Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

4. Wie plant die Landesregierung die Problematik, dass das Land den Kommunen die Kosten teilweise nur für Einzelarbeitsplätze des Wachpersonals erstattet und damit dessen Schutz nach § 3a Arbeitsstättenverordnung nicht gewährleistet wird, zu lösen?

Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Herr Minister Lauinger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Meißner beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Richtlinie tritt mit Unterzeichnung rückwirkend zum 1. Januar 2018 in Kraft. Die Richtlinie wird zeitnah unterzeichnet, nach derzeitigem Sachstand noch im März.

Zu Frage 2: Ein aufwendiges Antragsverfahren ist gerade nicht vorgesehen. Die Förderung kann auf einem Formblatt beantragt werden, das den Landkreisen und kreisfreien Städten bereitgestellt wird. Die Fördermittel können pauschal, ohne weitere Nachweise beantragt werden und werden an einem Termin pro Kalenderjahr ausgezahlt.

Zu Frage 3: Geflüchtete nach § 60 Abs. 5 bis 7 Aufenthaltsgesetz mit Aufenthaltserlaubnis (§ 25 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz) sind in der statistischen Anteilsberechnung nicht berücksichtigt. Für den

(Abg. Rothe-Beinlich)

Verteilschlüssel sind nur die Personengruppen nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes zugrunde gelegt, da es sich hierbei um die zahlenmäßig stärkste und relevanteste Gruppe in Bezug auf die Ziele der Richtlinie handelt. Die Höhe der zu verteilenden Fördermittel ermöglicht eine qualifizierte, migrationsspezifische, soziale Beratung und Betreuung, auch für aufgenommene Familienangehörige und weitere Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis.

Zu Frage 4: Das Land erstattet den Landkreisen und kreisfreien Städten die für die Bewachung von Gemeinschaftsunterkünften anfallenden Kosten auf der Grundlage einer Verwaltungsvorschrift und vorgelegter Nachweise. Die Verwaltungsvorschrift staffelt die Kostenerstattung ausdrücklich nach der Größe einer Gemeinschaftsunterkunft und erlaubt Einzelfallentscheidungen nach Gefahrenlage sowie den konkreten örtlichen Verhältnissen. Vielen Dank.

Es gibt eine Nachfrage der Antragstellerin.

Ich habe eine Nachfrage zur letzten Frage, zur Erstattung für Einzelwachpersonal. Ich kenne diese Verwaltungsvorschrift und da ist es so, dass das Land auch nur Kosten für einzelne Personen erstattet. Dieses einzelne Personal, also eine einzelne Wachperson, ist aber nicht entsprechend dem Arbeitsschutz. Deswegen ist die Frage: Gedenken Sie, über diese Einzelförderung bzw. Förderung für Einzelpersonen hinaus das Ganze auszuweiten?

Da will ich noch mal so antworten, wie ich eben geantwortet habe. Je nach Einzelfallentscheidung und konkreter Gefahrenlage und den örtlichen Verhältnissen haben wir immer gesagt, dass wir auch bereit zu Einzelfallentscheidungen sind.

Es gibt jetzt keine weiteren Nachfragen. Dann rufe ich die nächste Mündliche Anfrage der Abgeordneten Astrid Rothe-Beinlich, Bündnis 90/Die Grünen, in Drucksache 6/5387 auf.

Vielen Dank.

Ökumenische Bahnhofsmission Erfurt e. V. weiter ohne Räume am ICE-Knoten Erfurt

Die Bahnhofsmission ist deutschlandweit mit ihren Helferinnen und Helfern, den „Engeln am Zug“, auf

Bahnhöfen unterwegs. Auf den meisten Bahnhöfen hat sie auch einen festen Sitz in Form einer Räumlichkeit, in welchem sich die Helfenden und Hilfesuchenden aufhalten, Probleme klären und Unterstützung organisieren können. Der Erfurter Hauptbahnhof ist auch Dank der neuen Funktion als ICE-Knoten ein zentraler Umsteigeort in Deutschland.

In Erfurt gab es leider bis zum Jahr 2017 keine Bahnhofsmission. Im Juli 2017 gründete sich der Verein Ökumenische Bahnhofsmission Erfurt e. V., der nunmehr seit knapp einem Jahr ehrenamtlich freitags von 14.00 bis 18.00 Uhr Reisende unterstützt und begleitet. 14 Ehrenamtliche sind seitdem Woche für Woche als „Engel am Zug“ im Einsatz und das Bahnhofsmanagement weiß den Einsatz durchaus zu würdigen. Auch mit der Stadt Erfurt gibt es immer wieder Gespräche, da es dem Verein zwar gelungen ist, finanzielle Unterstützung von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (für Per- sonal zur Koordinierung) und vom Bonifatiuswerk (für notwendige Sachkosten) einzuwerben, es aber an einer Räumlichkeit auf dem Bahnhof oder zumindest in unmittelbarer Nähe fehlt, um die Arbeit auf weitere Tage auszuweiten und eine Anlaufstelle auch für Betroffene zu haben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Notwendigkeit und zum Engagement der Ökumenischen Bahnhofsmission Erfurt e. V. am ICEKnoten Erfurt?

2. Gibt es aus Sicht der Landesregierung die Möglichkeit, möglichst zeitnah Räumlichkeiten in unmittelbarer Bahnhofsnähe zur Verfügung zu stellen und – wenn ja – wo?

3. Wäre die Landesregierung bereit, mit der Deutschen Bahn gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um beispielsweise auf den Gleisen 3 bis 5 – im Übergang, denn dort sieht die Deutsche Bahn durchaus Kapazitäten – Räumlichkeiten, zum Beispiel in Form eines Bürocontainers, zu schaffen und – wenn nein – warum nicht?

4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um der ehrenamtlichen Initiative die Unterstützung zukommen zu lassen, die ein kontinuierliches Arbeiten als „Engel am Zug“ am ICE-Knoten Erfurt ermöglicht?

Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Staatssekretär Dr. Sühl.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der

(Minister Lauinger)

Abgeordneten Frau Rothe-Beinlich beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Thüringer Landesregierung hält die Arbeit der Bahnhofsmission in Deutschland für wichtig und wertvoll. Die Bemühungen des Vereins Ökumenische Bahnhofsmission Erfurt e. V. zur Einrichtung einer Bahnhofsmission in Erfurt werden begrüßt. Eine zentrale Anlaufstelle für Hilfesuchende am ICE-Knoten Erfurt wird unterstützt.

Zu Frage 2: Im Ergebnis der Gespräche zwischen der Deutschen Bahn AG und dem Verein wurde eine Interimslösung gefunden. Der Verein soll übergangsweise in Räumen der DB Station&Service AG im Bahnhofsgebäude untergebracht werden.

Zu Fragen 3 und 4: Die Landesregierung ist in den Gesprächsprozess eingebunden. Eine bauliche Dauerlösung, beispielsweise in Form eines Containers, wird unterstützt. Die Beteiligten haben erfolgreich an einer Lösung gearbeitet. Die Landesregierung ist zuversichtlich, dass die ehrenamtliche Arbeit im Interesse aller Betroffenen erfolgreich auch am Bahnhof Erfurt durchgeführt werden kann. Danke schön.

Es gibt eine Nachfrage der Antragstellerin.

Ich hätte eine Nachfrage zu der Interimslösung. Meinen Sie mit der Interimslösung den 13 Quadratmeter großen Raum ohne Fenster, in dem sich auch die Sicherheitstechnik vom Bahnhof befindet? Das kann – jedenfalls aus meiner Sicht – kein Angebot sein. Wenn ich auch eine zweite Frage stellen darf: Sie haben gesagt, eine Dauerlösung wird unterstützt. Wann ist damit zu rechnen, dass sich eine Dauerlösung auf dem Bahnhof wiederfindet?

In der Tat, diese Interimslösung ist eine Interimslösung und kann nicht als befriedigend für die Unterbringung der Bahnhofsmission angesehen werden. Wir gehen davon aus, dass eine Dauerlösung in Form eines Containers in nicht allzu ferner Zukunft realisierbar ist. Nähere Auskünfte dazu habe ich im Moment nicht.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Dann rufe ich die nächste Mündliche Anfrage des Abgeordneten Zippel, Fraktion der CDU, in Drucksache 6/5393 auf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Am 8. März 2018 teilte die Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie über den Kurznachrichtendienst Twitter unter @Min_HeikeWerner Folgendes mit: „Die Abschaffung der § 218 bis § 219b Strafgesetzbuch ist längst überfällig.“ Bei einer ersatzlosen Streichung der §§ 218 bis 219b Strafgesetzbuch wäre eine straffreie Abtreibung bis zum neunten Schwangerschaftsmonat generell möglich, auch wenn keine Gefahr für das Leben bzw. den körperlichen oder seelischen Gesundheitszustand der Schwangeren besteht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Teilt die Landesregierung die Ansicht der Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, dass die §§ 218 bis 219b Strafgesetzbuch abzuschaffen seien und – falls ja – wie begründet die Landesregierung dies?

2. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass jeglicher rechtliche Schutz für das ungeborene Leben unnötig sei und – falls ja – wie begründet die Landesregierung dies?

3. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung gegebenenfalls, um eine Abschaffung der §§ 218 bis 219b Strafgesetzbuch herbeizuführen?

Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Ministerin Werner.

Herzlichen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung als Kollegialorgan hat sich zu der mit der im Zusammenhang mit der Fragestellung stehenden Thematik noch nicht befasst und sich somit keine umfassende und abschließende Meinung gebildet. Insofern kann sie die erfragte Ansicht weder teilen noch ablehnen. Der in Rede stehende Tweet wurde auch nur durch mich als zuständige Frauenministerin im Kontext in dem alljährlich am 8. März stattfindenden Internationalen Frauentag getätigt und ist als Postulat nach mehr Selbstbestimmung aller Frauen und Mädchen über ihren eigenen Körper zu verstehen. Im Übrigen darf ich natürlich auch auf die speziellen verfassungsrechtlichen Erfordernisse, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf Schwanger

(Staatssekretär Dr. Sühl)

schaftsabbrüche aufgestellt hat, hinweisen. Hierzu zählen ja insbesondere auch die Notwendigkeit, staatlicherseits genügend Maßnahmen zu ergreifen, und das Untermaßverbot zum Nachteil des noch nicht geborenen Lebens nicht zu verletzen. Der Landesregierung ist natürlich auch bekannt, dass es an diesen Entscheidungen in der Fachwelt Kritik gibt und gab. Diese reichen von Sondervoten von Verfassungsrichtern, die an den betreffenden Entscheidungen beteiligt waren, bis hin zu den nach wie vor in den rechtlichen wie politischen Debatten zu vernehmenden Argumente. Insofern ist also der Tweet als Statement zu verstehen, welches die politische Diskussion um dieses Thema benennt und Bezug nimmt auf Debatten, die es ja in der Frauenbewegung seit der „Weimarer Republik“ zu diesem Thema gibt, wieder nach der Wende, aber auch heute, wenn es um diesen § 219a Strafgesetzbuch geht.

Im Kern jedoch muss alles dafür getan werden, damit die §§ 218 ff. Strafgesetzbuch auf ihr verfassungsrechtlich unbedingt erforderliches Maß reduziert werden, um den Frauen so viel Freiheit zu geben, wie es unser Grundgesetz in diesem Bereich nur hergibt. Das bedeutet, die Abschaffung der Paragrafen in der derzeitigen Form; dazu gehört eben auch die Streichung des Werbeverbots nach § 219a Strafgesetzbuch, wer auf die Vornahme von Abbrüchen unsachlich und reißerisch aufmerksam macht, dem ist standesrechtlich und wettbewerbsrechtlich beizukommen. Aber hierzu bedarf es nicht eines generellen oder strafrechtlich bewehrten Verbots. Genauso gehört für mich dazu, die derzeitige Höhe der Strafandrohung für die gesetzlich vorgesehene Form und den Inhalt der Beratung und weitere Umstände, die den Beteiligten unwillige Härten auferlegen, zu debattieren und diese so weit zurückzufahren, wie es unsere Verfassung gestattet.

Zu Frage 2: Hier möchte ich noch mal grundsätzlich auf die Beantwortung in der Frage 1 verweisen. Der Schutz des ungeborenen menschlichen Lebens ist natürlich in dem verfassungsrechtlich zwingend erforderlichen Maß zu gewähren, aber eben auch nur in diesem und gerade nicht darüber hinausgehend.

Zu Frage 3: Die Landesregierungen von Berlin, Hamburg und Thüringen haben bereits im Dezember 2017 beschlossen, eine Initiative im Bundesrat einzubringen, die die Aufhebung des § 219a StGB anstrebt. Die Strafvorschrift des § 219a verbietet – wie bereits erwähnt – Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft sowie für Mittel, Gegenstände und Verfahren, die zum Abbruch einer Schwangerschaft geeignet sind. Ein solches Werbeverbot wurde zunächst als 1933 § 219 in das damalige Reichsstrafgesetzbuch eingeführt und im Folgenden grundgesetzlich beibehalten, während sich die Regelungen zur Straffreiheit des Abbruchs der Schwangerschaft grundlegend veränderten. Das Sanktionieren des Anbietens von sachlichen Infor

mationen zu Schwangerschaftsabbrüchen ist weder zeitgemäß noch rechtspolitisch sinnvoll. Dadurch wird die faktische Inanspruchnahme der Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch, wie es § 218 StGB in bestimmten Konstellationen ermöglicht, wegen mangelnder Information über ausführende Ärztinnen und Ärzte begrenzt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat vor zehn Jahren ausgeführt: „Wenn die Rechtsordnung Wege zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Ärzte eröffnet, muss es dem Arzt auch ohne negative Folgen für ihn möglich sein, darauf hinzuweisen, dass Patientinnen seine Dienste in Anspruch nehmen können.“ Deshalb widerspricht unseres Erachtens die Vorschrift des § 219a StGB den Erfordernissen an Informationsfreiheit und Selbstbestimmung, wie freie Arztwahl, und ist auch hinsichtlich der Ausübung der Berufsfreiheit nicht unkritisch. Schwangere sollen durch Informationen in die Lage versetzt werden, selbstständig zu entscheiden, wie und bei welcher Ärztin oder bei welchem Arzt sie ihren Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen. Ärztinnen und Ärzte müssen ihrer Aufklärungspflicht gegenüber Patientinnen nachkommen können. Sie dürfen mit dem bloßen Hinweis auf die Vornahmen von Schwangerschaftsabbrüchen nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Darüber hinaus gibt es keine konkreten Planungen oder Maßnahmen der Landesregierung, die auf eine Änderung der §§ 218 ff. StGB abzielen.

Danke.