Protokoll der Sitzung vom 09.09.2015

Wir werden nun insoweit als Nachfolger der PDS dafür sorgen, dass diese Diskussion in Gang gehalten bleibt. Wir werden diese Diskussion nun regelmäßig führen und stets, wenn eine automatische

Erhöhung der Diäten erfolgt ist, werden wir dies thematisieren, genauso wie das die PDS-Abgeordnete Nitzpon vor zwölf Jahren ankündigte. So wird das Volk jedes Mal erfahren, wie Sie sich die Rosinen rauspicken. Damit werden wir den Anforderungen des Grundgesetzes gerecht, Sie nicht!

Meine Damen und Herren, ein Wort noch zu dieser steuerfreien Pauschale. Das war das, was die Frau Marx bei Ihrer Einkommensteuererklärung so gestört hat. Gerade vor dem Hintergrund der kostenlosen Bahnfahrkarte und auch kostenlos hier im Abgeordnetenhaus nächtigen zu können, wundern wir uns sehr, dass überhaupt eine steuerfreie Pauschale, wir machen es demnächst noch mal zum Thema, gezahlt wird. Auch da wandeln wir auf dem Pfad der PDS, die das auch immer schon kritisiert hat. Ich glaube, die Grünen waren auch dabei. Frau Rothe-Beinlich, ich bin gespannt, ob Sie demnächst zu Ihrem Wort stehen. Warum auch muss jeder Arbeitnehmer seine Mobilitätskosten selber tragen und wir erhalten dazu zusätzliche pauschale Nettomittel obendrauf? Das geht so nicht. Ricarda Huch, meine Damen und Herren, wurde vor zehn Jahren von der PDS auch zitiert. Sie sagte oder soll gesagt haben: Wer als Abgeordneter in der Demokratie sein Geld vom Volk erhält, sollte dem Steuerzahler dann auch Rede und Antwort stehen. Das mag, liebe CDU, noch so schmerzhaft sein. Demokratie ist aber eine Frage der Gesinnung. Genau diese Gesinnung wohnt uns als AfD inne.

(Beifall AfD)

(Heiterkeit Abg. Marx, SPD)

Ich hoffe, Sie haben intellektuell durchdrungen, was ich gesagt habe, Frau Marx, denn sonst verstehe ich Ihr Lachen nicht.

Die wesentliche Kritik der Menschen draußen ist doch, dass die da oben, und damit sind wir gemeint, viel zu abgehoben sind. Die Abschaffung der automatischen Diätenerhöhung würde dazu führen, dass jeder vor sich selbst und vor allen Bürgern Rechenschaft ablegen muss, ob er das vertreten kann, was er hier an Diäten bekommt. Die Debatte schafft ein Bewusstsein dafür, ob wir angemessen bezahlt werden. Und eine solche regelmäßige Debatte tut uns sehr gut und deshalb werden wir diese unabhängig davon, wie die Abstimmung heute ausgeht, in Zukunft auch hier führen. Danke schön.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Rothe-Beinlich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hatten ja bereits vor der Sommerpause eine umfassende Debatte zu dieser Thematik. Herr Brandner hat hier eben einiges – aber natürlich nicht alles – zitiert, er hat sich rausgepickt, was ihm offenkundig gepasst hat. Wir haben schon damals von einem Schaufensterantrag gesprochen. Sie haben das Wort „Farce“ bemüht, Herr Brandner. „Farce“ passt in der Tat sehr gut auf das, was Sie hier gerade mehr oder weniger abgeliefert haben.

(Beifall DIE LINKE)

Sie hätten natürlich auch daran erinnern können, was hier ja in der ersten Lesung umfangreich ausgeführt wurde und was interessante Einblicke in Ihre damals noch etwas größere Fraktion gewährt hat. Was hier in der letzten Debatte über Ihre eigene Leistungsbereitschaft ausgeführt wurde – das kann ja jeder noch mal nachlesen, da es hier von Herrn Krumpe dargelegt wurde. Wir wissen alle, Herr Brandner, dass Sie sich allem Möglichen widmen, und nicht nur hier ab und zu vom Pult aus mehr oder weniger schaurige Reden halten. An Scheinheiligkeit jedenfalls sind Sie kaum zu überbieten.

Weil Sie sich über die sogenannte Rotlichtbestrahlung der ehemaligen PDS vorhin empört haben: Ich glaube, mit dem Thema kennen Sie sich auch am besten aus, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will ganz kurz nur zu diesem Gesetzentwurf sagen: Es macht uns keine Angst, wenn Sie drohen, Sie wollen das immer wieder auf die Tagesordnung setzen, denn auch das ist bereits in der Debatte vor der Sommerpause hier Thema gewesen. Es gibt eine Arbeitsgruppe „Parlamentsreform“, die sich umfassend dieser Thematik widmet und sich nicht nur irgendeine Rosine rauspickt, die Sie gerade an irgendeinem Tag in der Zeitung meinen gefunden zu haben. Uns geht es in der Tat um Transparenz, uns geht es um Nachvollziehbarkeit, auch der Finanzierung unserer Arbeit als Abgeordnete. Dafür braucht es Ihren Vorstoß ganz sicher nicht und deswegen werden wir ihn ablehnen – ich mache das ganz kurz und schmerzlos. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun Abgeordneter Gentele.

(Abg. Brandner)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher, uns liegt ein Gesetzentwurf in der Drucksache 6/780 zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen und des Thüringer Abgeordnetengesetzes vor. Ein Antrag, der in der Sache gut gemeint sein könnte, aber offenkundig nicht mehr als Populismus pur ist. Vielleicht ist der antragstellenden Fraktion die momentane Parlamentsreform entgangen, welche die im vorliegenden Antrag genannten Punkte zweifelsohne aufgreifen wird. In dieser Parlamentsreform, in die alle Fraktionen einbezogen sind, können konstruktive Vorschläge eingebracht werden. Auch die antragstellende Fraktion ist in diesen Prozess eingebunden.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Konstruktives haben wir hier nicht gehört!)

Wozu dann dieser Antrag? Im Frühjahr 2016 wird das Abgeordnetengesetz von Thüringen von der Regierungskoalition und Experten auf den Prüfstand gestellt. Ich bin mir sicher, dass gute Vorschläge erarbeitet werden. Ich sagte es bereits: Der vorliegende Entwurf ist reiner Populismus. Er trägt nicht zur konstruktiven Arbeit in der benannten Parlamentsgruppe bei. Auch hier zeigt sich, dass die Anträge der vorher erwähnten Fraktion immer dasselbe Ziel favorisieren, indem sie Gesetzentwürfe stellen, die nur Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregen sollen, mit dem Glauben, dass diese hoffentlich nicht zum Tragen kommen werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir liegen nun keine weiteren Wortmeldungen vor. Herr Abgeordneter Brandner.

Ja, meine Damen und Herren, wir hatten ja schon öfter mal von hier vorn über Geschichtsklitterung gesprochen. Ich verstehe gar nicht, was Sie hier machen. 15 Jahre lang haben die Kommunisten erzählt: Diese Vorschrift muss aus der Verfassung raus – 15 Jahre. Jetzt machen wir das nach einem halben Jahr im Parlament und plötzlich soll das möglicherweise rassistischer Populismus sein! Da müssen Sie mir mal erklären, was daran populistisch sein soll. Oder waren Sie 15 Jahre lang populistisch, Herr Blechschmidt – nein, oder? Dann erklären Sie mir doch mal, wie Sie das hier verdrehen! Wir greifen eine vernünftige Idee von Ihnen auf und plötzlich schallt uns Populismus entgegen. Was soll das denn sein? Frau Rothe-Beinlich, was sollen die persönlichen Angriffe auf uns und unsere

Fraktion? Wenn bei Ihnen drei Leute austreten würden, dann würden noch drei Hanseln da sitzen. Also seien Sie mal froh, dass bei Ihnen keiner austritt. Wir konnten die drei gut verkraften, die da raus sind. Dadurch ist die Fraktion richtig aufgelebt bei uns. Was sollen die persönlichen Angriffe auf mich? Fragen Sie doch mal Ihre Frau Siegesmund, wie sie ihren Tag verbringt. Doch nicht mit Abgeordnetentätigkeiten. Sie führt nebenbei noch ein Ministerium mit ich weiß nicht, wie vielen Hundert Angestellten und Mitarbeitern. Da werde ich doch wohl eine kleine Klitsche in Gera mit drei Leuten noch machen können nebenbei. Es gibt Leute, die haben Mandate, Frau Merkel, die regieren ganz nebenbei noch ganz Deutschland und die Welt. Da müssen Sie sich mal an die eigene Nase packen, bevor Sie mir solche Vorwürfe machen.

(Beifall AfD)

Ich kann jetzt keine Wortmeldung mehr erkennen. Ich schließe die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, es war keine Ausschussüberweisung beantragt.

Ich eröffne die Aussprache zur dritten Beratung der Artikel 1 und 3 des Gesetzentwurfs. Gibt es Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Dann kommen wir zur Abstimmung über die Artikel 1 und 3 des Gesetzentwurfs der Fraktion der AfD in Drucksache 6/780 in dritter Beratung.

Ich will noch feststellen, dass eine Mehrheit von zwei Dritteln notwendig ist. Wer für den Gesetzentwurf der Artikel 1 und 3 ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen?

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vier Leute!)

Bei der Mehrheit der Gegenstimmen, mehr als zwei Drittel sind Artikel 1 und 3 des Gesetzentwurfs abgelehnt.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Das nennt man eindeutig!)

Damit entfällt die Abstimmung über Artikel 2 des Gesetzentwurfs. Ich schließe die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir sind heute früh übereingekommen, dass TOP 2 a, b und c morgen nach den Wahlen aufgerufen wird.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3

Thüringer Gesetz zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Anpassung von Landesvorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/495 dazu: Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses - Drucksache 6/1002

ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Frau Abgeordnete Holbe aus dem Innen- und Kommunalausschuss zur Berichterstattung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen, das Thüringer Gesetz zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Anpassung von Landesvorschriften in Drucksache 6/495 wurde am 30.04. in der ersten Beratung hier im Plenum behandelt und an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen. Wir haben hier in der Sitzung am 21.05. beraten. Es gab einen Antrag der CDU-Fraktion, den Gemeinde- und Städtebund, den Landkreistag, das Bürgeramt Erfurt an einer Anhörung zu beteiligen. Weiterhin gab es einen Antrag von Linke, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Herrn Jens Kubieziel mit anzuhören und es hat sich der Landesbeauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit Dr. Hasse gemeldet. Alle wurden angehört, wurden gebeten, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Diese wurden im Ausschuss am 03.09. beraten. Es erfolgte eine Auswertung. Dazu wurde noch ein Selbstbefassungsantrag der CDU-Fraktion gestellt, um eine gewichtige Frage abzuklären, die entstehenden Mehrkosten, auch das ist erfolgt und wurde beantwortet. Es gab eine mehrheitliche Annahme des Gesetzes mit einer Beschlussempfehlung hier an das Plenum in der Drucksache 6/1002, die Ihnen heute zur Entscheidung vorliegt. Danke schön.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Abgeordnete Marx, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben, als es darum ging, diesen Gesetzentwurf hier einzubringen, im Landtag schon oft etwas ausführlicher, teils aber auch kurz darüber diskutiert, was Inhalt dieses Gesetzes ist. Sie wissen, dass dieses Melderecht jetzt als Kompetenz auf den Bund übergegangen ist und dass es weitgehend darum geht, hier nur noch das landesrechtliche Korsett zu bilden, mit dem wir das Bundesrecht anwenden können. Es gibt einige Dinge im Gesetz, die sich im Bundesrecht gegenüber dem

bisherigen Recht positiv verändert haben. Dazu gehört insbesondere, dass es nicht mehr so leicht ist, Adressen für wirtschaftliche Zwecke zu erhalten. Da gibt es nur noch die einfache Melderegisterauskunft, aber auch nur dann, wenn man sagt, man hat ein wirtschaftliches Interesse. Es gibt dann – das haben wir auch beim letzten Mal schon so besprochen – insbesondere eine Einverständniserklärung, die vorgelegt werden muss, wenn Adressen begehrt werden für Werbe- und Adresshandel. Diejenigen, die hier schon älter sind – dazu gehöre ich auch –, kennen vielleicht noch die alte RobinsonListe, so hieß die früher. Da musste man sich selber melden und sagen, ich will so etwas nicht geschickt bekommen. Jetzt ist es andersherum: Die Unternehmen, die solche Daten abfragen, müssen das Einverständnis der Kunden oder der Menschen oder derjenigen, die sie bewerben wollen, vorlegen.

Wir haben in der letzten Debatte schon einige Punkte erörtert, bei denen wir gesagt haben, auch zu Recht gesagt haben, wir hätten uns noch weitere Verbesserungen im Bundesrecht vorstellen können, insbesondere auch bessere Sicherheitsbestimmungen zum Transport der Daten. All das liegt allerdings nicht mehr in unserer Kompetenz, sodass wir uns letztendlich im Ausschuss doch wieder nur damit befasst haben, wie dieses Recht jetzt in Landesrecht umgesetzt werden kann bzw. wie es hier umgesetzt werden muss. Es gibt zahllose Verordnungsermächtigungen im Gesetz. Das heißt, mit diesen Verordnungen können und müssen wir uns hier im Parlament dann möglicherweise noch mal beschäftigen, aber es ist auch Aufgabe der Landesregierung. Obwohl Kollege Adams in der Einbringung damals gefragt hat, ob das Struck’sche Gesetz gilt, nach dem das Gesetz das Parlament immer anders verlässt, als es hineingegangen ist, in dem Fall gilt es nicht. Wir haben dann im Innenausschuss doch keine Veränderung mehr vorgenommen. Wir empfehlen Ihnen jetzt diesen Gesetzentwurf so, wie er hier von der Landesregierung eingebracht worden ist, unverändert zur Annahme. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordneter Adams das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann das an der Stelle relativ kurz machen. Wie das so mit dem Struck’schen Gesetz ist, wenn man es beschwört, braucht man es gar nicht. Wir Grüne hatten einige Nachfragen oder vermutetermaßen Probleme mit § 4. Ich bin dem Innenministerium außerordentlich

(Vizepräsidentin Jung)

dankbar, dass das geklärt werden konnte auch im Rahmen der Debatte im Innenausschuss und dazu Erläuterungen gegeben werden konnten. Ich fand auch das richtig und wichtig, dass die CDU noch mal nachgefragt hat, wie das eigentlich mit der finanziellen Belastung der Kommunen ist. Auch das konnten wir klären. Es kommt durch dieses Verfahren – sonst wäre es auch ganz verrückt, sage ich mal so – natürlich zu einer Entlastung, weil der Meldeschein wegfällt. Das heißt also, in der Mehrzahl der Verfahren gibt es eine deutliche Entlastung, ein schnelleres Arbeiten, sichereres Zugreifen auf die Daten. Speziell jedoch bei der Frage, wenn mal eine Sperre aufgehoben werden muss, da werden natürlich aus datenschutzrechtlichen Gründen die Kommunen eine zweite Nachfrage stellen müssen. Das ist, glaube ich, berechtigt und richtig und wird aber insgesamt natürlich durch den Wegfall des Meldescheins aufgrund der absehbaren Entlastung der Kommunen nicht zu einer Mehrbelastung führen. Insofern empfehlen wir auch die Annahme dieses Gesetzes. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)