Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich feststellen, dass der vorliegende Gesetzentwurf im Ergebnis viele neue, positive und signifikante Veränderungen hin zu mehr Gleichstellung, hin zu mehr Frauen in Führungspositionen enthält. Mir ist selbstverständlich klar, dass es außer den getroffenen Regelungen auch noch Forderungen und Wünsche gibt, die wir nicht erfüllen konnten, und mir ist auch bewusst, dass es im Parlament des Thüringer Landtags auch andere Meinungen gibt, die nun zu diskutieren sind. Abschließend muss ich sagen, dass es sich um einen großen Kompromiss handelt. Dabei wurden die Einwände der Ressorts sowie der Verbände abgewogen und ausgleichend berücksichtigt. Ich möchte nochmals allen danken, die intensiv an diesem Gesetzentwurf mitgearbeitet haben, den beteiligten Verbänden, insbesondere dem Thüringer Landesfrauenrat und den Gewerkschaften, den Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten, den kommunalen Spitzenverbänden, dem Thüringer Rechnungshof, den Fach- und Kabinettsreferenten in den Ressorts, insbesondere der Ressortkoordinierung in der Thüringer Staatskanzlei und dem Justizministerium, das die rechtlichen Prüfungen durchgeführt hat. Ich wünsche uns im Thüringer Landtag eine vor allem sachorientierte Debatte, die der Thematik angemessen ist und die das Ansehen der Gleichstellungspolitik verbessert. Denn nur wenn es gelingt, dass Frauen und Männer tatsächlich gleichberechtigt in unserem Staat mitwirken können, werden wir auch zukunftsfähig sein. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen herzlichen Dank, Frau Ministerin Taubert. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Das Wort hat als erste Rednerin Frau Abgeordnete Karola Stange für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Werte Frau Taubert, ja, Sie haben recht, ich werde jetzt etwas Wasser in den Wein gießen und werde ein wenig Kritik üben an dem vorgelegten Gesetzentwurf,
aber ich glaube schon, dass das der größten Oppositionsfraktion auch zusteht. Mit der Gleichstellung und Frauenförderung sieht es in Thüringen nicht all
zu gut aus. Das wissen wir längst und in den einführenden Worten hat Frau Taubert auch darauf hingewiesen. Auch die Beteiligung der SPD an der Landesregierung konnte daran bislang nicht allzu viel ändern. Eine Staatssekretärin, eine gleichbleibend geringe Anzahl von Frauen in den Führungsetagen sind Zeugnis. Schon in der letzten Legislatur konnten wir regelmäßig feststellen, dass das gültige Gleichstellungsgesetz in vielen Bereichen völlig wirkungslos ist. Wir wissen auch, dass sich ohne Druck und Vorgabe auf diesem Gebiet nichts ändern wird. Seit der Verabschiedung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes vor fast 14 Jahren ist es nun an der Zeit, es wirklich wirksam zu überarbeiten. Sie sagten es schon, Frau Taubert, bereits vor drei Jahren haben Sie im Koalitionsvertrag gemeinsam mit der CDU Sanktionen vereinbart, um die Gleichstellung wirklich voranzutreiben. Das wollten aber offensichtlich einige in der Landesregierung nicht, denn nicht anders ist es zu erklären, warum der Gesetzentwurf jetzt, drei Jahre nach Bestehen der Koalition, erst auf dem Tisch liegt. Dass dieses Gesetz von Teilen der Landesregierung nicht wirklich gewollt wurde, haben Sie im Prinzip auch sinngemäß so dargelegt.
Ich will in wenigen, knappen Punkten einmal unsere Kritik darlegen. 134 kommunale Gleichstellungsbeauftragte soll es in Zukunft weniger geben; keine vollen Stellen für die verbleibenden 48 Gleichstellungsbeauftragten. Gleichstellungspläne sollen nur noch in den Dienststellen mit mindestens 50 Bediensteten erstellt werden und dies alle sechs Jahre. Freistellungsregelungen sind formuliert, von denen kaum einer der Beauftragten meiner Meinung nach profitieren wird, und kein wirkliches erkennbares eigenes Budget für die Gleichstellungsbeauftragten. Eine klare Quote für Führungspositionen konnte ich auch nicht aus dem Gesetzentwurf herauslesen.
Sicher, die Sozialministerin spricht davon, dass der Frauenanteil in Führungspositionen im öffentlichen Dienst von 20 auf 40 Prozent gesteigert werden soll. Aber wo sind die Zahlen festgehalten, Frau Taubert? Der Gesetzestext gibt keine konkrete Quote vor und keinen konkreten Zeitplan, wie dies umgesetzt werden soll. Das heißt lediglich, die Unterrepräsentanz soll abgeschafft werden. Es soll also auf Dauer nicht unter 40 Prozent der Frauen fallen. Bis wann das geschehen soll, steht nicht im Gesetzentwurf, auch nicht, was passiert, wenn die Quote nicht erreicht wird. Nur für den Fall, dass die nicht um die Hälfte erreicht wird, müssen Neubesetzungen genehmigt werden. Aber das sind keine klaren Ziele, keine verbindlichen Vorgaben, die konkrete Anstrengungen zur Folge haben werden.
Kabinettsdurchlauf, so denke ich, ordentlich zurechtgestutzt worden ist. Wie soll denn in den Kommunen die Gleichstellung vorangebracht werden, wenn 74 Prozent der Gleichstellungsbeauftragten zukünftig eingespart werden sollen. Sie wissen doch selbst, dass die Berücksichtigung von Frauen bei Führungspositionen kein Selbstläufer ist. Sie wissen auch, dass Frauenbelange vor Ort gern als dritt- oder viertrangige Aufgabe gesehen werden, und wenn es um die Verteilung der knappen Gelder geht, dann wird dies meistens noch etwas nach hinten gestuft. Zum Glück, sage ich an der Stelle, gibt es Frauenzentren, gibt es noch Frauenhäuser und es gibt zum Glück auch noch frauenspezifische Veranstaltungen in Thüringen. Aber ohne eine entsprechende Interessenvertretung vor Ort werden wir auch hier, so ist zu vermuten, in den kommenden Jahren Stück für Stück zurückfallen.
Werte Abgeordnete, die Gleichstellungsbeauftragten, mit denen wir auch viele Gespräche geführt haben, haben uns immer wieder gesagt, dass sie in ihrem Bereich wirklich nur arbeiten können, wenn sie 100 Prozent für diese Funktion Zeit zur Verfügung haben. Es ist nicht wirklich hinnehmbar, warum bisher die Gleichstellungsbeauftragten noch mit dem Thema Datenschutz, mit dem Sozialbereich, mit der Migration oder mit der Seniorenarbeit vertraut waren, weil sie somit nur eine 50-prozentige Stelle gefördert bekamen. Auf den ersten Blick habe ich gesagt, 75 Prozent ist ein erster Schritt, es ist ein Anfang, aber wo ich noch einmal mir genau den § 22 des Gleichstellungsgesetzentwurfs angeschaut habe, bin ich doch etwas ins Zweifeln gekommen. Warum haben Sie denn hineinformuliert, dass es möglich sein kann in gemeinsamer Übereinstimmung mit der Dienststelle, dass man auf die 75 Prozent verzichten kann. Ich vermute an der Stelle ganz deutlich, dass der Druck der Dienstherren ganz oft auf die Gleichstellungsbeauftragten aufgemacht wird, dass sie nicht den Anspruch erheben, 75 Prozent ihrer Stelle wirklich mit dem Thema Gleichstellung zu befassen. Das ist ein großes negatives Element in § 22. Ich kann nur hoffen, dass in der Diskussion viele Vertreterinnen hier noch einmal ihren Finger in die sogenannte Wunde halten und dass dieser Satz aus dem Gesetzentwurf wieder herauskommt.
Wir sagen, wer Gleichstellung will, muss Gleichstellung umsetzen, und zwar sehr zeitnah. Wenn Gleichstellungspläne nur noch alle sechs Jahre verfasst werden und alle drei Jahre überprüft werden, gerät dieses Anliegen meiner Meinung nach aus dem Blick. Sie nennen es Verwaltungsvereinfachung, ich spreche da einfach eine andere Sprache. Sicher, wenn man die Förderung von Frauen im öffentlichen Dienst immer nur mit Verwaltungslast, nicht aber mit einem wirklichen Anliegen sieht, um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, dann
Werte Frau Taubert, werte Frau Arenhövel, ich weiß, Sie haben sich bemüht in den letzten Jahren, nicht alle Wunschträume sind wahr geworden, auch in diesem Gesetzentwurf nicht. Ich weiß, Sie sind auch nicht mit der Anzahl der Frauen in Führungspositionen in den Thüringer Ministerien und nachgeordneten Einrichtungen zufrieden, aber dann lassen Sie uns wirklich diese Paragraphen noch einmal sehr intensiv anschauen, denn so ein bisschen Sanktionen gehören meiner Meinung nach hinein. Auch der Druck muss an der Stelle viel intensiver verstärkt werden. Da denke ich auch, die Zeit, alle sechs Jahre und alle drei Jahre nur noch mal zu überprüfen, ist mir da einfach zu lang. Aber das sollten wir gemeinsam im Ausschuss bereden.
Ich will noch mal ein paar Sätze sagen zu der heute Morgen in den Medien verbreiteten Nachricht, die ich sehr wohl gehört habe, dass die Mehrheit im Bundesrat für den Antrag der Hamburger Justizsenatorin, eine Aufsichtsratsquote von 40 Prozent, steht. Ich fand das gut.
Ich finde auch gut, wenn sich andere Landesregierungen jetzt dazu durchringen können. Ich würde mir auch wünschen, dass wir diese 40-prozentige Quote in diesem Gesetzentwurf formulieren könnten.
Dann hätten wir eine wirkliche Chance, über die nächsten Jahre hinweg genau das auch einzufordern. Aber auch hier bin ich offen und sage, wir werden gemeinsam in den Ausschüssen sicher das Thema der Quote anreißen und diskutieren.
Die Gesamteinschätzung bei mir für dieses Gesetz heißt: Abbauen, ausdünnen, versäumen, das ist noch kein wirkliches Instrument eines neuen Thüringer Gleichstellungsgesetzes. Wir sollten also gemeinsam die Chance nutzen, den Gesetzentwurf der Landesregierung, aber vor allem auch den Gesetzentwurf meiner Fraktion, der seit Januar dieses Jahres im Ausschuss liegt, der an vielen Stellen gute, und, ich denke, sogar bessere Formulierungen und Paragraphen beinhaltet, die wirkliche Gleichstellung zukünftig beinhalten, diskutieren. Ich möchte auch, dass wir gemeinsam den Gesetzentwurf der Landesregierung und den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in einer öffentlichen Anhörung diskutieren, den Erfahrungsaustausch durchführen und die Hinweise der Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen, in den Ministerien und, und, und ernst nehmen und so zu einem guten Thüringer Gleichstellungsgesetz ab dem Jahr 2013 kommen. Danke schön.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stange. Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Kemmerich für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vielen Dank noch mal zunächst an die Verfasser des Entwurfs in der Vorlage.
Ich denke, man merkt diesem Entwurf an, dass sich hier tatsächlich sehr viel Mühe gemacht worden ist, aber auch sehr viele Gedanken gemacht worden sind, wie man denn in diesem Spannungsfeld sinnvolle Regelungen macht. Natürlich werde ich nicht all diesen Ansätzen zustimmen können und werden. Allerdings muss ich hiermit anerkennen, dass es doch ein ausgewogener Entwurf ist, in dem vielerlei Strömungen - und es bleibt jedem unbenommen, auf seiner Meinung zu beharren - enthalten sind.
Sehr loben will ich an dieser Stelle die §§ 10 ff., die gesetzlich eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf, Karriere und Familie für Frauen und Männer festschreiben und normieren. Ich denke, das - und auch wir haben an der Stelle schon gefordert - ist der Schlüssel, um wirklich gleichen Zugang zu Positionen, zu Karrierechancen zu ermöglichen und auch hier die ausdrückliche Betonung, dass Teleund Heimarbeit einzuarbeiten ist in Stellenpläne und dass es möglich ist, dass, wenn auf eigenen Wunsch eine Teilzeitbeschäftigung eingegangen worden ist, jederzeit die Rückkehr in eine Vollbeschäftigung wieder stattfinden kann.
Das gesetzlich zu normieren, ist ein guter Weg. Allerdings, meine Damen und Herren, soll das die Regierung und uns alle nicht entlassen, weiter an Betreuungsmöglichkeiten zu arbeiten für Kinder, dass diese in ausreichender Form zur Verfügung stehen und entsprechend bedarfsorientiert und flexibel auch abzurufen sind.
Kind und Karriere, da ist der Schlüssel für die Gesellschaft, auch für die Gleichstellung. Insofern sollten wir hier nicht nachlassen. Was Frau Stange missfällt, gefällt uns. Das ist ganz leicht, das kann ich hier relativ schnell machen.
Ich denke, es ist eine sehr sinnvolle Entbürokratisierung, die Gleichstellungsbeauftragten wirklich da zu konzentrieren, wo sie wirken können, dass wir
hier eine Reduzierung auf 48 betroffene Gemeinden vornehmen, dass wir die Berichtspflichten entbürokratisiert haben, dass diese Pläne etwas längerfristig erstellt werden, natürlich evaluiert werden. Bürokratie wird keiner Sache dienlich werden. Insofern denke ich, dass hier in dem Gesetzentwurf mit der versuchten Kostenneutralität ein guter Ansatz gemacht worden ist und den Ansatz zu entbürokratisieren. Alles andere ist hier schon mal gesagt worden von der Ministerin, auch von Frau Stange, insofern kann ich mir das sparen.
Jetzt kommen wir aber zu dem Wort der Unterrepräsentanz. Ich habe gesagt, es ist sicherlich versucht worden, hier sehr ausgewogen und, wie gesagt, was Frau Stange da missfällt, ist genau das, wo ich sagte, es ist genug Flexibilität drin, dass man, wenn man eine solche Unterrepräsentanz feststellt, flexibel darauf reagieren kann und kein absolutes Muss - davor kann ich nur warnen - dafür besteht, 40 Prozent welchen Geschlechts auch immer aufzustocken. Es gibt Dienststellen heute schon, eine ist zum Beispiel die IHK hier gegenüber, die ist eigentlich auch eine Dienststelle im Sinne des Gesetzes, dort arbeiten überwiegend Frauen.
Ich sage gar nichts dagegen. Ich finde das sehr positiv. Was aber jetzt schlimm wäre, wenn jetzt der Dienststellenleiter hingehen müsste und einen Gleichstellungsplan aufstellen muss, wie er denn die Unterrepräsentanz von Männern dort beseitigt.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Kemmerich hat es immer noch nicht verstanden.)
Das steht in diesem Gesetz und genau das ist das Problem. Kommen wir doch zu dem Moloch insgesamt Gleichstellungsplan. Wir sprachen Entbürokratisierung an. Ich halte diese Gleichstellungspläne, damit wir auch wieder ein bisschen Stimmung bekommen, insgesamt für entbehrlich.
Denn ein vernünftiges Personalführungskonzept, was jedes Unternehmen machen muss, ein vernünftiges Personalführungskonzept, was auch jede Behörde, jede Dienststelle machen sollte, umfasst auch die Reflexion auf eine gendergerechte Aufteilung der Arbeitsplätze zwischen Mann und Frau. Da ist Teambildung zu fahren.
führte Dienststellen sollten ein solches Personalentwicklungskonzept haben. Da sollte dann die Genderfrage enthalten sein.
Frau Ministerin sagte, wir wären in Deutschland führend durch das aktive Wahlrecht von Frauen und Männern. Dann weiß ich allerdings nicht, warum man sich nicht den Schritt getraut hat, auch das passive Wahlrecht auf Männer zu erstrecken, warum
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stellen Sie sich mal vor, Herr Kemmerich wäre Gleichstellungsbeauf- tragter.)
sollten Männer nicht Gleichstellungsbeauftragter sein? Die Frage kann mir keiner beantworten. Ich weiß auch in der CDU einen prominenten Vertreter, der