Wir haben seit gut drei Jahren eine intensive Diskussion hier im Land, und zwar mit der Reformkommission Schule, mit Minister Holter, eingesetzt vom Ministerpräsidenten, die Vorschläge für alle Schularten unterbreitet hat. Diese Vorschläge wurden breit diskutiert: in der Fachöffentlichkeit, mit den Lehrerinnen und Lehrern, mit den Verbänden, mit den Schülervertretern, Elternvertretern usw. Das Ganze ist in einen Thüringenplan gemündet und der Thüringenplan – das können Sie sich gern im Netz ansehen – ist heute schon zu gut 80 Prozent abgearbeitet. Wir haben ein Schulgesetz vorgelegt, welches genau die Thematik beinhaltet, wie wir zu einer besseren Lehrerversorgung kommen.
Die Einzigen, die im Bildungsausschuss keinen Antrag zum Schulgesetz eingebracht haben, sind die AfD und leider auch die CDU, das ist ein Armutszeugnis für diese ehemals große Partei. Schlussendlich stelle ich fest, diese Regierung und die sie tragenden Regierungsfraktionen handeln, damit beste Schule, bester Unterricht für alle Kinder hier in Thüringen sichergestellt werden kann. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen, sehr geehrte Zuschauer auf der Tribüne, wir haben jetzt zwei Reden gehört. Die eine Rede, die alles schwarzmalt, die andere Rede, die alles schön malt. Wahrscheinlich ist der Weg irgendwo dazwischen. Die Problematik dieser Aktuellen Stunde ist keine neue Aktuelle Stunde. Neu an der Thematik ist allerdings, wenn man die Kleinen Anfragen, aus denen Herr Wolf ja schon zitiert hat, mal zusammenlegt, die ich in den letzten drei Jahren zu dieser
Problematik gestellt habe: Im Schuljahr 2016/2017 waren 478 Klassen in Thüringen von fehlenden Zeugnisnoten betroffen. Ein Jahr später, im Schuljahr 2017/2018, waren es schon 610 Klassen, die davon betroffen waren, und im Schuljahr 2018/2019 sind es nun 644 Klassen, die davon betroffen sind.
Das ist innerhalb von zwei Jahren eine Steigerung von nahezu 30 Prozent an Klassen und Schülern, die auf Zeugnissen keine Note bekommen; fast 13.000 Schülerinnen und Schüler, 3.000 Schüler mehr als vor zwei Jahren, denen das Recht auf vollständige Zeugnisse verweigert wird. Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind erneut die Thüringer Regelschulen. Herr Wolf, keinen einzigen Vorschlag habe ich jetzt in Ihrer Rede gehört, wie Sie die Regelschule stärken wollen. Die Angleichung, auf die Sie verweisen, ist von den Bundesländern um Thüringen herum schon lange vollzogen. Wir müssen endlich dazu kommen.
Alle anderen Bundesländer um uns herum, die die A 13 für Regelschulen eingeführt haben, stellen übrigens einen CDU-Kultusminister, Frau Kollegin.
Der Vergleich über die Jahre zeigt auch ein weiteres Phänomen: Waren vor zwei Jahren vor allem zwei Schulamtsbereiche von der Problematik fehlender Zeugnisnoten betroffen, nämlich Nord- und Ostthüringen, ist es inzwischen ein flächendeckendes Problem. Massive Steigerungen in Mittelthüringen mit 147 Klassen, in Westthüringen 134 Klassen, Nordthüringen – immer noch Spitzenreiter – mit fast 170 Klassen. Diese steigenden Zahlen – überall, landauf, landab – sind inzwischen, so kann man sagen, zum Markenzeichen der Bildungspolitik von Linken, SPD und Grünen in unserem Land geworden. Es ist ein Armutszeugnis, wenn der zuständige Minister jetzt ankündigt: Wir können auch zum Schuljahresende nicht garantieren, dass die Zeugnisse vollständig sind. Schüler haben eine Schulpflicht, aber Schüler haben eben auch ein Recht auf eine vollständige Benotung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei Jahre nach einer Regierungserklärung, die den Thüringerinnen und Thüringern die Unterrichtsgarantie angekündigt hat, sind wir von dieser weiter entfernt denn je. In der Tat: Vieles wurde diskutiert, manches wurde auf den Weg gebracht, weniges beschlossen, aber vieles wurde im Vollzug – und das ist das Problem – halbherzig umgesetzt, einerseits, weil handwerklich schlecht gemacht, andererseits,
weil Rot-Rot-Grün manche Maßnahme, die sie beschließt, selbst nicht so richtig will. Ich denke nur an die Verbeamtung oder an die Seiteneinsteiger.
Ihr größtes Problem ist nämlich: Sie ordnen die dringend benötigten Sofortmaßnahmen zur Bewältigung des Generationswechsels einer bildungspolitischen Ideologie unter, die auf Gleichmacherei setzt. Vier Beispiele: Regelschullehrerbesoldung verbessert – erster Schritt, zweiter soll kommen, gleichzeitig Beförderungssystem in Thüringen abgeschafft. Seiteneinsteiger in den Schuldienst eingeführt, weniger eingestellt und Qualifizierungsverfahren nicht ausreichend entwickelt. Unterjährige Einstellungen zugelassen, aber fehlende Personalplanung und zentralistische Steuerung erschweren dieses Instrument. Schulbudgets eingeführt – Wirkung und Zielstellung verfehlt. Es bleibt dabei: Wir brauchen wirksame Sofortmaßnahmen, wir brauchen kein Schulgesetz, was die Probleme noch mehr verstärken wird, wir brauchen mehr Ausbildung, wir brauchen attraktive Stellen und schnelle Einstellungsverfahren und unsere Schülerinnen und Schüler brauchen alle Noten auf den Zeugnissen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine werten Damen und Herren, sehr geehrte Zuhörer und Zuhörerinnen! Nein, wir haben nicht umstrukturiert in der SPD-Fraktion. Kollege Hartung hatte am Montag eine OP und ist gesundheitlich noch nicht in der Lage, sich hier den Themen so zu stellen, wie es angemessen wäre. Aus diesem Grund habe ich ihm versprochen, ihn heute hier hoffentlich angemessen zu vertreten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir bitte als jemand, der hier eigentlich für Hochschulen zuständig ist, eine Frage zu stellen. Werte Damen und Herren von der AfD-Fraktion, ich denke die ganze Zeit darüber nach: Was ist an dem Thema aktuell? Ich bin jetzt leider nicht gerade der jüngste der Jahrgänge hier im Thüringer Landtag, aber auch zu meiner Zeit gab es Zeugnisse, wo Noten fehlten. Dieses Phänomen gibt es und gab es seit 1990, egal in welcher Farbe der Bildungsminis
ter hier diesen Stuhl ausfüllte, in diesem Haus wohnte. Deswegen, Herr Tischner, die Dramatik, die Sie heute hier so darstellen und spielen, ist eine Dramatik, die – Sie wissen ja, im Hintergrund bin ich Ingenieur – mit einer Korrelation verschiedener Faktoren zu tun hat; das möge hier so gesagt werden.
Ich erinnere mich an eine Zeit unter einem CDU-Bildungsminister, wo wir hier sagten: viel zu viele Lehrer im Freistaat Thüringen. Es gibt keine Kinder, wir müssen leider unsere gut qualifizierten Lehrer, übrigens überwiegend damals noch zu DDR-Zeiten qualifiziert, nach Hause schicken. Das Ding nannte sich, glaube ich, Floating – einer der schlimmsten Begriffe. Ergo, die neue Generation lernte: Wenn du in Thüringen arbeiten willst, werde nicht Lehrer. Ergo, wir haben keine Studierenden; ergo, wir haben am Ende des Tages nach einem mehrjährigen Studium – meines Wissens als Hochschulpolitikerin ist man so um die fünf Jahre mit dem Thema beschäftigt, bevor man qualifizierter Lehrer ist – natürlich keine Lehrer, die wir einstellen können. Und, Herr Tischner, diese Bemerkung sei mir wohl erlaubt, weil ich auch in der letzten Legislatur sehr unter dem qualifizierten CDU-Finanzminister Voß gearbeitet habe: Die Argumentation, mehr Geld in Lehrer und Bildung reinzustecken, war schon ein sehr dickes Brett und an dem habe ich mit gebohrt. Und die A13 konnten wir, das heißt Rot- – gut zuhören! – Rot-Grün einführen, und vorher war es Teufelszeug, über solche Dinge überhaupt zu sprechen.
Besonders sei hier gesagt, ich werbe für einen wunderschönen Beruf, meine sehr geehrten Damen und Herren, alle, die mir hier zuhören: Bitte werden Sie Lehrer! Wir haben etwas getan, wir haben – jetzt kommen von mir die Zahlen –, 2.506 unbefristete Einstellungen an Schulen vorgenommen. Es werden noch 1.200 weitere in diesem Jahr folgen. Wir freuen uns auf jeden motivierten, gut qualifizierten Lehrer in unseren Schulen. Und wir sind dran, es zu korrigieren. Nur, sehr geehrte Damen und Herren, 20 Jahre eingebrannter Mist kann man nun in fünf Jahren nicht grundlegend verändern, sondern wir haben ein Fundament gelegt, ein schönes Pflänzlein gepflanzt. Wir werden es weiterhin gießen und dafür Sorge tragen. Und, werter Herr Tischner, am Ende des Tages unterstützt mancher Lehrer in unserem Rund doch besser den Unterricht in Schulen vor Ort als hier mit seinen Beiträgen. Danke schön.
Danke schön. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir noch mal ganz kurz an die erste Aktuelle Stunde denken, da ist die AfD hier nach vorn gegangen und hat uns Grünen Alarmismus vorgeworfen, weil wir vor dem Artensterben gewarnt haben. Wenige Minuten später geht die AfD hier nach vorn und redet im Prinzip vom Zusammenbruch des Bildungssystems, weil auf etwa siebeneinhalb Prozent der Zeugnisse, die zum Halbjahr ausgestellt wurden, Noten fehlen. Warum wage ich diesen vielleicht etwas abenteuerlich anmutenden Vergleich? Weil das eine wie das andere von Ihnen von der AfD eine gnadenlose Zuspitzung, man könnte auch sagen Populismus, ist. Jede Zeugnisnote, die fehlt, ist eine zu viel. Da sind wir uns völlig einig. Und das wissen Sie auch, Herr Tischner, dass wir tatsächlich alles daran setzen, um mehr Lehrerinnen und Lehrer in unsere Schulen zu bringen.
Aber da muss ich meiner Kollegin Mühlbauer recht geben, auch wenn sie nicht die Bildungspolitikerin ist: Die Lehrerinnen und Lehrer, die in den letzten 20 Jahren, als die CDU regierte, nicht eingestellt wurden, die fallen auch nicht mal eben von den Bäumen. Das muss man einfach so deutlich sagen.
Und ja, dieses Jahr werden etwa 900 Lehrerinnen und Lehrer in Thüringen in den Ruhestand gehen. Ungefähr so ist das prognostiziert. Und wir werden, so jedenfalls ist der Plan, allein dieses Jahr 1.200 Lehrerinnen und Lehrer einstellen. Das sind 300 mehr als in den Ruhestand gehen, und das, obwohl es einen beschlossenen Stellenabbaupfad im Thüringer Landtag gibt, den ich im Übrigen falsch finde. Das habe ich hier schon mehrfach ausgeführt.
Denn gerade in unseren Schulen brauchen wir Lehrerinnen und Lehrer, das wissen wir alle. Aber da, wo keine Lehrerinnen und Lehrer sind, wo Stellen
nicht besetzt werden können, weil wir nämlich ein Fachkräfteproblem und kein Geldproblem haben, da werden wir dem auch nicht beikommen können, indem wir hier vorn nur kluge Reden schwingen.
Das sage ich ganz bewusst, weil das viel Arbeit bedeutet. Was haben wir denn getan? Wir haben die Verbeamtung wieder eingeführt. Über die kann man ja geteilter Meinung sein, aber wir mussten nachziehen, weil unsere Nachbarländer das ebenfalls getan haben. Wir haben die Besoldung der Lehrkräfte in den Grundschulen, in den Regelschulen und in den Förderschulen verbessert. Wir haben eine frühzeitige Bindung von Fachkräften durch Vorverträge auf den Weg gebracht und wir haben heute alle in der Zeitung lesen können, dass es eine Lehrergewinnungskampagne gibt, die darauf abzielt, dass Lehrerinnen und Lehrer aus Thüringen, die ihren Beruf lieben, die diesen Beruf leben, dafür werben, Lehrerinnen und Lehrer an unseren Thüringer Schulen zu werden.
Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass jede frei werdende Stelle auch wiederbesetzt wird, und mit den Haushalten sichergestellt, dass mehr als 4.000 Neueinstellungen in dieser Legislatur geschafft wurden. Das ist schon allerhand. Aber machen Sie sich mal klar, welche Lücke da vorher bestanden hat. Es hat keine Vorsorge gegeben, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das muss ich hier so deutlich sagen, und da ist es wohlfeil, sich dann hier vorn hinzustellen und darüber zu jammern, dass eine Schulart ausbluten oder von uns kaputt gemacht würde.
Das Gegenteil ist der Fall, es gab keine Planung Ihrerseits, es gab keine Vorsorge Ihrerseits und vor diesem Problem stehen wir jetzt. Aber es hilft ja nichts, darüber zu jammern, sondern es muss darum gehen, junge Menschen zu gewinnen, die Lust haben, den Beruf der Lehrerin/des Lehrers auszuüben, und zwar in allen Schularten, die wir in Thüringen haben. Denn auch das ist klar, wir diskutieren ja auch gerade das Schulgesetz: Wir werden selbstverständlich alle Schularten erhalten. Aber wenn man sich für ein gegliedertes Schulsystem entscheidet und das sogar in der Verfassung festschreibt – was mich übrigens auch nicht überzeugt, aber dafür habe ich keine Mehrheit, das zu verändern –, dann muss man auch die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen und Lehrerinnen und Lehrer in die Schulen bringen.
Noch mal: Ja, es gibt die Schulpflicht und natürlich haben unsere Kinder ein Anrecht darauf, dass sie
in allen Fächern auch Noten erhalten. Aber da, wo Unterricht ausfällt, weil wir beispielsweise Langzeiterkrankungen haben, weil Fachlehrerinnen und Fachlehrer fehlen, da können wir sie uns auch nicht backen. Deswegen ist es in gewisser Weise auch ehrlich, zu sagen, dass dann auf dem Halbjahreszeugnis auch keine Note stehen kann. Für uns heißt das, dafür Sorge zu tragen, dass wir jetzt die entsprechenden Fachlehrerinnen und Fachlehrer finden, motivieren und in den Schuldienst bringen. Zum Halbjahr sind übrigens schon 288 – glaube ich – Lehrerinnen und Lehrer eingestellt worden und wir setzen darauf, dass es zum nächsten Schuljahr dann tatsächlich so viele werden, dass wir am Jahresende von 1.200 Einstellungen in diesem Jahr reden können. Das ist so viel, wie wir noch nie geschafft haben. Zugute kommt das unseren Kindern, das ist aber auch dringend notwendig. Deshalb werbe ich da um Ihre Zustimmung, wenn es um die Haushaltsberatungen geht. Vielen herzlichen Dank.
Danke schön. Möchten noch Abgeordnete das Wort ergreifen? Das sehe ich nicht. Ach, Frau Muhsal. Hat Frau Muhsal noch Redezeit? 1:23 Minuten haben Sie noch.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Wolf, Sie haben sich hier ja geradezu handzahm gegeben, ja auch wenig Argumente genannt. In einem möchte ich Sie aber doch noch mal korrigieren, und zwar zum Thema „Regelschule“. Wir als AfD-Fraktion haben niemals kritisiert, dass die Regelschullehrer mehr Geld bekommen. Im Gegenteil, da bin ich durchaus dafür. Was wir kritisieren, ist die gleiche Einstufung in A 13 wie Gymnasiallehrer, weil genau das eben der erste Schritt dahin ist, den ja auch etliche von Ihnen immer wieder fordern, einen Einheitslehrer an einer Einheitsschule zu haben.