Protokoll der Sitzung vom 30.05.2012

Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 1

Drittes Gesetz zur Änderung der Thüringer Landeshaushaltsordnung Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4330

(Abg. Kuschel)

ZWEITE BERATUNG

Ich eröffne die Aussprache und rufe auf für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Kowalleck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits in der letzten Landtagssitzung wurde im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE das Etatrecht als Königsrecht des Parlaments aufgeführt. Das ist insoweit natürlich richtig. Zur Gewaltenteilung gehört aber auch, dass die Bewirtschaftung des vom Landtag beschlossenen Haushaltsplans beim Finanzministerium liegt. Diese klare Gewaltentrennung wird bereits aus der Thüringer Landesverfassung im Achten Abschnitt - das Finanzwesen - in den Artikeln 98 und folgende deutlich.

Mit den bestehenden Regelungen ist das Recht des Parlaments nicht beschnitten. Im Gegenteil, die Thüringer Landeshaushaltsordnung hat sich bewährt und wir brauchen keine Änderungen der bestehenden und aktuellen Bestimmungen. Die Fraktion DIE LINKE beabsichtigt, den § 41 der Thüringer Landeshaushaltsordnung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zu ändern. Wichtig ist aber dabei, eine Differenzierung zwischen den Regelungen des § 41 und des § 5 Landeshaushaltsordnung vorzunehmen. Diese fehlt in dem vorliegenden Gesetzentwurf. Die Bildung einer Bewirtschaftungsreserve stellt eine Verwaltungsvorschrift nach § 5 Landeshaushaltsordnung dar und ist eben keine Haushaltssperre im Sinne des § 41 Landeshaushaltsordnung. Das Thema Bewirtschaftungsreserve ist auch keine neue Erfindung. Bereits in den Vorjahren fand sie Anwendung ebenso wie andere Steuerungsmittel. Das habe ich bereits in der letzten Landtagssitzung an dieser Stelle erwähnt und auch in den vorherigen Debatten zum Thema. Ich denke, das brauche ich daher nicht wiederholen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine vorsichtige Herangehensweise aufgrund der Prognosen zum Wirtschaftswachstum, denke ich, ist uns tausendmal lieber als ein Ausgeben mit vollen Händen, ohne zu wissen, was und wie viel da am Ende übrig bleibt. Das sieht u.a. auch der Thüringer Landesrechnungshof so und steht da an unserer Seite. Die bestehenden Regelungen der Thüringer Landeshaushaltsordnung haben sich bewährt, deshalb ist aus unserer Sicht der vorliegende Gesetzentwurf nicht notwendig. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Ich rufe für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Abgeordneten Meyer auf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir haben diese Debatte vor nicht allzu langer Zeit schon einmal geführt und leider in der Koalition die völlige Unwilligkeit geerntet, darüber in den Fachausschüssen reden zu wollen. Das ist umso bedauerlicher, wenn DIE LINKE in diesem konkreten Fall mit dem § 41 und dem Zusatz des Absatzes 2 etwas tut, was - jedenfalls habe ich es in der letzten Debatte nicht gehört und mal schauen, ob es sich heute jemand traut zu behaupten - rechtlich möglich ist. Das heißt, maximal kann man argumentieren - das wird hier zum Beispiel auch von Herrn Kowalleck versucht -, dass es nicht politisch gewollt ist. Das finde ich irgendwie nicht besonders nachvollziehbar, gerade aus dem Regierungskoalitionslager heraus, denn wenn Sie - was wir gerade in der letzten Aktuellen Stunde diskutiert haben und uns auch in diesem Plenum noch wiederholte Male gegenseitig vorhalten werden - als Parlamentarier in der Mehrheitsfraktion wirklich dafür sorgen wollen, dass richtig mit Geld umgegangen wird, dann müssten Sie eigentlich ein großes Interesse daran haben als Haushaltspolitiker oder Haushaltspolitikerinnen muss ich ja auch sagen, es gibt ja bei Ihnen auch Frauen, die dafür zuständig sind - diesem Antrag zu folgen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Denn dieser Antrag sagt, dass wir - das heißt in diesem Fall Sie als Mehrheit, denn wir als Opposition kommen ja selten in die Verlegenheit, Mehrheiten zu finden hier in diesem Haus

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Sie als linke Opposition.)

- ja, ja, noch, Herr Barth, noch, das ist in zwei Jahren auch anders dann alles, keine Sorge -, wenn wir jedenfalls die Mehrheiten hier nicht finden, findet sie in der Regel die Koalition und die müsste, wenn man ihre Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker mal außer Acht lässt und die Finanzpolitiker anspricht, ein hohes Interesse daran haben, ihren Minister bei diesem schweren Tun zu unterstützen. Die Legitimität einer Bewirtschaftungsreserve beispielsweise würde dadurch sehr stark steigen können.

Das von Ihnen immer prognostizierte Demokratiedefizit den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, der Versuch, den Piraten gegenüber etwas piratiger zu werden, oder was immer man dafür tut, um Demokratie lebendig werden zu lassen, alles das könnte man hier konkret tun. Dass Sie das nicht tun, zeigt nur, dass Sie sich nicht trauen. Sie trauen sich nicht, die Einschnitte, die beispielsweise ein Finanzminister meint zwei Tage nach Weihnachten treffen zu müssen, weil ihn die Weisheit oder die

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Vorsicht angefallen hat, und nebenbei, er hat, weil er so schön lacht, auch noch recht gehabt damit. Das macht ihm ja so am meisten Spaß an der ganzen Sache, wenn das so ist, er es einfach tut, damit den Koalitionspartner düpiert, seine eigene Fraktion auch nicht gerade vor Freude hoch und runter hüpft und Sie alle miteinander gar nicht wissen, was eigentlich passiert, und zum Schluss kurz davor sind, dass die ganze Kabinettsumbildung, von der geraunt wird, auf diese Art und Weise zustande gekommen wäre, weil Ministerinnen und Minister der Meinung sind, jetzt schmeißen wir alles hin, weil so, wie er es macht, kann es nicht gehen - alles das hätten Sie vermeiden können, wenn Sie hier an diesem Ort darüber geredet hätten und wenn Sie die Hand gehoben hätten für 50 Mio. € Bewirtschaftungsreserven.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dass wir als Opposition Ihnen das sagen müssen hier an diesem Ort und Sie noch nicht einmal im Fachausschuss darüber reden wollen, ist ziemlich peinlich. Wir jedenfalls stimmen diesem Antrag zu. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Pidde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn die Jungen mit dem Fußball eine Scheibe einschießen, dann kann man auch das Fußballspielen verbieten. Das ist aber nicht sinnvoll. Das Gleiche trifft für diesen Antrag zu. Ich habe ja schon in der ersten Lesung gesagt, meine Fraktion hält ihn für reinen Aktionismus. Die Landeshaushaltsordnung hat sich in der Praxis bewährt. Es ist hier schon gesagt worden, die Exekutive/die Landesregierung ist zuständig für den Vollzug des Haushalts, und wenn es Mindereinnahmen oder Mehrausgaben geben sollte, dann muss die Regierung, muss der Finanzminister handeln. Die Landeshaushaltsordnung gibt dafür die entsprechenden Instrumente vor. Wie in jedem Fall ist es so, wer die Instrumente hat, muss natürlich auch einen offenen und ehrlichen Umgang mit diesen Instrumenten pflegen und er muss sie mit Bedacht und Augenmaß verwenden.

(Beifall FDP)

Aber die Instrumente selbst, die in der Landeshaushaltsordnung stehen, sind in Ordnung und deshalb sehen wir auch keinen Grund dafür, etwas zu ändern. Was die Frage angeht, ob der vorliegende Gesetzentwurf rechtlich haltbar ist, das müsste man

noch mal diskutieren, die Frage, die Herr Meyer gerade eben aufgeworfen hat.

(Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wollen Sie ja nicht, Herr Kollege.)

Wir wollen erst mal diesen Gesetzentwurf politisch nicht und deshalb lehnen wir ihn auch ab und denken auch, dass da keine weitere Beratung notwendig ist. Aber es müsste wirklich einmal geprüft werden, ob das, was von der Fraktion DIE LINKE vorgeschlagen ist, überhaupt mit dem Haushaltsgrundsätzegesetz vereinbar ist. Dieses definiert ja die Grundsätze für das Haushaltsrecht des Bundes und der Länder auf der Basis der Vorgaben des Grundgesetzes und dort in dem Haushaltsgrundsätzegesetz sind auch die haushaltswirtschaftlichen Sperren vorgegeben und danach ist ja unsere Landeshaushaltsordnung, der entsprechende Paragraf, auch angepasst. Ob das Ganze dann vereinbar wäre, das wäre wirklich mal eine Frage für eine rechtliche Prüfung, soll aber für meine Fraktion überhaupt nicht relevant sein. Ich habe schon in der ersten Lesung gesagt, wir wollen diesen Gesetzentwurf nicht, weil wir ihn für überflüssig halten. Deshalb werden wir ihn auch ablehnen. Danke schön.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Aber dann jammert beim nächsten Mal nicht, wenn es um die Bewirtschaftungsreserve geht.)

Für die FDP-Fraktion hat Abgeordneter Barth das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, was vor wenigen Wochen zu diesem Gesetzentwurf zu sagen war, hat sich im Grunde bis heute nicht geändert.

1. Die Bewirtschaftungsreserve war sicher ungerecht, weil sie Institutionen und Einrichtungen mit einem Beschluss des Landtags Geld zugesichert hat und wenige Stunden später durch den Finanzminister mit der Bewirtschaftungsreserve dieser Beschluss gleich wieder kassiert wurde.

2. Der Finanzminister braucht aber dieses Instrument zur Haushaltsbewirtschaftung und trotzdem zeigt dieser zeitliche Ablauf, Herr Finanzminister, entweder mangelnden Respekt vor den Beschlüssen dieser Volksvertretung, dieses Hohen Hauses,

(Beifall SPD)

oder es ist als Eingeständnis zu werten, dass die Haushaltsvorlage der Landesregierung für die Haushaltsberatungen hier im Hohen Haus unseriös gewesen ist, mindestens aber auf wackligen Beinen gestanden hat.

(Abg. Meyer)

(Beifall FDP)

Genau den letztgenannten Punkt - das ist das, was Kollege Pidde mit etwas vornehmeren Worten, er ist auch Koalitionspartner, glaube ich, eben auch meinte - hat auch meine Fraktion in den Haushaltsberatungen immer wieder hier vorgetragen, nämlich dass Ihr Haushalt extrem auf Kante genäht ist. Mit Ihrer Bewirtschaftungsreserve, Herr Minister, haben Sie das wenige Stunden nach dem Beschluss hier im Landtag bestätigt, weil nämlich der Landtagsbeschluss, der Haushalt, den dieser Landtag beraten und am Ende mit der Mehrheit seiner Stimmen auch beschlossen hat, weitgehend unverändert Ihr Entwurf gewesen ist. Es sind Ihre Zahlen, die Sie direkt danach unter Vorbehalt gestellt haben, Herr Minister. Dass dieser Haushalt auf wackligen Beinen gestanden hat, ist, so gesehen, eigentlich ein recht milder Vorwurf.

(Beifall FDP)

Dass die Mai-Steuerschätzung jetzt Steuermehreinnahmen von fast 100 Mio. € prognostiziert, stellt Ihren Haushalt auf sicherere Beine und ist im Übrigen vor allem das Verdienst der Menschen in unserem Land, die jeden Tag arbeiten gehen und denen man an dieser Stelle auch dafür ausdrücklich mal Danke sagen sollte.

(Beifall FDP)

Sie sind es nämlich, die mit ihrer Hände und übrigens auch ihrer Köpfe Arbeit das Geld erwirtschaften, welches wir hier dann verteilen. Sie sind es, die unser Gemeinwesen am Ende finanzieren.

(Beifall FDP)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Mai-Steuerschätzung sollte uns nicht dazu verleiten, uns zu früh zu freuen. Nicht die Konjunktur, sehr geehrter Herr Minister, ist das Hauptrisiko für ausgeglichene Landeshaushalte 2013 und 2014 oder vielleicht auch für einen Doppelhaushalt. An dieser Stelle wäre einmal die Frage an die Koalitionspartner bzw. die Antwort interessant, wie die finanzpolitischen Voraussetzungen eigentlich aussehen müssen, dass Sie der Vereinbarung in Ihrem Koalitionsvertrag nachkommen und Doppelhaushalte beschließen. Wie müssen die aussehen, wenn nicht so wie jetzt, um so etwas zu machen? Die größte Gefahr, Herr Minister, für Ihre ausgeglichenen Landeshaushalte in Zukunft geht übrigens nicht von der Konjunktur aus, sondern die geht von Ihrem Koalitionspartner aus. Kaum liegt nämlich die Steuerschätzung vor, da brechen schon die Dämme, zunächst nur verbal, aber die Forderungen werden konkretisiert, da bin ich mir in der Tat ganz sicher.

Der Vizeministerpräsident Herr Matschie wird unmittelbar nach der Steuerschätzung mit den Worten - Frau Präsidentin, ich darf das hochhalten - „Neu

verschuldung darf kein Tabu sein“ zitiert. Für die FDP, meine sehr verehrten Damen und Herren, bleibt die Haushaltssanierung die zentrale Aufgabe der Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

(Beifall FDP)

Schulden sind nicht schwarz, rot, gelb oder grün, es ist Verantwortung der Politik, es ist unsere Verantwortung, meine Damen und Herren, dieses Land unseren Kindern so zu hinterlassen, dass auch diese Kinder noch gern „mein Land“ zu diesem Land sagen.

(Beifall FDP)