Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

Für die Landesregierung antwortet die Staatskanzlei, Herr Prof. Dr. Hoff.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Lieber Herr Wirkner, die Landesregierung führt seit Februar 2015 Gespräche mit den Trägern und Intendanten der Thüringer Theater und Orchester über die Finanzierungsverträge ab 2017. Dazu haben bereits folgende Runden stattgefunden: Wir haben uns einmal mit den Intendantinnen und Intendanten getroffen, wir haben dann eine Runde mit den Trägern gemacht als Auftakt, haben uns wieder mit den Intendantinnen und Intendanten getroffen und es fanden Einzelgespräche mit allen Trägerkommunen statt, also auch beispielsweise mit Saalfeld-Rudolstadt Landkreis und der Stadt. Es ist vorgesehen, die Gespräche bis Herbst 2015 abzuschließen und anschließend entsprechende Finanzierungsverträge vorzubereiten.

Zu Ihrer Frage 2: Wir werden im Rahmen der Verhandlungen auch über eine Verbesserung der Bezahlung der am Theater Beschäftigten sprechen. Unser Ziel ist es, den Abstand zum Flächentarif zu verringern. Der Punkt ist, dass dies bedeutet, ein Modell zu finden, das sich auch im Rahmen des Landeshaushalts abbildet auf der einen Seite und das quasi eine Zukunftsfähigkeit der Theater- und Orchesterstrukturen langfristig voraussetzt. Insofern müssen wir uns über die dafür erforderlichen Mehraufwendungen zwischen den Trägern des Theaters und dem Land verständigen, auch über die gerechte Verteilung dieser Mehrausgaben.

Zu Ihrer Frage 3: Der Wunsch nach einer Veränderung des Finanzierungsschlüssels ist an die Landesregierung auch nicht das erste Mal herangetra

gen worden. Man kann hier über sehr unterschiedliche Modelle nachdenken, die aber auch wieder von den Spielräumen im Landeshaushalt abhängen und von der Gesamtbetrachtung der zukünftigen Theater- und Orchesterfinanzierung bzw. Theater- und Orchesterstruktur in Thüringen. Dabei steht die Sicherung von Angebot und Qualität der Theater und Orchester unter der Beachtung ihrer Finanzierbarkeit durch die Zuwendungsgeber im Mittelpunkt. Das heißt, wir müssen eine Struktur finden, von der wir überzeugt sind, dass sie für die nächsten 10, 15 Jahre hält auf der einen Seite. Wir müssen uns auch überlegen, wie die Arbeitsteilung zwischen den Landestheatern und den Orchestern ist und finanzieren wir in eine Struktur, die auch für die nächsten 10, 15 Jahre haltbar ist. Dann können wir über die Laufzeit von Finanzierungsverträgen sprechen, die möglicherweise auch ein bisschen länger sind, als sie jetzt sind. Saalfeld-Rudolstadt ist eines der Häuser, die in einem Gesamtkonzert – um ein bisschen im Bild zu bleiben – der Theater- und Orchesterstruktur in Thüringen insgesamt stehen.

Gestatten Sie noch eine Nachfrage?

Sehr gern.

Die Frage müssen Sie mir schon überlassen, Herr Wirkner. Gibt es eine Nachfrage?

Ja, bitte.

Bitte schön.

Dazu noch mal grundsätzlich die Frage: Hat die Landesregierung trotzdem vor, den Finanzierungsrahmen so zu gestalten, dass die Sparten am Theater – also Schauspiel und Orchester – erhalten bleiben können?

Herr Prof. Hoff, bitte schön.

(Abg. Wirkner)

Sie haben gefragt: Bleibt das Orchester, bleibt das Schauspiel? Ja, der entscheidende Punkt für uns ist: Sind die Strukturen in allen Theatern und Orchestern, sind die Arbeitsbeziehungen, die es zwischen den sehr unterschiedlichen Theatern und Orchestern gibt, derzeit in Thüringen so, dass sie auch wirklich zukunftsfest sind? Funktioniert also beispielsweise die Kooperation zwischen Meiningen und Eisenach so gut, wie sie beispielsweise zwischen Rudolstadt und Nordhausen ja schon seit langer Zeit funktioniert? Wie sieht es mit der Gesamtbetrachtung der Ballettstrukturen beispielsweise aus? Wie sieht es mit Schwerpunktsetzungen und Arbeitsteilung aus? Insofern, ich verstehe, dass Sie als mit einem bestimmten Regionalfokus orientierter Abgeordneter den Blick vor allem auf Saalfeld-Rudolstadt – exzellentes Haus, hervorragender Intendant – richten. Meine Aufgabe als Kulturminister liegt nun darin, die Gesamtlandesentwicklung im Blick zu haben. Insofern ist Saalfeld-Rudolstadt ein – und auch ein ganz hervorragendes – Element, aber eines unter verschiedenen Landestheatern.

Vielen Dank. Gibt es weitere Nachfragen? Die kann ich nicht erkennen. Wir kommen zur nächsten Frage, die in der Drucksache 6/411. Frau Abgeordnete Leukefeld.

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

Die Medien berichteten, dass Anfang März dieses Jahres die Industrie- und Handelskammer Erfurt gemeinsam mit der Thüringer Landesregierung das Pilotprojekt „Vocational Training Center“ startete.

Dessen Ziel ist die Begleitung junger Flüchtlinge und Einwanderer in die duale Berufsausbildung. Damit wollen Wirtschaft und Politik in Thüringen zwei Herausforderungen meistern: die steigende Flüchtlingszahl und die Besetzung freier Lehrstellen. Mit gezielter Betreuung sollen Asylbewerber künftig besser in den Arbeitsmarkt finden. Bei diesem Projekt liege der Schwerpunkt auf der zielgerichteten Betreuung junger Menschen von der Ankunft in Thüringen bis hinein in den Beruf. Wie der IHK-Geschäftsführer in den Medien wissen ließ, könne man ohne Zuwanderung freie Lehrstellen im Land künftig nicht mehr besetzen.

Das Projekt soll zunächst sechs Monate testweise laufen und bis zu 120 Asylbewerbern in der Region Erfurt eine bessere Chance auf eine erfolgreiche Ausbildung im Freistaat ermöglichen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Auf welchen Inhalten sowie auf welchen Finanzierungsgrundlagen und Finanzierungsquellen basiert dieses Projekt?

2. Welche Voraussetzungen müssen die Asylbewerberinnen und Asylbewerber erfüllen, um an diesem Projekt teilnehmen zu können?

3. Ist vorgesehen, dieses Pilotprojekt auch auf andere Regionen zu übertragen, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

4. Gibt es weitere ähnliche Projekte von Kammern in Zusammenarbeit mit Landkreisen, die Asylbewerber aufnehmen, und wenn ja, welche?

Herzlichen Dank.

Für die Landesregierung antwortet Frau Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.

Danke. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete Frau Leukefeld, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Auf welchen Inhalten sowie welchen Finanzierungsquellen basiert dieses Projekt? Das „Vocational Training Center“ ist eine Eigeninitiative der Industrie- und Handelskammer Erfurt und arbeitet selbstverantwortlich in seiner Aufgabengestaltung. Die Kammer beabsichtigt, Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten über eine gezielte Beratung und mithilfe von Informationen an eine duale Ausbildung in den Kammerberufen heranzuführen. Nach meinem Kenntnisstand ist das Projekt mit einer Personalstelle besetzt. Allerdings sind darüber hinaus auch weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kammer mit konkreten Beratungsaufgaben betraut. Die IHK Erfurt finanziert das Vorhaben selbst.

Zu Frage 2, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um an dem Projekt teilhaben zu können: Da das Projekt eine Eigeninitiative der IHK Erfurt ist, nimmt die Landesregierung auf die von der Kammer gestellten Voraussetzungen keinen Einfluss. Die Kammer ist darüber hinaus aber an die gesetzlichen Vorgaben zum Arbeitsmarkt und Ausbildungsgang der jeweiligen Interessenten gebunden. Die Kammer hat selbstverständlich das Abstimmungsgespräch und die Vernetzung mit den an der Flüchtlingsbetreuung beteiligten Akteuren gesucht, damit das Projekt effektiv arbeiten kann. Die IHK Erfurt möchte insbesondere 16- bis 25-jährige Flüchtlinge im Raum Erfurt für eine Ausbildung gewinnen bzw. zumindest in vorbereitende Strukturen

integrieren. Grundsätzlich sind die Beratungsstrukturen auch für alle anderen Migrantinnen und Migranten mit einem Interesse an einer dualen Ausbildung in den Kammerberufen offen.

Zu Frage 3: Nach Aussage der Industrie- und Handelskammer sei vorstellbar, den Ansatz auch auf andere Regionen ausweiten, wenn sich das Projekt bewährt.

Zu Frage 4: Das Projekt der IHK Erfurt läuft erst an, darüber hinaus sind ähnliche Projekte der Kammern nicht bekannt. Allerdings sind in Thüringen die Akteure und Institutionen der Betreuung von Migrantinnen und Migranten mit bestimmten Schwerpunkten des Arbeits- und Ausbildungsmarkts auch bisher schon aktiv und vernetzt. Zu nennen sind hier beispielsweise das Thüringer Bleiberechtsnetzwerk, das Netzwerk Integration und Qualifizierung, das Welcome Center Thuringia, Stellen in den Kommunen und Landkreisen sowie generell die jeweiligen Agenturen für Arbeit. Soweit Asylbewerberinnen und Asylbewerber die rechtlichen Voraussetzungen zum Arbeitsmarkt- und Ausbildungszugang erfüllen, werden diese von den bestehenden Institutionen betreut und beraten. Danke schön.

Herzlichen Dank. Gibt es Nachfragen? Frau Abgeordnete Leukefeld zunächst.

Ja, erst einmal herzlichen Dank für die Antwort. Die Initiative, die hier die IHK Erfurt gestartet hat, ist eine sehr gute. Meine Rückfrage ist: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Ministerin, erwarten Sie dann von anderen Kammern auch eine solche Eigeninitiative? Das meine ich als Frage.

Und die zweite Frage, die ich dann gleich anschließen würde: Werden – wir haben ja heute den Einstieg in die Haushaltsdebatte gemacht – möglicherweise solche Projekte auch unterstützt werden oder teilweise auch finanziell unterstützt werden, damit wir schneller eine größere Breite auch unter dem Gesichtspunkt der vielen Flüchtlinge, die wir haben, wo wir auch viele gern hier behalten möchten, erreichen? Wird es also auch über den Haushalt Unterstützung geben, damit Kammern und andere Träger solche Projekte starten können?

Das war eine etwas lange Frage. Aber bitte schön, Frau Ministerin.

Ja, es waren sogar zwei Fragen. Zunächst möchte ich sagen, wir erwarten nicht nur die Eigeninitiative

der Kammern, sondern es gibt auch Signale von anderen Kammern, dass sie sich vorstellen könnten, in dem Bereich der Integration von Flüchtlingen und Migranten in den Arbeitsmarkt da auch einzusteigen und andere Projekte vielleicht zu starten. Da gibt es, denke ich, einen regen Austausch untereinander und es gab ja auch schon den Austausch im Rahmen des Flüchtlingsgipfels zu bestimmten neuen Projekten, die gestartet werden könnten.

Und zur zweiten Frage: Wenn das Landesarbeitsmarktprogramm, so wie es im Haushalt eingestellt ist, natürlich auch durch den Haushaltsgesetzgeber abgestimmt wird, könnten wir uns sehr gut vorstellen, im Rahmen beispielsweise dieser Richtlinie Projekte zu unterstützen, die die Integration von jungen Flüchtlingen, aber auch Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt ermöglichen.

Es gibt eine weitere Nachfrage. Frau Abgeordnete Berninger, bitte.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Für Flüchtlinge mit dem Aufenthaltspapier, der Aufenthaltsgestattung, gilt ja bis zum 3. Aufenthaltsmonat das Arbeitsverbot und ab dem 3. bis zum 15. wird eine Arbeitserlaubnis nur nach der sogenannten Vorrangprüfung erteilt. Nun wird es für dieses Projekt der IHK keine bevorrechtigten deutschen oder europäischen Ausländerinnen geben. Aber ist trotzdem eine Art Antragsverfahren notwendig oder ist formlos einfach durch die IHK die Teilnahme an diesen Kursen möglich?

Frau Ministerin.

Meines Wissens wird auf verschiedenste Flüchtlinge auch zugegangen im Rahmen des Projekts. Wie das genau umgesetzt wird, das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Das müsste man dann bei der Kammer noch einmal ganz gezielt nachfragen. Ansonsten, denke ich, werden auf Bundesebene auch Unternehmungen diskutiert, die es ermöglichen, sowohl Ausbildungen als auch Teilhabe am Arbeitsmarkt schon eher zu ermöglichen.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur nächsten Frage. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Korschewsky, Fraktion Die Linke, in der Drucksache 6/412.

(Ministerin Werner)

Vielen Dank, Herr Präsident!

Effekte bei der Einführung einer Bettensteuer bzw. Kulturförderabgabe im Freistaat Thüringen – nachgefragt

Aus der Antwort zur Kleinen Anfrage 127 „Effekte bei der Einführung einer sogenannten Bettensteuer bzw. Kulturförderabgabe im Freistaat Thüringen“ in der Drucksache 6/377 haben sich Nachfragen ergeben. Entsprechend der Antwort der Landesregierung enthalten die Satzungen zur Erhebung einer Bettensteuer bzw. Kulturförderabgabe keine Angaben zur Verwendung der Abgaben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Möglichkeiten und welches Erfordernis sieht die Landesregierung zur Änderung der entsprechenden Satzungen dahin gehend, dass eine Zweckbindung für die erzielten Einnahmen festgeschrieben wird?

2. Sieht die Landesregierung einen Zusammenhang zwischen der Erhebung von Kulturförderabgabe/Tourismusförderabgabe/Übernachtungssteuer und der Entwicklung der Übernachtungszahlen seit der Einführung der entsprechenden Steuer bzw. Abgabe, und wenn ja, welchen?