuen Sie sich auch darauf, wenn der Herr Wirtschaftsminister das Ressort dann noch mit übernimmt, vielleicht regelt er es dann.

(Beifall FDP)

Dann hätten wir den universellen Minister.

Das Problem in Eisenach ist aber, wie Herr Minister Matschie auch richtig und zu Recht betont hat, ein strukturelles Problem des städtischen Haushalts. Die Arbeitsgruppe zur Haushaltssicherung hat auch nach zwei Jahren genau das festgestellt, aber eben auch nicht mehr.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war auch unerträglich und ist auch unerträglich, dass sich die CDU und die SPD gegenseitig Schuldzuweisungen vorgeworfen haben, die dazu geführt haben, dass sich die Beteiligten vor Ort in Eisenach einfach nur verunsichert fühlten und es keine Lösung in Sicht gab.

Nun haben wir über das Verfahren, über eine Sonderermächtigung des Innenministers in allerletzter Minute, für eine rechtsverbindliche Zusage der Stadt scheinbar einen Rettungsanker gefunden, der das Theater in Eisenach rettet. Das ist erst einmal zu begrüßen, aber es ist nicht die Lösung und die eigentliche Arbeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, kommt auch noch.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Auch für die Oberbürgermeisterin übrigens.)

Denn wir befürchten, dass dieses undurchsichtige Verfahren zwangsläufig dazu führen wird, dass das Vertrauen in ein ordentliches Regierungsverhalten und -handeln erschüttert wird in Thüringen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Beamten in der Kommunalaufsicht können sich heute schon mit dem Gedanken anfreunden, dass es eventuell demnächst noch mehr Bürgermeister und Landräte geben wird, die genau auf diesen Fall hinweisen werden. Für mich hat das Ganze, mit Verlaub gesagt, einen leicht südeuropäischen Touch.

(Beifall FDP)

Wir befinden uns in einem Dilemma, und zwar einem Dilemma zwischen den Ansprüchen, die wir haben, zwischen dem Wünschenswerten, was wir wollen, und zwischen dem Leistbaren, was wir überhaupt realisieren können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Kultur ist die Gesamtheit aller Formen der Kunst, der Liebe und des Denkens, die im Verlaufe von Jahrtausenden, dem Menschen erlaubt haben, weniger Sklave zu sein.“ In diesem Sinne sind wir davon überzeugt, dass es sich lohnt, aktiv für die Kulturlandschaft in Thüringen einzutreten. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Abgeordnete Meyer zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Hitzing, wenn jede Art von Kunst Kultur bedeutet, dann sollte man hier versuchen, die Kunst der Politik für Eisenach auch mal anzuwenden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und dann würde man klar bekommen - deshalb habe ich mich noch einmal gemeldet -, dass wir nicht von dem Theater Eisenach sprechen. Wir sprechen zumindest von dem Theater Westthüringen und von einem Theater Osthessen dazu. Wir haben angefangen in dieser Aktuellen Stunde, über das Thema „Sterben unserer Dörfer“ zu sprechen, und sind jetzt gerade dabei angekommen, etwas größere Kommunen im Auge zu behalten, die dasselbe Problem haben. Dass der Freistaat Thüringen sich nicht dazu herablassen kann, über das Innenministerium seinen Teil, und zwar schnell, zu tun, einen erkannten Fehler, nämlich die Kreisfreiheit, zu be

(Abg. Hitzing)

heben und ein Zusätzliches zu tun und entweder freiwillig, wie Herr Mohring es immer gern hätte, oder per Zwang dafür zu sorgen, dass die Steuereinnahmen der Gemeinde, in der das Theater liegt, steigen, und Herr Matschie, Sie haben schon verstanden, was ich damit sagen will, diese Gemeinde muss ja nicht diese Form und diesen Umriss haben, den sie jetzt hat, sie könnte ja auch Teile dazubekommen, die zum Beispiel etwas steuerstärker sind, als die Gemeinde Eisenach es zurzeit ist,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und schon hätten Sie einen Teil, wenigstens den einen Teil, den das Land verantworten kann, getan. Und das müssten weder Herr Matschie noch Herr Voß machen, sondern der Innenminister. Dass er das nicht tut zusammen mit seiner stärksten Fraktion, ist der eigentliche Skandal an der öffentlichen Debatte heute hier zu diesem Thema, meiner Ansicht nach. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Fraktionen vor. Für die Landesregierung der Minister für Kultur, Herr Matschie.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich will zunächst mit dem Positiven beginnen. Der Erhalt des Theaters Eisenach ist vorerst gesichert, das ist eine gute Nachricht. Das ist eine gute Nachricht für die Bürgerinnen und Bürger in Eisenach oder in Westthüringen insgesamt, für die Touristen, die in die Stadt kommen, eine gute Nachricht für unser Kulturland und auch eine gute Nachricht für diejenigen 96 Frauen und Männer, die dort in Eisenach am Theater arbeiten und die sich jetzt wieder der künstlerischen Arbeit voll widmen können.

Ich will mich an dieser Stelle zuallererst bedanken bei allen, die dazu beigetragen haben, dass wir unter Hochdruck noch eine Lösung gefunden haben. Zuerst will ich mich bei denen bedanken, die in Eisenach deutlich gemacht haben, wir brauchen dieses Theater, wir wollen dieses Theater in der Stadt, und das mit viel Phantasie und Einfallsreichtum auch zum Ausdruck gebracht haben. Ich will mich bedanken an dieser Stelle auch beim Stadtrat in Eisenach, der ein wichtiges Signal gegeben hat mit seinem Stadtratsbeschluss, nämlich indem er gesagt hat, alle Mehreinnahmen und Minderausgaben aus dem Haushalt werden zur Sicherung des städtischen Anteils der Theaterfinanzierung eingesetzt. Jeder, der die Situation von Eisenach kennt, und das ist ja hier eben auch noch mal angesprochen worden, weiß, das ist ein Kraftakt. Mich hat, das will

ich hier an dieser Stelle auch sagen, die Entscheidung des Stadtrats schon auch sehr beeindruckt, dass er diesen Kraftakt sich auch vorgenommen hat, denn ich weiß, das wird nicht einfach umzusetzen sein. Aber es ist ein sehr klares und sehr überzeugendes Bekenntnis der Stadt zu ihrem Theater. Dass Eisenach eine der wichtigen und großen Kulturstädte Thüringens ist, das kann man in dieser Debatte sagen. Nicht nur wegen des historischen Erbes, sondern auch wegen der Menschen, die sich dort für Kultur starkmachen. Ich will an dieser Stelle aber auch noch mal sagen, das, was wir hier erlebt haben, sind nicht im eigentlichen Sinne Probleme der Theaterfinanzierung. Wir haben die Mittel für die gesamte Theater- und Orchesterfinanzierung für die Förderperiode 2013 bis 2016 deutlich aufgestockt. Wir haben das in einer Zeit getan, als manche andere Länder ihre Kulturfinanzierung zurückgestutzt haben und wir in anderen Ländern von Schließungen von Theatern und Orchestern hören mussten. Wir haben hier, das will ich an dieser Stelle noch einmal sagen, auch mit Blick auf den Finanzminister, in einem gemeinsamen Kraftakt zuerst dafür gesorgt, dass trotz sinkenden Landeshaushalts die Mittel für die Theaterfinanzierung im Zeitraum bis 2016 um 6 Mio. € ansteigen. Ich denke, das ist keine Kleinigkeit, wenn man sich die Haushaltsentwicklung insgesamt anschaut. Auch für Eisenach steht für die Theaterfinanzierung des Landes in den nächsten Jahren mehr Geld zur Verfügung. Was fehlt - das ist der Punkt, über den wir in der Theaterfinanzierung reden müssen -, ist die Frage, wie die kommunalen Mittel abgesichert werden, denn eines gehört auch zu den Stärken unserer Kulturlandschaft, sie wird gemeinsam getragen vom Land und den Kommunen. Diese Kulturlandschaft braucht beide Partner. Die Lösung der Finanzierungsprobleme kann nicht sein, dass wir alle Finanzierungsfragen zum Land schieben und dann die Theater- und Orchesterprobleme gelöst haben, sondern die Lösung kann nur sein, gemeinsam Finanzierungswege zu finden, wie Land und Kommunen diese Aufgabe zusammen tragen. Das heißt für Eisenach insbesondere, dass wir uns mit den strukturellen Fragen des Eisenacher Haushalts jetzt beschäftigen, denn eines werden wir nicht auf Dauer machen können, dass wir immer dann, wenn die Stadt sagt, wir sehen uns strukturell nicht in der Lage, unseren städtischen Anteil der Kulturfinanzierung aufzubringen, sagen, jetzt muss das Land einspringen. Wir haben das an vielen Stellen wirklich getan, weil mir Eisenach auch am Herzen liegt. Wir haben das getan bei der Finanzierung des Bachhauses, hier trägt das Land zusätzlich den städtischen Eigenanteil. Wir haben das getan bei der Förderung der UNESCO-Welterbestätte, auch hier wird der Eigenanteil der Stadt von der Landesregierung übernommen. Wir haben das getan bei den Bachwochen. Wir sanieren die Georgenkirche und das Lutherhaus fast ausschließlich über Landesfi

(Abg. Meyer)

nanzierung, aber - ich sage das noch mal - das kann nicht die dauerhafte Lösung der Finanzierungsprobleme sein, sondern die dauerhafte Lösung kann nur darin bestehen, dass wir Kommunen in die Lage versetzen, ihre Eigenanteile aufzubringen. Ich will an dieser Stelle auch deutlich machen, ich sehe das ähnlich, wie es hier von einigen geäußert worden ist, wir brauchen für Eisenach eine Strukturreform, eine Gebietsreform. Ohne eine solche Strukturlösung sehe ich nicht, wie kurz- und mittelfristig die Finanzprobleme geklärt werden können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen natürlich auch ein Haushaltssicherungskonzept der Stadt, in dem die Stadt demonstriert, dass sie selbst auch alle Anstrengungen unternimmt, um die Finanzierungsprobleme der Stadt in den Griff zu bekommen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wenn Sie schon sagen, ohne Strukturreform geht das nicht, dann müssen Sie es lassen …)

Jede Stadt hat noch Handlungsspielräume, die in einem solchen Haushaltssicherungskonzept auch dargestellt werden müssen. Herr Kollege Barth, ein Ergebnis eines solchen Haushaltssicherungskonzepts kann sein, dass deutlich wird, ohne Strukturreform bleibt eine dauerhafte Finanzlücke. Dann muss die Entscheidung fallen, kommt jetzt diese Strukturreform oder muss das Land in einem Haushaltssicherungskonzept eine dauerhafte Finanzlücke schließen. Das sind Fragen, die wir dann im Verlauf der Entwicklung entscheiden müssten. Ich persönlich ziehe es vor, Strukturfragen auch strukturell zu lösen und nicht dauerhaft Löcher zu stopfen, die man über Strukturentscheidungen wegbekommen kann. Deshalb wird das die wichtige Aufgabe der Zukunft sein. Hier ist natürlich - das ist auch richtig - das Innenministerium gefragt, jetzt mit der Stadt gemeinsam Vorstellungen zu entwickeln, wie die Finanzierung der Stadt dauerhaft tragfähig gestaltet werden kann. Ich will an dieser Stelle auch nach der Auseinandersetzung, die es dazu gab und die ja auch zum Teil öffentlich geführt worden ist, sagen, am Ende haben auch der Finanzminister und ich uns zusammengetan, um eine Lösung möglich zu machen. Ich will mich an dieser Stelle auch noch mal bedanken. Wir haben hart miteinander gerungen, wir haben auch um verschiedene Lösungsvarianten gestritten, aber wir waren uns auch einig, dass wir eine Lösung für das Theater herbeiführen müssen. Kurzfristig ist das jetzt abgesichert durch das Handeln des Finanzministeriums und mein Handeln, mittel- und langfristig muss es jetzt abgesichert werden durch das gemeinsame Handeln von Innenministerium und Stadt. Wichtig ist für mich, dass wir das ernst nehmen, dass wir diese Residenzkultur haben mit vielen Theatern und Or