Protokoll der Sitzung vom 18.06.2015

Lieber Kollege von der AfD: Wenn wir in der mitteldeutschen Medienförderung Geld ausgeben und Sie zu Recht sagen, in Mitteldeutschland erfolgt eine Produktion – ob das letztlich einen HollywoodHintergrund hat, ist nicht der entscheidende Punkt, sondern der entscheidende Punkt ist: Was passiert in Mitteldeutschland? Wird hier produziert? Finden hier die entscheidenden Wertschöpfungseffekte statt, die dadurch entstehen, dass Produktionen hier in Mitteldeutschland stattfinden? Das haben Sie nicht gesagt und insofern kann ich an dieser Stelle auch nicht mit Ihnen einig sein. Ich stimme jedem zu, der sagt, dass wir Geld ausgeben, nur damit in irgendeinem Film mal, weil die MDM das

fördert, das Schild Erfurt, Gera oder Sonneberg auftaucht. Das ist nicht, was ich MDR-mäßig …

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Oder...?)

(Zwischenruf Keller, Ministerin für Infrastruk- tur und Landwirtschaft: Oder Gotha!)

Gotha selbstverständlich auch.

Aber ich finde, wenn es uns gelingt, dass ein entsprechender Film in Gotha auch tatsächlich produziert wird, dann ist es das, was ich möchte. Da würde mir das Schild Gotha nicht ausreichen.

(Beifall SPD)

Ich danke Ihnen ganz herzlich.

Insofern wäre es schön, wenn Sie in die Überlegung Ihrer Kritik an MDR, MDM auch die Vorstellung von Umwegrentabilität und -wertschöpfung mit einbeziehen. Da haben wir tatsächlich Nachholbedarf. Aber hier einfach zu sagen, das bringt nichts, ist zu kurz gegriffen.

(Unruhe AfD)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das habe ich nicht gesagt!)

Doch, das haben Sie gesagt, und wenn Sie es nicht gesagt haben, dann haben Sie es so gemeint, und aus diesem Grund spreche ich es hier an.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Unterstel- lung! Ich habe lediglich gefordert, Thüringer Projekte zu fördern und Zweifel angemeldet, wenn Hollywood-Filme gefördert werden!)

Lassen Sie mich zum Bereich der Kulturpolitik vier Aspekte ansprechen. Unser Interesse besteht darin, dass wir in diesem Jahr – und das wird den Haushalt 2016/2017 insbesondere berühren – in die Neuverhandlungen der Finanzierung bei der Klassik Stiftung Weimar und der Gedenkstätte Buchenwald einsteigen. Dass wir in diesem Bereich einen Schwerpunkt sehen, drückt sich auch im Haushalt 2015 aus, denn es ist der Gedenkstätte Buchenwald/Mittelbau-Dora in ganz hervorragender Weise gelungen, den 70. Jahrestag der Befreiung aus den Konzentrationslagern in einer Darstellungsform, die weite Ausstrahlung über Thüringen hinaus hatte, zu gewähren. Ich denke, dass das ein Beispiel für die hervorragende Arbeit ist, die in der Gedenkstätte Buchenwald/Mittelbau-Dora, aber auch in den anderen Gedenkstätten in Thüringen geleistet wird. Die Ausstellung, die hier gestern eröffnet wurde, ist ein Beispiel dafür. Wir haben ein Interesse daran, auch mit dem Bund die Gespräche darüber zu führen, wie die Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha stärker vom Bund wahrgenommen und auch finanziert wird,

(Beifall SPD)

(Minister Prof. Dr. Hoff)

aber wir sagen auch ganz deutlich: Die Ausstattung der Klassik Stiftung Weimar als der nach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz relevantesten deutschen Kulturstiftung ist und bleibt uns ein zentrales Anliegen und muss im Vordergrund auch unserer Tätigkeit stehen.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ja, ja, ja!)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe ein Interesse daran, dass die dichotome Diskussion zwischen institutioneller Theaterfinanzierung und freier Theaterszene dahin gehend überwunden wird, dass wir sagen, beide sind für Thüringen unverzichtbar. Die freie Theaterszene hat überhaupt keinen Grund, einen Minderwertigkeitskomplex vor sich herzutragen – und ich bin froh, dass sie das nicht macht – oder sich stets in ein Verhältnis zu den institutionellen Theatern zu setzen, denn die ist spitze und macht eine Arbeit, die institutionelle Theater in dieser Form häufig gar nicht gewährleisten können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern ergänzen sich beide in einer ganz hervorragenden Form.

Aber gerade die Finanzierung der freien Theaterszene, die institutionelle Theaterförderung und die freien Träger verweisen uns auf eines – und damit möchte ich abschließen –: Wir haben jenseits des Kommunalen Finanzausgleichs die zwingende Notwendigkeit, im Rahmen einer Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform zu Strukturen zu kommen, die Kommunen wieder in die Lage versetzen, kulturelle Infrastruktur auch tatsächlich gewährleisten zu können, und die Vielzahl an Kommunen in der Haushaltsnotlage – der Abgeordnete Kuschel hat dazu gesprochen – zeigt uns, dass wir sehr, sehr oft über den Kulturlastenausgleich hinaus in einer ganzen Reihe von Punkten in Kapitel 02 08 die Notwendigkeit haben, Kommunen zu unterstützen, die bei der Sicherung der kulturellen Infrastruktur den Eigenanteil nicht mehr gewährleisten können. Dieses Thema ist ein Thema, das beschäftigt uns 2015, das wird uns 2016/2017 beschäftigen und so lange beschäftigen, wie wir nicht durch eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs in Verbindung mit einer tatsächlichen Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform, die weniger, aber handlungsfähigere Strukturen schafft, zu einer Sicherung der kulturellen Infrastruktur und damit der Sicherung der Daseinsvorsorge in allen Landesteilen kommen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und für die spannende Diskussion.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Hoff. Durch die Redezeit der Landesregierung ergeben sich zusätzliche Redezeiten für die Fraktionen, pro Fraktion in Höhe von sage und schreibe 5 Minuten und 30 Sekunden. Möchte das vielleicht jemand aus den Reihen der Fraktionen in Anspruch nehmen? Herr Abgeordneter Brandner, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, es sollte eigentlich eine Zwischenfrage werden an den Herrn Hoff, aber er ist dann so schnell weggerannt. Sie haben keine Angst vor mir – oder? Es geht um die Mitteldeutsche Medienförderung, um noch mal den Aspekt, den der Kollege Kießling gerade angesprochen hat, zu erwähnen. Er hat dieses Beispiel gebracht, da ist so eine Hollywood-Schnulze über diese MDM gefördert worden, die dann einen Umsatz von circa 180 Millionen Dollar erzielt hat. Jetzt schütteln Sie den Kopf, aber es scheint zu stimmen, was wir da recherchiert haben.

(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kul- tur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Ich schüttele den Kopf über den unfassbaren Satz, den Sie hier gesagt haben, dass hier Schnulzen ge- fördert werden. Das zeigt Ihre Kulturlosig- keit!)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Machen Sie ruhig weiter! Solche Zwischenrufe sind ja Hochkultur hier, bei denen man ja richtig im Stehen applaudieren müsste – oder?

Also meine Frage, die ich an Sie stellen wollte, ist ganz vernünftig. Halten Sie es für angemessen, dass diese Zuschüsse, die da gezahlt werden, verlorene Zuschüsse sind? Wäre es nicht angemessen, zu sagen, wenn der Film ein wirtschaftlicher Erfolg wird, dann behalten wir uns vor, zumindest mal die Zuschüsse zurückzufordern?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brandner. Gibt es weitere Redemeldungen? Frau Abgeordnete Walsmann, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, da drängt es einen ja förmlich nach vorne, ein paar Entgegnungen auch zu sagen.

Sehr geehrter Herr Minister Hoff, die B 7-Stelle – wir haben in der Tat im Haushalts- und Finanzausschuss darüber gesprochen. Es geht ja auch gar nicht darum, dass ich Ihnen vielleicht für dieses

(Minister Prof. Dr. Hoff)

Jahr misstrauen würde, weil ja auch kein Geld im Haushalt dafür eingestellt ist. Aber wir möchten schon sicherstellen, dass nicht die Lust an der Besetzung für die nächste Zeit wieder neu entsteht, und deshalb heißt es: B 7 künftig wegfallend. Man braucht sie schlicht und einfach nicht mehr, weil es diese Aufgabe nicht mehr gibt. Insofern ist es nur redlich, auch auf diese Stelle zu verzichten.

Sie haben mich bewusst missverstanden, als ich über die Wertigkeiten von Stellenbesetzungen gesprochen habe. Mir geht es nicht um die Eingruppierung oder Bewertung von Stellen, mir geht es schlicht und einfach um die Tatsache, wenn Seiteneinsteiger, wenn Neueinsteiger ohne die entsprechende Laufbahnqualifizierung einsteigen, dann ist es in dem politischen Leitungsbereich nicht ganz unüblich. Aber auch die sollen nicht oben anfangen, bei A 15 einsteigen, sondern sie sollen genauso die Möglichkeit haben, bei A 13 einzusteigen und dann Entwicklungsmöglichkeiten bekommen.

Wenn wir gerade bei dem Thema sind, wenn es schon sein muss: Diese Stellen, um die es geht, das sind neue Stellen, das sind keine Umwandlungen, keine Umsetzungen, sondern das sind neue Stellen. Die 860.000 Euro sind neues Geld, was ansteht. Insofern – Sie können ja gern Umsetzungen machen, Sie können aus den Bereichen der Landesregierung für das, was Sie brauchen, Personal akquirieren, das haben wir früher auch getan, aber hier geht es um neue Stellen und den Aufwuchs im Stellenplan.

Frau Abgeordnete Walsmann, es besteht der Wunsch nach einer Zwischenfrage vom Abgeordneten Dittes.

Am Ende bitte.

Herr Dittes, am Ende.

Kürzungen im Kulturbereich: Liebe Frau Marx, ich habe ausdrücklich – weil ich schon wusste, dass das kommt – ganz deutlich gesagt, keineswegs Kürzungen, aber wir schätzen halt sehr realistisch auch aus Erfahrungswerten ein, wenn die Zeit vorangegangen ist und wenn Ausschreibungen im Spiel sind, wenn vielleicht sogar eine europaweite Ausschreibung im Spiel ist oder wenn die Dinge mit Vergaben zu tun haben für Leistungsangebote oder Ausstattungen, die bestellt werden müssen, können Mittel gar nicht in dem Maße abfließen. Auch Dienstreisen kann man nicht in dem Maße machen,

wie man sie für ein ganzes Jahr hätte machen können, wenn man im Januar angefangen und einen Haushalt gehabt hätte. Das liegt nun nicht an uns, dass der Haushalt so spät kommt, das müssen Sie sich schon selbst zurechnen.

(Beifall CDU)

Deshalb sage ich ganz deutlich, auch da lasse ich kein bewusstes Missverstehen durchgehen: Hier geht es darum, dass wir sagen, wir rechnen damit, die Mittel fließen 2015 nicht ab. Deshalb geht es hier nicht um Kürzen aus dem Etat des Kultusbereichs, sondern hier geht es darum, realistische Ansätze aufzuschreiben. Diese messen sich an den Ist-Werten von 2014.

(Beifall CDU)

Liebe Frau Henfling, ich bin der Staatskanzlei sehr dankbar, insbesondere Frau Dr. Winter, und das sage ich hier ganz deutlich, dass die Zusammenarbeit im AdR ganz hervorragend funktioniert. Aber: Es ist das erste Mal, dass der Landtag ein eigenständiges AdR-Mandat hat. Dann sollten wir wenigstens als Abgeordnete hier im Landtag die Souveränität haben, das auch zu dokumentieren. Wir sind nicht – mit Verlaub gesagt – der verlängerte Arm der Staatskanzlei, sondern der Landtag hat ein eigenes Einbringungs- und Mitarbeitsrecht.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: In Brüssel gibt es ein Büro!)

Deshalb ist diese Stelle durchaus gerechtfertigt.

(Beifall CDU)

Wenn Sie kein Bewusstsein für die Dinge haben, frage ich mich, warum Sie dann als Abgeordnete hier sitzen. So viel dazu. Danke.

(Beifall CDU)