1. Wie beurteilt die Landesregierung salafistische Bestrebungen in Bezug auf die von ihr zu gewährleistende Sicherstellung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung?
3. Sieht die Landesregierung in der Führungsebene des vom Verfassungsschutz beobachteten „Internationalen Islamischen Kulturzentrums – Erfurter Moschee e.V.“ einen Vertreter eines mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu vereinbarenden Islams und einen möglichen Gesprächspartner der Landesregierung und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
Für die Landesregierung antwortet der Staatssekretär Götze vom Ministerium für Inneres und Kommunales.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Namen der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Henke wie folgt:
Zu Frage 1: In Thüringen leben circa 7.000 Personen muslimischen Glaubens. Die übergroße Mehrzahl praktiziert ihren Glauben friedlich und im Einklang mit dem Grundgesetz. Festgefügte islamistische Organisationsstrukturen sind in Thüringen
nicht bekannt. Das Potenzial der eher losen Anhängerschaft beläuft sich insgesamt auf circa 100 Personen. Hiervon sind lediglich Einzelpersonen salafistisch geprägten Personenzusammenschlüssen oder -gruppierungen zuzurechnen. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden – wir haben das heute bereits diskutiert –, dass auch in Thüringen die Verbreitung islamistischer und dschihadistischer Propaganda über das Internet an Bedeutung gewinnt. So stellt das rechtzeitige Erkennen individualisierter Radikalisierungsverläufe für die Sicherheitsbehörden aktuell eine der bedeutendsten Herausforderungen dar. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit von Aufklärung und Präventionsarbeit in diesem Bereich. Hierzu kann ich auf den heutigen Redebeitrag des Thüringer Innenministers zu TOP 7 verweisen.
Zu Frage 2: Thüringen hat sich gemeinsam mit den anderen Innenministern dafür ausgesprochen, dass Bund und Länder mit geeigneten und koordinierten Präventions- und Interventionsinitiativen Radikalisierungstendenzen frühzeitig entgegenwirken und durch Beratung und Hilfe beispielsweise gefährdeter Jugendlicher zur Deradikalisierung beitragen. Das Verhindern islamistischer Radikalisierungsverläufe ist eine Aufgabe, die letztlich von vielen gesellschaftlichen Akteuren gemeinsam gemeistert werden muss. Hierfür stellen die stärkere Vernetzung und der Ausbau spezifischer Präventionsmaßnahmen einen wichtigen Ansatzpunkt dar. Insgesamt muss die Bekämpfung von extremistischen Tendenzen, in welchem Bereich auch immer, sogleich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Hinsichtlich der einzelnen, bereits bestehenden Beratungsangebote und Aussteigerprogramme verweise ich auf die Ausführungen des Thüringer Innenministers zum bereits genannten TOP 7.
Zu Frage 3: Der Vorsitzende des Vereins „Internationales Islamisches Kulturzentrum – Erfurter Moschee e.V.“, Imam Abdullah Dündar, nahm erst kürzlich am 20. Januar 2015 an einem interreligiösen Dialog unter Beteiligung von Herrn Bundestagspräsidenten a.D., Wolfgang Thierse, und dem Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde, Prof. Dr. Reinhard Schramm, teil. Die große Beteiligung vieler Bürgerinnen und Bürger an diesem religiösen Dialog verdeutlicht, dass es wichtig ist, religiöse Themen gemeinsam zu diskutieren und nicht einander mit Vorbehalten oder Misstrauen zu begegnen. Das IIKZ Erfurt ist aufgrund seiner Größe die bedeutendste islamische Organisation in Thüringen und stellt dementsprechend einen Gesprächspartner der Landesregierung dar.
Eine kurze Nachfrage: Ist bekannt, ob es IS-Rückkehrer gibt, die im Irak, in Syrien gekämpft haben? Gibt es da irgendwas in Thüringen?
Das kann ich Ihnen derzeit nicht beantworten, will ich gern prüfen. Wenn eine Antwort unter dem Aspekt der Sicherheit möglich ist, werden Sie die bekommen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Die nächste Anfrage ist die Drucksache 6/153 von der Frau Abgeordneten Muhsal, AfD-Fraktion.
In Thüringen leben nach Zeitungsangaben etwa 7.800 Muslime, was einen Anteil von weniger als 0,4 Prozent an der Bevölkerung (Tendenz steigend) ausmacht. Forderungen des Imams Abdullah Dündar, dem Vorsitzenden des „Internationalen Islamischen Kulturzentrums – Erfurter Moschee e.V.“, nach einem islamischen Religionsunterricht an Thüringer Schulen sind nach Zeitungsberichten (vgl. Ostthüringer Zeitung vom 22. Januar 2015) von Bildungsministerin Dr. Birgit Klaubert damit kommentiert worden, dass hierüber bereits in den rot-rotgrünen Koalitionsverhandlungen nachgedacht worden sei.
1. Erkennt die Landesregierung einen Bedarf für die Planung oder die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts an Thüringer Schulen und wie begründet sie dies?
2. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Anzahl schulpflichtiger Kinder in Thüringen und deren Religionszugehörigkeit vor?
Herr Präsident, vielen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Muhsal beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Das Grundgesetz sagt: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Wenn Sie vergleichen wollen, Artikel 4 des Grundgesetzes, Absätze 1 und 2. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Einführung von dem Islam gewidmeten Religionsunterrichtsfächern grundsätzlich zulässig ist, aber an verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebunden ist. In Übereinstimmung mit Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes setzt Artikel 25 Abs. 1 der Verfassung Thüringens voraus, dass der staatliche Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaft bekenntnisgebunden zu erteilen ist. So weit die rechtlichen Grundsätze.
Als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche setzt dies allerdings voraus, dass die jeweilige Religionsgemeinschaft an das Land, sprich an das Staatswesen, herantritt, um als Ansprechpartner eine verbindliche Klärung konfessioneller Fragen herbeizuführen. Aus dem religiösen Spektrum des Islam liegt im Moment keine Voraussetzung dafür vor. Es ist keine Religionsgemeinschaft an die Landesregierung herangetreten mit dem Wunsch, Religionslehre als Unterrichtsfach einzuführen. Wegen seiner Konfessionalität hat der zur Neutralität verpflichtete Staat kein Mandat, staatlich den Religionsunterricht eigenmächtig einzuführen.
Zu Frage 2, welche Informationen der Landesregierung über die Anzahl schulpflichtiger Kinder in Thüringen und deren Religionszugehörigkeit vorliegen, kann ich Ihnen nur sagen: Da die Sicherung der Schulpflicht nicht von der Bekenntniszugehörigkeit der Schüler abhängt, ist die Schulverwaltung aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert, aus Anlass des Schulbesuchs Daten über die Religionszugehörigkeit zu erheben. Deshalb liegen einschlägige Zahlen nicht vor. Die müssten dann – um es noch einmal auf die Frage 1 bezogen zu ergänzen – von der jeweiligen Religionsgemeinschaft ermittelt werden und in einem Antragsverfahren benannt werden.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Gibt es Nachfragen? Das sehe ich nicht. Damit kommen wir zur letzten Anfrage des heutigen Plenartags in der Drucksache 6/157. Abgeordneter Kuschel, Fraktion Die Linke.
2014 einen Gutachterauftrag für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit eines Wohnungssanierungsvorhabens erteilt. Die Kosten belaufen sich auf über 11.000 Euro. Der Bürgermeister will über eine vom Stadtrat zu genehmigende, nachträgliche überplanmäßige Ausgabe die erforderliche haushaltsrechtliche Genehmigung bewirken. Die Stadt Arnstadt unterliegt der Rechtsaufsicht des Landes.
1. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Kommunen Aufträge ohne haushaltsrechtliche Ermächtigung erteilen?
2. Unter welchen Voraussetzungen können in diesem Zusammenhang über- oder außerplanmäßige Ausgaben auch nachträglich durch den Stadtrat genehmigt werden?
3. Wie bewertet die Landesregierung die Praxis im Umgang mit über- und außerplanmäßigen Ausgaben durch Kommunen in Thüringen und welcher rechtsaufsichtliche Handlungsbedarf ergibt sich daraus gegebenenfalls?
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Rechtliche Grundlage für die Inanspruchnahme von Haushaltsmitteln der Kommunen ist grundsätzlich der Haushaltsplan. Dieser ist gemäß § 56 Abs. 4 der Thüringer Kommunalordnung verbindlich. Über die Ansätze des Haushaltsplans hinaus sind Ausgaben im Rahmen der Vorgaben zu überplanmäßigen und außerplanmäßigen Ausgaben gemäß § 58 Thüringer Kommunalordnung und bei Doppik buchenden Kommunen gemäß § 11 Thüringer Gesetz über die kommunale Doppik möglich. Soweit die Kommune nicht über eine in Kraft getretene Haushaltssatzung verfügt, beurteilt sich die Befugnis zur Ausgabeleistung nach den Bestimmungen zur vorläufigen Haushaltsführung gemäß § 61 Thüringer Kommunalordnung bzw. § 10 ThürKDG. Ohne satzungsrechtliche oder gesetzliche Befugnis dürfen daher ausgabeauslösende Aufträge nicht erteilt werden.
Zu Frage 2: Eine nachträgliche Beschlussfassung im Zusammenhang mit über- oder außerplanmäßigen Ausgaben durch den Stadtrat sieht die Thüringer Kommunalordnung nicht vor.
Zu Frage 3: Die kommunalhaushaltsrechtlichen Bestimmungen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben sind seit vielen Jahren in der praktischen Anwendung bewährt. Grundsätzliche Anwendungsoder Vollzugsprobleme sind daher auch nicht bekannt. Erlangt die Rechtsaufsichtsbehörde im Einzelfall Kenntnis über die rechtsfehlerhafte Anwendung von Rechtsnormen, stehen ihr die Befugnisse der §§ 116 ff. der Thüringer Kommunalordnung zu. In dem hier konkret angesprochenen Fall ist eine Prüfung der zuständigen unteren Rechtsaufsichtsbehörde nach meiner Information erfolgt und hat ergeben, dass kein Anlass zur Beanstandung besteht.
Ist es möglich, mir im Nachhinein zu dieser Sitzung die Begründung der unteren Rechtsaufsichtsbehörde zur Kenntnis zu geben, weshalb sie dort keine Veranlassung sieht? Bis jetzt ist diese überplanmäßige Ausgabe im Nachhinein nicht genehmigt worden, weil der Stadtrat das verweigert. Dann kann man sich damit auseinandersetzen.
Hervorragend. Vielen Dank. Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Wir haben alle Mündlichen Anfragen abgearbeitet.
Deshalb schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und ich schließe die heutige Sitzung, da alle Tagesordnungspunkte abgearbeitet worden sind. Die nächsten Plenarsitzungen finden am 25., 26. und 27. Februar statt. Ich wünsche allen Abgeordneten, Ministerinnen und Ministern gutes Gelingen, kommen Sie gut über den bevorstehenden Winter.